Die 162 Spiele der Regular Season sind absolviert, die Wild-Card-Games haben würdige Sieger hervorgebracht: Acht Teams sind noch im Rennen um den World-Series-Titel. Reicht die Doppelspitze der Los Angeles Dodgers? Lassen es die Blue Jays wieder Homeruns regnen? Und wer stoppt die nach den Sternen greifenden Chicago Cubs? SPOX macht den Playoff-Check.
American League Division Series
Toronto Blue Jays (93-69) - Texas Rangers (88-74)
Ausgangslage:
Köpfe einziehen im Rodgers Centre von Toronto - es regnet Homeruns! Und nach 22 Jahren Abstinenz endlich auch wieder in den Playoffs. Die Blue Jays sind bei den Buchmachern nicht umsonst teils haushoher Favorit auf den World-Series-Ring - und wenn der Sport an sich nicht so unvorhersehbar wäre (wo sind doch gleich die 5-Ass-Nationals gelandet?), könnte man die Siegerparade bereits planen. Das liegt an der unfassbaren Offensivpower der Kanadier (232 Homeruns 2015). Aufgepasst! MVP-Favorit Josh Donaldson: 41 Homeruns. Jose Bautista: 40 Homeruns. Edwin Encarnacion: 39 Homeruns. Und weil das nicht reicht, holte man mit Troy Tulowitzki noch den vielleicht besten Shortstop des letzten Jahrzehnts von den Rockies.
Ach ja - und weil das immer noch nicht reicht, schnappte GM Alex Anthopoulos gleich noch bei Ass David Price von den Tigers zu. Price geht mit einem 2.45 ERA ins erste Playoff-Spiel und ist ein Pitcher, der ein Spiel im Alleingang gewinnen kann - als ob es das bräuchte. Acht Spiele hatte man Ende Juli Rückstand in der AL East auf die Yankees. Dann kamen die Neuzugänge und mit einer Bilanz von 43-18 ein brandheißes Finish.
Interessanterweise schlugen sich die Rangers in der AL West nach ähnlich schwachem Saisonstart ähnlich gut, auch wenn es im Blue-Jays-Hagel unterging. Aus acht Spielen Rückstand auf die Division-Spitze wurde dank Trade-Neuzugang Cole Hamels ein 41-22-Finish, die Angels guckten in die Röhre.
Dabei konnten die Pitcher nicht unbedingt immer überzeugen. Dafür ließen Adrian Beltre (.344 Average im September) und Shin-Soo Choo (AL Player des Monats September) ihre Holzprügel sprechen. Gut für die Texans: Game-1-Starter Yovanni Gallardo hat gegen die Blue Jays in zwei Starts in diesem Jahr keinen Run zugelassen. Und Heimkehrer Josh Hamilton ließ mit zwei Homeruns am 3. Oktober gegen die Angels noch einmal aufhorchen.
Josh Hamiltons Homerun-Derby 2008: Eine magische Nacht in der Bronx
Players to watch:
Die Kombination aus Donaldson, Bautista und Encarnacion (2-4 in der Batting Order) lässt so ziemlich jedem Gegner den Angstschweiß von der Stirn tropfen. Sie sind zweifellos das gefährlichste Trio dieser Postseason. "Wir fühlen uns gut", so Bautista. "Ich sehe keine Verletzungen, wir haben ein gutes Jahr hinter uns." Im Bullpen wartet man mit Closer Robert Osuna auf. Der ist im Februar 20 geworden. Bringt er also die nötige Nervenstärke mit? In seinen letzten 13 Auftritten ließ er gleich fünfmal gegnerische Runs zu.
Die Rangers bauen auf ein Ass mit viel Erfahrung: Lefty Cole Hamels (3.66 ERA) bringt seinen Ring aus Philadelphia mit, wo er 2008 World-Series-MVP wurde. Sein letzter Start am 4. Oktober war ein Complete-Game-Shutout gegen die Angels, er wird Game 2 angehen - und ein mögliches Game 5.
Prognose:
Hamels ist ein Ass, aber die Blue Jays haben sich die komplette Saison über an Linkshändern gelabt (.278 AVG). Price allein ist für mindestens einen Sieg gut. Dazu kommt die famose Offense. Da wird es Texas schwer haben. Blue Jays in 3.
Game 1, 8.Oktober: Blue Jays - Rangers
Game 2, 9. Oktober: Blue Jays - Rangers
Game 3, 11. Oktober: Rangers - Blue Jays
Kansas City Royals (95-67) - Houston Astros (86-76)
Ausgangslage: Aus Cinderella ist die böse Schwiegermutter geworden! Nach ihrem sensationellen Playoff-Run im Vorjahr, der nur von Madison Bumgarner gestoppt werden konnte, haben sich die Royals zum zweiten Mal in Folge für die Postseason qualifiziert - nach 29 Jahren Abstinenz. Das Selbstverständnis der Royals hat sich gewandelt, plötzlich ist im Team ein Swagger, ein Trotz zu spüren. Hatte man sie in diesem Jahr doch wieder nicht auf der Rechnung.
Doch auch ohne die absoluten Superstars legte KC die beste Bilanz in der American League hin. Ein Mix aus Small Ball (die wenigsten Strikeouts, die zweitwenigsten Homeruns, die wenigsten Walks), einem unglaublich balancierten Lineup, angeführt von First Baseman Eric Hosmer (.297 AVG, 18 HR) und Centerfielder Lorenzo Cain (16 HR, 28 SB). In der Starting Rotation fehlt die klare Hausnummer, doch das wird mit der besten Defense der AL und dem wie üblich makellosen Bullpen ausgeglichen. Plus: Heimvorteil!
Die Astros fühlen sich ein bisschen wie die Royals 2.0 an. Auch sie haben ihren Kader nach Jahren des Misserfolgs durch den Draft mit jungen, guten Spielern aufgestockt und sich über das Wild-Card-Game für die Division Series qualifiziert. "Sie spielen hart, sie haben Geschwindigkeit und drei gute Outfielder", musste Yankees-Slugger Carlos Beltran zugeben. Und Royals-Third Baseman Mike Moustakas konnte die Parallelen nicht leugnen: "Das erinnert mich an uns im letzten Jahr. Jung und hungrig, sie wollen der Welt beweisen, dass sie dazugehören."
Die Bronx Bombers hatten gegen die Astros gerade den Kürzeren gezogen, genauer gesagt: gegen Dallas Keuchel (2.48 ERA). Der mähte sie auch ohne die üblichen vier Tage Pause nieder und wird wohl in Spiel 3 zum Einsatz kommen. Houston spielt einen anderen Ball als Kansas City: Homeruns, Strikeouts, aggressives Baserunning.
Players to watch:
Ohne Keuchel stellt sich die Rotation der Astros wie folgt dar: Colin McHugh macht den Anfang. 19 Siege stehen in diesem Jahr zu Buche, aber ein mäßiges ERA von 3.89. Danach kommt Veteran Scott Kazmir, der per Trade von den A's geholt worden war. Sein September war eine einzige Horrorshow (6.52 ERA in den letzten sechs Spielen). Mindestens einer der beiden muss wohl über sich hinauswachsen, bevor der Ball an Keuchel geht - denn auch der Bullpen offenbarte zuletzt große Schwächen.
Bei den Royals liegt das Augenmerk ebenfalls auf einem Neuzugang vor der Trade Deadline. Pitcher Johnny Cueto hatte das Jahr bei den Reds in absoluter Wunderform begonnen und machte in seinen ersten vier Starts für die Blauen so weiter (1.80 ERA). Danach stürzte seine Form aber von einer Klippe, er kam mit den American-League-Gegnern nicht mehr klar und hatte zudem Ellbogenprobleme. Findet er seine Form rechtzeitig wieder? Ebenfalls ein Auge haben sollte man auf Altmeister Kendrys Morales: Der DH legte mit sechs Jacks und 15 RBIs einen schönen September hin.
Prognose:
Es ist ein Clash der Kulturen. Royals-Small-Ball gegen Astros-Power. Der Vorteil liegt bei KC: Das eigene Kauffman Stadium ist eine Riesenschüssel, die klar gegen Long Balls ausgelegt ist. Dazu darf Keuchel nur einmal ran. "Wir wollen in Kansas City so viel Spaß wie möglich haben", erklärte der nach dem Sieg gegen die Yankees. Mehr ist auch nicht drin. Royals in 4.
Game 1, 8. Oktober: Royals - Astros
Game 2, 9. Oktober: Royals - Astros
Game 3, 11. Oktober: Astros - Royals
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National League Division Series
St. Louis Cardinals (100-62) - Chicago Cubs (97-65)
Ausgangslage:
Kershaw? Greinke? Da können Cubbies nur müde lächeln: Mit Jake Arrieta auf dem Hügel steht die Null automatisch! Nach der besten zweiten Saisonhälfte in der Geschichte der MLB (0.75 ERA) - und die gibt es ja schon ein paar Jährchen - ließ das Ass der Cubs die Pirates im Wild-Card-Game wie Kreuzfahrt-Touristen aussehen. Dominanz pur - wie um alles in der Welt soll man diesen Mann stoppen?
Hinter ihm hat GM Theo Epstein ein Team versammelt, dass die nun schon 107 Jahre andauernde Titelflaute beenden will. Junge Talente wie Kris Bryant, Kyle Schwarber, Anthony Rizzo - dazu der alte Trainerfuchs John Maddon. Und der hatte sich schon im Laufe der Saison mit den übermächtigen Cardinals angelegt: "Ich habe das Regelwerk der Cardinals, wie man angeblich Baseball spielen muss, nie gelesen." Und: "Wir fangen nichts an - aber wir beenden es."
Beenden will Maddon unter anderem die NLCS-Serie der Cards. Das einzige 100-Win-Team der Majors hat in den letzten vier Jahren immer die Playoff-Vorschlussrunde erreicht und in diesem Jahr in der NL Central einen Start-Ziel-Sieg hingelegt. Sie sind die San Antonio Spurs des Baseballs: Löcher im Lineup werden mit eigenen Talenten gestopft, Superstars selten verpflichtet - aber irgendwie finden sie immer einen Weg.
Das Team ist brutal heimstark (55-26), verfügt über eine tiefe Bank und einen variablen Bullpen, angeführt von Fireball-Closer Trevor Rosenthal, der auf der Radar Gun auch gerne mal die 100-Meilen-pro-Stunde-Marke knackt. Trotzdem scheinen sie anfällig: Zum Ende der Saison ließ das Team etwas nach, zudem sind einige Leistungsträger angeschlagen. Pitcher Carlos Martinez (3.01 ERA) fehlt verletzt, das tut weh. Egal, in Sachen Erfahrung und Abgeklärtheit macht den Cards niemand etwas vor - also Bahn frei für das erste Duell der beiden Traditionsclubs in der Playoff-Geschichte. Und dabei spielen sie in der National League seit 1892 gegeneinander...
Die Chicago Cubs 2015: Den Bock endlich umstoßen
Players to watch:
Die Cardinals legten in dieser Spielzeit ein Team-ERA von 2.94 hin - das beste seit fast 30 Jahren. Der Grund dafür hat einen Namen: Yadier Molina. Der Catcher ist das Herz des Teams und dirigiert seine Pitcher wie es sonst kein Zweiter kann. Mit ihm hinter der Platte waren es 2015 sogar nur 2.79 Runs pro Spiel - und dann kommt ja noch seine Offense. Nur: Mit einem Sehnenriss im linken Daumen geht der 33-Jährige angeschlagen in die Postseason.
Die Cubs können nur in Spiel 3 auf Arrieta bauen und schicken dafür einen teuren Neuzugang an der Spitze ihrer Rotation ins Rennen: 155 Millionen überwies Epstein seinem alten Boston-Kumpan Jon Lester, um das Team genau in dieser Situation zu führen. Eine überragende Saison spielte er nicht (3.34 ERA), aber in den Playoffs gehen die Uhren bekanntlich anders. Und im gegnerischen Dugout wartet mit Jon Lackey ein alter Freund aus Red-Sox-Tagen. Lester: "Am Freitag sind wir keine Freunde mehr." Dann kann's ja losgehen!
Prognose:
Die Euphorie in Chi-Town ist riesig, die ganze Stadt lechzt nach Playoff-Glorie. Mit Arrieta hat man einen Sieg quasi im Sack, aber noch reicht es nicht gegen den "großen Bruder" aus St. Louis. Es klingt abgedroschen, aber in den Playoffs finden die Cards einfach einen Weg. Cardinals in 5.
Game 1, 9. Oktober: Cardinals - Cubs
Game 2, 10. Oktober: Cardinals - Cubs
Game 3, 12. Oktober: Cubs - Cardinals
Los Angeles Dodgers (92-70) - New York Mets (90-72)
Ausgangslage:
Mit einer jungen und unerfahrenen Rotation hatte man die Mets nicht unbedingt ganz oben auf der Rechnung, zumal die Offense eher mittelmäßig ausschaute. Und hey, es sind eben die Mets. Mit dem 42-Jährigen Bartolo Colon als Spaßvogel auf dem Mound - und am Schlagmal - war es ein nettes Team, mehr aber auch nicht. Bis sich Pitcher wie Jacob deGrom und Noah Syndergaard als mehr als fähig erwiesen, Matt Harvey nach seiner Tommy-John-Surgery so stark wie eh und je zurückkam und das Front Office zur Abwechslung an den richtigen Schrauben drehte.
Per Trade holte man nämlich Slugger Yoenis Cespedes aus Detroit - und der legte in seinen ersten 50 Spielen schlanke 17 Homeruns und 42 RBIs auf. So wurde aus der schlechtesten Offense auf einmal die explosivste seit der Trade Deadline (99 Homeruns sind MLB-Bestmarke). Mit Cespedes, dem genesenen Captain David Wright und Travis d'Arnaud ist das Herz der Batting Order nun eine Waffe. Die Baseballschläger stotterten zwar zum Abschluss der Regular Season (nur 2 Runs in 43 Innings), was letztlich den Heimvorteil kostete. Dennoch sind die Mets mehr als gefährlich.
Auf der Gegenseite wartet die Franchise, für die Geld keine Rolle spielt. Mit der 300-Millionen-Dollar-Marke flirtet die Payroll der Dodgers mittlerweile, trotzdem findet sich hinter den Superstars wie Clayton Kershaw und Zach Greinke erstaunlich viel Mittelmaß - und die Stars am Schlagmal wie Yasiel Puig oder Jimmy Rollins hatten auch schon mal bessere Jahre gesehen. Altmeister Adrian Gonzalez und Super-Rookie Corey Seager müssen es richten.
Optimismus herrscht trotzdem - dank des Mega-Duos mit dem Ball in der Hand. So legte sich die Metro Los Angeles via Twitter schon mal mit dem Pendant aus Gotham an. "Hey, macht mal eure Züge sauber, das Dodgers-Blau kommt in die Stadt." Um eine Antwort war man im Big Apple nicht verlegen: "Keine Angst, wir sweepen (=kehren) unsere U-Bahn genauso wie die Mets die Dodgers sweepen werden." Für Stimmung ist also gesorgt - zumal die Dodgers bis 1957 ja selbst noch in New York beheimatet waren.
Players to watch:
Vergesst die Prügel... Hier dreht sich alles um die Pitcher! Zach Greinke legte mit einem 1.66 ERA die beste Saison seit Jahrzehnten hin, ist aber trotzdem nur die Nummer zwei hinter dem dreifachen Cy-Young-Gewinner Kershaw (2.14 ERA), der in diesem Jahr die magische 300-Strikeouts-Grenze knackte. Besser geht es schlicht und ergreifend nicht.
Das sollte man Cespedes lieber nicht sagen. "Sie sind Pitcher wie alle anderen auch", so der Kubaner unbeeindruckt. Schließlich weiß er eine kaum weniger beeindruckende Rotation hinter sich: Mit Game-1-Starter deGrom (2.60 ERA), Rookie Syndergaard (3.24 ERA) und dem "Dark Knight" Harvey (2.71 ERA) ist man den Dodgers in Sachen Tiefe sogar überlegen - sollte Harvey sich keine weiteren Aussetzer mehr leisten: Am Dienstag verpasste er unentschuldigt ein Meeting, zudem gibt es seit Wochen Diskussionen um ein Innings-Limit.
Wenn die Dodgers also in vier von fünf möglichen Spielen auf Kershaw und Greinke setzen können, führt an ihnen kein Weg vorbei? Nicht unbedingt: Im Gegensatz zur kompletten Mets-Rotation haben sie zwar Playoff-Erfahrung - aber nicht nur gute. Gerade Kershaw war in der Postseason bisher erstaunlich verwundbar (5.12 ERA).
Prognose:
Beide Teams bieten offensiv kein besonders hohes Average, schlagen dafür aber eine Menge Homeruns, wenn denn der Ball einmal im Spiel ist. Vielleicht kein schlechtes Rezept gegen solch formidable Pitcher. Kershaw und Greinke machen am Ende aber den Unterschied aus - zumal der eine oder andere Metropolitan angesichts des hellen Playoff-Scheinwerferlichts Fracksausen bekommen könnte. Dodgers in 4.
Game 1, 9. Oktober: Dodgers - Mets
Game 2, 10. Oktober: Dodgers - Mets
Game 3, 12. Oktober: Mets - Dodgers
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