Männer-Team holt dritte Olympia-Medaille

SID
Timo Boll hat das entscheidende Einzel gewonnen
© getty

Nach seiner letzten olympischen Heldentat schlug Timo Boll die Hände über dem Kopf zusammen, Freudentränen bahnten sich ihren Weg. Seine Teamkollegen nahmen keine Rücksicht mehr auf den steifen Hals des Altmeisters und sprangen Boll überglücklich in die Arme.

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Trotz einer Blockade im Nacken hatte der Rekord-Europameister die Tischtennis-Männer zur Bronzemedaille geführt. Beim 3:1 im kleinen Finale gegen Südkorea holte Boll mit schmerzverzerrtem Gesicht zwei Punkte.

"Ich fühle mich ein bisschen wie Robocop, der Wirbel ist rausgesprungen, das ist mir zuletzt ein paar Mal passiert", sagte Boll: "Ich habe gedacht, es ist vorbei, am Schluss haben die Spritzen gewirkt." Dimitrij Ovtcharov, der den dritten Sieg holte, lobte Boll: "Timo hat gezeigt, dass er hart im Nehmen ist. Stark, wie er sich durchgekämpft hat."

Minutenlang war Fahnenträger Boll behandelt worden, eine Blockade im Nacken hatte ihm im Doppel vor dem entscheidenden fünften Satz zugesetzt. Bundestrainer Jörg Roßkopf konnte das Drama kaum mehr mitansehen, doch eine Spritze, eine Tablette und Bolls unbändiger Wille sicherten Deutschland die kaum noch für möglich gehaltene Medaille.

Hartnäckigkeit zahlt sich aus

"Timo hat sich durchgebissen und richtig gut gespielt. Das zeichnet einen großen Spieler aus", lobte Roßkopf: "Wir wussten wie wichtig das Doppel ist. Die Hartnäckigkeit hat sich ausgezahlt. Die Medaille ist ein toller Abschluss."

Nach Silber in Peking 2008 und Bronze in London 2012 holten Boll, Steger und Dimitrij Ovtcharov das dritte Edelmetall nacheinander. Nach Mannschaftssilber für die Frauen am Dienstagabend reist der erfolgsverwöhnte Deutsche Tischtennis-Bund (DTTB) mit zwei Medaillen aus Rio ab. Ihre 0:3-Niederlage im Finale gegen die alles überragenden Chinesinnen war zu verschmerzen.

"Wir haben den Halbfinalsieg wie den Olympiasieg gefeiert. Eine Medaille ist großartig", hatte Petrissa Solja beim Empfang am Abend im Deutschen Haus gesagt. Bei Sekt und Cocktails war der kurze Frust über die verpasste Gold-Sensation längst wieder vergessen.

Boll zeigt nochmal seine Klasse

Die deutschen Männer versuchten es einen Tag später nach der bitteren Halbfinal-Pleite gegen Japan mit einer taktischen Umstellung. Anders als in Runden zuvor eröffnete gegen Südkorea Steger das Match im ersten Einzel. Der 35-Jährige hielt gegen Südkoreas Jeoung Youngsik stark mit, unterlag aber letztlich trotz drei Matchbällen mit 2:3.

Einzel-Europameister Ovtcharov brachte die deutsche Mannschaft mit einem hart erkämpften 3:2 gegen Joo Saehyuk jedoch wieder in die Spur. Als Steger und Boll im anschließenden Doppel Jeoung und Lee Sangsu mit 3:2 besiegten, war der Erfolg bereits greifbar. Bolls 3:0-Sieg gegen Joo sorgte schließlich für die Entscheidung - und für grenzenlosen Jubel bei seinen Teamkollegen.

Das bronzene Finish von Rio könnte bei aller berechtigten Euphorie wohl das vorerst letzte große Hurra der deutschen Tischtennis-Asse auf olympischer Bühne gewesen sein. Denn obwohl Boll eine Teilnahme an den Sommerspielen 2020 in Tokio zuletzt explizit nicht ausschließen wollte, neigte seine Leistungskurve zu deutlich nach unten.

Nicht nur das frühe Aus im Einzel zeigte, dass der Rekordeuropameister das Niveau früherer Tage nur noch selten erreicht. Dass Boll auch in Tokio, mit dann 39 Jahren, noch einmal angreifen kann, scheint deshalb nur schwer vorstellbar. Talente, die diese Lücke füllen, sind ebenfalls nicht in Sicht. Die Rolle der deutschen Medaillenhoffnung könnte somit in Zukunft häufiger den Frauen zufallen.

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