Gerade der Rücktritt von Altmeisterin Andrea Henkel wiegt schwer und schmälert die Erfolgschancen der lange Zeit dominierenden Frauen des DSV. Wenn am Sonntag in Östersund/Schweden der Weltcup mit der Mixedstaffel startet, wird ein recht unerfahrenes Team an den Start gehen.
"Wir sind eine sehr junge Mannschaft, alles muss sich neu sortieren und jeder muss Fuß fassen können. Ich hoffe, dass die Medien und die Zuschauer ein bisschen gnädiger sind und uns die Zeit geben, die wir zum Reifen brauchen", sagte Gössner dem "SID".
Die 24-Jährige ist im deutschen Team noch die erfahrenste und zweifellos derart talentiert, dass sie problemlos in die Fußstapfen von Ikonen wie Henkel, Magdalena Neuner, Kati Wilhelm oder Uschi Disl treten könnte.
Weil Gössner nach ihrem schweren Radunfall im Frühjahr 2013 aber erst einmal wieder im Weltcup ankommen muss, droht den Damen wohl oder übel eine längere Zeit im grauen Mittelmaß.
"Jede wird ihr Bestes geben"
"Jede von uns wird ihr Bestes geben, keine läuft mit Absicht langsam oder schießt daneben. Ich fände es unfair, wenn man die ganze Zeit nur draufhaut", sagte Gössner. Doppel-Olympiasiegerin Henkel, die nach der Olympiasaison ihre Karriere beendet hatte, stimmt dem zu: "Man sollte den Mädels nicht die Bürde auferlegen, dass sie genau das machen müssen, was wir früher gemacht haben."
Erfolge am Fließband, Medaillenregen bei Großevents - all das wird es vorerst nicht mehr geben. "Man sollte es sowieso nicht mit dem vergleichen, was schon mal war", sagte Henkel, die ihren Ex-Kolleginnen im norwegischen Sjusjoen einen Besuch abgestattet hatte.
Wie schon im Vorjahr hatten sich Frauen und Männer dort den letzten Schliff für den Weltcup-Auftakt in Schweden verpasst. Und vielleicht holte sich Frauen-Bundestrainer Gerald Hönig auch dort von seinem Kollegen Mark Kirchner Rat für den komplizierten Neuanfang.
Kirchner, der in seine fünfte Saison als Männer-Bundestrainer geht, hatte zu Beginn seiner Amtszeit mit ähnlichen Problemen zu kämpfen und seine Jungs erst im vergangenen Winter so wirklich in der Weltspitze etabliert.
Peiffer mit wichtiger Rolle
"Unser Gedanke", sagte der 44-Jährige auch deshalb, "gilt weiter vor allem dem Team. Es hat sich auch im vergangenen Jahr gezeigt, dass bei uns nicht ein Athlet alleine herausragt, sondern sich alle mit Top-Leistungen abwechseln." Kirchners Hoffnungen auf Spitzenresultate ruhen in diesem Winter dabei vor allem auf seinen "drei Musketieren" Arnd Peiffer, Simon Schempp und Erik Lesser.
Peiffer (Clausthal-Zellerfeld) hatte zwar wie Lesser in der abgelaufenen Saison einen Einzelsieg verpasst, dank seiner Konstanz mit Rang sieben im Gesamtweltcup jedoch für die beste deutsche Platzierung gesorgt. "Er sollte wieder eine ganz gute Rolle spielen", sagte Kirchner über den ehemaligen Sprintweltmeister, der nach eigener Aussage "gut über den Sommer gekommen" ist.
Gleiches gilt für Schempp (Uhingen) und Lesser (Frankenhain), die ihr im Olympia-Winter vereinzelt aufgeblitztes Können ab sofort häufiger auf die Loipe bringen wollen. Das dafür nötige Selbstvertrauen dürfte Schempp aus seinen beiden ersten Weltcup-Erfolgen in Antholz und Lesser aus der Silbermedaille im olympischen Einzelrennen ziehen.
"Olympia war so ein Ereignis", sagte Kirchner auch mit Blick auf Staffelsilber, "das Motivation für klasse Leistungen gibt. Wenn Deutschland vertreten ist, sollte man immer einen Athleten im Podiumsbereich platzieren."