Eines der hervorstechendsten Merkmale des US-Sports gegenüber dem Sport anderer Länder ist die große Affinität zu Playoffs. Nichts geht in den Staaten ohne Playoffs nach einer meist ausgiebigen Regular Season, das beginnt schon auf der High School. Umso bemerkenswerter war es also, dass es bis zur Saison 2014/15 gedauert hat, bis auch im College Football ein solches System seine Premiere feiert.
Bis zum Vorjahr gab es die Bowl Championship Series, die über den nationalen Champion entschieden hat. Es gab vier Bowls, die zur BCS zählten und dazu seit ein paar Jahren noch das National Championship Game, das ebenfalls in einer dieser vier Spielstätten ausgetragen wurde. Die Kritik daran lag auf der Hand: Die Besetzung dieser "Endspiele" und damit auch des Meisterschaftsfinals wurde durch mehr oder minder unabhängige Instanzen bestimmt.
Es gab ein objektives, aber wenig sensibles Computerranking, eine Abstimmung aller Coaches der Football-Bowl-Subdivision sowie eine Online-Meinungsumfrage (Harris Poll). Und am Ende gewann meist der Sieger der Southeastern Conference.
Überbelastung als Gegenargument
Je länger das System bestand, desto lauter wurden die Misstöne und selbst der Kongress der Vereinigten Staaten, der sich immer wieder gerne in sportliche Dinge einmischt, wollte eine Veränderung, ein Playoff-System.
Das Hauptargument dagegen, die Überbelastung der Athleten, die zudem zum Semesterende hin ihre Abschlussarbeiten schreiben müssen, wurde aber ohnehin schon durch die Football-Championship-Subdivision entkräftet, denn selbige trägt fast den ganzen Dezember über ein Playoff-Turnier aus.
Condy Rice und Mannings Dad
Also wurde nach langem hin und her dann doch mal das Playoff-System ins Leben gerufen. Um dieses auf die Beine zu stellen, formte man ein Auswahlkomitee aus mehreren Branchen. In erster Linie sind hier natürlich Football-Fachleute anzutreffen.
Unter den zwölf Mitgliedern ist z.B. der langjährige Erfolgscoach der Wisconsin Badgers, Barry Alvarez, der frühere NFL-Europe-Funktionär (und Vater von Andrew) Oliver Luck sowie College-Experte und Ex-NFL-Quarterback Archie Manning, seines Zeichens auch Patriarch des Manning-Clans. Und dann wäre da natürlich noch die ehemalige Außenministerin der USA, Condoleeza Rice, die nebenher eine hohe akademische Position in Stanford bekleidet.
Dieses Komitee, das satzungsgemäß auf Dinge wie Stärke des Spielplans und Ergebnisse aus Direktduellen sowie Conference Championships, aber auch z.B. unterschiedliche Wetterbedingungen achten soll, erstellt über die Saison hinweg ein Top-25-Ranking, das sieben Mal bekannt gegeben wird.
Sechs Orte in Rotation
Anfang Dezember dann wird die Besetzung der zwei Halbfinals entschieden. Die Halbfinals finden in Rotation an sechs Spielstätten statt, es beginnt mit dem Rose Bowl in Pasadena sowie dem Sugar Bowl in New Orleans. Die übrigen vier Bowls (Orange, Cotton, Fiesta, Peach), die im jeweiligen Jahr nicht als Halbfinale gelten, werden ebenfalls von diesem Komitee bestückt, allerdings nach festen Vorgaben.
Zufrieden sind Kritiker mit diesem neuen System aber auch noch nicht, denn nur vier Teams erscheinen zu wenig, um wirklich fair über den Meister zu entscheiden. Und Härtefälle wie TCU oder Baylor, die Co-Champions der Big 12 mit je 11-1-Bilanzen, wird es so auch weiterhin geben.
Insofern ist eine Aufstockung des Feldes auf acht Teilnehmer in nicht allzu ferner Zukunft durchaus denkbar. Aber für den Moment bieten die aktuellen Paarungen durchaus attraktiven Sport. Und es sind die Teams mit den besten Bilanzen im Land, wenn man nur die großen Conferences betrachtet.
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