Lindsey Vonn feiert ein Hollywood-reifes Comeback und peilt einen Rekord an. Im Rodeln spinnt die Matrix, bei den Langläufern ganz Norwegen - und Miriam Gössner ist in all ihren Facetten auch wieder da.
Tops:
Seierherre! Man spricht Norwegisch! Eines muss man ihnen ja lassen, diesen Norwegern. Sie haben nicht nur die hübschesten Pullis und feinstes Geschirr massentauglich gepusht, sie sind dazu die perfekten Gastgeber. Kein Wunder, dass der Tourismus im hohen Norden boomt.
Und auch die Spitzensportler sind sich nicht zu schade, einen Beitrag zu leisten. Völlig gratis boten die Kollegen Sundby, Golberg und Co. am Wochenende ihre Loipen-Lehrstunden für die internationalen Gäste an. Und die sahen staunend zu, wie die Gastgeber beim Langlauf-Wochenende in Lillehammer so richtig Gas gaben.
Während "ARD"-Experte Peter Schlickenrieder fluchend den berüchtigten Anstieg bezwang (mit Stock in der linken, Kamera in der rechten Hand), flogen die Norweger nur so über den Schnee. Das Resultat: In den sechs Wettbewerben bei Damen und Herren gingen 16 von 18 Podestplätzen an die Starter in rot-blau. Schlickenrieder reagierte prompt. "Hier wird ja nur Norwegisch gesprochen", analysierte der Sport-Allrounder.
Und die Konkurrenz? Statt zu danken, wurden die schlechten Verlierer richtig böse. Von WM-Boykott war in den Teamlagern die Rede, Stallorder-Vorwürfe und Material-Vorteil! Und Doping sowieso! Den Langlauf-Touristen scheint jedes Mittel recht, um endlich einmal selbst den Seierherre (Sieger) zu stellen.
Lake Lindsey: Fast zwei Jahre waren vergangen, seitdem Lindsey Vonn zuletzt einen Weltcup-Sieg feiern durfte. Die ernüchternde Bilanz seitdem: Kreuzbandriss, Innenbandriss, Bruch des Schienbeinkopfes. Kurzes Comeback. Kreuzbandriss Nummer zwei, die nächste Leidenszeit.
Nun ist Madame Woods wieder zurück - und schon im zweiten Rennen triumphierte sie bei der Abfahrt in Lake Louise alias "Lake Lindsey". Am Sonntag ließ die 30-Jährige dann auch noch einen zweiten Platz beim Super-G folgen. Die Art und Weise, wie Vonn fehlerlos der Konkurrenz davonfuhr, war nicht nur zum Zunge schnalzen; es war auch eine Warnung. "Wenn sie in Topform ist, kommt da keiner ran", musste DSV-Alpindirektor Wolfgang Maier anerkennen.
Es war ein Bilderbuch-Comeback, das wohl selbst den Machern in Hollywood zu schmalzig gewesen wäre - komplettiert durch Freudentränen, das strahlende Lächeln (immer noch: schmacht) und das Fazit: "Ich denke, dass es der glücklichste Tag meines Lebens ist." Good to have you back, Lindsey!
Übrigens: Auf den Weltcup-Rekord von Annemarie Moser-Pröll (62) fehlen der Amerikanerin jetzt auch nur noch zwei Siege. Tiger, stell' den Schampus kalt!
Iron Fischer: Kurviger Slalom und rasante Abfahrten? Come on! Denkt sich die Riege der deutschen Skicrosser um Thomas Fischer. Der 28-Jährige stellte sich am Wochenende dem Duell mit drei Kontrahenten gleichzeitig. Auf Buckelpiste und mit steilen Kurven. Und während die Mainstream-Kollegen aus dem Alpin-Bereich schon gefeiert werden, wenn in der Kurve mal kurz auf einem Bein ausbalanciert wird, zeigte Fischer, wie echte Action geht.
Beim ersten Weltcup in Nakiska raste der Bayer mit konservativ geschätzten 800 km/h in die Steilkurve, kollidierte mit einem Konkurrenten, Salto-Überschlag, Fangzaun. Kurze Pause, Schockzustand.
Und Iron Fischer? Der wühlt sich mit gebrochenem Schlüsselbein selbst aus dem Zaun, steht auf und flucht erst einmal über den Fahrfehler. Der Sohn von Biathlon-Legende Fritz Fischer weiß, was in dieser Sportart passieren kann: 2012 ging er zusammen mit Nik Zoricic an den Start. Fischer schied aus, sein Kontrahent raste nach dem Zielsprung ungebremst in einen Zaun und verstarb noch an der Unfallstelle.
Angesichts der Geschwindigkeit und des Überschlags ging Fischers Abflug also glimpflich aus. Für den Hobby-Golfer ist die Saison aber so gut wie gelaufen. Statt Rennen und Training sind seine nächsten Termine Operation und Reha. Schade und gute Besserung!
Same procedure as every year: Was hätte der deutsche Wintersport ohne die Nordische Kombination zu feiern? Nun, Rodeln. Und gelegentliche Einzel-Siege in anderen Disziplinen. Aber nach wenigen Wochen ist schon wieder klar, dass uns die Kombinierer auch in diesem Jahr nicht im Stich lassen. Dafür reicht ein Blick nach Lillehammer.
Am Samstag gab es für die Deutschen einen Doppelsieg, mit Eric Frenzel und Fabian Rießle auf dem Podium. Am Sonntag gewann zwar der Norweger Mikko Kokslien, Rießle wurde aber erneut Zweiter - und auf den Plätzen vier und fünf waren mit Tino Edelmann und Frenzel schon wieder zwei Deutsche.
Rießle hat damit zweimal in Folge knapp seinen ersten Weltcup-Sieg verpasst - dafür darf er sich nach dem eher gebrauchten Wochenende von Johannes Rydzek nun über Platz eins im Gesamtweltcup freuen. Auf Platz zwei? Natürlich Frenzel!
Auf Platz drei liegt derzeit Kokslien und nicht Rydzek - eine Frechheit, wie auch Bundestrainer Hermann Weinbuch findet: "Wir wollen noch besser werden." Müssen, Herr Weinbuch. Müssen.
Die Hände zum Himmel: Während die Kombinierer ihren Platz in den Tops wieder und wieder verteidigen, sind die Eisschnellläufer hier nicht unbedingt Dauergäste - bis jetzt! Denn am Samstag machten sich Nico Ihle und Samuel Schwarz in Berlin unsterblich: Gemeinsam sausten die beiden zum ersten deutschen Doppelsieg seit sage und schreibe 24 Jahren.
"Es ist unbeschreiblich. Es ist der Traum. Ich habe mich oft gefragt, wie es ist, der Beste zu sein. Es ist der Wahnsinn", stammelte der sichtlich überwältigte Ihle danach in die Kamera. Gemeinsam mit Schwarz reckte er danach die Hände zum Himmel und wollte sie vor Freude gar nicht mehr herunternehmen - über Muskelkater in den Armen wird sich aber wohl keiner von beiden beschweren.
Tops: Lake Lindsey, Iron Fischer und norwegische Gastgeber
Flops: Skisprung-Farce, Gössners Präzision und die Rodel-Matrix
Flops:
Die Anderen sind beim Langlauf: Hatte sie SPOX gerade erst ausführlich als Gastgeber gelobt (siehe Tops), kommt jetzt gleich die Einschränkung. Während rund um die Loipe in Lillehammer gefeiert wurde, fand auf der Skisprungschanze stimmungstechnisch Staatstrauer statt.
Etwa 20 Ultras, 18 davon aus Polen, feierten die waghalsigen Springer im Schanzenauslauf frenetisch. "Die anderen 100.000 sind beim Langlauf", stand auf einem Plakat. Sogar Dieter-Thoma-Sprechchöre wurden angestimmt. Der lächelte in der "ARD" allerdings gleich sämtliche Comeback-Forderungen weg und verwies auf gültige Verträge.
Vielleicht lag der Thoma-Hype auch an den Bedingungen in der ehemaligen Olympia-Stadt. Bei dichtem Nebel war am Sonntag zuerst einmal gar nichts von den Sprüngen zu sehen, später musste wegen Wind sogar nach einem Durchgang abgebrochen werden.
Entsprechend grimmig diktierte Walter Hofer seine Anweisungen in das Walkie-Talkie. Seine Stirnband-Werbung war aufgrund des Nebels ebenfalls kaum zu sehen. Angesichts der Organisation wird natürlich getuschelt: Nimmt der Funktionär den Norwegern nächstes Jahr das Event weg?
Angeblich hat Katar bereits eine Bewerbung für den Hallen-Weltcup 2015/16 abgegeben. Dieser müsste dann aber im Sommer stattfinden und würde mit den gleichzeitigen Mattenspringen in Rastbüchl und Hinzenbach kollidieren. Klingt nach einer Kampfabstimmung inklusive Einschaltung der FIS-Ethik-Kommission.
Smiling and Shooting: So manch ein Biathlon-Fan mag sich ja am Donnerstag einen Wecker gestellt haben, denn um 17.45 Uhr war es endlich soweit: Die Waffe geschultert, strahlte Miriam Gössner endlich wieder in die Kamera. Ein Strahlen, das die Herzen erwärmt, aber seit mehr als einem Jahr nicht mehr zu sehen war (zumindest nicht im Fernsehen...).
Lange genug mussten die Fans also warten - im Gegensatz zu Fräulein Vonn gab es bei Miri allerdings kein Traum-Comeback zu bestaunen. Stolze sieben Schießfehler produzierte Gössner am Ende des Tages, Rang 68. Im Sprint wurde es dann fast noch schlimmer: Nur eine Scheibe fiel im Stehendschießen, wodurch die 24-Jährige sich am Ende mit Rang 58 begnügen musste. Und auch am Sonntag gingen von 20 Schüssen gleich acht daneben.
Bleibt also noch viel Luft nach oben für Gössner. Das Lächeln hat sie zum Glück nicht verlernt.
Wellingers Sturz mit Folgen: Es hatte sich abgezeichnet, dass Andreas Wellingers Horrorsturz in Kuusamo Folgen haben könnte - mittlerweile ist es traurige Gewissheit. Der 19-Jährige wird die Vierschanzentournee verpassen, nach einer Schulter-OP muss er rund acht Wochen pausieren. Immerhin: "Die Operation war gut, die Schmerzen sind viel weniger geworden. Der Sturz bremst mich nicht aus", gab sich Wellinger kämpferisch.
Auch die WM-Teilnahme im Februar ist derzeit nicht sicher, wenngleich Wellinger dann auf jeden Fall wieder mitmachen will. So rückt der Fokus neben der Reha nun eben erst mal auf die Schule - schließlich steht im Mai das Abitur auf dem Plan. Augen zu und durch, Andreas!
Verkehrte Welt im Eiskanal: Es war kein Freitag, der 13. Erschreckend war es aber dennoch, was man in Lake Placid beobachten musste. Ein Rodel-Event, bei dem der beste Deutsche das Rennen auf Platz sechs beendet?
Georg Hackl würde sich im Grabe umdrehen, aber zum Glück weilt die Rodel-Legende ja noch unter uns. Geschockt dürfte er dennoch gewesen sein. Von einem 19-jährigen US-Studenten namens Tucker West wurden Felix Loch und Co. die Leviten gelesen.
"Es ist jetzt halt so", gab der Olympiasieger danach zu Protokoll - und fragte sich wohl immer noch, wie um Himmels willen das passieren konnte. Bevor aber der Maya-Kalender doch noch die Welt untergehen lassen konnte, war am Samstag wieder Alltag angesagt.
Bedeutet: Natalie Geisenberger gewann bei den Damen, die deutsche Teamstaffel holte sich ebenfalls den Sieg. Und bereits am Freitag waren die Doppelsitzer Eggert/Benecke nicht zu schlagen. Alles also nur ein Fehler in der Matrix...
Tops: Lake Lindsey, Iron Fischer und norwegische Gastgeber
Flops: Skisprung-Farce, Gössners Präzision und die Rodel-Matrix