Condy, Coaches und die Heismans

Marcus Blumberg
30. Dezember 201412:35
Die Oregon Ducks treffen im Rose Bowl auf Florida Stategetty
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Playoffs? Korrekt! Selbst im College Football gibt es nun Playoffs. Nach einem langwierigen Prozess, in den Condoleeza Rice involviert war, wird an Neujahr das College Football Playoff seine Premiere feiern. Dann kommt es zu Duellen zwischen den besten Spielern der letzten beiden Jahre und zum Aufeinandertreffen der Über-Coaches der Nation. Alles, um eine Frage zu klären: Wer fährt nach Arlington?

Eines der hervorstechendsten Merkmale des US-Sports gegenüber dem Sport anderer Länder ist die große Affinität zu Playoffs. Nichts geht in den Staaten ohne Playoffs nach einer meist ausgiebigen Regular Season, das beginnt schon auf der High School. Umso bemerkenswerter war es also, dass es bis zur Saison 2014/15 gedauert hat, bis auch im College Football ein solches System seine Premiere feiert.

Bis zum Vorjahr gab es die Bowl Championship Series, die über den nationalen Champion entschieden hat. Es gab vier Bowls, die zur BCS zählten und dazu seit ein paar Jahren noch das National Championship Game, das ebenfalls in einer dieser vier Spielstätten ausgetragen wurde. Die Kritik daran lag auf der Hand: Die Besetzung dieser "Endspiele" und damit auch des Meisterschaftsfinals wurde durch mehr oder minder unabhängige Instanzen bestimmt.

Es gab ein objektives, aber wenig sensibles Computerranking, eine Abstimmung aller Coaches der Football-Bowl-Subdivision sowie eine Online-Meinungsumfrage (Harris Poll). Und am Ende gewann meist der Sieger der Southeastern Conference.

Überbelastung als Gegenargument

Je länger das System bestand, desto lauter wurden die Misstöne und selbst der Kongress der Vereinigten Staaten, der sich immer wieder gerne in sportliche Dinge einmischt, wollte eine Veränderung, ein Playoff-System.

Das Hauptargument dagegen, die Überbelastung der Athleten, die zudem zum Semesterende hin ihre Abschlussarbeiten schreiben müssen, wurde aber ohnehin schon durch die Football-Championship-Subdivision entkräftet, denn selbige trägt fast den ganzen Dezember über ein Playoff-Turnier aus.

Condy Rice und Mannings Dad

Also wurde nach langem hin und her dann doch mal das Playoff-System ins Leben gerufen. Um dieses auf die Beine zu stellen, formte man ein Auswahlkomitee aus mehreren Branchen. In erster Linie sind hier natürlich Football-Fachleute anzutreffen.

Unter den zwölf Mitgliedern ist z.B. der langjährige Erfolgscoach der Wisconsin Badgers, Barry Alvarez, der frühere NFL-Europe-Funktionär (und Vater von Andrew) Oliver Luck sowie College-Experte und Ex-NFL-Quarterback Archie Manning, seines Zeichens auch Patriarch des Manning-Clans. Und dann wäre da natürlich noch die ehemalige Außenministerin der USA, Condoleeza Rice, die nebenher eine hohe akademische Position in Stanford bekleidet.

Dieses Komitee, das satzungsgemäß auf Dinge wie Stärke des Spielplans und Ergebnisse aus Direktduellen sowie Conference Championships, aber auch z.B. unterschiedliche Wetterbedingungen achten soll, erstellt über die Saison hinweg ein Top-25-Ranking, das sieben Mal bekannt gegeben wird.

Sechs Orte in Rotation SPOX

Anfang Dezember dann wird die Besetzung der zwei Halbfinals entschieden. Die Halbfinals finden in Rotation an sechs Spielstätten statt, es beginnt mit dem Rose Bowl in Pasadena sowie dem Sugar Bowl in New Orleans. Die übrigen vier Bowls (Orange, Cotton, Fiesta, Peach), die im jeweiligen Jahr nicht als Halbfinale gelten, werden ebenfalls von diesem Komitee bestückt, allerdings nach festen Vorgaben.

Zufrieden sind Kritiker mit diesem neuen System aber auch noch nicht, denn nur vier Teams erscheinen zu wenig, um wirklich fair über den Meister zu entscheiden. Und Härtefälle wie TCU oder Baylor, die Co-Champions der Big 12 mit je 11-1-Bilanzen, wird es so auch weiterhin geben.

Insofern ist eine Aufstockung des Feldes auf acht Teilnehmer in nicht allzu ferner Zukunft durchaus denkbar. Aber für den Moment bieten die aktuellen Paarungen durchaus attraktiven Sport. Und es sind die Teams mit den besten Bilanzen im Land, wenn man nur die großen Conferences betrachtet.

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Seite 2: Mariota vs. Winston: Der Kampf der Heisman-Gewinner

Seite 3: Saban vs. Meyer: Das Duell der Über-Coaches

Rose Bowl

Oregon Ducks (#2, 12-1) - Florida State Seminoles (#3, 13-0)

Ausgangslage: Die Ducks kehrten im zweiten Jahr unter Head Coach Mark Helfrich, dem Nachfolger von Chip Kelly, an die Spitze der Pacific-12 Conference zurück. Zuletzt hatte Stanford zwei Titel in Serie eingefahren. Den einzigen Ausrutscher in einem sonst durchweg dominanten Jahr leistete sich das Team aus dem Nordwesten der USA im Heimspiel gegen den Conference-Rivalen Arizona. Die Partie ging überraschend mit 24:31 verloren, was schmerzhafte Erinnerungen ans Vorjahr weckte, als die Wildcats die Ducks regelrecht überrannt hatten.

Das Highlight des Jahres war dann wohl der deutliche 45:16-Heimsieg über Stanford, der die Verhältnisse in der North Division wieder gerade rückte. Die Revanche gegen Arizona folgte schließlich im Pac-12 Championship, das die Ducks mit 51:13 vernichtend gewannen und so mit Nachdruck die Kandidatur fürs Playoff-Halbfinale untermauerten. Bemerkenswert auch: Die Ducks traten vier Mal gegen einen gerankten Gegner an und erzielten nie weniger als 42 Punkte. Überhaupt blieb Helfrichs Offense nur zwei Mal überhaupt unter der 40er-Marke.

Mit den Florida State Seminoles, der Alma Mater von Colts-Pass-Rusher Björn Werner, tritt der amtierende nationale Meister an, um seinen Titel nach neuem Format zu verteidigen. Die Noles hatten im letzten Januar ebenfalls im Rose Bowl den BCS-Titel nach hartem Kampf gegen Auburn errungen und damit eine perfekte Saison mit 14 Siegen abgeschlossen. Was folgte, war bis hierhin eine weitere tadellose Spielzeit mit einem weiteren Titel in der Atlantic Coast Conference und einer 13-0-Bilanz. Die letzte Pleite unter Jimbo Fisher datiert aus dem Jahr 2012.

So dominant die Bilanz auch anmutet, hatten die Seminoles aber durchaus hart zu arbeiten, um all diese Begegnungen für sich zu entscheiden. Gegen die damalige Nummer 22 Clemson ging es in Woche drei in die Verlängerung, Notre Dame (#5) wurde nur knapp mit 31:27 geschlagen und auch in Miami betrug der Abstand Mitte November nur vier Zähler. Den größten Krimi erlebte das Team aus Tallahassee dann im Championship gegen Georgia Tech. Erst nach der Eroberung eines Onside-Kicks in den Schlussminuten war der 37:35-Erfolg besiegelt.

Players to watch: Nach großen Namen muss man im Rose Bowl nicht lange suchen. Sie liegen auf der Hand: Der amtierende Heisman-Gewinner Marcus Mariota trifft auf den vorjährigen Gewinner der geschichtsträchtigen Trophäe für den Spieler des Jahres, Jameis Winston.

Mariota, der Junior aus Hawaii, steigerte seine ohnehin schon beachtlichen Leistungen aus den Vorjahren noch mal durch die Bank und führte sein Team mit 3783 Yards und 38 Touchdowns bei nur zwei Interceptions in die Playoffs. Hinzu kamen beachtliche 669 Yards auf dem Boden mit 14 Touchdowns in der Option-basierten Highspeed-Offensive der Ducks. Selbst eine TD-Reception war ihm gelungen. Sein bester Auftritt des Jahres war wohl die 329-Yard-Vorstellung mit fünf TD beim 38:31 im Auswärtserfolg bei Washington State.

Winston wiederum hat noch keinen seiner 26 Starts für Florida State verloren. Der Sophomore erlebte zwar ein schwierigeres Jahr als in seiner Freshman-Heisman-Saison, doch mit 3559 Yards und 24 Touchdowns (17 INT) war der vordergründige Pocket-Passer immer noch gut dabei. Seine beste Vorstellung war wohl die im ACC Championship gegen die Yellow Jackets mit 309 Yards und 3 TD. Spötter mögen aber sagen, dass seine zahlreichen Picks einer der Gründe waren, weshalb viele der Spiele in dieser Saison so eng ausgegangen sind. SPOX

Unterstützt wird Mariota im Backfield in erster Linie von Royce Freeman, der es auf 1299 Yards und 16 Touchdowns gebracht hat. Byron Marshall ist mit 61 Receptions und 814 Yards (5 TD) der effektivste Receiver im Team. Winstons Topanspielstation wiederum ist Rashad Greene mit 93 Receptions für 1306 Yards (7 TD). Im Laufspiel teilen sich Dalvin Cook (905 YDS, 8 TD) und Karlos Williams (609 YDS, 10 TD) die Arbeit.

Prognose: Vom Spielplan her hatte es Florida State sicherlich etwas schwieriger als die Ducks und sie hatten auch mehr zu kämpfen. Aber bislang war ihnen keine Herausforderung zu groß, was ihre lange Siegesserie untermauert. Die Ducks wiederum verfügen mit Mariota über den besten Quarterback im Land, der auch extrem wenig Fehler gemacht hat, was in so einem Playoff-Spiel enorm wichtig werden dürfte. Beide Teams sind verdientermaßen im Rose Bowl. Aber die Ducks machen einen etwas gefährlicheren Eindruck und werden daher knapp gewinnen. Tipp: 37:31 Ducks.

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Sugar Bowl

Alabama Crimson Tide (#1, 12-1) - Ohio State Buckeyes (#4, 12-1)

Ausgangslage: Alabama, das erfolgreichste Football-Programm der letzten Jahre und der BCS-Ära insgesamt, ist zurück auf der großen Bühne. Der Titelhattrick war im Vorjahr letztlich nur an einem zum Touchdown returnierten verschossenen Field Goal verpasst worden. Doch das Team von Head Coach Nick Saban kam mit ein paar personellen Veränderungen wiedererstarkt zurück und eroberte in gewohnt dominanter Manier den Titel der Southeastern Conference zurück. Im Championship ließ man Missouri (42:13) nicht den Hauch einer Chance.

Die einzige Niederlage passierte bei Ole Miss (17:23), damals Nummer elf des Landes, Anfang Oktober. Hart umkämpft waren zudem die Siege gegen den Erzrivalen LSU (20:13 nach Verlängerung) sowie der 55:44-Shootout im Iron Bowl gegen Auburn.

Die Buckeyes wiederum marschierten zum dritten Mal nacheinander ungeschlagen durch die Big Ten und kassierten ihre einzige Niederlage im zweiten Spiel des Jahres beim 21:35 gegen Virginia Tech. Das Team fing sich und hatte danach nur noch drei recht enge Spiele. Hervorzuheben ist der Double-Overtime-Krimi bei Penn State (31:24) sowie das 49:37 beim Bundesstaat-Rivalen Michigan State.

Im Conference Championship wurde schließlich Wisconsin, damals immerhin die 13 der Nation, mit 59:0 vorgeführt. Seit Meyer OSU 2012 übernahm, verlor das Team nur drei Spiele insgesamt.

Players to watch: Stehen in diesem Spiel wirklich einzelne Spieler im Vordergrund? Oder sind es doch eher die zwei wohl besten Coaches der mindestens letzten zehn Jahre mit Saban und Meyer? Saban steht vor seinem fünften nationalen Titel (einer mit LSU), für Meyer wäre es Titel Nummer drei (zwei mit Florida).

Ein enorm wichtiger Part der Arbeit eines College-Coaches ist Recruiting. Das ist auch einer der Hauptgründe, warum beide Mannschaften hier stehen.

Bama musste in den letzten Jahren eine ganze Reihe von Topspielern an die NFL abgeben, doch ob Quarterback A.J. McCarron, Running Back Eddie Lacy oder auch Wide Receiver Julio Jones, sie alle wurden mehr oder weniger gleichwertig ersetzt. Unter Center agiert nun Blake Sims (3250 YDS, 26 TD, 7 INT), der Top-Rusher ist T.J. Yeldon mit 932 Yards und zehn Touchdowns. Der beste Spieler der Offense dürfte aber Wide Receiver Amari Cooper sein, der es auf 115 Receptions und 1656 Yards (14 TD) gebracht hat.

Bei Ohio State steht der Quarterback im Fokus. Nicht aber, weil er ein überragendes Jahr gespielt hätte. Sophomore Cardale Jones war vor der Saison die Nummer drei hinter Star-Quarterback Braxton Miller und dessen Backup J.T. Barrett. Dann verletzte sich Miller und machte in diesem Jahr kein Spiel. Barrett sprang ein und spielte stark auf. In Meyers Spread-Option, die seinerzeit sogar Tim Tebow zum Star machte, produzierte Barrett auf dem Boden und durch die Luft. Doch dann brach er sich im vorletzten Saisonspiel gegen den Erzrivalen Michigan den Knöchel und war ebenfalls verloren fürs Championship und die Playoffs. SPOX

Jones kam rein und spielte ordentlich gegen Wisconsin. Er warf für 257 Yards und drei Touchdowns. Ob er aber auch so gut zu Fuß ist wie seine Vorgänger, ist die große Frage. Auf ihn wird es aber ankommen gegen eine traditionell toughe Defense unter Saban.

Prognose: Anders als in früheren Duellen zwischen den beiden Top-Coaches kann Meyer dieses Mal nicht auf ein physisch starkes SEC-Team zurückgreifen, was wohl letztlich den Ausschlag geben wird. Bama wird rollen und sich die Chance nicht nehmen lassen, in der Playoff-Premiere um den Titel am 12. Januar in Arlington zu spielen. Tipp: 38:21 Tide.

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Die NFL im Überblick