Noel Ott ist der Shootingstar der Beachsoccer-Szene - und das als Schweizer. Im Interview mit SPOX spricht der 21-Jährige über Vergleiche mit Lionel Messi, seinen Weg vom Rasen in den Sand, Girls im Bikini und die anstehenden European Games in Baku. Zudem verrät Ott, warum er Neymar für einen prädestinierten Beachsoccer-Spieler hält.
SPOX: Herr Ott, Sie werden als der "Lionel Messi des Beachsoccers" bezeichnet. Was halten Sie von diesem Vergleich?
Noel Ott: Naja. Manche Leute sagen eben, dass ich wie ein Wirbelsturm um die Gegner herumspiele und vor dem Tor eiskalt bin. Wie es genau zu dem Vergleich kam, ist allerdings schwer zu sagen. Aber es gibt schon ein paar Parallelen zwischen Messi und mir. Auch ich spiele für den FC Barcelona, zudem gehören wir beide nicht zu den Größten.
SPOX: Fakt ist: Wie Messi im Fußball gehören Sie zu den Topstars der Beachsoccer-Szene. Gerade das vergangene Jahr lief äußerst erfolgreich.
Ott: Ja, das stimmt. In Dubai wurde ich als weltweit bester Nachwuchsspieler ausgezeichnet. Auch bei der Wahl zum besten Spieler insgesamt war ich unter den Top drei, den Titel gewann der Brasilianer Bruno Xavier.
SPOX: Und dann spielen Sie - wie Messi - auch noch ab und zu für den FC Barcelona. Obwohl eigentlich die Sandhoppers Zürich Ihr Verein sind. Wie kommt das?
Ott: Barcelona versammelt jedes Jahr einige der besten Spieler in seiner Mannschaft und absolviert mehrere Turniere rund um den Erdball. Ich war bisher vier Mal dabei. Ziel ist es, Beachsoccer auf der ganzen Welt populärer zu machen. Das ist mit einem Klub, der eine berühmte Marke ist und auf der ganzen Welt bekannt ist, eben leichter als mit einem unbekannten Team.
SPOX: Sie sprechen es an. Beachsoccer steht als Randsportart klar im Schatten. Wie sind Sie auf diesen Sport gekommen?
Ott: Ich spielte auch zunächst Fußball auf dem Feld. Vor vier Jahren habe ich dann in der U18 der Grasshoppers aufgehört. Eine Kollegin meiner Mutter, die in der Beachsoccer-Frauen-Nationalmannschaft spielt, ist daraufhin auf mich zugekommen und hat gefragt, ob ich mir mal anschauen möchte, wie es bei den Sandhoppers so zugeht. Da spielte ich das erste Mal auf Sand und fand sofort Gefallen daran.
SPOX: Die Schweiz wurde 2009 Vize-Weltmeister und steht aktuell auf dem dritten Rang der Weltrangliste. Warum ist ausgerechnet die Schweiz im Beachsoccer so erfolgreich? Wenn wir uns nicht täuschen, sind Sandstrände bei euch doch eher die Ausnahme.
Ott (lacht): Stimmt schon. Trotzdem ist es erklärbar. In erster Linie ist die super Infrastruktur verantwortlich für unsere Erfolge. Gegenüber größeren Nationen haben wir den Vorteil, dass die Schweiz eher ein kleines Land ist. Die großen Städte liegen nicht allzu weit auseinander, dadurch können wir regelmäßig miteinander trainieren und sind eingespielt. Ein weiterer großer Vorteil ist die Suzuki League, unsere sehr gut organisierte nationale Liga. Ob wir an einem Strand spielen oder auf einem anderen Sandplatz ist ja letztlich egal.
SPOX: Wie ist die Schweizer Liga strukturiert?
Ott: Die Suzuki League wird jedes Jahr in den Sommermonaten ausgetragen. Diese Saison fand der Auftakt Anfang Juni statt, das Finale steigt dann im September. Insgesamt finden inklusive Finale neun Turniere statt. Gegen Ende spielen die Teams in den Playoffs die Platzierungen aus, die besten vier Mannschaften ermitteln beispielsweise den Meister. In der übrigen Zeit spielen wir auch Turniere mit der Nationalmannschaft, wie jetzt bei den European Games in Baku oder die Weltmeisterschaft. Die Struktur ähnelt also schon so ein bisschen der des Fußballs.
SPOX: Erklären Sie uns doch bitte mal den besonderen Reiz des Beachsoccers.
Ott: Generell finde ich, dass Beachsoccer im Vergleich zum Fußball oft spannender und spektakulärer anzusehen ist. Ein Fußballspiel geht 90 Minuten, wir spielen drei Mal zwölf Minuten - dennoch fallen meist mehr Tore. Außerdem ist man, zumindest häufig, dort wo die Sonne scheint und es warm ist. Und natürlich gehören auch die Girls im Bikini und die Cheerleaderinnen dazu. Das alles ist für mich das Besondere am Beachsoccer.
SPOX: Hat Beachsoccer das Potenzial, in Zukunft mehr in den Fokus der Öffentlichkeit zu rücken?
Ott: Das ist schwer zu sagen, das variiert ja auch je nach Land. Meiner Meinung nach hat sich in der Schweiz in den letzten Jahren jedoch einiges getan, Beachsoccer ist deutlich beliebter geworden. Es sind einige Dinge passiert, die der Sportart gut getan haben. Ich kann mir daher durchaus vorstellen, dass die Sportart in Zukunft noch ein Stück weit populärer wird.
Seite 1: Ott über Messi und den Weg zum Beachsoccer
Seite 2: Ott über Neymar und die European Games
SPOX: Was sollte ein guter Beachsoccer-Spieler mitbringen?
Ott: Man sollte eine gewisse Grundschnelligkeit haben, dazu muss man natürlich mit dem Ball umgehen können. Auf hohem Niveau ist es außerdem enorm wichtig, topfit zu sein. Ohne eine gute Kondition geht im Sand nichts.
SPOX: Würde einem Profi-Fußballer die Umstellung vom Rasen auf den Sand schwer fallen?
Ott: Der Untergrund macht natürlich einen großen Unterschied aus. Daher denke ich, dass die Umstellung von Sand auf Rasen auf jeden Fall nicht leicht wäre. Die meisten Fußballprofis könnten wahrscheinlich nicht sofort auf hohem Beachsoccer-Niveau mithalten. Mit einem gewissen Training würden jedoch einige auch auf Sand eine gute Rolle spielen.
SPOX: Wer wäre denn prädestiniert?
Ott: Ich könnte mir Neymar sehr gut im Sand vorstellen. Viele Brasilianer haben Beachsoccer einfach im Blut. Neymar ist technisch überragend und besitzt auch diesen gewissen Spielwitz, den man beim Beachsoccer braucht.
SPOX: Wird man als Beachsoccer-Spieler eigentlich von den "normalen" Fußball-Profis ernst genommen oder eher belächelt?
Ott: Mein Kontakt zu Fußballprofis hält sich in Grenzen, deshalb kann ich das nicht genau sagen. Aber die paar früheren Kollegen aus Grasshoppers-Zeiten, die nun im Profifußball aktiv sind, sind eher stolz darauf, wie weit ich es gebracht habe. Die erkennen meine Leistung auf jeden Fall an.
SPOX: Lassen Sie uns über die anstehenden European Games sprechen, die ihre Premiere feiern. Was erwarten Sie von dem Ereignis und insbesondere vom Beachsoccer-Turnier?
Ott: Zunächst einmal finde ich es einfach toll, dass so viele verschiedene Sportarten vertreten sind. Was Beachsoccer angeht: Wir haben bereits Bilder von der Arena gesehen und auch von dem Athleten-Dorf, wo wir wohnen werden. Wir waren fast ein wenig sprachlos, deshalb sind unsere Erwartungen auch dementsprechend hoch.
SPOX: Traumstrände wie an der Copacabana sind in Baku allerdings nicht ganz zu erwarten. Was für eine Rolle spielt die Kulisse?
Ott: Natürlich macht es einen Unterschied, ob wir an der Copacabana spielen oder an einem Strand, der nicht ganz so bekannt ist. Vergangenes Jahr hat allerdings bereits die Europameisterschaft in Baku stattgefunden, wir verloren übrigens erst im Finale gegen Spanien. Ich muss sagen: Die Erinnerungen an die Stadt sind gut, die Verhältnisse insgesamt auch. Der Strand ist toll, es herrscht warmes Klima. Deshalb denke ich nicht, dass es ein Nachteil ist, dass der Strand von Baku nicht ganz so berühmt ist.
SPOX: Mit welchen Zielen geht die Schweiz an den Start?
Ott: Das Mindestziel ist es, eine Medaille zu holen. Wenn es am Ende Gold wird, hätten wir nichts dagegen (lacht). Wir sind definitiv bereit.
SPOX: Nach den European Games steht direkt das nächste Highlight an. Am 9. Juli beginnt in Portugal die Weltmeisterschaft. Ist Baku dafür eher eine Art Vorbereitung?
Ott: Den Stellenwert der beiden Turniere zu vergleichen ist schwer, denn die European Games finden ja das erste Mal statt. Natürlich ist es deshalb gut zu sehen, wie weit die anderen Mannschaften vor der WM sind. Spanien und Russland sind in Baku am Start. Die gehören bei der WM sicherlich zu den Topfavoriten. Wir werden in Aserbaidschan sehen, ob wir auf dem richtigen Weg sind.