Moritz Wagner steht vor dem bisher größten Spiel seines Lebens: In der Sweet 16 des NCAA Tournaments trifft der 19-Jährige mit seinen Michigan Wolverines auf die Oregon Ducks (Fr., 0.09 Uhr live auf DAZN). Nach seiner Gala gegen Louisville steht Wagner dabei besonders im Fokus. Die College-Experten Fran Fraschilla (ESPN) und Andre Voigt (DAZN) haben ihre Einschätzungen zum Berliner abgegeben.
Es ist nicht wahnsinnig lange her, dass Moritz Wagner noch komplett unter dem Radar flog. Sicher, auf einigen Draft-Boards tauchte er zwar auf, aber in der zweiten Runde - mit dem Hintergedanken, dass er sich ja noch ein, zwei Jährchen in Europa entwickeln könnte, bevor man ihn - wenn überhaupt - in die NBA holen würde. Die wohl wichtigsten Draft-Portale DraftExpress und ESPN führten ihn hingegen gar nicht in ihren Mock-Drafts auf.
Das hat sich mehr als rapide geändert. Wagner packte im bisher größten Spiel seiner Karriere gleichzeitig seine größte Leistung aus - Career High 26 Punkte, 11/14 aus dem Feld, Punkte aus allen erdenklichen Lagen, Sieg gegen Favorit Louisville - und findet auf einmal eine ganz andere Wertschätzung.
Bei ESPN wird er auf einmal als NBA-Prospect Nr. 21 für den kommenden Draft geführt - den angeblich besten Jahrgang seit dem LeBron-James-Draft 2003. Obwohl noch gar nicht klar ist, ob er sich überhaupt schon anmelden will. Aangesichts des aktuellen Hypes scheint dies aber immer mehr zur Option zu werden.
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"Der März ist nicht nur deshalb 'Mad', weil es Upsets gibt", sagte DAZN-Experte Andre Voigt in seinem Got Nexxt! Podcast. "Sondern auch, weil Spieler ein, zwei überragende Spiele während der March Madness haben und dadurch auch auf den Draft-Boards nach oben rutschen können. Das sieht man immer wieder. Trotz aller Spiele, die man in der Saison vorher schon hatte, sind es diese Situationen unter besonderem Druck, die den Scouts die Augen öffnen können."
Kein Blick für den Hype
Wagner hat eines dieser überragenden Spiele gezeigt - es ist aber natürlich noch nicht angesagt, jetzt die Bodenhaftung zu verlieren. Diese Gefahr scheint beim geerdeten Berliner allerdings auch nicht zu bestehen. "Aktuell beschäftige ich mich damit wenig, auch ein bisschen zum Selbstschutz", sagte er am Dienstag zum Thema Draft im SPOX-Interview.
Er hat schließlich vorerst Wichtigeres zu erledigen. Die Entscheidung, ob er sich zum Draft überhaupt anmelden will, kann er nach dem Turnier in Ruhe treffen, wenn sich besser einschätzen lässt, ob und wie seine Chancen stehen. Als Sophomore hat er schließlich auch die Option, weiter am College zu bleiben und von der Beziehung mit seinem Coach zu profitieren. Auch dies ist mit Sicherheit keine schlechte Überlegung.
Fraschilla lobt Beilein
"Nicht jede Situation am College ist optimal für europäische Spieler", sagte ESPN-Experte Fran Fraschilla zu SPOX. "Aber mit dem richtigen Team und dem richtigen Coach können ein paar Jahre am College Wunder wirken. John Beilein ist so ein Coach und das sieht man auch an der Entwicklung von Mo Wagner."
Wagner spielte in seinem ersten Jahr in Michigan nur 8,6 Minuten pro Partie, in dieser Saison verdiente er sich jedoch Beileins Vertrauen und steigerte seinen Schnitt auf 23,9 Minuten.
"Er hat sich zu einem richtig guten College-Spieler entwickelt", lobte Fraschilla. "Ich bin der Meinung, dass er schon jetzt so weit ist, dass er im schlimmsten Fall eine lange und erfolgreiche Karriere in Europa haben kann. Dieser Fall wäre aber natürlich alles andere als schlimm. Und meiner Meinung nach ist er auch für die NBA interessant - weil er von Beilein perfekt entwickelt wird."
Stärken sind offensichtlich
Der Einfluss von Beilein, die gute Ausbildung, die er bei Alba Berlin durchlaufen hat - wenn man Wagner zusieht, ist es nicht schwer zu verstehen, warum er immer mehr Interesse auf sich zieht.
Wagner verfügt über einen sehr guten Wurf, hat in dieser Saison 40,9 Prozent von der Dreierlinie getroffen. Er hat einen hohen Basketball-IQ und ist auch in der Lage, aus dem Dribbling zu kreieren wie gegen Louisville, als er die athletischen Cardinals-Verteidiger mehrfach eiskalt aussteigen ließ. Auch im Post weiß er sich trotz seiner noch zu schmalen Statur gut zu bewegen.
Schwächen hat er - Überraschung - auch, neben der Physis vor allem beim Rebound und generell in der Defense. Wie er mit NBA-Athletik zurechtkommen würde, müsste sich erst zeigen. Das ist aktuell aber auch nicht wichtig.
"Einzigartig und besonders"
Was jetzt zählt, ist der nächste Gegner. Oregon. "Ich will das Ding gewinnen", sagte Wagner zu SPOX und meinte damit nichts anderes als den NCAA-Titel. Auch gegen die Ducks sind die Wolverines nominell zwar wieder Underdogs, doch Oregon-Coach Dana Altman ist gewarnt und zollte dem nächsten Gegner großen Respekt.
"Sie sind schwer zu verteidigen. Was Wagner offensiv macht, ist wirklich einzigartig und besonders. Sie sind ein herausragendes Offensiv-Team", sagte Altman über den 7-Seed, den in den USA schon etliche Experten als diesjährige "Cinderella-Story" ausgemacht haben.
Ob sie tatsächlich weiter tanzen dürfen, wird sich in der Nacht von Donnerstag auf Freitag zeigen. Wagner wird dabei erneut eine zentrale Rolle zukommen. Und dabei werden nicht nur deutsche Basketball-Fans auf ihn achten - sondern auch NBA-Scouts.