"Habe das schlechteste Tennis meines Lebens gespielt": Auch "erschöpfter" Novak Djokovic scheitert bei US Open - Alexander Zverev nach Nachtschicht weiter

SID
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Novak Djokovic packte fix seine Tasche, hob entschuldigend die Hände und verschwand dann fassungslos in die New Yorker Nacht: Der Titelverteidiger ist bei den US Open völlig überraschend schon in der dritten Runde gescheitert und hat damit einen Tag nach dem krachenden Aus von Wimbledon-Champion Carlos Alcaraz unfreiwillig für die nächste Sensation in Flushing Meadows gesorgt. Alexander Zverev setzte sich derweil in einer Nachtschicht durch.

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Der serbische Olympiasieger unterlag dem furios aufspielenden Australier Alexei Popyrin im Arthur Ashe Stadium mit 4:6, 4:6, 6:2, 4:6 und musste seinen Traum vom 25. Grand-Slam-Titel jäh begraben.

"Er hat definitiv besser gespielt und den Sieg verdient. So wie ich mich gefühlt habe und wie ich in diesem Turnier gespielt habe, ist die dritte Runde ist ein Erfolg. Ich habe das schlechteste Tennis meines Lebens gespielt", sagte Djokovic nur zehn Minuten nach seinem Aus im vollbesetzten Presseraum.

Für Djokovic (37) ist es das früheste Aus bei den US Open seit 2008 (!) - bei einem Major-Turnier hatte er dazu zuletzt vor über war sieben Jahren (Australian Open 2017) das Achtelfinale verpasst. Nach dem Olympiasieg habe er sich "ein bisschen erschöpft" gefühlt, sagte Djokovic, aber: "Das Leben geht weiter."

Der Serbe hatte sich mit dem Gewinn der Goldmedaille in Paris seinen letzten großen sportlichen Traum erfüllt, danach hatte er aber betont, noch lange nicht satt zu sein - die überraschende Niederlage gegen Popyrin ist nun jedoch ein heftiger Dämpfer für den erfolgsverwöhnten Grand-Slam-Rekordsieger, der sich im Spätherbst seiner Karriere befindet.

Am späten Freitagabend präsentierte sich Djokovic meilenweit entfernt von seiner Bestform und der Nervenstärke, die ihn seit Jahren auszeichnet. Vor allem mit dem eigenen Aufschlag hatte der viermalige Turniersieger massive Probleme. Popyrin, Nummer 28 der Welt, nutzte die Fehler des Serben in den ersten zwei Sätzen eiskalt aus und agierte weit über seinem Niveau.

Djokovic schlug im dritten Satz noch einmal zurück, die Wende läutete er aber nicht ein. Nach rund drei Stunden Spielzeit in der größten Tennisarena der Welt nutzte Popyrin, der im Achtelfinale auf den US-Amerikaner Frances Tiafoe trifft, seinen ersten Matchball zum Sieg.

"Ich habe meine Chancen genutzt und gutes Tennis gespielt", sagte Popyrin, der erstmals ins Achtelfinale eines Grand-Slam-Turniers einzog: "Das gegen den größten Spieler der Geschichte zu schaffen, ist unglaublich. Ein tolles Gefühl. Die harte Arbeit zahlt sich aus."

Erst am Donnerstag war der Weltranglistendritte Alcaraz (Spanien) sensationell in drei Sätzen an dem Niederländer Botic van de Zandschulp gescheitert. Damit verbleibt der topgesetzte Jannik Sinner aus Italien als Topfavorit im Turnier.

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Tief in der Nacht: Zverev erreicht Achtelfinale von New York

Der Traum lebt: Nachtschwärmer Alexander Zverev hat nach hartem Kampf das Achtelfinale der US Open erreicht und auf dem Weg zum ersehnten ersten Grand-Slam-Titel einen wichtigen Schritt gemacht. Der Hamburger besiegte in New York zu ganz später Stunde den Argentinier Tomas Martin Etcheverry mit 5:7, 7:5, 6:1, 6:3 und ging nach dem sensationellen Aus seines potenziellen Halbfinalgegners Novak Djokovic als großer Gewinner aus einem denkwürdigen Abend in Flushing Meadows hervor.

Erst um 2.35 Uhr Ortszeit nutzte der Hamburger in der Nacht zu Samstag gegen den tapfer kämpfenden Argentinier seinen zweiten Matchball zum Sieg, es war sein 100. bei einem Major-Turnier. In der US-Metropole scheint der Weg bis ins Endspiel nun frei, nach dem Scheitern von Olympiasieger Djokovic ist Zverev der topgesetzte Spieler in seiner Turnierhälfte. In der Runde der letzten 16 trifft er auf den US-Amerikaner Brandon Nakashima.

Zverev hatte am Freitag lange auf seinen Einsatz warten müssen, erst um 22.58 Uhr Ortszeit begann die Partie im Louis Armstrong Stadium, der zweitgrößten Arena im USTA Billie Jean King National Tennis Center. Zu Beginn leistete sich der Olympiasieger von Tokio gegen den 33. der Weltrangliste viele einfache Fehler, auch mit seinem üblicherweise starken Aufschlag konnte der Hamburger nur wenig Druck erzeugen. Immer wieder schimpfte er in Richtung seiner Box.

Erst ab dem zweiten Durchgang steigerte sich Zverev kontinuierlich. Etcheverry hatte er im vorher einzigen Aufeinandertreffen im Viertelfinale von Roland Garros 2023 in vier Sätzen besiegt, in New York nahm er nun ab Mitte des dritten Satzes Kurs auf das Achtelfinale. Im vierten Satz wehrte er beim Stand von 2:3 drei Breakbälle ab und ließ sich dann nicht mehr aufhalten.

Im 35. Anlauf soll es für Zverev endlich klappen mit dem ersten Grand-Slam-Triumph. In New York, wo er nun bei seinen vergangenen fünf Auftritten immer mindestens das Achtelfinale erreichte, war er 2020 nur zwei Punkte vom Triumph entfernt gewesen, ehe er gegen Dominic Thiem eine der bittersten Niederlage seiner Laufbahn kassierte.

Bei der Generalprobe in Cincinnati hatte Zverev nach Wochen der gesundheitlichen und sportlichen Rückschläge zuletzt mit dem Halbfinaleinzug aufsteigende Form bewiesen, die er nun bestätigt. Der Erfolg gegen Etcheverry war bereits sein 55. in diesem Jahr - kein Spieler auf der Tour hat mehr vorzuweisen.

Aus in Runde drei: Niemeier gegen Zheng chancenlos

Keine Chance gegen die Olympiasiegerin: Jule Niemeier hat eine Überraschung in der dritten Runde der US Open klar verpasst. Die 25-Jährige aus Dortmund unterlag am Freitag der Weltranglistensiebten Zheng Qinwen aus China mit 2:6, 1:6 und muss weiter auf ihren zweiten Achtelfinaleinzug in New York nach 2022 warten.

Und doch muss sich Niemeier nach guten Vorstellungen in Flushing Meadows nicht grämen. Ihr bleiben 215.000 US-Dollar Preisgeld, dazu wird die Dortmunderin (derzeit Nummer 101 der Welt) im WTA-Ranking einen Sprung um rund 15 bis 20 Plätze machen. Die Wimbledon-Viertelfinalistin von 2022 wird nach dem letzten Grand-Slam-Turnier des Jahres sehr wahrscheinlich als beste deutsche Spielerin geführt werden.

"Es war eine sehr positive Woche, auf die ich sehr stolz sein kann, weil die letzten Wochen nicht so einfach waren", sagte Niemeier, die mittelfristig die Top 75 der Welt anpeilt und bei Grand Slams "länger dabei bleiben" will: "Langfristig ist mein Ziel, weiter oben zu stehen und vorne mitzuspielen."

Auf dem Grandstand, dem drittgrößten Stadion im USTA Billie Jean King National Tennis Center, leistete sich Niemeier im ersten Satz viele einfache Fehler, offenbarte Probleme beim eigenen Aufschlag und ließ sich wegen einer Blase am linken Fuß behandeln. Zum Start des zweiten Durchgangs kassierte sie sofort das Break und hatte der Chinesin in der Folge nur noch wenig entgegenzusetzen. Nach 80 Minuten nutzte Zheng ihren ersten Matchball zum Sieg.

Topfavoritin Sabalenka müht sich ins Achtelfinale der US Open

Topfavoritin Aryna Sabalenka ist bei den US Open nach Anlaufschwierigkeiten ins Achtelfinale eingezogen. Die Weltranglistenzweite aus Belarus bezwang in New York die Russin Jekaterina Alexandrowa in der Nacht zu Samstag (Ortszeit) mit 2:6, 6:1, 6:2.

Nach dem harten Stück Arbeit über 1:40 Stunden trifft die Australian-Open-Siegerin in der nächsten Runde auf Elise Mertens. Die Belgierin hatte zuvor Lokalmatadorin Madison Keys ebenfalls in drei Sätzen ausgeschaltet. Sabalenka peilt in Flushing Meadows ihren zweiten Grand-Slam-Titel an.

Coco Gauff hat auf dem Weg zur Titelverteidigung bei den US Open das Achtelfinale erreicht. Die 20 Jahre alte US-Amerikanerin setzte sich in ihrer Drittrundenpartie nach Anlaufschwierigkeiten mit 3:6, 6:3, 6:3 gegen die Ukrainerin Elina Svitolina durch und darf weiter von einem erneuten Triumph bei ihrem Heimspiel träumen. Im Vorjahr hatte sie in New York ihren ersten und bisher einzigen Grand-Slam-Titel gewonnen.