Olympische Spiele in Tokio - Tag 3 kompakt: Corona holt die erste Medaille!

Stefan Zieglmayer
25. Juli 202119:07
Lena Hentschel und Tina Punzel präsentieren ihre Bronze-Medaillen im Synchronspringen.getty
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Team Deutschland hat zwei Medaillen! Auch dank Corona. Eine Mathematikerin schreibt Olympia-Geschichte und Max Kruse ist verlobt. Olympia kompakt am Sonntag.

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Corona hat Deutschland die erste Medaille beschert! "Das ist kein schlechter Scherz - ich heiße wirklich Lena Corona Hentschel, das steht auch auf meiner Akkreditierung drauf."

Hentschel und ihre Partnerin Tina Punzel sprangen am Sonntag zu Bronze vom 3-Meter-Brett. Corona gewinnt die erste deutsche Medaille bei den Pandemie-Spielen. Solche Geschichten schreibt eigentlich nur der Fußball!

Der ganze Olympia-Tag zum Nachlesen im Ticker.

Neben dem Erfolg von Hentschel und Punzel gab es bei Team D am Sonntag aber nochmal Grund zu feiern. Auch die Bogenschützinnen Lisa Unruh, Michelle Kroppen und Charline Schwarz gewannen Bronze im Team. Bääm. Bääm? Ja, bääm. Das sagte zumindest Unruh zum Triumph: "Es war total spannend. Wir haben super geschossen, haben es super gemacht. Bääm, es war einfach geil."

2:0 für Tag drei, was deutsche Medaillen angeht. Aber auch sonst war der Sonntag schon erfreulicher als der durchwachsene Samstag.

Lena Hentschel und Tina Punzel präsentieren ihre Bronze-Medaillen im Synchronspringen.getty

Die wichtigsten Entscheidungen des Tages (Vorschau auf Tag 4):

WettbewerbErgebnis
Schwimmen, 400 Meter Lagen und 400 Meter Freistil, MännerMühlleitner verpasst Medaillenränge knapp
Schwimmen, 400 Meter Lagen und 4x 100 Meter Freistil, FrauenDer fast schon erwartete Weltrekord
Schießen, Luftpistole, FrauenDeutsche verpassen Luftpistolen-Finale deutlich
Gewichtheben, bis 67 kg und bis 61 kg, MännerGold: Li (CHN) und Chen (CHN), Silber: Irawan (INA) und Lozano (COL), Bronze: Son (KAZ) und Zanni (ITA)
Skateboard, Street, MännerHorigome holt historisches Gold in seiner Heimatstadt
Radsport, Straßenrennen, FrauenSensations-Gold für Mathematikerin Kiesenhofer
Wasserspringen, Synchronspringen (3 Meter), FrauenWasserspringerinnen holen erste deutsche Medaille
Schießen, Luftgewehr, MännerShaner knackt Olympischen Rekord
Bogenschießen, Mannschaft, FrauenDeutsche Bogenschützinnen holen Bronze im Team
Judo, Halbleichtgewicht, Frauen und MännerAbe-Geschwister feiern Doppel-Gold
Fechten, Florett, FrauenLee Kiefer triumphiert - Ebert mit Achtelfinal-Aus
Fechten, Degen, MännerAußenseiter Romain Cannone das Finale
Taekwondo, bis 57 kg, FrauenAlizadeh verpasst erste Medaille für das Flüchtlingsteam
Taekwondo, bis 68 kg, MännerErste Medaille für Usbekistan

Was sonst noch wichtig war:

Segeln: Start-Ziel-Sieg bei der zweiten Wettfahrt! Man könnte fast sagen: Bääm! Svenja Weger, Fünfte nach dem ersten Durchgang, setzte sich an Tag zwei im Laser Radial an die Spitze. Fünf Punkte vor der Gold-Favoritin Anne-Marie Rindom aus Dänemark. "Dabei wusste ich vor lauter Anspannung morgens noch nicht, ob ich überhaupt ins Boot steigen kann", sagte Weger. Acht Wettfahren liegen noch vor ihr bis zum Finale.

Schwimmen: "Henning motherf***ing Mühlleitner", schrieb Kollege Stefan Petri am Samstag nach der Quali. "Ein klitzekleines bisschen hoffen wir jetzt schon auf Edelmetall", schrieb er weiter. Und das war keineswegs töricht. Mühlleitner schwamm beinahe zur Bronze-Medaille. Und feierte seinen vierten Platz - ein sehr sympathischer Auftritt. "Jetzt ist es Blech oder Holz geworden", sagte er, "aber das stört mich relativ wenig." Generell lag beim DSV viel Liebe in der Luft - beschwingt durch die Erfolge im Wasser.

"Ich muss das erst mal realisieren", sagte Isabel Gose nach ihrem Deutschen Rekord über 400 Meter Freistil, "und mir dann vielleicht eine Umarmung von Lukas abholen." Lukas Märtens, Freund von Gose und selbst als Schwimmer in Tokio. Und noch eine Liebesgeschichte! Marek Ulrich, der im letzten Moment vom DSV nachnominiert wurde, schwamm ins Halbfinale über 100 Meter Rücken. Sein "besonderer Dank gilt meiner Freundin. Danke, Schatz. Ich liebe dich!" Wie harmonisch!

Tennis: Zverev weiter, Koepfer weiter, passt. Siegemund und Kohlschreiber nach großartigen Spielen knapp ausgeschieden. Akzeptiert. Das DTB-Team überzeugt weiterhin in Tokio. Trotz der brennenden Hitze und keinerlei Abkühlung. "Die haben hier kein Eisbad, das dürfen die nicht wegen Corona", sagte Zverev. Umso besser, dass er sich mit dem Taiwanesen Lu Yen-Hsun nicht allzu lange aufhielt (6:1, 6:3). Und überhaupt: "Es ist generell immer angenehm, wenn man schnell gewinnt."

Die Hitze von Tokio machte offenbar auch Ashleigh Barty zu schaffen - die Gold-Favoritin schied in der 1. Runde aus.getty

Schießen: Gute Phasen reichten nicht. Die Medaillenhoffnungen konnten Monika Karsch und Carina Wimmer nicht erfüllen. "Die Atmosphäre" (mit mehr Desinfektionssprays als Zuschauer) "war schon anders als bei andere Wettbewerben", sagte Wimmer. Sowohl Karsch (29.) als auch Wimmer (20.) verpassten das Finale, beide hatten Probleme mit der Zeit. Denn klar ist: Es ist generell immer angenehm, wenn man schnell gewinnt. Dann eben im Mixed-Wettbewerb.

Dressur: Das Steckenpferd (*räusper*) von Team D! Einfach ein toller Wettbewerb: Musik, Tiere, Medaillen. Einfach entspannt aus deutscher Sicht, wenn man sich am Ende sowieso nur untereinander schlagen kann. Abgehakt, weitermachen.

Basketball: 13 Jahre lang spielte kein deutsches Basketballteam mehr bei Olympischen Spielen. Dirkules lässt grüßen. Und viele Spiele darf das Team von Henrik Rödl vermutlich auch nicht mehr bestreiten in Tokio. Nach der 82:92-Pleite gegen Italien müsste die DBB-Auswahl schon Nigeria und Australien schlagen. Ob das realistisch ist? I doubt it! Dabei hatte es gegen die Italiener doch so gut ausgesehen. Gute Ballbewegung, gute Defense, elf Punkte Vorsprung! Doch dann folgte der Einbruch. "Wir hatten zu wenig Fokus und zu wenig Struktur am Ende", sagte Topscorer Maodo Lo. Für weitere Informationen: Siehe "Zahlen des Tages" - Zahl 285.

Dressur: Nachtrag: Das ist schon echt Weltklasse!

Fußball: Weltklasse war der Auftritt der Kuntz-Elf nach der schöngeredeten Auftaktpleite gegen Brasilien (Moral gezeigt!) auch gegen Saudi-Arabien nicht. Im Gegenteil. Zwei Gegentore, Unterzahl und um ein Haar das frühe Aus in der Gruppenphase. Aber die vermeintlich großen Fußballnationen tun sich allesamt schwer. Auch Spanien und Frankreich zitterten sich zu Siegen. Die Franzosen brauchten drei Tore vom alten Mann, Andre-Pierre Gignac, und selbst das hätte beinahe nicht gereicht. Brasilien spielte Unentschieden gegen die Elfenbeinküste. Gegen die Ivorer hat Deutschland nun alles selbst in der Hand. Das Viertelfinale ist noch drin. Gut: Arnold kehrt nach seiner Gelb-Rot-Sperre zurück. Schlecht: Amos Pieper ist rotgesperrt.

Heldin des Tages: Anna Kiesenhofer

Wir lieben doch alle diese Underdog-Geschichten. Geschichten eben, die nur der Fußball schreibt. Die Winternation Österreich hat erstmals seit 2004 in Athen wieder eine Goldmedaille gewonnen. Im Radsport mussten die Österreicher sogar 125 Jahre warten. Und mit Kiesenhofer sollte sich daran freilich nichts ändern. Doch es kam bekanntlich anders. Die Doktorin und Expertin für partielle Differentialgleichungen (das ist Mathe) attackierte schon nach einem Kilometer und fuhr einfach vorneweg bis ins Ziel. Auch für den Halbprofi ein ungewohntes Gefühl: "Selbst als ich die Ziellinie überquert habe, habe ich mir gedacht: Ist es wirklich aus? Muss ich noch weiterfahren?" Doch nicht nur die 30-Jährige war verwirrt.

Fail des Tages: Annemiek van Vleuten

Man könnte auch das hier als Fail des Tages verkaufen. Wenn es nicht so schmerzhaft wäre. Stattdessen knüpfen wir an die Heldinnen-Geschichte von gerade eben an. Wo es eine Siegerin gibt, muss es auch eine erste Verliererin geben. Oder eine zweite Gewinnerin - Auslegungssache. Darüber machte sich die Niederländerin bei ihrem Zieleinlauf keine Gedanken. Schließlich ging sie davon aus, dass sie die erste Gewinnerin sei. Nach 137 Kilometern fuhr sie auffallend glücklich, die Hände hochreißend, jubelnd über die Ziellinie. Van Vleuten dachte wirklich, sie hätte soeben Gold geholt. Dabei - SPOX-Leser wissen das - fuhr eine Österreicherin schon 1:15 Minuten vor ihr an selber Stelle vorbei. Van Vleuten gab danach zu: "Ich wusste nicht, dass noch eine andere Fahrerin vorn ist."

Anna van Vleuten jubelte wie eine Siegerin.getty

Romantiker des Tages: Max Kruse

3:2-Sieg, Assist zum Siegtor, ein paar Fragen zum Spiel, Heiratsantrag, Busfahrt ins Teamhotel, noch kurz was essen, Regeneration auf Twitch, schlafen. Being Max Kruse. Da stand er also. Nach dem Spiel. Verschwitzt. Und zog sein Trikot aus. Schließlich hatte er eine "Message" vorbereitet. Und schon legte er los: "Ja, Schatz. wir sind ja jetzt schon fast ein Jahr zusammen ..." Legendärer TV-Auftritt. Jetzt schon einen Platz bei "Menschen, Bilder, Emotionen - der große RTL-Jahresrückblick" gesichert. Und es kommt noch besser: Wie Kruse später versicherte, hat seine Freundin Dilara auch noch Ja gesagt. Happy Wife, happy Life.

Sieg des Tages: Carla Suarez Navarro

"Ich freue mich sehr über den ersten Sieg seit meinem Comeback. Olympia ist ein wirklich besonderes Event für mich", sagte die Spanierin nach ihrem gewonnen Auftaktmatch. Ein sehr emotionaler Moment! Wieso? Bei Suarez Navarro war im August 2020 ein bösartiger Tumor im Lymphsystem diagnostiziert worden. Sechs Monate Chemo, Erstrunden-Aus bei den French Open, Erstrunden-Aus in Wimbledon, Sieg in Tokio, Sieg im Leben!

Die "Oma" des Tages: Oksana Chusovitina

Vor fast 30 Jahren wurde Oksana Chusovitina Olympiasiegerin. Wie das geht? Die Usbekin, die auch schon mal für Deutschland turnte, ist 46 Jahre alt! In Tokio nahm sie zum achten Mal an Olympischen Spielen teil. Die Sprung-Qualifikation mit zwei Sprüngen war ihr letzter Auftritt - Karriereende unter Standing Ovations der anwesenden AthletInnen und TrainerInnen. "Bye, bye", sagte sie in die Kamera winkend. Im Interview nach ihrem Wettkampf sagte sie mit einem Augenzwinkern: "Vielleicht lasse ich Paris 2024 aus und komme 2028 nach Los Angeles."

Oksana Chusovitina - 46 Jahre alt, Olympionikin!getty

Die Farbkombination des Tages:

Bronze auf Schwarz-Rot-Goldenem Grund.

Sprüche des Tages:

"Die Bürste hat noch nicht den Weg zu unseren Haaren gefunden." (Wasserspringerin Lena Hentschel in der ARD nach ihrer Bronzemedaille mit Tina Punzel über ihr leicht zerzaustes Haar)

"Ich kann jetzt durchdrehen." (Wasserspringerin Lena Hentschel, die nach der Bronzemedaille im Synchron-Wettbewerb vom 3-m-Brett bei Olympia nicht mehr an den Start geht)

"Es ist der Worst Case. Die Olympischen Spiele sind für mich im Nachhinein eine sehr, sehr große Zeitverschwendung. Es ist alles relativ alt hier und wirklich sehr, sehr überschaubar." (Radprofi Simon Geschke, der positiv auf Corona getestet wurde, über seinen Quarantäne-Alltag im Hotel)

"Ich wollte das nach einem Tor machen, aber wer weiß, ob ich noch eins schieße." (Fußballprofi Max Kruse vor seinem TV-Heiratsantrag an seine Freundin Dilara)

"Wenn du ein Spiel verlierst, bist du nicht überrascht. Du bist enttäuscht. Ich verstehe das Wort 'überrascht' nicht. Das beleidigt die Franzosen, als ob wir sie mit 30 Punkten schlagen müssten. Das ist eine überragende Mannschaft." (US-Basketball-Headcoach Gregg Popovich nach der Niederlage gegen Frankreich)

Zahlen des Tages:

2 deutsche Medaillen! Wird langsam ...

5 Goldmedaillen holte Japan an den ersten beiden Wettkampftagen schon. In Rio waren es insgesamt zwölf.

7 Matchbälle vergaben Patrick Franziska und Petrissa Solja im Tischtennis-Mixed-Doppel gegen die Japaner Jun Mizutani/Mima Ito. Damit ist der Traum von einer Medaille für die WM-Dritten im Viertelfinale geplatzt.

10 Punkte Vorsprung hatte Team USA gegen Frankreich nach der Halbzeit. Selbst wenige Minuten vor Schluss waren Durant und Co. noch sieben Zähler vorn. Ein bisschen Batum, ein bisschen Fournier - zack, fertig: Comeback-Sieg.

13 Hundertstelsekunden fehlten Henning Mühlleitner zu Olympia-Bronze.

30 Sekunden lang dürfen Sportlerinnen und Sportler nun ohne Maske (mit Abstand) auf dem Podest bei Siegerehrungen posieren. Diese Lockerung beschloss das IOC. Gruppenfotos nur mit Maske.

30,1 Grad Celsius muss es in Tokio haben, damit eine Sonderregelung beim Tennis in Kraft tritt. Geht ein Match in einen dritten Satz, bekommen die SpielerInnen davor eine zehnminütige Pause.

285 Sekunden lang traf die deutsche Basketball-Nationalmannschaft keinen einzigen Korb. Es waren die letzten 4:45 Minuten des Spiels gegen Italien. Das ist der Einbruch, von dem die Rede war.