Bayern-Fan, leidenschaftlicher Golfer und ein "cooler Hund": Rodel-Olympiasieger Felix Loch wahrt bei allem Erfolgsdruck stets die Lockerheit. In Sotschi war der 25-Jährige der gefeierte Held, im Weltcup sieht die Konkurrenz kein Land gegen ihn. Mit SPOX spricht Loch über seine beispiellose Nervenstärke, den unbeschreiblichen Georg Hackl und die neu ins Leben gerufene Sportlotterie. Zudem stellt er sich der öffentlichen Kritik, die sich gegen die Finanzierbarkeit des Rodelsports richtet.
SPOX: Herr Loch, Ihr Fußball-Herz schlägt für den FC Bayern. Woher stammt denn die Liebe zu den Roten?
Loch: Seit klein auf liebe ich den Fußball und bin schon immer ein großer Bayern-Fan gewesen. Wie in guten, so auch in schlechten Zeiten. Das geht manchmal ganz schön weit. Zwischen unseren Vorläufen bei Olympia habe ich beispielsweise in den Liveticker geschaltet, um zu erfahren, wie es beim FCB steht. Das gehört bei mir mit dazu, das war noch nie anders.
SPOX: Im Umkehrschluss bedeutet das, dass Sie die Löwen nicht sonderlich mögen, oder?
Loch: Nicht mögen wäre verkehrt. Sagen wir es so: Sollte der FC Bayern mal wieder gegen 1860 spielen, kann es für mich keine zwei Meinungen geben. (lacht)
SPOX: Sie sind insgesamt sehr sportbegeistert. Im Juni gewannen Sie zum Beispiel gemeinsam mit Golfprofi Bernd Wiesberger das ProAm der BMW International Open. Was fasziniert Sie so am Golf?
Loch: Das Schöne am Golfen ist, dass man vollkommen abschalten kann beziehungsweise sogar muss, um diesen blöden, weißen Ball zu treffen. Es fordert große Konzentration und man muss seine Gedanken wirklich dabei haben. Für mich ist das ganz praktisch, schließlich ist es im Rodeln genauso.
SPOX: Ganz offensichtlich hilft es. Die letzte Saison verlief für Sie überragend, gerade mit dem Highlight Olympia in Sotschi. Was hat es Ihnen bedeutet, bei der Schlussfeier deutscher Fahnenträger zu sein?
Loch: Die Fahne an dem Abend für die deutsche Mannschaft ins Stadion zu tragen, war etwas ganz Besonderes. Das kann ich auch wirklich nur sehr schwer erklären. Wenn man in das Stadion einläuft und dort sitzen tausende Zuschauer - und zuhause vor den Fernsehern noch viele mehr - ist das natürlich ein geiles Gefühl. In dem Moment kamen noch einmal die ganzen Emotionen hoch. Ein solcher Abschluss nach zwei Goldmedaillen war einfach richtig cool.
SPOX: Hat Ihnen die Sommerpause geholfen, nach all dem Trubel wieder einen freien Kopf zu bekommen?
Loch: Die ersten Monate nach Olympia waren ein bisschen stressig. Seitdem wir im Juni wieder ins Training eingestiegen sind, gibt es wieder einen geregelten Tagesablauf und alles hat sich normalisiert. Es gehört aber zum Erfolg mit dazu, dass ein gewisses Interesse da ist. Ich sage immer: Im Prinzip müsste ich nur langsamer rodeln, dann wäre meine ganze Situation ruhiger. Das wäre das Einfachste.
SPOX: Was Sie natürlich nicht wollen...
Loch: Eben. Es wäre ja schlimm, wenn es anders wäre. Das Drumherum gehört ganz normal mit dazu und stört mich nicht.
SPOX: Ändert sich etwas an der eigenen Persönlichkeit, wenn man Olympisches Gold gewinnt? Sie haben es ja nun über die Jahre schon bei zwei Titelkämpfen erlebt.
Loch: Nein, auf gar keinen Fall. Es ist sicherlich immer wieder etwas Außergewöhnliches. Es gibt wohl sehr wenige Sportler, die das schaffen, vor allem auch eine zweite Goldmedaille zu holen. Das Gefühl ist ein ganz besonderes und wirklich schön, aber es rüttelt nicht am Charakter.
SPOX: Ist man, wenn man erst mal eine Goldmedaille um den Hals hat, bei den nachfolgenden Wettkämpfen selbstbewusster und lockerer?
Loch: Das würde ich nicht so sagen. Meine erste Medaille hatte mit der zweiten und dritten eigentlich gar nichts zu tun. Das Selbstvertrauen holt man sich im vorigen Weltcup. Wenn man gut drauf ist und gutes Material hat, spielt das, was vier Jahre vorher passiert ist, gar keine Rolle.
SPOX: Sie sind gerade einmal 25 und haben unter anderem schon je drei olympische Goldmedaillen und Gesamtweltcupsiege abgeräumt. Gibt es ein Ziel, das Sie sich für Ihre Laufbahn noch gesteckt haben?
Loch: Das Ziel ist stets, am Ende der Saison ganz oben zu stehen, auch wenn das nicht immer klappen kann. Ich werde auf jeden Fall nicht müde und möchte auch in den nächsten Jahren die Weltspitze weiter mitbestimmen.
SPOX: Ihre Erfolge führen zwangsläufig zu einer gestiegenen Erwartungshaltung. Macht Ihnen dieser Erfolgsdruck gar nichts aus?
Loch: Überhaupt nicht. Ich glaube, ich kann mit allem, was von außen kommt, sehr gut umgehen. Darüber mache ich mir vor dem Rennen keine Gedanken, am Start schon gar nicht. Den einzigen Druck, den ich zulasse, mache ich mir selbst, da ich zwei beziehungsweise vier perfekte Läufe hinlegen will. Bisher hat das glücklicherweise ganz gut geklappt.
SPOX: Georg Hackl nannte Sie in diesem Zusammenhang einen "coolen Hund". Würden Sie das so unterschreiben?
Loch: Ja, wenn er das so sagt, dann natürlich gern. Er kennt mich jetzt schon ein paar Jahre und wenn er mich so einschätzt, dann wird er schon nicht Unrecht haben. (lacht)
SPOX: Nimmt er Ihnen den Erfolg eigentlich übel? Schließlich sind Sie auf dem besten Weg, ihn titeltechnisch zu überholen.
Loch: Ein bisschen gestichelt wird natürlich schon. Der Schorsch hat den Rodelsport zu seiner Zeit dominiert, dort seine Fußstapfen hinterlassen und genauso versuche ich das jetzt. Ich überlege aber nicht, wie ich seine Erfolge erreiche, sondern will meinen eigenen Weg gehen.
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SPOX: Das klingt ganz so, als seien Sie sich sehr ähnlich. Wie würden Sie ihn denn beschreiben?
Loch: Der Schorsch ist ein Verrückter, wobei, ein bisschen verrückt sind wir Rennsportler ja alle. (lacht) Es ist schwierig, ihn zu beschreiben. Er ist auf jeden Fall ein Perfektionist. Wenn er etwas angeht, dann nicht zu 90, sondern immer 100 Prozent. Weniger geht bei ihm nicht.
SPOX: Und wie ist das außerhalb des Sports, wenn es mal nicht ums Rodeln geht?
Loch: Den Sportler außerhalb seiner Sportart gibt es eigentlich nur sehr selten. Es ist daher fast unmöglich, das Private und den Sport getrennt zu betrachten, da es irgendwie eins ist. Ich denke, er ist da aber ganz normal: Gerne sehr erfolgreich, aber eben auch froh, wenn er mal ein bisschen seine Ruhe hat. Es ist sonst schon so, dass ihn zum Beispiel am Flughafen jeder anredet. Das ist eher nicht so sein Ding.
SPOX: Für einen Sport mit einer eher kleinen Lobby haben Sie eine verhältnismäßig große Fangemeinde. Seit Hackl hatte wohl kein Rodler mehr einen solchen Einfluss wie Sie. Wie wichtig ist es Ihnen, die öffentliche Wahrnehmung des Rodelns zu pushen?
Loch: Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir wahrgenommen werden. Wir müssen aber richtig erfolgreich sein, um überhaupt Aufmerksamkeit zu erhalten. In den letzten Jahren hat man das sehr gut gesehen, zum Beispiel an den Fernsehzeiten. Es wird einfach mehr übertragen, wenn der Erfolg da ist. Ewig werde ich den Sport aber auch nicht machen können, da muss jetzt etwas nachkommen. Um Talente heranzuführen, ist die Bekanntheit des Sports auf jeden Fall förderlich, schließlich gibt das mehr Geld, was in Jugendarbeit investiert werden kann.
SPOX: Geld, das aber auch an anderen Stellen gebraucht wird. Ein Kritikpunkt, dem sich der Rodelverband sicherlich stellen muss, ist der Faktor Wirtschaftlichkeit. Deutschland verfügt über vier Bob- und Rodelbahnen, die mehrere Hundert Millionen Euro kosteten. Wie rentiert sich das?
Loch: Um so erfolgreich zu sein, brauchen wir selbstredend viele Sportstätten. Das ist ein Pluspunkt bei uns, da sehr viele Kinder auf verschiedenen Bahnen trainieren können. Sie lernen die Abläufe beim Rodeln und vor allem auch, wie es auf anderen Bahnen funktioniert. Das ist die große Schwierigkeit: Man muss nicht nur auf einer Bahn zurechtzukommen, sondern auf mehreren. Wer die Möglichkeit hat, das im eigenen Land zu üben und nicht etwa nach Amerika reisen muss, um diese Erfahrung zu machen, der ist klar im Vorteil. Das ist der Grund, weshalb der deutsche Rodelsport so stark ist.
SPOX: Die Bahn in Winterberg ist mit über zweieinhalb Millionen Euro verschuldet. Ohne Zuschüsse könnte sich der Sport dort nicht halten. Die Stadt steuerte im vergangenen Jahr fast eine halbe Million dazu. Können Sie verstehen, dass so etwas manchem Steuerzahler negativ aufstößt?
Loch: Unser Rennrodelsport wird grundsätzlich von öffentlichen Mitteln gefördert, genauso wie auch örtliche Turnhallen oder andere Sportstätten. Ohne die finanzielle Hilfe von Bund, Ländern und Kommunen würde das nicht gehen. Daher sind wir auf öffentliche Gelder angewiesen. Natürlich kann ich verstehen, dass es Diskussionen über die Förderung gibt, allerdings brauchen wir die Gelder, um international erfolgreich zu sein und mithalten zu können.
SPOX: Wie wichtig sind in diesem Zusammenhang die Deutsche Sporthilfe und die neu ins Leben gerufene Sportlotterie?
Loch: Die Sporthilfe ist auf jeden Fall enorm wichtig, nicht nur für uns Rodler, sondern für jeden Spitzensportler und vor allem für den Nachwuchs im Leistungssport. Ohne die Deutsche Sporthilfe und ohne die Bundespolizei, die Bundeswehr oder den Zoll könnten viele von uns ihren Sport nicht so ausüben. Dass jetzt noch die Sportlotterie hinzukommt, ist eine tolle Sache. Ein solches System gibt es in Deutschland ja noch gar nicht, hat sich aber im Ausland schon bewährt. Wenn da am Ende noch der eine oder andere Euro übrigbleibt, ist das wirklich klasse.
SPOX: Besonders wichtig ist unter den Sportlern und Verbänden daher wohl Zusammenhalt. Immer wieder hört man jedoch, wie schwierig es ist, im Spitzensport echte Freundschaften zu knüpfen. Wie weit darf der Konkurrenzgedanke gehen?
Loch: Konkurrenz ist in einer Einzelsportart immer vorhanden. Im Fußball wird als Team gespielt, bei uns ist jeder für sich selbst verantwortlich. Natürlich sind wir auch als Mannschaft unterwegs und wir Deutschen verstehen uns untereinander auch wirklich sehr gut. Da wir für das gleiche Land starten, gönnen wir uns den Erfolg auch gegenseitig.
SPOX: Den anderen nicht?
Loch: Man kennt sich, man schätzt sich, man tut keinem anderen etwas Böses. Es ist ein normales Nebeneinander. Ich würde mich jetzt aber nicht mit einem Armin Zöggeler an einen Tisch setzen und mich mit ihm über die Technik meines Schlittens zu unterhalten.
SPOX: Sie sprechen Zöggeler an. Er hat als einer der ganz Großen des Rodelns seine Karriere nach Sotschi beendet. Schade für den Rodelsport?
Loch: Ja, natürlich ist es schade. Aber ich denke, er wird uns in irgendeiner anderen Form erhalten bleiben. Der italienische Nachwuchs kann auf jeden Fall von seiner ganzen Erfahrung profitieren. 40 ist aber sicher ein schönes Alter, um mit dem Rodeln aufzuhören.
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