"Unsere Sportler haben das moralische Recht, in Rio dabei zu sein. Wir dürfen die ehrlichen Sportler nicht in Sippenhaft nehmen. Das ist unmenschlich", sagte der 57-Jährige dem Nachrichtenmagazin Spiegel.
Russland war vom Leichtathletik-Weltverband IAAF im vergangenen November wegen flächendeckender Manipulation suspendiert worden. Ob die Sperre aufrecht erhalten wird, entscheidet die IAAF am 17. Juni in Wien.
Dies könnte das Olympia-Aus für Russlands Leichtathleten zur Folge haben. "Wir haben alles dafür getan, damit die Sperre aufgehoben wird. Wir haben Trainer und Funktionäre ausgewechselt", sagte Mutko.
Kein Boykott
Falls die Leichtathleten von den Spielen in Rio ausgeschlossen würden, werde Russland, so Mutko vielsagend, reagieren, "wie eine Großmacht des Sports eben reagiert". Die Frage, ob in diesem Falle Russland die Spiele boykottieren werde, beantwortete Mutko allerdings mit: "Nein."
Mutko will derweil erst im Jahr 2016 von der umstrittenen und mittlerweile im Sport verbotenen Substanz Meldonium erfahren haben. "Zum ersten Mal habe ich davon gehört, als es bei unserem Tennisstar Maria Scharapowa gefunden wurde", sagte Mutko dem Spiegel und verharmloste die Substanz: "Es ist kein schreckliches Anobolikum, es hilft bloß bei der Erholung."
Meldonium im Fokus
Die WADA hatte im September vor dem Gebrauch von Meldonium gewarnt und angekündigt, dass es ab dem 1. Januar 2016 auf der Verbotsliste stehen werde - ein Umstand, der Russlands oberstem Sportfunktionär Mutko nach seiner Aussage rund vier Monate verborgen blieb.
Scharapowa hatte im März bekannt gegeben, dass sie bei den Australian Open im Januar positiv getestet worden sei. Es folgten weit mehr als 100 weitere Meldonium-Fälle, vor allem bei russischen Sportlern.
"Dass dieses Präparat auf der schwarzen Liste steht, bereitet uns im Sport viele Probleme. Meldonium ist aber keine Droge, sondern ein kostengünstiges Präparat", sagte Mutko: "Es wird bei uns häufig gegen Herzprobleme und Prophylaxe verschrieben." Zum Fall Scharapowa sagte Mutko: "Wir in Russland witzeln, dass das wie eine Werbeaktion war. Die Apothekenregale waren schnell wie leergekauft."
Mutko berief sich zudem darauf, dass bei der WADA mittlerweile Zweifel über die Abbaudauer von Meldonium im Körper aufgekommen seien, und verwies auf eigene Studien. "Alle Ärzte und Athleten waren rechtzeitig informiert. Die meisten Sportler beteuern, sie hätten Meldonium nur bis zum Verbot geschluckt", sagte Mutko: "Das Präparat ist hinterhältig, es bleibt weit länger im Körper als gedacht. Unsere eigene Untersuchung zeigt, dass das Mittel auch nach drei Monaten nicht vollständig aus dem Körper verschwindet."