Die Selecao, die erfolgreichste Nationalelf der Welt, hat noch nie Olympisches Gold gewonnen. Zweimal Silber, zweimal Bronze - zu mehr hat es in den 112 Jahren seit Einführung des Turniers nicht gereicht. Das soll sich in London ändern. Das muss sich in London ändern.
Denn die Erwartungen könnten kaum höher sein. Brasilien, der nächste WM-Gastgeber, entsendet eine Mannschaft mit klangvollen Namen - mit ihrem Star Neymar an der Spitze.
Es geht ab dem 26. Juli darüber hinaus um nicht weniger als den Job von Nationalcoach Mano Menezes, dem die brasilianische Öffentlichkeit nach dem Viertelfinal-Aus bei der Copa America im vergangenen Jahr keinen weiteren Misserfolg verzeihen wird.
So schlecht wie noch nie
Zuletzt sind die Brasilianer auf den elften Platz des FIFA-Rankings abgerutscht, so schlecht waren sie noch nie. Die Generalprobe für die WM 2014 finde erst im kommenden Jahr beim Confed-Cup statt, sagte Menezes ausweichend bei der Kadernominierung für London am 5. Juli. "Aber es ist klar, dass wir bei den Olympischen Spielen gut spielen müssen, damit sich die Überzeugungen, die wir bislang gewonnen haben, bestätigen", erklärte Menezes.
Nicht alle teilen derweil diese Überzeugungen. "Ich finde nicht gut, welche Spieler er ausgewählt hat", mäkelte beispielsweise der ehemalige Nationalstürmer Romario, heute Parlamentsabgeordneter. "Er hätte Spieler berufen sollen, die im Ausland höher angesehen sind. Es gibt viele andere Profis über 23, die er hätte auswählen sollen."
Zum Ü-23-Trio, dem Menezes vertraut, gehören Abwehrspieler Thiago Silva vom AC Mailand, Linksverteidiger Marcelo von Real Madrid und Angreifer Hulk vom FC Porto. Zu den nennenswerten Spielern innerhalb des Alterslimits zählen neben dem alles überstrahlenden 20-jährigen Neymar auch dessen Teamkollege beim FC Santos, Paulo Henrique Ganso, Alexandre Pato (Milan), Lucas (FC Sao Paulo) sowie Oscar und Leandro Damiao von Internationcal Porto Alegre.
Menezes hat auch seinen A-Kader zuletzt stark verjüngt und auch den 31 Jahre alten Weltmeister Ronaldinho nicht zu Olympia eingeladen. "Wir haben eine starke Gruppe", versicherte Menezes, "wir haben Stammspieler einiger Topklubs dabei. Und viele junge Spieler können sich einen Platz im Nationalteam verdienen."
"Mit dem Druck müssen wir leben"
Für Neymar, von dem die brasilianischen Fans in zwei Jahren eine Führungsrolle bei der WM erwarten, ist das Olympia-Turnier ein erster Härtetest auf höchster Ebene. Nicht nur auf dem Techniker mit dem Hahnenkamm lastet der Druck der Erwartungen, den der Trainer zu zerstreuen sucht. "Der Druck wird immer da sein, damit müssen wir leben", sagte Menezes. "Er muss aber nicht unbedingt schlecht sein, wir können ihn auch zu unserem Vorteil nutzen."
Die Vorbereitung verlief durchwachsen, das Olympia-Team siegte 3:1 gegen Dänemark und 4:1 gegen Jürgen Klinsmanns Amerikaner; verlor danach gegen Mexiko (0:2) und Argentinien (3:4). Bei diesem letzten Test überragte Lionel Messi mit drei Toren und weckte bei den Brasilianern Erinnerungen an den letzten gescheiterten Versuch. 2008 in Peking unterlagen sie im Halbfinale den Argentiniern um den Barcelona-Star und holten am Ende nur Bronze.
Argentinien ist diesmal gar nicht dabei (ebenso wenig wie eine deutsche Equipe), zu den Favoriten zählen außer der Menezes-Mannschaft vor allem U21-Weltmeister Spanien und das verbandsübergreifende Team Großbritannien um den Waliser Altstar von Manchester United, Ryan Giggs.
In der Vorrundengruppe C treffen die Brasilianer aber zunächst in Cardiff auf die vom ehemaligen Bundesligaprofi Hany Ramzy trainierten Ägypter, in Manchester auf Weißrussland und in Newcastle auf Neuseeland. Doch das Ziel für Brasilien ist ein anderes: Wembley. Dort könnte die Selecao am 11. August um Olympisches Gold spielen - und die historische Erfolglosigkeit endlich beenden.
Der aktuelle Kader der brasilianischen Nationalelf