Exit Sandman - Mo auf Abschiedstour: Der beste Closer aller Zeiten hängt seinen Handschuh an den Nagel. Mariano "Mo" Rivera beendet nach der Saison seine Karriere. Nachdem sich der 43-Jährige, der sich im Mai des letzten Jahres beim Warmmachen einen Kreuzbandriss zugezogen hatte, schob er seinen Abschied um ein weiteres Jahr hinaus und kehrte 2013 ein letztes Mal auf die große Bühne zurück - 23 Jahre, nachdem er von den Yankees gedraftet wurde.
Mit einem Earned Run Average von 2,25 und sieben verpassten Saves spielt der wohl dominanteste Reliever aller Zeiten (0,70 ERA in den Playoffs!) eine gute, aber für seine Verhältnisse nicht überragende Saison. 44 Saves konnte er auf seiner Abschiedstour durch die gegnerischen Stadien schon sammeln - und die ließen sich nicht lumpen. Wo immer Rivera zum letzten Mal aufs Feld tritt, überbieten sich die Gegner mit Ehrungen und die Fans mit Standing Ovations.
Dabei haben sie es jahrelang gehasst, wenn der in Panama geborene Pitcher zu den Klängen von Metallicas "Enter Sandman" aus dem Bullpen kam und die Gegner im neunten Inning mit seinem Cutter reihenweise niedermähte. Jetzt hagelt es Memorabilien: Plaketten, zerbrochene Baseball-Schläger, Schaukelstühle und jede Menge Schecks für seine Stiftung - über die Jahre hat Mo auch die Herzen der gegnerischen Fans erobert. Beim All-Star-Game in diesem Jahr pitchte er ein Inning und wurde prompt zum MVP gekürt,
"Wir sind wie Brüder", sagte Derek Jeter über seinen langjährigen Teamkollegen, mit dem er fünfmal die World Series gewonnen hat. "Wenn man von einem anderen Team kommt, hört man immer 'toller Typ, toller Teamkollege, einfach unglaublich'", beschreibt Relief-Pitcher Shawn Kelley den gläubigen Christen, der nebenher in einer Gemeinde als Pastor aktiv ist. "Man hört das alles, und wenn man ihn endlich trifft, dann enttäuscht er dich nicht. Man sieht ihn und denkt: 'Wow.' Eigentlich kann niemand so gut und fehlerfrei sein, dass er solchen Erwartungen gerecht wird. Aber er ist es. Er ist das einzig Wahre."
Wenn alles für die Yankees läuft, wird man in den Playoffs ein letztes Mal Riveras Musik hören können. Aber selbst wenn die Bronx Bombers die Postseason verpassen: Mos Rekorde (652 Saves, 13x All-Star, World Series MVP 1999) stehen für die Ewigkeit. Die Hall of Fame kann kommen - wenn er es sich nicht doch noch einmal anders überlegt. "Es gibt keinen Grund, warum er im nächsten Jahr nicht zurückkommen könnte", hofft Manager Joe Girardi. One Mo time: Warum eigentlich nicht?
Quo vadis, Baseball? Baseball - "Amerikas liebster Zeitvertreib" - steht am Scheideweg. Behaupten die einen. Das Spiel bietet zu wenig Action, die Partien dauern viel zu lang, die Einschaltquoten sinken, die Jugend wendet sich eher Basketball und Fußball zu. Der Sport ist gesund, halten die anderen dagegen: TV-Verträge erreichen regelmäßig Rekordsummen - die Dodgers unterschrieben Anfang des Jahres einen lokalen Deal über 25 Jahre, für den sie unfassbare sieben Milliarden Dollar bekommen - internationale Talente kommen in die Liga, das Interesse im Ausland wächst.
In Sachen Einnahmen machen die Teams tatsächlich einen enormen Reibach, da der Wert von Live-Events im Fernsehen ständig steigt und Baseball immerhin 162 Tage bietet, Playoffs exklusive. In der öffentlichen Wahrnehmung gibt es allerdings Nachholbedarf. Basketball-Superstars wie LeBron James und Kobe Bryant transzendieren ihren Sport in aller Welt, Football bietet seinem Sport mit Quarterbacks wie Tom Brady und Peyton Manning ein Gesicht. Miguel Cabrera und Clayton Kershaw sind dagegen wohl nur eingefleischten Baseball-Fans wirklich ein Begriff.
Eine neue Studie von "ESPN" fragte kürzlich 1028 Fans nach dem "Gesicht von Baseball". Wer steht momentan wie kein Zweiter für den Sport. Ergebnis: 22 Prozent der Befragten nannten Alex Rodriguez von den Yankees - einen 38-Jährigen im Spätherbst seiner Karriere, der zudem gerade öffentlichkeitswirksam gegen eine Rekordsperre von 211 Spielen wegen Dopings kämpft. Auf Rang zwei mit zwölf Prozent folgt Derek Jeter, 39, ebenfalls auf der Zielgeraden seiner Laufbahn, der fast die ganze Saison verletzt fehlte.
Jeter bringt auf genauso viele Nennungen wie Cabrera und Trout gemeinsam, dabei sind sie die mit Abstand besten Spieler. Kein Pitcher brachte es auf mehr als ein Prozent. Mindestens genauso bedeutsam: Für elf Prozent der Fans gibt es kein Gesicht des Sports. Selbst als ihnen die Forscher eine Liste mit Spielern vorlegten, aus denen sie bis zu drei Spieler aussuchen durften, brachte es nur Jeter über 25 Prozent. Jungstars wie Bryce Harper, Yasiel Puig oder Manny Machado? Fehlanzeige.
Nun ist es bei einem Sport, in der selbst ein Superstar nur jedes neunte Mal schlägt und ein Pitching Ace nur alle fünf Tage aufläuft, schwierig, die Bekanntheitsgrade eines LeBron zu erreichen, der in jeder Sekunde auf dem Feld der bestimmende Mann sein kann. Zudem hält sich die Liga traditionell zurück, wenn es darum geht, Einzelpersonen über die Teams zu stellen.
Das führt dazu, dass die Teams bis auf Ausnahmen wie die Yankees oder die Red Sox vor allem "regionale Größen" sind, deren Stars für die eigenen Anhänger das Gesicht des Sports darstellen. Das führt aber gleichzeitig dazu, dass der Gelegenheitsfan oder neutrale Beobachter immer weniger zu greifen hat, keine Namen findet, er ihn im Oktober vor den Fernseher zieht. Und es deswegen kein Wunder ist, wenn die World Series im nächsten Monat wieder verhältnismäßig wenige Zuschauer anlockt.
Balentien knackt Nippon-Rekord: Ein kleiner Seitenblick über den großen Teich lohnt sich hin und wieder auch einmal. In der "Nippon Professional Baseball"-Liga in Japan hat Slugger Wladimir Balentien den 49 Jahre alten Homerun-Rekord von Legende Sadaharu Oh gebrochen. Am vergangenen Sonntag schlug der 29-Jährige, der in der MLB Aufenthalte bei den Seattle Mariners und den Cincinnati Reds vorzuweisen hat, gleich zwei Pitches aus dem Jingu Stadion in Tokio.
Damit hatte der Outfielder aus Curacao, der für die Tokyo Yakult Swallows spielt, 2013 insgesamt 57 Home Runs auf dem Konto - zwei mehr als Oh. "Ich möchte den Fans für ihre Unterstützung danken", sagte er danach. "Es war ein tolles Gefühl, so etwas werde ich wohl nie wieder erleben." Bei noch einigen ausstehenden Partien könnte er sogar die 60er-Marke knacken. Dabei steht sein Rekord aber auch für einen Wandel in Japan.
Denn bereits vor Balentien waren mehrere Spieler nahe dran am Rekord - nur um festzustellen, dass Oh, der in seiner Karriere insgesamt unfassbare 868 Homeruns schlug - im Land der aufgehenden Sonne eine Art nationales Heiligtum ist. Tuffy Rhodes und Alex Cabrera waren zu Beginn des Millenniums ebenfalls kurz davor, wurden dann von den Pitchern per Walk daran gehindert, die Bestmarke einzustellen. Mittlerweile ist Oh aber nicht mehr als Trainer im Baseball aktiv - offenbar hat sich die Lage entspannt.
Da ist es nur eine Randnotiz, dass die japanische Liga im Juni zugegeben hatte, einen neuen Ball eingeführt zu haben, der den drastischen Anstieg an Homeruns in diesem Jahr erklärt. Balentien wird es sicherlich Recht sein.
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