Exklusiv Unter der Führung eines Risikokapitalanlegers und eines Hollywood-Produzenten soll bei den Golden State Warriors ein NBA-Powerhouse entstehen. Joe Lacob, ein Teil der neuen Besitzer-Combo, erklärt bei SPOX seine Pläne.
Die aktuelle Situation
Welche Basketball-Mannschaft ist die teuerste der Welt? Es wäre eigentlich eine gute Millionen-Frage für Günther Jauchs "Wer wird Millionär?". Alle Nicht-NBA-Freaks würden mit der Beantwortung wohl so ihre Schwierigkeiten haben.
a) Los Angeles Lakers (Kobe Bryant, Champion, Hollywood)
b) Boston Celtics (17 Meisterschaften, Rekord-Champion, Larry Bird)
c) Chicago Bulls (Michael Jordan himself)
d) Golden State Warriors (kalifornische Loser-Franchise vor dem Herrn)
Die richtige Antwort lautet - man kann schon sagen unfassbarerweise - "d"! Die notorisch erfolglosen Golden State Warriors, die in den vergangenen 16 Jahren nur 2007 die Playoffs erreichten, sind das teuerste Team der Welt.
Es gibt nur zwei andere Klubs, die im gleichen Zeitraum weniger als fünfmal in den Playoffs standen: Die Los Angeles Clippers (zwei Playoff-Teilnahmen) und die Memphis/Vancouver Grizzlies (drei). Ironie des Schicksals: Das einzige Mal, als sich die Warrriors für die Playoffs qualifizierten, fügten sie Dirk Nowitzki eine seiner schlimmsten Pleiten zu. Das Playoff-Aus der Mavs gegen die an acht gesetzten Warriors ist unvergessen.
Trotz aller Pleiten wurde das Team aus Golden State, das 1995 für vergleichsweise mickrige 119 Millionen Dollar den Besitzer wechselte, kürzlich für die Rekordsumme von 450 Millionen Dollar verkauft und löste damit die Phoenix Suns (401 Millionen Dollar) als teuerste Mannschaft ab.
Das Interessante an der Geschichte: Bis zum Schluss galt Larry Ellison als Favorit im Rennen um die Warriors. Der Gründer und Präsident des US-Softwarekonzerns Oracle, der laut aktueller Forbes-Liste auf Platz sechs der reichsten Menschen der Welt liegt, hat sich dann aber wohl schlicht und ergreifend verpokert.
Es wäre für Ellison (Vermögen: 28 Miliarden Dollar) ein Kinderspiel gewesen, mehr als 450 Millionen Dollar zu bieten, aber er wurde Opfer seines Geizes. Er ließ eine Deadline verstreichen, nur um dann plötzlich doch noch ein geringfügig höheres Angebot als das der Konkurrenz abzugeben. Da war die Shot-Clock für Ellison aber schon abgelaufen.
So verkaufte Warriors-Besitzer Chris Cohan die Franchise dann an zwei andere Businessmen - Joe Lacob und Peter Guber. Der Deal muss nur noch vom NBA Board of Governors abgesegnet werden, bis Ende September soll alles in trockenen Tüchern sein.
Die neuen Besitzer
Joe Lacob und Peter Guber? Wer? SPOX klärt über die beiden neuen Besitzer der Warriors auf.
Joe Lacob: Lacob gehört zum Management von Kleiner Perkins Caufield & Byers (KPCB) - ein führender Risiko- und Beziehungskapitalgeber für Börsengänge. Auch US-Polit-Star Al Gore arbeitet für diese Firma.
Des Weiteren hält Lacob, der eine Dauerkarte bei den Warriors hatte, einen Minderheiten-Anteil an den Boston Celtics, den er jetzt verkaufen muss. Die Regularien verbieten es, an zwei Klubs gleichzeitig beteiligt zu sein.
"Mein Ziel ist es, die Warriors zu einem Playoff-Team zu machen, das sich in jeder Saison verbessert. Ich will eine Tradition aufbauen, die von Siegen geprägt ist. Und schlussendlich wollen wir natürlich um die Meisterschaft spielen - hoffentlich gegen die Celtics!", sagt Lacob gegenüber SPOX.
ImagoFür Lacob wird mit dem Kauf einer NBA-Franchise nach eigener Aussage "ein Traum" wahr. Es ist klar, dass er in der Besitzer-Combo der Basketball-Fachmann ist, der letztlich die wichtigen Entscheidungen treffen wird.Peter Guber: Der Mann neben Lacob kommt zwar nicht vom Fach, aber dafür hat er eine überaus interessante Vita. Als Film-Produzent half er, Filme wie "Rain Man", "Batman", "Flashdance" und "Die Farbe Lila" in die Kinos zu bringen.
1995 gründete er mit seinem Partner Paul Schaeffer das Unterhaltungsunternehmen Mandalay Entertainment Group ("Donnie Brasco", "Ich weiß, was du letzten Sommer getan hast"). Gilt als etwas selbstverliebt.
In einem Interview mit der "Washington Post" erklärte Guber, dass er im Film "Lawrence von Arabien" am meisten über Führungsqualitäten gelernt habe.
"Die arabischen Stämme haben mehr sich selbst bekämpft als die Türken. Und T.E. Lawrence hat darüber nachgedacht und nachgedacht. Und dann ist ihm die Stadt Akaba eingefallen. Wenn er es dorthin schaffen könnte, würden die zerstrittenen Stämme glauben, dass sie das Unmögliche schaffen können. Die kaum passierbare Nefud-Wüste durchqueren und die Türken von hinten angreifen. Wenn sie dieses kleine Stück, was so unmöglich schien, schaffen würden, dann würden sie glauben, dass alles möglich ist - und dass es auch möglich ist, die Stämme zu vereinen", philosophiert Guber.
Lacob und Guber - ein Risikokapitalanleger und ein Hollywood-Produzent. Wenn das kein interessantes Besitzer-Duo ist...
Der aktuelle Kader
Wer sich den Kader der Warriors genau anschaut, der erkennt zwar sofort, dass noch Geduld gefragt sein wird, bis ein Team entstehen kann, das um die Meisterschaft mitspielt. Aber man erkennt auch, dass es nicht völlig aussichtslos ist.
Obwohl Golden State in der letzten Saison nur 26 Spiele gewann, gibt es einige Eckpfeiler, um die die Mannschaft der Zukunft aufgebaut werden kann. Allen voran Stephen Curry. Das neue Gesicht der Franchise.
Der Point Guard übertraf in seiner Rookie-Saison die ohnehin schon hohen Erwartungen und erzielte im Schnitt 17,5 Punkte, 5,9 Assists und 4,5 Rebounds. Im Rookie-of-the-Year-Rennen musste er sich nur Sacramento-Kings-Star Tyreke Evans geschlagen geben. Curry gehört ohne Zweifel zu den Top 5 der NBA, wenn es um die besten puren Schützen geht. Currys Wurf allein ist in Golden State das Eintrittsgeld wert.
Die Warriors sind Currys Team
Currys Backcourt-Partner bleibt - vorerst - Monta Ellis. Der Super-Scorer (25,5 Punkte im Schnitt) machte Curry das Leben nicht leicht, als er Anfang der letzten Saison erklärte, dass die beiden nicht zusammenpassen würden. Und es ist in der Tat mehr als fraglich, ob Curry und Ellis koexistieren können.
Die beste Lösung: Die Warriors sollten alles dafür tun, um ein anderes Team von den Qualitäten des Ego-Zockers Ellis zu überzeugen. Denn auf Sicht gesehen wird ein Curry-Ellis-Backcourt nicht funktionieren. Die Warriors sind Currys Team, der Ball muss in seinen Händen sein - absolut unvorstellbar, dass Ellis das akzeptiert.
Mit der Verpflichtung von David Lee (6 Jahre, 80 Millionen Dollar) ist den Warriors im Sommer ein echter Coup gelungen. Es gibt nicht wenige Knicks-Fans, die es lieber gesehen hätten, wenn Lee in New York gehalten worden und dafür Amare Stoudemire nicht geholt worden wäre.
spoxLee wird mit Curry ein überragendes Pick-and-Roll-Duo bilden - das kann man jetzt schon vorhersagen. Negativ am Lee-Deal: Mit Anthony Randolph, Ronny Turiaf und Kelenna Azubuike haben die Warriors auf einen Schlag gleich drei wertvolle Rollenspieler abgegeben. Randolph und Turiaf waren die einzigen Frontcourt-Spieler der Warriors, die das Wort "Defense" fehlerfrei buchstabieren können.
Da Lee bei all seiner Klasse in der Offense in der Defense Nowitzki-esque verteidigt, also ziemlich schlecht, ist es aktuell ein Rätsel, wie die Warriors irgendjemanden aus der Zone heraushalten wollen. Auch deshalb wäre es sinnvoll, Ellis wenn möglich gegen einen richtig starken Center einzutauschen.
Ein diskutierter Deal: Ellis nach Memphis für Guard O.J. Mayo und Center Hasheem Thabeet. Für die Warriors wäre es ein nahezu perfekter Trade. Mayo wäre eine viel bessere Ergänzung zu Curry als Ellis - und 2,21m-Mann-Thabeet ist trotz schwacher Rookie-Saison immer noch ein No.2-Pick mit immenser Upside.
Verletzungsfluch muss zu Ende gehen
Mit Anthony Morrow (New Jersey) und Corey Maggette (Milwaukee) haben zwei weitere wichtige Spieler die Warriors verlassen, neu sind dafür Dorell Wright, Charlie Bell, Dan Gadzuric und Rookie-Guard Jeremy Lin, der in der Summer League für die Dallas Mavericks sein Potenzial andeutete.
Große Hoffnungen setzen die Warriors in Forward Brandan Wright, der die komplette letzte Saison wegen einer Schulterverletzung verpasste, aber nun wieder zurückerwartet wird. Ganz bitter: Der hoch veranlagte Rookie-Forward Ekpe Udoh (Block-Monster), den die Warriors im Draft an sechster Stelle auswählten, verletzte sich innerhalb einer Woche nach seiner Vertragsunterschrift am Handgelenk und fällt sechs Monate aus.
Damit setzte sich der Warriors-Fluch fort, nachdem das Team in der letzten Saison schon riesiges Verletzungspech hatte. Zusammengerechnet 501 Spiele mussten Warriors-Spieler zuschauen. Sobald Udoh aber wieder fit ist, wird er im neuen Golden-State-Team ein wichtiges Puzzleteil sein. Offen ist aktuell noch, ob Forward Anthony Tolliver das Angebot der Warriors annimmt und in Golden State bleibt.
Der Ausblick
Die Warriors haben es in ihrer Geschichte nicht nur auf drei NBA-Titel gebracht (1947 und 1956 noch als Philadelphia Warriors - 1975 als Golden State Warriors), sie brillierten mit der Run-TMC-Ära in den 90er-Jahren auch spektakulären - und erfolgreichen - Offensiv-Basketball.
Tim Hardaway, Mitch Richmond und Chris Mullin hatten Heldenstatus - genau dahin wollen die Warriors nun zurück.
Getty"Die TMC-Zeit war ein großer Spaß. Aber die Zeit ist vorbei. Wir wollen mit unserem neuen Team eine neue Identität schaffen. Die Zeit wird zeigen, wie diese dann genau aussehen wird", sagt Joe Lacob im Gespräch mit SPOX.Lacob ist der Hauptgrund dafür, warum alle Warriors-Fans für die Zukunft positiv gestimmt sein sollten. Es kann einer Franchise kaum etwas Besseres passieren als einen Besitzer zu haben, der zum einen ein leidenschaftlicher NBA-Fan ist und zum anderen bei den Celtics tiefe Einblicke darin bekommen hat, wie man einen Winner zusammenbaut.
Dazu kommt eine Fan-Base, die mit Fug und Recht zu den besten im US-Sport gezählt werden darf. Die Oracle Arena ist trotz des Misserfolgs der letzten Jahre immer voll. Die heißblütigen Fans warten sehnsüchtig auf bessere Zeiten.
Die wichtigste Entscheidung, welche die neuen Besitzer als erstes zu treffen haben, wird die Frage des Headcoaches sein. Don Nelson hat noch ein Jahr Vertrag (6 Millionen Dollar). Mit jedem Tag, der vergeht, erhöhen sich die Chancen, dass Nelson bleibt, aber der 70-Jährige muss genauso wie General Manager Larry Riley etwas um seinen Job zittern.
Lacob wird so oder so alles dafür tun, um die Warriors konkurrenzfähig zu machen. Und zwar so schnell wie möglich.
"Wir wollen bei den Warriors wirklich etwas Besonderes aufbauen. Wir wollen unsere großartigen Fans stolz machen. Ich glaube, dass wir schon in der kommenden Saison in die Playoffs einziehen können. Wir haben einen tollen Kern an guten, jungen Spielern zusammen", meint Lacob.
Die Warriors in der kommenden Saison in den Playoffs? Auch wenn Stephen Curry noch einmal einen Sprung machen und sich als Superstar etablieren wird - das hält SPOX in der Western Conference dann doch für unrealistisch. Aber nichtsdestotrotz haben die Warriors ein Projekt gestartet, das man sehr genau im Auge behalten sollte.