Am Mittwoch zogen die DSV-Adler in Richtung Garmisch-Partenkirchen weiter, wo Freund eine Begegnung mit seiner "Zitter-Schanze" erwartet.
Auf der Fahrt dorthin durfte er noch ein wenig die Eindrücke seines Triumphs am Schattenberg genießen. "Das war unglaublich grandios. Als bei der Siegerehrung alle Zuschauer die Hymne mitgesungen haben, war es bombastisch", sagte der 27-Jährige über seinen ersten Tagessieg bei einer Vierschanzentournee. 13 Jahre nach Sven Hannawald startete wieder ein Deutscher mit Platz eins in die Tournee, der ersehnte Gesamtsieg scheint möglich.
Bundestrainer Werner Schuster sprach dann auch von einem "großen Tag für das deutsche Skispringen, für das Skispringen allgemein und für Severin im Besonderen". Auch, weil die ewigen Vergleiche mit Hannawald und Martin Schmitt künftig wohl zumindest seltener werden dürften. Längst ist eine neue "goldene Generation" um die deutschen Team-Olympiasieger herangewachsen, die neue Erfolgsgeschichten schreibt.
"Geile Stimmung, geiles Springen"
"Wir versuchen seit Jahren, uns von der Vorgänger-Generation zu emanzipieren. Umso wertvoller ist, was Severin hier geleistet hat", sagte Schuster am Morgen nach dem Triumph seines Vorfliegers und zog ein populäres Beispiel heran: "Fragen Sie mal bei den Tennisspielern. Die schaffen es seit 25 Jahren nicht ins Wimbledonfinale, weil sie immer mit Boris Becker und Michael Stich verglichen werden."
Hannawald, der auf den Tag genau 13 Jahre zuvor letztmals in Oberstdorf gewonnen hatte, schickte noch am Abend Glückwünsche. "Geile Stimmung, geiles Springen, deutscher Sieg. Ich freue mich für alle Trainer, Beteiligten und natürlich Severin Freund", twitterte der Tournee-Gewinner von 2001/2002, der zudem durchpusten durfte: Sollte in diesem Jahr sein historischer "Grand Slam" mit Siegen auf allen vier Schanzen wiederholt werden, bleibt der Triumph zumindest im eigenen Land.
Bis dahin ist es allerdings noch ein weiter Weg, schließlich wartet auf Freund nun die ungeliebte Schanze in Garmisch. Auf der Olympia-Anlage ist der Niederbayer nie über Rang sieben hinausgekommen, vor zwei Jahren verpasste er gar den zweiten Durchgang. Aber: Im Herbst wurde er hier auch mit großem Vorsprung deutscher Meister. "Mit dieser Leistung wäre er am Freitag vorne dabei", sagt Schuster.
Prevc bleibt Topfavorit
Topfavorit bleibt indes Peter Prevc, der in Oberstdorf auch wegen schwieriger Windverhältnisse "nur" Dritter wurde. "Im Moment ist Peter noch der leicht bessere und stabilere Springer. Aber mit dem, was ich hier geschafft habe, kann sich etwas sehr, sehr Gutes entwickeln", sagte Freund.
Auch Schuster hofft, dass der Slowene nun doch ein wenig nervös wird. "Wenn Severin den Schwung aus Oberstdorf mitnimmt, kann er richtig Druck machen. Dann muss man schauen, ob Prevc noch immer einen Sprung nach dem anderen so runterklopft." Auch der Weltcup-Spitzenreiter sei schließlich "nur ein Mensch" und müsse sich Tag für Tag beweisen.
Das gilt insbesondere für Garmisch, wo schon am Donnerstag die Qualifikation ansteht, ehe wie immer nur eine kurze Feier ins neue Jahr folgt. "Ich bin jetzt seit 35 Jahren dabei, in 33 davon war Silvester für mich eher uninteressant", sagte Schuster: "Mir sind Kracher auf der Schanze deutlich lieber."