MLB-Legende Jackie Robinson: Die Revolution der 42

Maximilian Schmeckel
15. April 202017:13
Jackie Robinson im Jersey der Dodgersimago images
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Er war der erste Schwarze in der MLB: Jackie Robinson wurde von einem besonderen Manager in die Liga geholt und stieg zu einem der besten Spieler aller Zeiten auf. Jahrelang ertrug er wüste Beschimpfungen und Morddrohungen, weil er wusste, dass er für etwas Gutes kämpft. Der Second Baseman ist eine Legende, der einer ganzen Nation ihre Dämonen vor Augen führte. Heute ist die Nummer 42 ein Symbol für Hunderttausende. Am heutigen Mittwoch feiert die Liga den alljährlichen Jackie Robinson Day.

Die Originalversion dieses Artikels erschien im Oktober 2015 auf SPOX.

Sie dürfen da nicht sitzen", bellte es von vorne. Der Angesprochene lächelte provokant. "Warum nicht, Sir?", fragte er. "Das wissen Sie genau, vorne Weiße, hinten Nigger", sagte der Busfahrer angriffslustig zu seinem Fahrgast, einem schwarzen Unterleutnant, der sich erdreistete im für Weiße abgetrennten Teil zu sitzen. "Whites only" hieß es, genau wie auf Toiletten oder in öffentlichen Restaurants, die in großen Letttern "We serve Whites only" verkündeten. Der Busfahrer tobte, beschimpfte den jungen Burschen als "Drecksnigger" und holte schließlich ein paar Offiziere.

Wegen Gehorsamsverweigerung wurde der "Täter" vor ein US-Militärgericht gestellt - und in allen Anklagepunkten freigesprochen. Denn die Army wusste, wen sie da sitzen hatte. Einen 23-Jährigen Second Lieutnant, der sich fünf Jahre vor der offiziellen Aufhebung der Seperation in der US-Army einen Platz an einer Offiziersschule in Florida erkämpft hatte.

In fünf Sportarten begnadet

Einen jungen Sportler, der auf der UCLA in Los Angeles der Superstar in gleich fünf Sportarten gewesen war. Den Bruder eines Medaillengewinners der Olympischen Spiele. Man wusste um seinen Wert, er wurde in allen Anklagepunkten freigesprochen.

Was sie nicht wussten damals, 1942 in der Hitze von Fort Hoot, Florida, war, dass der Mann fünf Jahre später Sportgeschichte schreiben würde und einen Sport veränderte. Sein Name: Jack Roosevelt "Jackie" Robinson.

Am 31. Januar 1919 kam er als jüngstes von fünf Geschwistern in Cairo, Georgia zur Welt. Der Vater verließ die Familie früh, die Mutter zog mit ihren Kindern nach Pasadena, Kalifornien. Unter der kalifornischem Sonne und umgeben von Hügeln spielte Jackie mit seinen älteren Brüdern auf der Straße.

Pochen auf Gerechtigkeit

Beim Baseball oder Basketball ging es hart zur Sache. Einerseits wegen des Altersunterschieds, andererseits wegen der Beschimpfungen, denen sie ausgesetzt waren, wenn alte Damen mit ihren Hunden vorbei kamen oder die Kinder der Nachbarn sie als "Affen" beschimpften.

Jackie war ein kluges Kerlchen, einer mit aufbrausendem Temperament und einem starken Sinn für Gerechtigkeit. Schon damals musste er von seinen Brüder davon abgehalten werden, einen Weißen zu verprügeln, der seine Schwester Hure genannt hatte. Seine Noten waren gut, er schaffte es aufs College.

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In der University of California stieg er bald zur kleinen Campus-Berühmtheit auf. Im Basketball brillierte er mit Geschmeidigkeit und Athletik, im Tennis drosch er schon bald Gegnern die Bälle um die Ohren, die quasi seit ihrer Geburt in weißen Shirts mit ihren Vätern auf Sandplätzen gestanden hatten, während Robinson vor dem College gar nicht gespielt hatte.

Der Bruder sprintet vor Hitler

Auf dem Football-Feld war er bald als brillanter Receiver bekannt, der auch die schwierigsten Würfe fing und besonders bei Bullet-Pässen als Mr. 100-Prozent galt. Im Leichtathletik-Team brach er die College-Rekorde im Weitsprung, 100-Meter-Lauf und 200-Meter-Lauf. Sein Siegeswille zeichnete ihn aus.

"Mehr als alles andere hasse ich es zu verlieren", sagte er später und bewies das im College eindrucksvoll. Anders als heute, wo die Teams Schlange stehen würden, um ein solches Ass im Draft für sich zu gewinnen, strafte man Robinson mit Desinteresse.

Er war ein Ausnahme-Talent, das schon, aber er gehörte nun mal zur falschen Rasse an, außerdem sei es nicht garantiert, dass er die gleichen Leistungen auf auf höchstem Niveau bringen könne, schließlich war er ein "Nigger". Eine Karriere als Sportler kam nicht in Frage.

Denn in der einzigen Disziplin, in der Schwarze auch auf Top-Niveau geduldet wurden, der Leichtathletik, war er nicht so gut wie sein Bruder Mack, den heute nur deshalb keiner kennt, weil bei Olympia in Berlin 1936 Jesse Owens brillierte und Robinson im Sprint nur die Silbermedaille blieb.

Das Leben eine Demütigung

Im Sprint brauchte es Kraft und Athletik und keinerlei Intelligenz, deshalb waren die Schwarzen hier früh geduldet, im Baseball oder Football dagegen herrschte eine strikte Trennung. Zu schwach im Kopf waren die Schwarzen für das höchste Niveau, so lautete die einhellige Meinung.

Robinson meldete sich ohne Chance auf eine Profi-Karriere während des zweiten Weltkriegs freiwillig zur Army. Kurz vor der Versetzung des rassengetrennten 761. Panzer-Bataillons nach Europa an die Front ereignete sich der Vorfall im Bus und Robinson blieb in den Staaten.

Nach dem Krieg und seiner Entlassung 1944 kehrte Alltag ein. Die Schwarzen erhielten Ehrungen wegen ihrer Leistungen im Krieg und musste dann im Bus wieder hinten sitzen oder auf separate Toiletten gehen. "Amerika predigt Integration und übt Segregation aus", sagte Malcolm X und so war das Leben nach der längst abgeschafften Sklaverei für die Schwarzen in Amerika weiter eine Demütigung. Sie wahren Beleidigungen und Gewalt ausgesetzt, nicht selten blieben Morde oder Vergewaltigungen unaufgeklärt.

Dodgers-Manager hat eine Idee

In diesem Land der Unterdrückung, das sich in der Welt als liberaler Befreier und weltoffener Gegenpol zum NS-Regime feiern ließ, lebte Robinson mit seiner geliebten Frau Rachel, die er 1946 geheiratet hatte und die später eine bekannte Medizin-Professorin werden würde.

"Kein Amerikaner in diesem Land ist frei, solange nicht alle frei sind", sagte Robinson und fühlte sich ohnmächtig, da er nichts tun konnte. Er spielte Baseball in den Negro Leagues, Ligen für die Schwarzen, die von der Königsklasse Major League Baseball zwar nicht offiziell ausgeschlossen waren, wegen des Gentleman Aggreements zwischen den Teambesitzern aber außen vor gelassen wurden.

Die Geschichte des Baseball: Von 1845 bis heute

Doch seit er 1943 das Amt des Managers bei den Brooklyn Dodgers, einem MLB-Team, übernommen hatte, reifte in Branch Rickey eine Idee, die sein Leben, das von Robinson und letztlich das ganze Land für immer verändern sollte. Er wollte schwarze Spieler aus den Negro Leagues verpflichten. Sie waren billig, sie waren gut.

Eine Operation im Geheimen

Und, das war ihm als Geschäftsmann besonders wichtig, sie ließen die Kassen nur so klingeln. Rickey wusste, was für ein Publikumsmagnet ein schwarzer Star bei der schwarzen Bevölkerung sein würde. Seine Interessen waren also nicht primär menschlicher Natur, sondern geschäftlicher.

Also machte sich der 59-Jährige 1948 daran, seinen Plan umzusetzen. Er operierte dabei im Geheimen und sagte sogar seinen Scouts, er würde Spieler für eine neue Schwarzen-Liga suchen, da er wusste, was für ein gewaltiges Echo ihn erwarten würde. Mit seinen buschigen Augenbrauen, den Zigarren in der Rechten und der runden Brille sah er eher aus wie ein Tycoon der Tabak-Industrie als wie ein ehemaliger Baseball-Profi.

Dabei war er ein Pionier - und einer der Ersten, der auf modernstes Scouting setzte. Er ließ sich Portfolios kommen über die besten Spieler der Negro Leagues und holte sich Infos ein, wie es um deren Charakterstärke bestellt war. Als er von Robinsons Batting Average hörte, horchte er auf, als er von seiner Weigerung hörte, während der Army-Zeit den Busplatz zu wechseln, soll auf den Tisch gehauen und ausgerufen haben: "Das ist unser verdammter Mann!"

Auf der Suche nach Rückgrat

Denn Rickey wusste sehr wohl um die Anfeindungen, die seinem Spieler bevorstanden. Er suchte einen Spieler, der einerseits ein kompletter Baseball-Spieler war, andererseits aber ein Mann mit Rückgrat, der die Beleidigungen wegstecken konnte, ohne daran zu zerbrechen oder die Fassung zu verlieren.

Er ließ Robinson einfliegen und in sein New Yorker Büro kommen. "Warum ein Schwarzer", fragte Robinson. "Was für eine beschissene Frage", sagte Rickey. "Schwarz, gelb, grün oder rot; ich will Spieler, die etwas von Baseball verstehen. Verstehen sie etwas von Baseball?"

Robinson unterschrieb am selben Tag. Rickey steckte ihn zunächst ins Farmteam zu den Montreal Royals in Kanada und ließ Robinson vorher noch einmal in sein Büro kommen, wo er versichern musste, sein Temperament zu zügeln, wenn es auf ihn einprasselte und "Nigger" das Netteste war, was er von den Zuschauern zu hören bekommen würde.

Die Saison begann und Robsinon wusste, was auf dem Spiel stand, er wusste, dass ein Ausraster das Aus für alle Schwarzen in der Zukunft bedeuten würde. Denn die hassenden Fans warteten nur auf eine Reaktion. Robinson überragte als Second Baseman mit enormem Fangradius und Reflexen, die ihn in der Lokalpresse schnell die Beschreibung eines "pantherhaften Fängers" einbrachten.

Zwar gab es bei Auswärtsspielen Plakate wie "Verpiss Dich, solange du noch kannst" und Pfiffe, anders als in den Staaten war der Rassismus aber im Norden viel milder. Und wie von Rickey prognostiziert, kamen die Schwarzen in Strömen, um ihn spielen zu sehen. Und das, obwohl er erst in der eigentlich uninteressanten Liga der Minor-League-Teams spielte.

Das erste Training ändert alles

Rickey holte Robinson nach Brooklyn. Es war soweit, im Roster der Dodgers sollte er eine wichtige Rolle einnehmen und der erste schwarze MLB-Spieler werden. Der Coach der Dodgers, Leo Durocher, der als Spielertrainer am Anfang einer später großen Trainer-Karriere stand, stellte sich erst quer, er wollte keine Unruhen während der Vorbereitung. Nach dem ersten Training änderte er seine Meinung sofort.

Er war ein gänzlich unpolitischer Mann, Rassismus war ihm ebenso egal wie das Pochen auf Menschenrechte. Ihm ging es darum, den Platz als Sieger zu verlassen. Genau deshalb bildete er mit Robinson ein fruchtbare Symbiose, die das Team der Dodgers zu einem Spitzenteam modellierte.

Weniger entspannt sahen die Ankunft einige neue Mitspieler. Um den legendären Dixie Walker, einem Mann mit einem "Hit wie ein Grizzly", formierte sich eine Widerstand-Gruppe, vornehmlich bestehend aus Südstaatlern, die ein Manifest gegen Jackie Robinson aufsetzten.

"Wir weigern uns mit ihm in einem Team zu spielen. Seit Jahrzehnten hat es keinen Schwarzen mehr in der Liga gegeben und das soll auch so bleiben", hieß es. Um Shortstop Pee Wee Reese, den späteren besten Freund Robinsons im Team, bildete sich ein Gegenlager, das das Manifest nicht unterzeichnete.

"Noch ein einzelnes verdammtes Wort ..."

Legendär fiel dann die Reaktion von Durocher aus. Er ließ die Spieler spätabends geschlossen in seinem Büro antreten. "Es kümmert mich nicht, ob der Kerl gelb oder schwarz ist oder ob er Streifen hat wie ein verdammtes Zebra. Ich bin der Team-Manager und ich sage, er spielt." Als das Dixie-Lager protestieren wollte, sagte er bedrohlich: "Noch ein einzelnes verdammtes Wort und ihr könnt Euch allesamt einen neuen Verein suchen."

Damit war der Machtkampf der Dodgers entschieden und am 15. April 1947 wurde Sportgeschichte geschrieben. Als erster Schwarzer im 20. Jahrhundert lief Robinson in der MLB auf. Er spielte dabei als First Baseman. Trotz guter Stats wurde die Premierensaison zur emotionalen Folter.

Er wurde bespuckt, "Schimpanse", "Nigger" und "Hurensohn" genannt und mit Münzen oder Flaschen beworfen. Selbst die eigenen Fans buhten ihn aus. Und auch der Hass im eigenen Team gärte weiter. Die Dixie-Jungs sprachen kein Wort mit ihm und schmuggelten ihm sogar eine Rasierklinge in den Schuh, an der er sich den Fuß tief einschnitt und ausfiel.

Der Ku-Klux-Klan kommt vorbei

Gegnerische Spieler machten aus ihrem Hass keinen Hehl und gingen ihn körperlich an, wann immer es ging. Gleich zweimal verletzte er sich, weil ein Kontrahent mit gestrecktem Bein an der Base in ihn hinein rauschte. In Hotels verwehrte man ihm Zimmer, Busfahrer weigerten sich ihn zu befördern und der Ku-Klux-Klan nutzte Spiele der Dodgers zu Aufmärschen, bei denen Robinsons Konterfei mit roter Farbe beschmiert wurde. Sein Haus in Brooklyn wurde mehrmals von einem Mob belagert und unter den Rassisten im ganzen Land zur gehassten Figur.

Es kam noch schlimmer, er und seine Familie - inzwischen war er Vater - erhielten Morddrohungen. "Das wird deine letzte Saison sein" hieß es, oder: "Wenn du das nächste Mal nach Hause kommst, werden deine Lieben tot sein." "Natürlich dachte ich daran, hinzuwerfen. Es gab schlimme Tage, aber wenn ich die Augen von meinen Unterstützern sah oder die einiger Teamkollegen, dann wusste ich, dass es all das wert war", sagte Robinson später.

Und das war es. Seine Fans wurden stetig mehr, Kinder auf der Straße spielten seine besten Spielszenen nach. Schwarze kamen vom anderen Ende des Landes, um ihn spielen zu sehen. Bürgerrechtler sahen plötzlich die Spiele der Dodgers und jubelten ihm zu. Für tausende schwarzer Kinder wurde er zur Ikone.

Robinson wird zum Symbol

Und im Team hatte sich bald ein fester Kern um ihn gebildet, der sich demonstrativ neben ihn stellte, wenn es wieder einmal Gegenstände hagelte. "Man kann einen Mann für vieles hassen, aber nicht für seine Hautfarbe", sagte Freund Reese, und das, obwohl Robinson "der erste Schwarze war, dem ich jemals die Hand geschüttelt habe. Wenn sie ihn bewarfen, dann mussten sie auch uns bewerfen."

Robinson wurde zum Symbol in einer Zeit, in der Martin Luther King und öffentlicher Protest noch weit entfernt war. Er brachte Afroamerikaner zum Träumen. Einer von ihnen spielte Seite an Seite mit den weißen Superstars. Und er hatte eine derart aufrechte Haltung, mit der all den Hass ertrug, dass die stetig steigenden schwarzen Zuschauer umso lauter jubelten und bei Heimspielen die Pöbler bald zum Verstummen brachten.

Legendär auch der Versöhnungs-Fototermin mit Ben Chapman, dem Coach der Philadelphia Phillies, die Robinson während eines Matches fortlaufend als "Nigger", der zurück in den Dschungel solle, beschimpft hatten. Robinson schüttelte Chapman breit lächelnd die Hand und sagte immer wieder ironisch: "Es ist mir solch eine Ehre!"

Ein Rookie in der World Series

Sportlich überragte Robinson sofort. In 151 Spielen legte er einen Batting Average von 0.297 auf und führte die Liga mit 27 Stolen Bases an. Er führte sein Team in die World Series, wo man als National-League-Vertreter den New York Yankees mit 3-4 unterlag.

Die Liga-Kommission um Happy Chandler zeigte Rückgrat und kürte Robinson zum Rookie der Saison 1947 - und das, obwohl Chandler vor der Saison Coach Durocher für die gesamte Spielzeit gesperrt hatte, weil dieser sich des Ehebruchs schuldig gemacht und die Schauspielerin Laraine Day ihrem Mann ausgespannt hatte. Als "schädlich für den Baseball" wurde er gesperrt und operierte die Saison über als Schattentrainer hinter Ersatz-Coach Burt Shotton.

Robinsons Wirken erzielte die von allen Schwarzen erhoffte Wirkung. Plötzlich gaben auch andere Teams nach und schickten ihre Späher in die Negro Leagues. Es folgten weitere MLB-Schwarze wie Satchel Paige, der mit seinen unorthodoxen Wurftechniken sogar zum Vorbild von Joe DiMaggio wurde, oder Robinsons Teamkollege Roy Campanella, der 1947 Rickeys zweite Option gewesen war und 1948 nach dem erfolgreichen Pilotprojekt nachgeholt wurde.

Respekt für den Ausnahme-Sportler

Robinson entwickelte sich zu einem der besten Spieler der Liga. Drei weitere Male (1949, 1952, 1953) erreichte er mit den Dodgers die World Series, 1949 wurde er zum MVP der National League gekürt, 1947 und 1949 gewann er den Pennant, also die Meisterschaft in der National League.

Er arbeitete hart und wurde bald von den meisten als ehrgeiziger Ausnahme-Sportler respektiert, wenngleich die Anfeindungen nie abrissen und er noch 1951 von Teamkollegen um Reese davor bewahrt wurde, von vier Männern auf der Toilette eines Restaurants verprügelt zu werden.

1955 befand Robinson sich bereits auf dem absteigenden Ast, er war inzwischen 36, seine Schnelligkeit und auch seine Reflexe waren nicht mehr so geschärft und herausragend wie in seinen besten Jahren. Zudem war auch sein Fangradius zurückgegangen, da er mit Schulterproblemen kämpfte. 1955 war das erste Jahr, in dem er nach sechs Berufungen ins All-Star-Team in Serie nicht mehr berufen wurde. Trotzdem erreichte er die World Series.

Dort warteten einmal mehr die New York Yankees, das beste Team der Fünfziger mit dem legendären Coach Casey Stengel und Mickey "The Mick" Mantle, Whitey Ford, dem großen Yogi Berra oder Phil "The Scooter Rizzuto. Auf der Dodgers-Bank saß inzwischen Walter "Smokey" Alston, der ingesamt vier World-Series-Titel gewann. Er war ruhiger als Durocher und taktisch versierter.

Die ersten beiden Spiele gewannen die Yankees (6:4 und4:2), obwohl Robinson in Spiel eins unter dem tosenden Jubel der Gästefans einen Steal der Home Base verzeichnete. In Spiel drei drehte sich die Serie und im Brooklyner Ebbets Field gelang dem späteren Finals-MVP ein Homerun beim 8:3-Sieg.

Die nächsten beiden Spiele gewann ebenfalls Brooklyn, das sechste wieder die Yankees. Am vierten Oktober 1955 stieg vor 62.465 Zuschauern im legendären Yankees Stadium Game 7. Und es wurde zu Robinsons größtem Triumph - und zu seiner größten Niederlage. Denn vor dem Spiel kam Alston zu ihm und erklärte ihm, dass Don Hoak, neun Jahre jünger, als Third Baseman spielen würde. Es war das einzige Spiel bei insgesamt sechs World-Series-Teilnahmen, in dem er nicht spielte.

Gegen die legendären Yankees

Nach zwei Stunden und 44 Minuten hatten die Dodgers die Yankees mit 2:0 bezwungen und es war Robinson egal, dass er nicht gespielt hatte. Er und Pee Wee Reese lagen sich in den Armen, die Fans jubelten und in den ganzen Staaten jubelten die Schwarzen ihrem Helden zu, der es acht Jahre nach seinem ersten MLB-Einsatz auf den Thron geschafft hatte.

"In unserem Viertel weinten viele vor Freude. Unser Jackie mit der Nummer 42 auf dem Rücken war Champion und irgendwie waren wir alle dadurch Champion", erinnerte sich Harlem-Bewohnerin Erma Thompson. 1957 beendete Robinson seine Karriere.

Es wird für immer bleiben

Er traf John F. Kennedy, wurde 1962 als erster Schwarzer in die Hall of Fame aufgenommen, 1972 erklärten die Dodgers, dass die Nummer 42 genau wie die 39 des Schwarzen Roy Campanella und die 32 des Juden Sandy Koufax nie mehr vergeben werden sollte. Im gleichen Jahr hatte er seinen letzten öffentlichen Auftritt, als er bei der World Series in Cincinnati eine Rede hielt.

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"Was wir erreicht haben ist etwas Großes, das für immer bleiben wird. Als nächstes wünsche ich mir einen schwarzen Teammanager", sagte er und hatte Tränen in den Augen, als die Zuschauer sich alle erhoben und dem von Diabetes gezeichneten, fast blinden Robinson applaudierten.

Am 24. Oktober 1972 starb Robinson an einem Herzinfarkt, es ging einer der ganz Großen. Posthum wurde er mit Briefmarken geehrt, mit Preisen und Medaillen ausgezeichnet. 1997, 50 Jahre nach seinem MLB-Debüt pensionierte die gesamte Liga sein Trikot mit der Nummer 42, seit 2004 ist der 15. April der Jackie Robinson Day. 2008 trugen an diesem Tag acht Teams geschlossen die 42 und ehrten einen Mann, der mehr als nur ein Sportler war, mittlerweile sieht man am 15. nur noch die 42.

Ein Held des Sports

"Wir alle wissen, dass nach einer gewissen Zeit die Geschichte das 'richtige Handeln' belohnen wird: Wir haben kein Denkmal des Busfahrers, der Rosa Parks den Sitzplatz verweigert hat. Wir feiern nicht die Menschen, die die Mauer gebaut haben, sondern die, die sie niedergerissen haben", sagte Theater-Schauspieler Dimitrij Schaad im Interview mit der Zeit.

Und dank Menschen wie Jackie Robinson, der zwar keine großen Reden hielt, dafür aber so viel veränderte, weil er gegen alle Widerstände handelte. Weil er im Bus nicht aufstand, sondern sich lieber vor ein Gericht stellte. Weil er jedes Mal aufs Neue raus ging und das Spiel spielte, obwohl man ihn bedrohte, bespuckte und beschimpfte.Er ging trotzdem raus, weil er wusste, dass er etwas verändern konnte. Weil er wusste, dass seinen Weg Tausende andere nach ihm gehen würden.