Die NBA spielt wegen des andauernden Lockouts (noch) nicht, aber dafür wird College-Basketball die USA rocken. Warum muss US-Präsident Barack Obama dabei sein? Wer sind die Favoriten? Wer sind die kommenden NBA-Stars? Und was machen die Deutschen? Ein Überblick.
1. Warum es die beste Saison seit langem wird?!
Weil es kein normales Jahr ist. Es ist an Unnormalität kaum zu überbieten. Normalerweise würde jetzt schon die NBA-Saison laufen. Tut sie aber wegen des Lockouts nicht. Ob es zu einer verkürzten Saison kommen wird, oder ob die komplette Spielzeit ins Wasser fällt, steht in den Sternen, aber eines ist Fakt: Die College-Basketball-Saison wird rocken!
Durch den NBA-Lockout wird viel mehr Aufmerksamkeit auf College Ball liegen - und passenderweise wird sich das gerade jetzt so lohnen wie lange nicht. Nach einer Periode, in der viele Stars direkt von der High School in die NBA gegangen sind, war der Ablauf in den letzten Jahren eigentlich immer der gleiche.
Supertalente bleiben am College
Die besten Talente blieben gerade mal ein Jahr am College und ließen sich nach ihrem Freshman-Jahr draften. Das war der normale Weg. Und es war wohl auch der für ihre Karriere vernünftige Weg. Aber wie bereits erwähnt, haben wir kein normales Jahr.
Dieses Mal haben sich viele der besten Talente im Sommer dazu entschieden, angesichts des drohenden Lockouts noch ein zweites Jahr am College dranzuhängen. Die Poster-Boys für diesen Weg: Jared Sullinger (Ohio State), Harrison Barnes (North Carolina), Terrence Jones (Kentucky) und Perry Jones III (Baylor). Alles Jungs, die ganz weit oben gedraftet worden wären.
Jetzt müssen alle Fans zwar warten, bis man sie in der NBA sieht, aber dafür werden sie in der NBA-losen Zeit für beste Unterhaltung am College sorgen. Hinzu kommt, dass es eine extreme Tiefe an neuen aufregenden Freshmen gibt, die sofort einschlagen sollten. Kurzum: So viel Basketball-Talent ist in einer Saison schon länger nicht mehr an den Universitäten herumgelaufen.
"Carrier Classic" der erste Höhepunkt
Das ist aber nicht der einzige Grund, warum sich in den USA viele Fans auf den Start der Saison freuen. Man darf sich auf einige große Highlights freuen. Und zwar im wahrsten Sinne des Wortes.
Da wäre gleich zum Saisonstart am Freitag das sogenannte "Carrier Classic", in dem sich North Carolina und Michigan State gegenüberstehen. Der Clou an der Geschichte: Das Spiel findet auf einem Flugzeugträger statt! Auf der USS Carl Vinson, die im Hafen von San Diego liegt. US-Präsident Barack Obama ist selbstverständlich vor Ort.
Die meisten Zuschauerplätze gehen an das US-Militär, die Teams werden spezielle Camouflage-Jerseys tragen. Wer da nicht den TV anschaltet...
Und dann gibt es wie in jeder Saison natürlich zum Abschluss noch das Final Four (Championship Game am 2. April 2012). Austragungsort 2012? Der riesige altehrwürdige Louisiana Superdome in New Orleans. Als das Final Four 1982 zum ersten Mal in diesem Louisiana Superdome ausgetragen wurde, traf im Übrigen ein gewisser Michael Jordan den Game-Winner.
1. Warum es die beste Saison seit langem wird?!
2. Die Favoriten
1. North Carolina Tar Heels
Jeder ist sich einig: North Carolina ist das Maß aller Dinge. Sogar von einer möglichen Saison ohne einzige Niederlage ist die Rede. Das erscheint einem dann doch arg übertrieben, aber für die Tar Heels kann nur die Championship zählen. Es wäre die dritte innerhalb von acht Jahren.
Wie talentiert das Team von Coach Roy Williams ist? Nun ja, die Tar Heels haben gleich fünf potenzielle First-Round-Picks in ihren Reihen. Fünf! Der gesamte Frontcourt um Harrison Barnes, John Henson und Tyler Zeller hat sich gegen den NBA-Draft entschieden und spielt eine weitere Saison am College.
"Als ich im Radio die News gehört habe, dass Coach Williams seine drei besten Spieler eine weitere Saison lang zur Verfügung haben wird, wäre ich beinahe von der Straße abgekommen und in einen Graben gefahren", sagt Michigan State-Coach Tom Izzo und verdeutlicht damit die immense Klasse im Team der Tar Heels.
Unterschätzt: Sophomore-Point-Guard Kendall Williams, der exzellent Regie führt und die Scorer einsetzt. Fazit: Es ist ein Team ohne erkennbare Schwäche.
2. Kentucky Wildcats
Es ist schon beeindruckend, wie es Kentucky immer wieder schafft, ein Toptalent nach dem anderen an Land zu ziehen. Schon wieder ist die Rede von den Fab Freshmen.
Marquis Teague gilt als bester Freshman-Point-Guard, Michael Kidd-Gilchrist als bester Freshman-Flügelspieler und Anthony Davis als bester Freshman-Power-Foward.
Davis sollte gemeinsam mit Sophomore-Forward Terrence Jones für Coach John Calipari einen überragenden One-Two-Punch bilden. In der letzten Saison erreichte Kentucky das Final Four, das sollte wieder drin sein. Mindestens.
3. Connecticut Huskies
GettyDer Titelverteidiger hat mit Kemba Walker seinen Go-to-Guy und Championship-Helden verloren, aber das heißt nicht, dass Uconn keine Chance hat, erneut ganz oben mitzuspielen. Bis auf Walker hat Coaching-Legende Jim Calhoun alle seine Starter zurück, darunter den immer stärker werdenden Sophomore-Guard Jeremy Lamb.Außerdem ist den Huskies im August ein echter Coup gelungen, als sich Andre Drummond, das größte Big-Man-Talent des Landes, dazu entschied, ein Jahr früher als geplant ans College zu wechseln.
Uconn ist nicht auf dem gleichen Talent-Level wie North Carolina und Kentucky, aber mit Drummond scheint alles möglich. Drummonds Körper ist schon jetzt NBA-ready, er ist ein ernsthafter Kandidat für den Nummer-eins-Pick.
4. Ohio State Buckeyes
Es ist ganz einfach: Jared Sullinger is back. Also sind die Buckeyes auch wieder ein Championship-Aspirant. Der Big Man ist der Favorit auf den Player-of-the-Year-Award und wird Ohio State mit seiner Dominanz unter den Körben weit tragen.
Mit Scharfschütze Jon Diebler und Defensiv-Spezialist David Lighty haben die Buckeyes zwar zwei wichtige Rollenspieler verloren, aber an ihrer Effizienz in der Offense wird das kaum etwas ändern, weil der Kern des Teams um Sullinger, Guard William Buford und Point Guard Aaron Craft zusammengeblieben ist.
5. Syracuse Orange
Syracuse gewann in der letzten Saison 27 Spiele, vier der fünf Starter sind geblieben, es sollte also etwas gehen für das Team von Coach Jim Boeheim. Seit 2003 sind die Orange nie weiter als in die Sweet 16 gekommen, es wäre mal an der Zeit, dass sich das ändert.
Die größte Syracuse-Stärke liegt im Backcourt, der u.a. mit Scoop Jardine und Brandon Triche enorm stark, erfahren und tief besetzt ist. Dazu kommt Forward Kris Joseph, der sich zum Leader und Go-to-Guy entwickeln sollte. Auch positiv: Syracuse hat sehr athletische Big Men, die Boeheims patentierte Zonenverteidigung noch besser machen könnten.
Sleeper-Team: Xavier Musketeers
Xavier hat aus zwei Gründen das Zeug dazu, das Final Four zu erreichen. Erstens: Tu Holloway (19,7 Punkte, 5,4 Assists, 5,0 Rebounds) ist einer der besten und dynamischsten Guards des Landes.
Holloway ist sogar gut genug, um ins Player-of-the-Year-Rennen eingreifen zu können. Zweitens: Chris Mack gilt als einer der besten Jungcoaches. Mit den Musketeers ist definitiv zu rechnen.
1. Warum es die beste Saison seit langem wird?!
3. Die kommenden Superstars
Im vor der Saison gewählten All-America Team steht nur ein einziger Senior, dafür sind gleich vier Sophomores dabei. Ein Überblick.
Center: Jared Sullinger (Ohio State, Sophomore)
Sullinger ist der beste Big Man im College-Basketball. In der letzten Saison verbuchte er im Schnitt 17,2 Punkte und 10,2 Rebounds. Insgesamt sammelte er 34 Double-Doubles.
Nach der Pleite gegen Kentucky im NCAA Tournament ließ Sullinger seinen Frust an zwei unschuldigen Türen aus und zerschrottete sie. Er entschied sich aber vor allem dazu, dass er sich in Form bringen muss. Die Fast-Food-Zeit ist vorbei, Sullinger hat deutlich abgespeckt und wird nun wohl noch mehr sein Unheil im Low-Post treiben.
Forward: Harrison Barnes (North Carolina, Sophomore)
GettyWurde zu Beginn der letzten Saison unfassbar gehypt, hatte dann aber erst mal einige Probleme, den Erwartungen gerecht zu werden, bevor er sich Mitte der Saison fing und am Ende immer stärker wurde.Barnes (15,7 Punkte, 5,8 Rebounds) bewies vor allem, dass er in der Crunchtime am stärksten ist.
Kann von überall aus scoren. In einigen Jahren wird er eines der neuen Gesichter der NBA sein.
Forward: Terrence Jones (Kentucky, Sophomore)
Hat ein beeindruckendes Freshman-Jahr (15,7 Punkte, 8,8 Rebounds, 1,9 Blocks) hinter sich und entschied sich wie Sullinger und Barnes dazu, am College zu bleiben.
Sehr tougher und aggressiver Spieler im Low-Post, muss aber an seiner FG-Quote (44,2 Prozent) arbeiten.
Guard: Jordan Taylor (Wisconsin, Senior)
Hat eine bemerkenswerte Entwicklung hinter sich. War lange "nur" ein guter Rollenspieler, mauserte sich dann aber in der letzten Saison (18,1 Punkte, 4,7 Assists, 4,1 Rebounds) zum echten Star.
Da Jon Leuer jetzt in Frankfurt spielt, wird Taylor noch mehr aufdrehen müssen. Irre: Seine Dreierquote hat sich von seiner Freshman-Saison von unterirdisch (19,2 Prozent) auf sagenhaft (42,9 Prozent) gesteigert.
Guard: Jeremy Lamb (Connecticut)
Er war die ideale Ergänzung zu Kemba Walker und hatte im NCAA Tournament seine Coming-out-Party. Lamb kam in der letzten Saison im Schnitt auf 11,1 Punkte und 4,5 Rebounds, diese Zahlen wird er deutlich steigern.
Nach Walkers Abgang ist Lamb klar der neue Go-to-Guy der Huskies. Positiv: Lamb ist nicht nur ein sehr guter Schütze, sondern auch ein sehr guter Rebounder für einen Guard.
Die besten Freshmen
Austin Rivers (Duke, Guard)
GettyDer Sohn von Celtics-Coach Doc Rivers. Hat Talent ohne Ende. Schießt hochprozentig von außen, ist auf dem Weg zum Korb praktisch unverteidigbar - Rivers ist ein Scorer vor dem Herrn und wird schon als "baby-faced assassin" beschrieben.Wenn er jetzt in Duke noch die typischen Duke-Qualitäten mitbekommt und ein disziplinierter und kompletter Spieler wird, wird Rivers ein ganz Großer. Und spielt vielleicht mal in er NBA unter seinem Vater?
Anthony Davis (Kentucky, Power Forward)
Könnte 2012 der First-Pick im NBA-Draft werden. Sammelte in seinem letzten High-School-Jahr im Schnitt 32 Punkte, 22 Rebounds und 7 Blocks. Kurios: Davis war lange ein No-Name-Guard, ehe ihn ein später Wachstumsschub zu einem Toptalent machte.
Dank seiner Guard-Vergangenheit hat Davis gute Ballhandling-Skills, außerdem ist er defensiv schon sehr weit. Coach Calipari meinte sogar, dass Davis weiter sei, als es sein ehemaliger Schüler Marcus Camby zum gleichen Zeitpunkt war.
1. Warum es die beste Saison seit langem wird?!
4. Die Deutschen (Auswahl)
GettyElias Harris (Forward, Gonzaga): Als Freshman galt Harris schon als potenzieller Lottery-Pick, aber eine auch aufgrund von Verletzungsproblemen durchwachsene zweite Saison hat den Deutschen zurück geworfen.Aber: Viele Scouts glauben weiter an Harris und bescheinigen ihm das Talent, einer der besten Spieler in der NCAA zu werden. Wird in Gonzaga in dieser Saison eine tragende Rolle bekommen und muss seine Chance nutzen.
Er muss vor allem aggressiver werden. Spielt er eine gute Saison, ist es möglich, dass er in der ersten Runde gezogen wird.
Elias Harris im SPOX-Interview: "Die NBA hat mich verrückt gemacht"
Mathis Mönninghoff (Guard, Gonzaga): Geht in seine Sophomore-Saison. Spielte in der letzten Saison 13,4 Minuten pro Spiel und erzielte 4,3 Punkte. Es wird spannend sein, ob der Dreierspezialist (45,8 Prozent) sich eine größere Rolle erarbeiten kann.
Nils Giffey (Guard/Forward, Connecticut): War zu Beginn seiner Freshman-Saison (2,2 Punkte, 9,9 Minuten) teilweise sogar Starter, ehe er immer weniger Spielzeit bekam. Im Championship-Game stand er dann aber 24 Minuten auf dem Feld und spielte gut (4 Punkte, 6 Rebounds). Wird in dieser Saison in einem Top-Team mehr Minuten bekommen, hatte zuletzt aber mit einer Knieverletzung zu kämpfen.
Enosch Wolf (Center, Connecticut): Der Göttinger geht wie Giffey in seine Sophomore-Saison. Nachdem er in der letzten Saison kaum das Feld sah und nur in sechs Spielen - kurz - eingesetzt wurde, wäre eine leichte Steigerung schon positiv. Hatte in der Vorbereitung Probleme mit der Leiste.
T.J. DiLeo (Guard, Temple): War in der High School noch ein Scharfschütze, aber am College hat er offensiv noch gar nichts gezeigt. Seine miesen Zahlen aus der letzten Saison: 13 Minuten, 2,2 Punkte, 38,6 Prozent aus dem Feld, 17,9 Prozent Dreier und 57,1 Prozent Freiwürfe. Aufgrund seiner starken Defense wird DiLeo bei den Owls aber eine der ersten Optionen von der Bank sein. Und vielleicht kommt er auch offensiv noch in die Gänge.
Malte Ziegenhagen (Guard, Tulane): Spielte in der letzten Saison für die 2. Mannschaft von Alba Berlin (8,8 Punkte). Der Junioren-Nationalspieler wird nun seine Freshman-Saison für die Green Wave absolvieren.
Patrick Heckmann (Guard, Boston College): "Heckmann: World of talent". So lautete die Überschrift einer Story, die der "Boston Globe" vor wenigen Tagen über Heckmann brachte.
In der letzten Saison spielte Heckmann noch für Langen in der dritten Liga (11,8 Punkte), er soll Angebote aus der BBL bekommen haben, sogar mit der Garantie für Spielzeit, entschied sich aber fürs College.
Bei den Eagles ist Heckmann einer von neun Freshmen und wird sofort eine ziemlich große Rolle bekommen. Absolvierte vor Jahren ein High-School-Jahr in Colorado. Gilt als sehr reif für sein Alter.
Martin Breunig (Forward, Washington): Freshman-Jahr für den Leverkusener. Spielt bei den Huskies gemeinsam mit Shawn Kemp Jr.
Dennis Ogbe (Forward, Tennessee Tech): 3,5 Punkte pro Spiel in seiner Freshman-Saison, könnte in dieser Saison eventuell starten.