Andreas Wellingers Gesicht glühte auch in der bitterkalten Polarlandschaft vor Freude, selbst Karl Geiger war trotz eines späten Dämpfers zufrieden mit der Skisprungwelt: Die DSV-Adler haben sich mit vier Top-10-Plätzen beim turbulenten Finnland-Trip deutlich verbessert im Weltcup zurückgemeldet. Trotz des schlechtesten Saisonstarts seit zwölf Jahren herrscht einen Monat vor der Vierschanzentournee Optimismus im deutschen Team.
"Wir haben uns hier deutlich gesteigert und sind auf dem richtigen Weg, auch wenn es noch einiges zu tun gibt", sagte Bundestrainer Stefan Horngacher, nachdem der zweimalige Olympiasieger Wellinger als Siebter sowie Pius Paschke (8.) und Markus Eisenbichler (10.) im zweiten Springen von Ruka für einen glänzenden Abschluss gesorgt hatten.
Auch wenn die deutschen Adler weiterhin nicht mit den allerbesten Fliegern mithalten können - am Samstag gewann der Slowene Anze Lanisek, am Sonntag gab es in Österreichs Weltmeister Stefan Kraft und dem Norweger Halvor Egner Granerud zwei punktgleiche Sieger - und der Rückstand zum Podium jeweils groß ausfiel: Gegenüber dem grauen Auftakt auf Matten im polnischen Wisla drei Wochen zuvor waren die deutschen Asse kam wiederzuerkennen.
"So fliegt es sich auf jeden Fall leichter", meinte Wellinger, der nach großen Verletzungsproblemen zusehends stabiler wird. Er und der Rest der Mannschaft ließen sich auch nicht von der holprigen Vorbereitung aus dem Konzept bringen - weil das deutsche Gepäck samt Sprungski erst am Freitagabend in Finnland eingetroffen war, mussten die DSV-Adler einen Kaltstart hinlegen.
Dass Topmann Geiger, der am Samstag mit Platz sechs für das erste deutsche Top-10-Ergebnis im WM-Winter gesorgt hatte, am Sonntag nach Platz zwei in der Quali den Wettkampf verpatzte und als 33. nach dem ersten Durchgang ausschied, konnte die gute Stimmung nicht trüben.
"Der Quali-Sprung war extrem cool, der erste Treffer seit langem. So macht es richtig Spaß - auch wenn ich das heute im Wettkampf nicht bestätigen konnte", sagte Geiger, Weltcup-Gesamtzweiter des Vorjahres: "Ich nehme das Positive mit, die Sprünge kommen. Es ist nur noch ein bisschen hin, bis ich das konstant abzurufen weiß."
Kein Podestplatz in den ersten vier Einzelspringen der Saison: Das hatten die deutschen Skispringer zuletzt 2010/11 erlebt, als Severin Freund gar erst im 14. Wettkampf - als Sieger in Sapporo - nach dem Jahreswechsel den Sprung aufs Stockerl schaffte. Dass sich der Winter 2022/23 so zäh wie damals zieht, ist eher unwahrscheinlich.
Oder wie es Eisenbichler am Sonntag formulierte: "Ich weiß, was in mir steckt - es kommt nur noch nicht raus."