"Nowitzki braucht Carmelo Anthony"

SPOX
24. Dezember 201011:16
"ESPN"-Star Michael Wilbon sprach mit SPOX über Carmelo Anthonys Zukunftspox
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Überragender Saisonstart - dennoch sind sich fast alle einig: Die Dallas Mavericks müssen einen zweiten Superstar verpflichten. Gemeinsam mit NBA-Experte Michael Wilbon, Co-Moderator der "ESPN"-Kult-Sendung "Pardon the Interruption", diskutieren die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann außerdem über das Ende der Lakers, eine mögliche Bulls-Dynastie, David Sterns Europa-Pläne und den Superman-Streit.

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These: Miami holt in den nächsten fünf Jahren mehr Titel als die Lakers.

Michael Wilbon: Meine klare Antwort: Ja! Und zwar ganz locker. Die Zeit der Lakers läuft ab, Phil Jackson hat schon gesagt, dass er nach der Saison aufhören will. Kobe Bryant ist wie alt? 32? Zugegeben, dieses Jahr wird er wohl seinen sechsten Ring holen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Miami jetzt schon eingreifen kann. Sie werden L.A. oder Boston nicht schlagen. Aber drei Titel in den nächsten vier Jahren sind realistisch für die Heat. Heißt das im Umkehrschluss, dass LeBron irgendwann auf Kobes Level sein wird? Nicht wirklich. Dazu müsste er in den nächsten sieben, acht Jahren sechs Meisterschaften gewinnen.

Christmas-Kracher: Lakers vs. Heat im LIVE-TICKER!

Haruka Gruber: Meine klare Antwort: Nein! Ist klar, dass viele Aspekte gegen die Lakers sprechen: das Alter, Jacksons bevorstehender Rücktritt, die wachsende Konkurrenz im Osten mit Miami, Chicago, Orlando und vielleicht New York. Zumal der Salary Cap der Lakers bis 2013 ausgereizt ist und einen Umbruch der Mannschaft erschwert, weil zum Beispiel Ron Artest und Luke Walton bis dahin zusammen 13 Millionen Dollar pro Jahr verdienen. Dennoch besitzen die Lakers etwas, was die Heat nicht einfach so kaufen können: Eine Kultur des Gewinnens. Jacksons Weggang wäre bitter, aber auch ohne ihn strömt aus jeder Pore der Franchise dieses tiefsitzende Selbstverständnis, Titel gewinnen zu müssen - und zu können. Das ist unbezahlbar. Dass dieses Jahrtausend von den Lakers, den Spurs, den Celtics und für eine kurze Zeit den Pistons dominiert wurde, ist kein Zufall. Miami hingegen muss erst als Franchise wachsen und eine eigene Identität entwickeln, bevor man von einer, geschweige denn von mehreren Meisterschaften sprechen kann.

Philipp Dornhegge: Ich bin mir gar nicht so sicher, ob Miami überhaupt eine Dynastie - und sei es nur eine kleine - wird. Klar muss man damit rechnen, dass LeBron irgendwann seinen ersten Ring gewinnt, aber garantiert ist auch das absolut nicht. So lange die mittlerweile bekannten Schwächen, die Point-Guard- und Center-Position, nicht ausgemerzt werden, sind die Heat ein Titelkandidat, aber nicht unbedingt der Topfavorit. Auch wenn die Lakers, insbesondere aber die Spurs und Celtics in naher Zukunft abbauen werden, gibt es immer noch Teams wie Orlando, Chicago, Utah oder Oklahoma City, die jung und sehr gut aufgestellt sind. Ich kann mir schon vorstellen, dass es Miami auch die nächsten Jahre sehr schwer haben wird. Vielleicht ist das aber auch nur Wunschdenken...

Florian Regelmann: Meiner Meinung nach muss man die nächsten fünf Jahre zweigeteilt sehen. Diese Saison - und dann die nächsten vier. Trotz des langen Winning-Streaks, bei dem Miami fast ausschließlich Luschenteams geschlagen hat, sind die Heat in dieser Saison noch nicht soweit, um die Lakers oder Celtics zu schlagen. Sehe ich einfach nicht. Was ich aber durchaus sehe, sind mindestens zwei Heat-Meisterschaften in den nächsten vier Jahren nach dieser Saison. Selbst wenn die Lakers in dieser Saison noch mal zuschlagen sollten, was passiert in der Post-Phil-Jackson-Ära? Da wird es definitiv einen Bruch geben. Genauso werden die Celtics Probleme bekommen. Miami wird sich dagegen immer besser finden, sich punktuell noch verstärken und dann ab nächster Saison klar im "Driver's Seat" sitzen. Ob das einem jetzt gefällt oder nicht: LeBron wird seine Karriere nicht ohne Championship beenden. Wenn ich Aktien kaufen müsste, würde ich Heat-Aktien kaufen, keine Lakers-Aktien.

These 2: Die Mavs brauchen Melo, um Meister zu werden.

These 3: Die Chicago Bulls stehen vor dem Beginn einer Dynastie.

These 4: Die NBA wird nie eine European Disivion haben.

These 5: Dwight Howard wird noch immer unterschätzt.

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These: Die Mavs brauchen Melo, um Meister zu werden.

Florian Regelmann: Ich muss ehrlich zugeben, dass ich den Tyson-Chandler-Effekt unterschätzt habe. Dirk Nowitzki hat es jetzt mal mit der Situation verglichen, als Kevin Garnett nach Boston kam. So schlecht ist der Vergleich gar nicht. Chandler hat den Mavs eine völlig neue Defense-Mentalität übergestülpt, die durchaus beeindruckend ist. Auf der anderen Seite ist Dallas deshalb nicht im Handumdrehen sein Loser-Image los. Bei mir jedenfalls nicht. Ganz einfache Frage: Morgen fangen die Playoffs an? Mavs vs. Lakers: Würde jemand auf die Mavs setzen? Mavs vs. Spurs: Würde jemand auf die Mavs setzen? Ich persönlich nicht. Obwohl Dallas Oklahoma City und Utah sogar schon zweimal geschlagen hat, wüsste ich selbst gegen diese Teams nicht, ob ich in einer langen Serie auf die Mavs setzen würde. Playoff-Basketball ist einfach noch mal eine ganz andere Nummer - und da ist der Kader trotz Chandler immer noch nicht tough genug. Melo, oder ein Spieler seines Kalibers, würde das schlagartig ändern. Man weiß nicht, wie aggressiv die Mavs im Hintergrund an einem Melo-Deal dran sind, aber wie ich sie einschätze, gehen sie mit dem aktuellen Erfolg falsch um und wollen das Team genau so zusammenlassen, wie es ist.

Haruka Gruber: Genau das befürchte ich auch. Keiner hätte die bisher überragende Saison erwarten können, dennoch bleiben riesige Zweifel. Die Mavs sind nun mal Experten darin, einen Basketball zu spielen, der in der Regular Season funktioniert, in den Playoffs jedoch nach hinten losgeht - so wie in den letzten Jahren eben auch. Die vorhersehbaren Isolation Plays für Nowitzki und Butler sind zurzeit noch effektiv, aber was passiert denn, wenn die Gegner ihre Intensität in der Verteidigung erhöhen? Oder wenn die Gegner mehr Druck auf Terry ausüben, um dessen Pick'n'Rolls zu unterbinden? Dann sind die Mavs genauso harmlos wie in den letzten Playoffs gegen San Antonio. Von daher: Egal wie toll der Saisonstart war, Nowitzki braucht einen zweiten Superstar an die Seite, sonst droht wieder ein frühes Aus. Melo wäre ideal, er würde sich in der Offensive perfekt mit Dirk ergänzen. Dass sich Cuban im Sommer hartnäckiger als gedacht um LeBron bemüht hat, ist immerhin ein gutes Zeichen.

Philipp Dornhegge: Die Situation ist aber auch schwierig. Das Gefühl, dass dem Team ein Carmelo Anthony gut tun würde, haben sicherlich viele. Aber was, wenn der Trade tatsächlich gelingt und die Sieges-Quote der Mavs erstmal sinkt? Dann ist das Gemeckere auch wieder groß. Dallas will, wenn möglich, sofort gewinnen, und sich nicht schon wieder ein halbes Jahr einspielen müssen. Ganz davon abgesehen, dass ich den Basketball des Teams in der Form, wie er in dieser Saison gespielt wird, sehr schätze. Das ist Team-Basketball, der fast einen Hauch von Europa hat. Zu Melo passt das überhaupt nicht. Ganz davon abgesehen, dass der bestimmt nicht tougher ist als Butler. Ich traue mich kaum, es zu sagen: Ich finde, Dallas sollte nichts mehr tun. Vielleicht ändere ich meine Meinung, wenn man das erste Mal gegen die Lakers gespielt hat. Aber aktuell glaube ich, dass die Mavs mit jedem Team mithalten können.

Michael Wilbon: Keine Frage, die Mavs hatten einen super Start. Ich bin ein bisschen überrascht, dass Dirk Nowitzki fast auf dem gleichen Level spielt wie in seiner MVP-Saison 2007. Das darf aber nicht darüber hinweg täuschen, dass sie einen weiteren Topspieler brauchen. Aber nicht Carmelo. Der will nach New York, und so jemanden für ein halbes Jahr im Tausch gegen Draftpicks und eigene Spieler zu verpflichten, halte ich für viel zu riskant. Denn mit hoher Wahrscheinlichkeit würde er seinen Vertrag nach der Saison dann nicht verlängern. Ich bin ohnehin eher der Meinung, dass Dallas einen weiteren Big Man braucht. Aber braucht den nicht jeder? Einen, der von der Bank kommt und Scoring Punch mitbringt. So einen wie Brandon Bass zum Beispiel, den die Mavs vor nicht allzu langer Zeit an Orlando verloren haben. Irgendeinen von dem Kaliber müssen die Mavs holen, um in den Playoffs mit den Lakers oder Spurs mithalten zu können. Dallas braucht nicht zu hoffen, beiden aus dem Weg zu gehen.

Philipp Dornhegge: Okay, wenn es um so eine Verpflichtung geht, dann wäre das etwas anderes. Eine punktuelle Verstärkung wäre sicher nicht schlecht. Novak, Cardinal, Thomas und die Altlast Buckner sind alles Verträge, die man loswerden könnte. Auch Rookie Jones sollte kein Tabu sein. Aber ich dachte, wir reden von einem Star. Da kommt für mich nur Chris Paul in Frage. Wenn man den kriegen kann, muss man es machen. Vielleicht sogar für Beaubois. Aber nicht für Butler. Und dann wird's mit der Finanzierung auch schon schwer.

These 1: Miami holt in den nächsten fünf Jahren mehr Titel als die Lakers.

These 3: Die Chicago Bulls stehen vor dem Beginn einer Dynastie.

These 4: Die NBA wird nie eine European Disivion haben.

These 5: Dwight Howard wird noch immer unterschätzt.

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These: Die Chicago Bulls stehen vor dem Beginn einer Dynastie.

Michael Wilbon: Eine Dynastie sehe ich nicht, eine Meistermannschaft allerdings schon. Derrick Rose und Joakim Noah sind die absoluten Eckpfeiler. Ihre Persönlichkeit muss auf das gesamte Team abfärben. Das heißt: Mentale und körperliche Toughness, Disziplin, Lust auf Defense. Insgesamt ist das Team sehr gut aufgestellt mit den Big Men Noah, Boozer, Gibson, mit starken Rollenspielern wie Deng und Korver und eben dem Leader Rose. Was fehlt, ist ein weiterer ausgemachter Scorer, der sie auf das gleiche Level wie Boston oder Miami hebt - aber daran lässt sich arbeiten: J.R. Smith könnte man verpflichten, oder vielleicht O.J. Mayo. Mal schauen, ob daraus etwas wird, aber für mich steht fest, dass Chicago seit dem Rücktritt von Michael Jordan nicht mehr so nah an einem Titel war, wie jetzt. Trotzdem: Eine Dynastie werden sie nicht aufbauen.

Florian Regelmann: Der Nukleus mit Derrick Rose, Joakim Noah und Carlos Boozer ist überragend, vor allem Rose ist nicht mehr weit weg von der obersten Superstar-Klasse. Man stelle sich vor, man würde jetzt Anthony in dieses Lineup integrieren. Dynamite. Chicago wäre sofort in der Lage, um die Meisterschaft mitzuspielen. Nun müssen sich die Bulls-Fans aber damit abfinden, dass Anthony in New York City geboren wurde. Nicht in Chicago. Es scheint immer noch Leute zu gegeben, die das nicht verstehen wollen, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich Melo im Gegensatz zum Landei LeBron die Chance, in New York spielen zu können, entgehen lassen wird. Und wenn dann noch Steve Nash oder Chris Paul sich das Knicks-Trikot überziehen, muss sich Chicago hinter New York anstellen. Ich sehe im Moment nicht, wie die Bulls in den nächsten Jahren mehr sein wollen, als eine ziemlich gute Mannschaft im Osten. Für Championship-Ambitionen oder irgendein Dynastie-Geschwafel fehlt mir da noch einiges.

Haruka Gruber: Ach Flo, vor einigen Monaten warst Du Dir sicher, dass LeBron zu den Knicks geht, jetzt soll es also Melo sein? Er mag gesagt haben, dass er gerne nach New York will, aber was heißt das schon? Solche Aussagen klingen extrem verdächtig nach Verhandlungstaktik - und in der Vergangenheit war es doch oft so, dass das erste Team, das als Favorit für die Verpflichtung eines Superstars galt, am Ende leer ausging. Nein, ich wette, dass Chicago schon längst die Fühler nach Melo ausgestreckt hat und bessere Chancen hat. Melo wird wissen, dass mit dem Basketball, den Bulls-Coach Tom Thibodeau vorlebt, viel eher ein Titel zu gewinnen ist als mit dem Run'N'Gun von New Yorks Mike D'Antoni. Und sollte er tatsächlich nach Chicago gehen, wäre der Beginn einer Dynastie nicht fern. Anders als bei Miami würden die Spieler zueinander passen: Melo als erste Option. Rose, der mit seinen Drives Räume für ihn aufreißt. Noah, der die Drecksarbeit am Brett verrichtet. Andererseits: Wenn es den Bulls nur gelingt, statt Melo jemanden wie Smith oder Mayo zu holen, würde Chicago zwar weiter ein gutes, aber eben kein außergewöhnliches Team sein.

Philipp Dornhegge: Da muss ich auch noch mal einschreiten, Flo: Wenn Nash nach New York geht, wäre der Erfolg aber von kurzer Dauer. Der Junge ist 36! Nein, nein, nein: Ich weigere mich, die Knicks in den nächsten Jahren im Titelrennen zu sehen. D'Antoni hat aus seiner Zeit bei den Suns nichts gelernt, die Knicks werden genauso spektakulär, aber genauso wenig erfolgreich sein. Chicago traue ich sehr viel mehr zu. Eine Franchise und ein Headcoach, die sich zu allererst über die Defense definieren, sind mir sehr sympathisch und die ideale Ausgangslage für Titel. Mit dem von Dir angesprochenen Nukleus ist das durchaus drin - irgendwann in den nächsten Jahren. Aber nicht dauerhaft, nicht in Form einer Dynastie. Wenn man in seiner eigenen Conference ein Team wie Miami hat, das zur gleichen Zeit seine besten Jahre haben wird, dann wären Träume in diese Richtung vermessen. Auch Orlando kann noch ein paar Jahre oben mitspielen. Aber noch mal: Die Knicks haben damit überhaupt nichts zu tun.

Florian Regelmann: Bevor wir weitermachen, muss ich dazu auch noch mal kurz etwas sagen. Erstens: Es ist richtig, dass ich mir sicher war, dass LeBron nach NY geht. Warum er es nicht gemacht hat, wird er mir nie plausibel machen können. Melo schätze ich auf jeden Fall von der Persönlichkeit anders ein. Und was Nash angeht, lieber Phil: Der ist 36, aber was heißt das schon? Fakt ist, dass er schon wieder eine überragende Saison spielt. Der Steve hat schon noch einige Jahre im Tank, mach Dir da mal keine Sorgen.

These 1: Miami holt in den nächsten fünf Jahren mehr Titel als die Lakers.

These 2: Die Mavs brauchen Melo, um Meister zu werden.

These 4: Die NBA wird nie eine European Disivion haben.

These 5: Dwight Howard wird noch immer unterschätzt.

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These: Die NBA wird nie eine European Disivion haben.

Michael Wilbon: Ich fände das extrem spannend, jedoch glaube ich nicht daran, dass es eine European Division geben wird. Fakt ist: Wenn die Liga weiter wachsen will, geht das nur auf dem internationalen Markt, deswegen war man in den letzten Jahren in China so aktiv. Aber ich tue mich schwer mir vorzustellen, wie die Liga den Spielplan erstellen will. Wie soll das funktionieren, dass amerikanische gegen spanische, italienische oder deutsche Teams spielen? Die Reisestrapazen wären enorm.

Florian Regelmann: Der NBA würde eine European Division gut zu Gesicht stehen - und die Spieler können sich noch so dagegen wehren, sie wird kommen. Genauso wie in der NFL der 18-Game-Schedule gegen den Widerstand der Spieler durchgesetzt werden wird. David Sterns Wille geschehe. Stern hat sich das in den Kopf gesetzt und wird nicht ruhen, bevor er es in die Tat umgesetzt hat. Und jetzt mal ehrlich: Das Gerede, dass es wegen der Reisestrapazen nicht funktionieren würde, ist einfach nur Quatsch. Es kann mir niemand erzählen, dass ein Europa-Trip so viel schlimmer ist als ein West-Coast-Trip. Und es ist jetzt auch nicht so, als würden die Spieler Holzklasse fliegen. Das Reiseargument ist lächerlich. Jedes NBA-Team macht in der Regular Season einen Europa-Trip, bei dem es gegen die Klubs der European Division antritt, das ist mehr als machbar. Und ich gehe jede Wette, dass es in Berlin beispielsweise die Fan-Base geben würde, um 41 Heimspiele der Hornets vor ausverkauftem Haus stattfinden zu lassen. Ganz im Gegensatz zu New Orleans. Berlin vs. Los Angeles. Warum denn nicht?

Michael Wilbon: Ich stimme ja zu, dass die Vorstellung reizvoll ist. Und wir sind uns einig, dass der US-Markt eigentlich keine 30 Teams braucht. Wie Du schon sagst, ist New Orleans eins der Teams, die keinen Sinn machen. Seit Katrina hat sich die Bevölkerung in der Region halbiert, zahlreiche Unternehmen sind weggezogen, den Fans sind die Saints viel wichtiger. Die sind ja auch seit über 40 Jahren Teil der Kultur. Und sie spielen nur acht Mal im Jahr zu Hause. New Orleans verträgt keine zweite Franchise, schon gar nicht eine, die 41 Heimspiele hat. Sacramento tut sich ähnlich schwer. Es sieht so aus, als müsste die NBA bald eine Entscheidung treffen und die Liga verkleinern.

Philipp Dornhegge: Ich bin ganz bei Mike und sage, dass die Liga verkleinert werden muss. Zum einen natürlich, weil es keine 30 Städte in Nordamerika gibt, die ein Team tragen können. Zum anderen, weil die Liga schlicht und ergreifend zu groß ist. Es gibt viel zu viele bedeutungslose Spiele, die niemanden interessieren und viel zu viele Mannschaften, die schlecht geführt und deshalb komplett belanglos sind. Auch wenn das Niveau allgemein höher ist als zu Anfang des Jahrtausends: Man stelle sich vor, wie dramatisch sich das Level heben würde, wenn man vier Teams streichen würde und deren Spieler auf die anderen Mannschaften verteilt!

Florian Regelmann: Geschätzter Kollege, wir waren bei einer möglichen European Division...

Philipp Dornhegge: Dazu wollte ich ja jetzt kommen. Weil man weniger Teams braucht, sollte Europa kein Thema sein. Die Tatsache, dass David Stern dieses Projekt wie sein Baby betreut, heißt außerdem gar nichts. Das tut er schon seit Jahren, und ich sehe nicht, dass es in der Hinsicht irgendeine Entwicklung gegeben hätte. Zu guter Letzt: Was soll das? Erstens würde das den nationalen Ligen in ganz Europa großen Schaden zufügen. Zweitens sollte die NBA genau das bleiben: eine nationale Liga. Kanada mit auf die NBA-Landkarte zu nehmen kann ich ja verstehen, aber Europa? Womöglich bald auch noch China? Dann nennen wir das Ganze doch gleich Klub-WM.

Haruka Gruber: Diese Diskussion um die European Division mag interessant sein - aber sie wird niemals Realität. Flo meinte zwar zu Recht, dass es reiselogistisch wohl irgendwie machbar wäre und dass die Arenen in Europa ausverkauft sein würden, dennoch sprechen zwei Faktoren klar gegen die NBA-Expansionspläne: die Euroleague und die nationalen Ligen. Früher wurden sie vielleicht belächelt, aber mittlerweile haben sie ein neues Selbstverständnis entwickelt und werden sich mit aller Macht gegen das Eindringen der NBA wehren. Die Spanier, die Italiener, die Griechen, die Türken, selbst die Deutschen sind so selbstbewusst zu sagen, dass sie sich nicht dem Diktat der NBA beugen. Und dass die Euroleague Ambitionen hegt, selbst als europäisches Pendant zur NBA wahrgenommen zu werden, ist bekannt. Von daher: Die NBA wird von Testspielen abgesehen nichts in Europa unternehmen, zumal sie ja genug eigene Sorgen wie den drohenden Lockout hat. Dass Stern jedes Jahr pünktlich im Oktober über die European Division spricht, hat deswegen wohl mehr damit zu tun, die Werbetrommel für die Testspiele der NBA-Teams in Europa zu rühren.

These 1: Miami holt in den nächsten fünf Jahren mehr Titel als die Lakers.

These 2: Die Mavs brauchen Melo, um Meister zu werden.

These 3: Die Chicago Bulls stehen vor dem Beginn einer Dynastie.

These 5: Dwight Howard wird noch immer unterschätzt.

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These: Dwight Howard wird noch immer unterschätzt.

Haruka Gruber: Die These stimmt. Howard wird nach wie vor von den meisten als übergroßer, muskulöser Clown angesehen und steckt - vielleicht auch selbstverschuldet - in der Schublade fest, deswegen spielt er auch in keinem MVP-Ranking eine größere Rolle. Dabei ist von Dallas und Nowitzki abgesehen kein Spitzenteam so abhängig von einem Spieler wie Orlando von Howard. 21,7 Punkte, 56,5 Prozent Quote, 13,2 Rebounds und 2,3 Blocks sprechen für sich, dennoch hat man das Gefühl, dass Howard nicht ernst genommen wird. Das ist die klassische Denke: "Der ist ja so groß und so muskelbepackt, da kann man solche Leistungen wohl erwarten." Dass aber der Großteil der talentierten Center-Konkurrenten entweder dauernd verletzt ist, die Begabung verplempert oder einfach inkonstant spielt, vergessen viele. Howard hingegen hat in den letzten Jahren an seinen Fundamentals gearbeitet und lässt sich nicht mehr allein auf seine Athletik reduzieren. Anders formuliert: Howard gehört auch in der Wahrnehmung der Experten in die gleiche Kategorie wie Kobe, LeBron, Wade und Durant.

Florian Regelmann: Warum Howard unterschätzt sein soll, erschließt sich mir nicht. Der Typ wird für meine Begriffe gehypt ohne Ende. Nicht umsonst führt er aktuell schon wieder das Voting zum All-Star-Game an. Howard ist ohne Frage ein sehr guter Spieler, defensiv einer der besten der NBA, aber er gehört für mich auf keinen Fall in die oberste Eliteklasse mit Kobe oder LeBron. Er ist nicht ansatzweise so gut, wie Shaq es zum Beispiel im gleichen Alter war. Und Shaq musste noch gegen richtige Center spielen. Zu Shaq-Zeiten hätte es Howard mit seinen Zahlen vielleicht nicht mal ins All-Star-Team geschafft. Mir ist Howard auch zu viel Showman. Wenn er einen Wurf in die vierte Reihe blocken kann, fühlt er sich wie Superman. Aber er ist sicher der einzige Superman auf der Welt, der ums Verrecken keinen Jumpshot trifft.

Philipp Dornhegge: Hör mir auf mit dem Superman! Damit hat Shaq schon Mitte der 90er gespaßt, er hat sogar ein entsprechendes Tattoo auf dem Arm. Das regt mich seit Jahren auf. Howard ist nicht Superman! Sorry, das musste gesagt werden. Mach ruhig weiter.

Florian Regelmann: Was ich sagen wollte: Auch wenn sich sein Training mit Olajuwon auszahlen mag, ist Howard weit davon entfernt, offensiv ein Spiel dominieren zu können. In den Top 30 der Scorerliste nimmt nur Paul Pierce weniger Würfe pro Spiel. Ein Assist pro Spiel sagt auch einiges aus. Howard ist nicht in der Lage, sein Team zu tragen, deshalb finde ich ihn überhaupt nicht unterschätzt. Da denke ich dann doch eher an Nowitzki, wenn ich sehe, dass er gerade eine MVP-Saison spielt und im All-Star-Voting mal wieder einen riesigen Rückstand auf Kevin Durant, Pau Gasol und Carmelo Anthony hat. Aber lassen wir das mit dem Voting, da liegt Brendan Haywood bei den Centern auch auf Rang drei. Hinter Yao und Bynum. Vielleicht startet ja Haywood das All-Star-Game...

Michael Wilbon: Ich habe überhaupt nicht den Eindruck, dass Howard noch unterschätzt wird. Nach meinem Empfinden ist er anerkanntermaßen der beste Center der Welt. Er ist ein All-NBA-First-Teamer, All-Star, hat etliche Werbeverträge und wird von seinen Kollegen in den höchsten Tönen gelobt. Sein Offensivspiel hat sich diesen Sommer noch mal dramatisch verbessert. Seine mentale Reife hat er bewiesen, als er seine Mitspieler öffentlich an den Pranger stellte und bessere Defense einforderte. In der Vergangenheit hieß es immer, Howard sei zu spaßfixiert, konzentriere sich nur auf seinen Körper und nicht auf seine basketballerische Ausbildung. Mir scheint, dass er an all diesen Punkten gearbeitet hat und längst zur absoluten Liga-Elite gehört. Mehr individuelle Awards kann er allerdings nur gewinnen, wenn Orlando gewinnt. Als Center ist man abhängig von guten Schützen, Passgebern und Hilfe bei der Reboundarbeit. Ich denke, dass es die richtige Entscheidung war, Carter und Lewis loszuwerden. Aber ohne Gortat fehlt plötzlich ein Backup-Center. Als Team wird es Orlando schwer haben. Um Boston zu schlagen, braucht man mehrere talentierte Big Men - und nicht nur Howard.

Philipp Dornhegge: Ich möchte mich Mikes Meinung weitgehend anschließen - und dem Kollegen Regelmann vehement widersprechen. Dass er mit so wenigen Würfen, wie er sie nimmt, viele Punkte macht, spricht doch nur für Howard. Und gegen Van Gundy, der immer noch nicht komplett eingesehen hat, dass sein Center auch offensiv die Hauptlast tragen sollte. Das mit den Assists ist eine schöne Zahl, aber ich bin mir sicher, dass wenn die NBA - wie die NHL - zwei Vorlagen pro Treffer vergeben würde, Howards Assistzahlen in den Himmel schießen würden. Was ich sagen will: Howard ist aufgrund seiner Athletik und seiner neu gewonnen Post-Moves so dominant, dass er immer gedoppelt wird und deshalb fast als Spielmacher fungiert. Er spielt den Ball raus, dann kommt aber meist noch ein weiterer Pass, bis ein Schütze frei steht. Wovon ich noch nicht so recht überzeugt bin, ist seine angebliche mentale Reife. Für mich sieht ein Killer-Instinkt jedenfalls anders aus. Dass er seinen Coach in letzter Zeit lieb gewonnen hat, weil er jetzt mit ihm Chest-Bumps auf der Bank machen kann, ist doch wohl völlig daneben. Trotzdem ist Howard der beste Center der Liga. Dass er nicht die Zahlen vom jungen Shaq, von David Robinson oder Hakeem Olajuwon hat, spielt doch keine Rolle. Kein anderer ist besser.

These 1: Miami holt in den nächsten fünf Jahren mehr Titel als die Lakers.

These 2: Die Mavs brauchen Melo, um Meister zu werden.

These 3: Die Chicago Bulls stehen vor dem Beginn einer Dynastie.

These 4: Die NBA wird nie eine European Disivion haben.

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