Nach dem letzten Sprung setzte sich Patrick Hausding auf die Beckenstufen und starrte gebannt auf die Anzeigetafel. Als die "3" aufleuchtete, prügelte er wie ein Wilder auf das Wasser ein und stieß einen Urschrei aus. "Das war der krankeste Wettkampf meines Lebens", sagte der Rekord-Europameister, nachdem er sich mit Partner Lars Rüdiger "das ein oder andere Kühlgetränk" als Belohnung für Olympia-Bronze genehmigt hatte.
In einem Wassersprung-Krimi mit besonders vielen Wendungen gab es ein Happy End für das deutsche Duo. "Wie ein schlechter - nein, eigentlich ein ziemlich guter Film", sei das gewesen, sagte Hausding. Rüdiger wähnte sich eher im Vergnügungspark: "Das war eine verdammte Achterbahnfahrt." Und auch Hausding war "eine ziemlich lange Zeit danach noch schwindelig", wie er später im ZDF-Studio erzählte, "vom Hyperventilieren danach oder vom emotionalen Stress."
Auf Rang sechs hatte das Duo vor dem letzten Durchgang im Synchronspringen vom 3-m-Brett gelegen - eigentlich aussichtslos abgeschlagen. "Dann haben wir noch mal alles reingepfeffert, was geht", meinte Rüdiger. Starke 85,50 Punkte gab es für den Viereinhalb-Salto vorwärts - und weil zuvor nacheinander die Russen, Mexikaner und Italiener gepatzt hatten, schossen die Berliner noch nach vorne auf den dritten Platz.
Olympia: Hausding/Rüdiger nutzen Patzer der Konkurrenz
Im Tokyo Aquatics Centre standen am Mittwoch 404,73 Punkte zu Buche, lediglich die Chinesen Wang Zongyuan/Xie Siyi (467,82) und Andrew Capobianco/Michael Hixon (444,36) aus den USA lagen vor den Europameistern. Alle anderen hatten mehr oder wenig heftig gepatzt. "Selber schuld", kommentierte Hausding die mitunter spektakulären Missgeschicke der Konkurrenz.
Das russische Duo erhielt im Schlussdurchgang null Punkte, weil Nikita Schleicher einen Bauchplatscher hingelegt hatte. Und die Briten Daniel Goodfellow/Jack Laugher, in Rio noch Olympiasieger, sprangen von Anfang an hinterher, "die haben gar nichts auf die Reihe gekriegt", meinte Hausding.
Dennoch sah es lange nicht nach einer Medaille aus. Das deutsche Duo brachte seine ersten Kürsprünge nicht sauber ins Becken. Nach dem vierten Durchgang blickte Hausding entgeistert auf die Videowand, nach dem fünften schüttelte Rüdiger den Kopf. "Wir haben nicht den besten Wettkampf gezeigt", gab Hausding zu, "aber gekämpft bis zum Ende."
Für den deutschen Vorspringer sind die letzten Olympischen Spiele noch nicht vorbei. Am Montag geht es mit dem Vorkampf im Einzelwettbewerb vom 3-m-Brett weiter, auch hier hat er eine Medaillenchance. "Egal, wie es jetzt weiter läuft", meinte der Berliner, "ich bin schon absolut happy."