Red Sox hui: Viel hat sich bei den Boston Red Sox getan, seit das Team vom Fenway Park im letzten Jahr eine Saison zum Vergessen hinlegte. 93 Niederlagen bedeuteten für die in den letzten Jahren erfolgsverwöhnten Fans harte Zeiten, am ersten spielfreien Tag wurde Manager Bobby Valentine prompt vom Hof gejagt und durch John Farrell von den Toronto Blue Jays ersetzt.
Darüber hinaus verordneten die Besitzer dem teuren Kader eine Rosskur: Im August wurden Stars wie Josh Beckett, Carl Crawford und Adrian Gonzalez in einem Monster-Trade zu den Los Angeles Dodgers abgeschoben. Stattdessen setzte man auf gute Stimmung im Clubhouse und einen Mix aus Nachwuchsspielern, guten Pitchern und gezielten Trades.
Das Rezept ging bisher voll auf: Acht Partien vor Schluss ist den Red Sox der Division Title nur noch theoretisch zu nehmen, mit einer Bilanz von 93-61 ist man das beste Team in der Major League. Verpflichtungen wie Mike Carp von den Mariners und Mike Napoli von den Rangers schlugen voll ein, David Ortiz (28 HR, 96 RBI) ist mit 37 so gut wie eh und je.
Auch auf dem Mound präsentiert sich das Team bärenstark: Mit Jake Peavy hat man einen erfahrenen Mann von den White Sox geholt, Jon Lester, John Lackey und Clay Buchholz komplettieren die Top 4, die sich vor keiner anderen Rotation verstecken müssen. Und dann gibt es da ja noch Closer Koji Uehara, der im September mal eben rekordverdächtige 37 Hitter in Folge ausschaltete - und das trotz stolzer 38 Jahre.
Nun bleiben noch zwei Wochen, um kleinere Verletzungen auszukurieren und die Rotation für die Playoffs in die Reihe zu bringen. Bis dahin heißt es abwarten, welches Team den Kampf um die Wild Card in der American League für sich entscheidet. "Wir haben noch Ziele", sagte Lackey, schließlich ist die Division noch nicht endgültig eingetütet. Die Playoffs hat man in Beantown zum ersten Mal seit 2009 aber sicher.
Yankees pfui: Um die kämpfen auch die New York Yankees, und zwar mit Klauen und Zähnen. Dabei hat das Evil Empire, das seit 1995 nur einmal die Playoffs verpasste hatte, mit einer wahren Seuchensaison zu kämpfen.
Um die Luxury-Tax-Zahlungen möglichst niedrig zu halten, verpflichtete das Management vor der Saison hauptsächlich Altstars für ein oder zwei Jahre - schon da war eine überragende Saison mehr als fraglich. Danach kam es aber knüppeldick: Stars und Franchise-Ikonen wie Derek Jeter, Alex Rodriguez, Curtis Granderson, Kevin Youkilis und Mark Teixeira verpassten große Teile der Saison, die Offense hatte in der Folge mächtig zu kämpfen.
Durch einen anfangs starken Pitching Staff um den Japaner Hiroki Kuroda - das eigentlich Ace C.C. Sabathia spielt eine miserable Saison - konnte man den Rückstand auf die Playoff-Plätze in Grenzen halten, ein Midseason-Trade für den früheren Yankee Alfonso Soriano (15 HR in 50 Spielen für New York) und die Rückkehr von Rodriguez sorgten zwischendurch sogar für einen Zwischenspurt. Die beiden Wild-Card-Plätze schienen in Reichweite.
Aber dann verabschiedete sich "Captain" Jeter mit einer weiteren Knöchelverletzung, Outfielder Brett Gardner erwischte es ebenfalls, und der Bullpen fing an zu schwächeln. Von sieben Spielen gegen die Red Sox im September gewann man nur ein einziges und ließ dabei unglaubliche 59 Runs zu. "Wir sind verdammt kurz davor, jedes Spiel gewinnen zu müssen", sagte ein resignierter Manager Joe Girardi am Dienstag. "Wir sind an einem Punkt, an dem wir nicht mehr viel verlieren dürfen."
Wild-Card-Wahnsinn: Ähnlich würden das wohl eine ganze Reihe weiterer Manager in der American League formulieren: Im Kampf um die Hintertür in die Playoffs ist das reinste Chaos am Werk.
Zur Erinnerung: Im vergangenen Jahr führte die MLB die zweite Wild Card ein. Beide Wild-Card-Gewinner spielen in einer Sekt-Oder-Selters-Partie einen Sieger aus, der dann in eine Playoff-Serie gegen das beste Regular-Season-Team startet. So weit, so gut. Nur balgen sich kurz vor Saisonende gleich sechs Team mit realistischen Chancen um die beiden Plätze.
Texas, Tampa Bay, Cleveland, Baltimore, Kansas City und New York liegen gerade einmal dreieinhalb Siege auseinander, bei noch acht oder neun ausstehenden Partien ist alles möglich. "Wir nehmen jeden Sieg, egal wie", schnaufte Terry Francona von den Indians nach einem 2:1-Sieg gegen Houston am Donnerstagabend. Derzeit sieht es so aus, als würde sich die endgültige Playoff-Konstellation erst in der allerletzten Sekunde entscheiden.
Die Red Sox (AL East), Tigers (AL Central) und Athletics (AL West) können sich das Massaker mit ruhigem Blutdruck anschauen: Sie haben ihren Division-Titel schon so gut wie in der Tasche. In der National League ist die Lage ebenfalls ungleich entspannter: Atlanta (NL East) und die Dodgers (NL West) haben ihre Division sicher, in der Central Division machen St. Louis, Pittsburgh und Cincinnati den Division-Winner und die beiden Wild Cards untereinander aus.
Moment... Pittsburgh? Die Pirates??? Tatsächlich: Die langjährige Lachnummer im Baseball hat es endlich geschafft. Am vierten September gelang dem Team um Center Fielder Andrew McCutchen der 81. Saisonsieg - der gleichzeitig bedeutete, dass das Team aus Pennsylvania zum ersten Mal seit 1992(!) keine negative Saisonbilanz einfahren würde. Der Division Title ist noch in Reichweite, die Wild Card ist den Freibeutern nicht mehr zu nehmen. Zeit also für knallende Korken? "Wir sind hier, um die World Series zu gewinnen. Das ist nur der erste Schritt", betont McCutchen, der eine überragende Saison spielt (.327 AVG, 20 HR, 27 SB).