Die Stars sind gefordert

Stefan Petri
03. September 201403:39
See ya! Miguel Cabrera von den Detroit Tigers schlägt einen seiner insgesamt 44 Homerunsgetty
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162 Spiele sind abgearbeitet, jetzt heißt es: aus acht mach vier. Während die Dodgers und die Tigers in den Division Series auf ihre Cy-Young-Kandidaten setzen, wollen die Wild-Card-Gewinner aus Pittsburgh und Tampa Bay weiter für Furore sorgen. Wer versagt, wessen Stern geht auf? Und: Bangen um Superstar Miguel Cabrera.

National League

Atlanta Braves (96-66) - Los Angeles Dodgers (92-70)

Ausgangslage: Sowohl die Dodgers (elf Siege Vorsprung) als auch die die Braves (zehn Siege Vorsprung) haben in ihrer Division souverän die Playoffs erreicht. Besonders heiß sind beide Teams aber nicht gerade: Die Braves starteten gut in die Saison, bauten ihren Vorsprung auf die Konkurrenz sukzessive aus und konnten sich eine Negativ-Bilanz im September leisten (13-14). Die Dodgers bringen einen 12-15-Endspurt mit.

Dabei hat das Team aus L.A., das 2012 für zwei Billionen Dollar an eine Gruppe um NBA-Legende Magic Johnson verkauft worden war und seitdem mit Geld nur so um sich wirft, zuvor eine unfassbare Serie hingelegt, um überhaupt die Postseason zu erreichen: Mitte August hatte man unglaubliche 42 der letzten 50 Spiele gewonnen - kein Team in den letzten 100 Jahren war besser.

Verlassen konnte man sich dabei auf eine bärenstarke Rotation: Der Cy-Young-Award für Ass Clayton Kershaw (1.83 ERA) ist nur noch Formsache, hinter ihm wartet mit Zach Greinke ein ehemaliger Titelträger. Und auf dem Diamond brillierte Rookie-Sensation Yasiel Puig (19 HR, .319 Avg) aus Kuba.

Die Braves gelten in dem Duell eher als Außenseiter, in Sachen Star-Power kann man mit den Dodgers nicht mithalten. Trotzdem: Fünf der sieben Spiele in der Regular Season hat man gewinnen können, außerdem wird L.A. von Verletzungen geplagt (Matt Kemp fällt für die Playoffs aus, Andre Ethier ist angeschlagen).

Players to watch: Für die Braves hängt alles davon ab, ob die eigene Rotation mit dem Gegner mithalten kann. Im ersten Spiel wird sich Kris Medlen mit Kershaw messen. Er ist kein großer Name, dafür aber in blendender Form: Ein ERA von 1.00 im September spricht Bände, gegen die Dodgers ließ er in zwei Begegnungen nur einen Run zu. Die restlichen Starter sind solide, aber nicht weltbewegend.

Dafür bieten die Braves den besten Bullpen der National League auf (2,46 ERA), der schon manches enge Spiel nach Hause geschaukelt hat. Über allen steht All-Star-Closer Craig Kimbrel (50 Saves, 1.21 ERA).

Los Angeles baut ganz auf Kershaw, der in einem Spiel 5 zum zweiten Mal zum Einsatz kommen könnte. Greinke, Rookie Hyun-Jin Ryu (3.00 ERA) - viele Chancen wird es für die Braves-Offense wohl nicht geben.

Aber wer soll die Runs einfahren? Durch die Verletzungsprobleme im Outfield könnte Skip Schumaker Center Field spielen - in diesem Jahr kommt er auf zwei Homeruns in 125 Spielen. Puig darf keine Nerven zeigen, dazu müssen Stars wie Adrian Gonzalez und Hanley Ramirez überzeugen, sonst drohen blutarme Auftritte an der Home Base.

Prognose: Viele Strikeouts, wenig Runs. Sollte bei den Dodgers ein Pitcher ein richtig schlechtes Outing abliefern, könnte das schon zu viel sein. Aber Kershaw ist einfach bärenstark und wird es im Spiel 5 in Atlanta noch einmal zeigen. Dodgers in 5.

St. Louis Cardinals (97-65) - Pittsburgh Pirates (94-68)

Ausgangslage: Seit 1882 spielen die beiden Teams Major League Baseball, aber eine Playoff-Series gab es noch nie - bis jetzt. Die Cardinals, World-Series-Champion von 2011, kommen mit der besten Bilanz der National League daher, aber langweilig war die Saison ganz sicher nicht.

Das liegt auch an den Pirates. Die spielen ebenfalls in der Central Division und machten es den Cardinals lange sehr schwer. Im Verbund mit den Reds aus Cincinnati kämpfte das Trio im September um die Division-Krone, bevor sich St. Louis schließlich durchsetzte.

Beide Teams sind also auf Betriebstemperatur. Im Wild-Card-Game setzten sich die Pirates souverän gegen die Reds durch und dürfen endlich wieder einmal eine Playoff-Series bestreiten - zum ersten Mal seit 1992. Der Gegner ist wohlbekannt: 19 Mal standen sich die beiden Teams in dieser Saison gegenüber, Pittsburgh führt mit 10-9. Alles andere als eine ganz enge Kiste wäre eine große Überraschung.

Players to watch: Pirates-Centerfielder Andrew McCutchen ist der wohl beste Spieler in dieser Series. Der 26 Jahre alte Outfielder führte sein Team mit einer überragenden Saison (21 HR, .317 Avg) in die Postseason und könnte sich dafür mit dem MVP-Award belohnen lassen.

Mit Justin Morneau und Marlon Byrd hat man erfahrene Spieler in den eigenen Reihen, besonderes Augenmerk wird auch auf Catcher Russell Martin liegen: Zwei Homeruns gelangen dem ehemaligen Yankee gegen die Reds. Bitter für Pittsburgh: Ass Francisco Liriano musste am Mittwoch gegen die Reds ran und wird daher erst in Spiel drei wieder verfügbar sein.

Die Cardinals können ihren besten Mann dagegen im Extremfall zweimal auf den Mound schicken: Adam Wainwright konnte in diesem Jahr 19 Spiele gewinnen, in drei Auftritten gegen die Pirates pitchte er je sieben Innings. Hinter ihm reihen sich mit Shelby Miller und Michael Wacha auch zwei Rookies ein, die in Pittsburgh pitchen würden.

Die Offensive der Cardinals, Playoff-gestählt, zählt zum Besten, was es in den Majors gibt. Runs (3.), Batting Average (4.) - die Truppe von Skipper Mike Matheny hat mit Matt Carpenter (199 Hits), Catcher Yadier Molina (.319 Avg) und Matt Holliday (22 HR, 94 RBI) ebenfalls veritable MVP-Kandidaten zu bieten. Aber Achtung: In den 19 Saisonspielen schafften die Pirates 19 Homeruns - die Cards dagegen nur magere fünf.

Prognose: Auf dem Papier sind beide Teams ähnlich stark, zudem sind Baseball-Playoffs so unberechenbar wie in keinem anderen Sport. Aber: Kein Liriano, kein Heimvorteil, keine Erfahrung - diesmal zahlt Pittsburgh Lehrgeld. Cardinals in 4.

Seite 2: American League

American League

Boston Red Sox (97-65) - Tampa Bay Rays (92-71)

Ausgangslage: Nach einer völlig verpatzten letzten Saison trennten sich die Red Sox von Manager Bobby Valentine und teuren Stars, setzte auf gezielte Stärkungen und ein neues Wir-Gefühl im Clubhouse - und hatte durchschlagenden Erfolg. Mit sechs Siegen Vorsprung holte man den Titel in der AL East und konnte nebenher zusehen, wie dem Erzrivalen aus New York die Luft ausging. Schöneres kann es in Beantown kaum geben.

Aber auch die Rays aus Tampa Bay schweben derzeit auf Wolke sieben: Durch die Hintertür mogelte sich der Division-Kontrahent der Red Sox in die Playoffs und bewies dann sowohl im "Spiel 163" gegen die Texas Rangers als auch Wild-Card-Game gegen die Indians eiserne Nerven. Bahnt sich da etwa eine Cinderella-Story an?

Dabei gehen die Rays mit gehörig Momentum, aber eben auch zunächst ohne die beiden besten Pitcher ins Rennen: Sowohl David Price als auch Alex Cobb lieferten sensationelle Auftritte ab, müssen nun aber mit Matt Moore an vorderster Front zu den Red Sox reisen. Der ist beileibe kein Schlechter (17-4, 3.29 ERA) - aber eben auch nicht der Beste.

Die Red Sox dagegen können sich frisch und ausgeruht präsentieren. Manager John Farrell wird John Lester (2.19 ERA in den letzten zehn Spielen) als Ass ins Rennen schicken, die weitere Rotation um John Lackey, Clay Buchholz und Jake Peavy kann sich sehen lassen. Aber Vorsicht: Die Rays sind heiß, haben 15 ihrer letzten 20 Spiele gewonnen und werden trotz negativer Saisonbilanz gegen Boston (7-12) vor Selbstvertrauen strotzen.

Players to watch: Es sind die alten Bekannten, die bei den Red Sox wieder im Rampenlicht stehen werden: David Ortiz (30 HR, 103 RBI) und Dustin Pedroia (193 Hits, 42 Doubles) werden sich auf dem einen oder anderen MVP-Wahlzettel finden, wenn auch nicht ganz vorn. Vor allem "Big Papi" Ortiz hat mit 37 noch einmal den Jungbrunnen entdeckt. Sollte er zu seinen zwölf Playoff-Homeruns noch einige hinzufügen und den dritten Titel in den letzten neun Jahren holen, wird er endgültig zur Legende.

Bei den Rays ruhen die Hoffnungen auf Evan Longoria. Der Third Baseman (32 HR) ist mit erst 27 Jahren schon ein ganz Großer des Klubs aus Florida und soll mit seinen Führungsqualitäten dafür sorgen, dass der Nachteil im Pitching nicht allzu schwer ins Gewicht fällt.

Augen auf auch bei Rookie Wil Myers: Für das Megatalent dealten die Rays Pitcher James Shields zu den Kansas City Royals, und es hat sich gelohnt. Myers (13 HR in 88 Spielen) hat gute Aussichten auf den Rookie des Jahres-Award, sein Stern könnte in den Playoffs so richtig aufgehen.

Prognose: Hätten die Rays ihre Rotation in der richtigen Reihenfolge, wären sie Boston ebenbürtig. Trotzdem nehmen sie den Schwung mit und gewinnen Spiel 1 in Boston, danach setzt sich aber die größere Klasse durch. Red Sox in 4.

Oakland Athletics (96-66) - Detroit Tigers (93-69)

Ausgangslage: Wie machen es diese A's bloß? In einer Division mit den Rangers und den vor der Saison - zu Unrecht - stark eingeschätzten L.A. Angels war es wieder das Team aus Oakland, das sich die Division-Krone sicherte. Dabei halfen unter anderem der beste Heimvorteil in der Liga (52-29) und ein Monster-Bullpen um Ryan Cook (2.54 ERA) und Closer Grant Balfour (2.59 ERA).

Trotzdem sind sie gegen die Tigers der Underdog. Zumindest auf dem Papier. Neben den Red Sox bieten die Tigers, die im vergangenen Jahr in der World Series einen bitteren 0-4-Sweep hinnehmen mussten, die wohl beste Offense der Liga um Megastar und MVP Miguel Cabrera (44 HR, 137 RBI) auf. Der könnte den Titel in dieser Saison wieder gewinnen, plagte sich im September aber mit Verletzungssorgen herum.

Sein Teamkollege Max Scherzer wird wohl dank einer 21-3-Bilanz den Cy Young Award gewinnen. Er startet im Game 1, danach folgen Justin Verlander, ERA-König Anibal Sanchez (2.57) und Doug Fister - eine bessere Rotation kann man sich nicht wünschen.

Aber die A's sind in Topform, verloren im September nur acht von 27 Spielen und holten Ende August drei von vier Partien in Detroit. Zudem dürften sie auf Wiedergutmachung aus sein: 2012 verloren sie die Division Series 2-3 gegen die Tigers durch einen Shutout von Verlander in Spiel 5. Apropos: Das letzte Spiel der Saison verloren die Tigers bei den Marlins - und zwar per No-Hitter. Da kann die Form ja nur besser werden.

Players to watch: Cabrera, Cabrera und immer wieder Cabrera. Der historischen Triple Crown im vergangenen Jahr ließ er eine fast noch bessere Saison 2013 folgen - bis die Verletzungen kamen. Rücken, Leiste, Bauch... von den letzten 64 Spielen verpasste er 13, im Monat September schaffte der gehandicapte Slugger nur zwei Extra-Base-Hits.

Eine längere Pause gab es trotzdem nicht - vielleicht rächt sich das jetzt. "Er hat sehr starke Schmerzen, wenn er spielt", gab Manager Jim Leyland zu. Cabrera will sich durchbeißen: "Das spielt jetzt keine Rolle. Man muss einfach bereit sein, rausgehen und alles geben."

Bei den A's liegt der Fokus auf Pitcher Bartolo Colon. Der 40-Jährige, der letztes Jahr wegen Dopings für 50 Spiele gesperrt worden war, hat eine weitere sensationelle Saison hingelegt (2.65 ERA). Er wird sich in Spiel 1, vielleicht auch noch einmal in Spiel 5, mit Scherzer messen und muss vor eigenem Publikum unbedingt vorlegen, denn der Rest der Rotation könnte gegen die Starpower der Tigers auch gut und gerne untergehen.

Mit dem Schläger in der Hand sind die A's aber auch nicht zu unterschätzen. Viel wird vom flinken Altmeister Coco Crisp (22 HR, 93 R) abhängen, der als Leadoff-Hitter den Ton angibt. Ihn nach Hause bringen müssen dann unter anderem Josh Donaldson (24 HR, 93 RBI) und der Kubaner Yoenis Cespedes (26 HR).

Prognose: Wenn Cabrera weiterhin ein Schatten seiner selbst ist, wird die Offense der Tigers ganz gewaltig leiden. Aber das Starting Pitching ist so sensationell gut, dass der Bullpen aus Oakland gar nicht dazu kommt, Führungen zu verteidigen. Scherzer wirbt in Spiel 1 noch einmal für den Cy Young, der Rest ist Formsache. Tigers in 3.

Alle Playoff-Serien im Überblick