"Champion? Mein Gefühl sagt Boston!"

SPOX
06. Februar 201214:26
Tennis-Star Andy Murray diskutierte mit den SPOX-Redakteuren über die NBA-Playoffsspox
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Seit dem letzten Wochenende laufen die NBA-Playoffs. Tennis-Star Andy Murray, bekennender NBA-Fan, diskutiert zusammen mit den SPOX-Redakteuren Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann über die wichtigsten Fragen. Ist die Zeit der Los Angeles Lakers und Boston Celtics vorbei? Wer entscheidet über Erfolg oder Misserfolg der Miami Heat? Und was muss in Dallas passieren, wenn die Mavericks wieder früh ausscheiden sollten?

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These: Chicago hat ein Freilos ins Conference-Finale.

Andy Murray: Ich denke, dass die Bulls ohne große Probleme ins Conference-Finale einziehen werden. Ich habe die Highlights von Spiel eins gegen Indiana gesehen, da haben sie zwar Glück gehabt, aber das würde ich nicht überbewerten. Chicago hat eine großartige Regular Season gespielt und wird sich in den ersten Runden nicht aufhalten lassen. Derrick Rose spielt unglaublich, zu ihm muss man nicht mehr viel sagen. Mir gefällt auch die Balance, die sie ihm Team haben. Ich halte viel von Carlos Boozer, er hat mir in meinem Fantasy-Team schon gute Dienste erwiesen. (lacht) Joakim Noah hat bis zu seiner Verletzung sehr gut gespielt. Danach hatte er ein paar Probleme, aber er wird sich auch noch steigern. Ich sehe in den ersten Runden keine Probleme für die Bulls.

Haruka Gruber: Die erste Runde sollte sich problemlos gestalten. Auftaktgegner Indiana mag eines der Teams der Zukunft sein, aber Chicago ist zwei Klassen besser, egal ob es die Qualität, die Tiefe oder die Toughness anbelangt. Im Conference-Semifinale dürfte es für die Bulls aber nicht so leicht werden - wenn der Gegner Orlando heißt. Bei den Magic schlägt man sich gerne auf die Stirn, so mies treten sie auf. Andererseits steckt in der Mannschaft - anders als bei Atlanta - Potenzial, um Chicago ordentlich zu ärgern. Howard wird am Brett wüten, Nelson sollte es halbwegs mit Rose aufnehmen können und Türkoglu/Jason Richardson/Arenas/Bass/Anderson/Redick werden sich kollektiv nicht derart blamieren wie zum Playoff-Auftakt. Der Kader der Magic wurde nicht ausgewogen zusammengestellt und neigt zur Unbeständigkeit - aber er ist auch talentiert. Von daher: kein Freilos für Chicago.

Philipp Dornhegge: Trotz der knappen ersten Spiele gegen die Pacers muss man sich meiner Meinung nach überhaupt keine Sorgen machen. Chicago dürfte jetzt richtig drin sein und ich rechne stark damit, dass der Rest der Serie ein Spaziergang wird. Danach geht es gegen Orlando oder Atlanta. Sollten sich die Magic noch durchsetzen, hätten sie anschließend das gleiche Problem wie jetzt: Sie würden auf einen Gegner treffen, der Dwight Howard im Eins-Gegen-Eins verteidigen kann. Mit Joakim Noah, Kurt Thomas und Ömer Asik hat Chicago drei vorzügliche Verteidiger auf der Center-Position zur Verfügung, die es den kleineren Spielern erlauben würden, die Distanzschützen der Magic eng zu decken und nicht doppeln zu müssen. Dazu hat Orlando keinen Power Forward, der Carlos Boozer, den zweifellos schlechtesten Verteidiger der Bulls, in Bedrängnis bringen könnte. Gegen die Hawks sehe ich ähnlich wenig Probleme. Ja, Chicago sollte relativ problemlos in die Conference Finals einziehen. Platz eins ist in diesem Jahr in der Tat Gold wert.

Florian Regelmann: Absolut ja. Gut, das erste Spiel gegen die Pacers haben die Bulls nicht ernst genommen. Aber das Entscheidende ist, dass sie dennoch einen Weg gefunden haben, um das Spiel am Ende zu gewinnen. Besser gesagt: Derrick Rose hat das Spiel im Alleingang gewonnen. Auch in Spiel zwei war es nicht berühmt, was Chicago gespielt hat, aber es reicht halt. Dank Rose. Meiner Meinung nach gibt es überhaupt keinen Zweifel daran, dass Rose im Moment der beste Basketballer ist, den es auf diesem Planeten gibt. Einfach nur Rose den Ball geben und alle Spieler zur Seite - da wäre ich auch gerne Coach. Es wird ein Sweep geben gegen Indiana und wer auch immer sich in dieser für meinen Geschmack total bedeutungslosen Magic-Hawks-Serie durchsetzt, wird auch nicht mehr als ein Spiel gegen Chicago gewinnen. Rose wird auch Nelson unfassbar herspielen. Wenn die Bulls wollen, spielt außerdem keine Mannschaft in der NBA eine bessere Defense. Auch nicht Boston, falls das jemand denken sollte.

These 2: Weder die Lakers noch die Celtics kommen in die Finals.

These 3: Der Sieger aus OKC/DEN haut San Antonio raus.

These 4: Mike Bibby entscheidet über den (Miss)-Erfolg der Heat.

These 5: Dallas muss bei einem frühen Aus den Neubeginn einleiten.

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These: Weder die Lakers noch die Celtics kommen in die Finals.

Haruka Gruber: Die Finals heißen Lakers vs. Celtics. Als erstes zu den Lakers: Die größte Schwäche ist die Point-Guard-Position mit dem uralten Fisher, entsprechend gelegen kommt es, dass in der zweiten Runde womöglich Dallas mit dem greisen Kidd wartet. Gegen New Orleans wird sich L.A. in der ersten Runde locker durchmogeln. Warten in den Conference-Finals die Spurs/Thunder oder Nuggets. Alles gute bis exzellente Mannschaften - aber kann sich einer ein Szenario vorstellen, in dem die Lakers gegen die Nuggets und selbst die Thunder rausfliegen? Durant/Westbrook machen Spaß, doch wer würde auf sie setzen, wenn es in einem Spiel sieben gegen Kobe/Gasol und Fishers Dreier geht?

Florian Regelmann: Da muss ich mich doch wie in der Schule früher gleich mal melden. Ich würde bei solch einem Szenario sehr wohl auf die Thunder setzen. Durant, Westbrook, auch ein Harden - die sind zwar jung, aber allesamt so cool und gereift, dass sie auch im Staples Center den Lakers in der Crunchtime die Dinger ins Gesicht schießen.

Haruka Gruber: Na ja. Für mich bleiben die Spurs die einzige legitime Gefahr der Lakers. Solange aber Bynum gesund bleiben und Duncan mitverteidigen kann, sollte sich L.A. durchsetzen: Um den ohnehin angeknockten Ginobili kümmert sich Artest, dann sind auch 25 bis 30 Parker-Punkte pro Spiel verschmerzbar. Im Osten sind die Bulls und die Heat die Favoriten, dennoch wird es Boston schaffen. Ein Beleg war Spiel eins gegen New York: Die Celtics würgen sich zum Sieg, das aber halt so etwas von clever und abgezockt. Die Bulls und Heat sind jünger, athletischer und was weiß ich noch alles - die Gegenwart gehört aber noch Boston.

Philipp Dornhegge: Beide Teams sind für mich totale Rätsel. Nun haben die Lakers Spiel eins gegen die Hornets verloren, die Celtics nur hauchdünn die Knicks geschlagen. Bedeutet das, dass mit ihnen in diesen Playoffs nicht mehr zu rechnen ist? Absolut nicht! Sowohl L.A. als auch Boston können jederzeit explodieren und alles in Grund und Boden spielen. Der Champion dank seiner starken Offensive und dem fulminanten Frontcourt, der Rekordmeister aufgrund einer Weltklasse-Defense und einer Armada von Crunchtime-Performern. Genug Erfahrung haben sowieso beide Teams. Selbstverständlich gibt es bei beiden Fragezeichen: Ist L.A. vielleicht zu satt und müde nach den letzten beiden Jahren? Ist Boston zu alt, und war der Trade von Kendrick Perkins nicht doch ein Fehler? Aber das alles ist Jammern auf hohem Niveau und ich kann mir durchaus vorstellen, dass wir alle Bedenken im Laufe der Playoffs noch ad acta legen werden. Dass Chicago und Miami besser sein sollen als Boston, müssen mir beide erstmal beweisen. Ich sehe nicht unbedingt beide Teams in den Finals, aber die Lakers oder die Celtics werden es packen.

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Florian Regelmann: Das glaube ich nicht, Phil. Ich schocke mich damit selbst ein wenig, weil ich bekanntermaßen jemand bin, der eigentlich zu erfahrenen Teams mit Winner-Mentalität steht. In diesem Fall habe ich aber komplett den Glauben verloren. Wobei ich gerne unterscheiden möchte. Den Lakers traue ich eine Finals-Teilnahme prinzipiell schon noch zu, aber mit den Celtics habe ich seit dem Perkins-Trade gebrochen. Für mich war das Selbstmord, was sie da gemacht haben. Boston hat da nicht nur einen ganz wichtigen Spieler abgegeben, Boston hat da für mich seine Identität verloren. Ich hätte es nie für möglich gehalten, dass die Celtics so einen Move machen. Wenn ich sehe, wie sie sich auch in Spiel eins gegen die Knicks zum Sieg gewürgt haben, bestätigt mich das nur. Ich bin wahrlich kein Miami-Freund, aber die Heat werden die Celtics rausnehmen.

Andy Murray: Mich würde es als Heat-Fan ja freuen, wenn sie Boston rausschmeißen, Florian. Aber ich sehe das trotzdem wie die beiden anderen Jungs. Du hast natürlich Recht, dass ihnen der Perkins-Trade wehgetan hat. Ich habe danach einige Videos gesehen mit Spieler-Interviews - die Jungs waren wirklich total fertig, dass Perkins weg ist. Aber trotzdem glaube ich noch an das Team. Paul Pierce, Kevin Garnett und Ray Allen sind immer noch da - und ich bin ein großer Fan von Rajon Rondo. Wenn Shaq fit genug ist, um ihnen einige Minuten zu geben, sehe ich gute Chancen für Boston. Wenn ich mich für ein Team entscheiden müsste, das in die Finals kommt, würde ich lieber die Lakers nehmen als die Celtics, aber irgendwie sagt mir mein Gefühl etwas anderes. Ich habe so ein komisches Gefühl, dass Boston in die Finals kommt. Ich habe sogar das Gefühl, dass Boston am Ende den Titel holt.

These 1: Chicago hat ein Freilos ins Conference-Finale.

These 3: Der Sieger aus OKC/DEN haut San Antonio raus.

These 4: Mike Bibby entscheidet über den (Miss)-Erfolg der Heat.

These 5: Dallas muss bei einem frühen Aus den Neubeginn einleiten.

These: Der Sieger aus OKC/DEN haut San Antonio raus.

Philipp Dornhegge: Dazu müssten die Spurs ja erstmal die erste Runde überstehen. Aber davon bin ich nicht restlos überzeugt. Der Ellenbogen von Manu Ginobili, die Defense von Tony Allen und Shane Battier, Memphis' Überlegenheit am Korb dank Zach Randolph und Marc Gasol: Das alles spricht für die Grizzlies. Wenn wir davon ausgehen, dass San Antonio trotzdem weiterkommt, dann sehe ich aber anschließend schwarz. Denn dann hieße der Gegner wohl Oklahoma City. Für mich sind die Thunder aktuell der Favorit im Westen, auch wenn sie laut Setzliste "nur" die Nummer vier sind. Denn ich sehe keine eklatante Schwachstelle, dafür aber jede Menge Stärken, angefangen mit Kevin Durant und Russell Westbrook. Gäbe es einen Award für den besten One-Two-Punch, er wäre wohl auf Jahre schon vergeben. Beide könnten MVP-Stimmen bekommen und sind sowohl begnadete Scorer als auch großartige Athleten. Dazu kommt eine gute Team Defense, die mit Kendrick Perkins noch besser geworden ist. OKC ist auf alle Eventualitäten vorbereitet. Für mich heißen die Conference Finals Lakers vs. Thunder.

Florian Regelmann: Da kann ich nur zustimmen. Ich habe vor der Saison im Redaktions-Tipp auf die Thunder als Meister gesetzt und wurde milde belächelt. So langsam lacht niemand mehr. Zugegeben, ich konnte natürlich auch nicht wissen, dass General Manager Sam Presti so ein Coup gelingt wie die Perkins-Verpflichtung. Perk ist das letzte Puzzleteil, das noch gefehlt hat, damit Oklahoma City Championship-Material besitzt. Kevin Durant und Russell Westbrook sind das dynamischste Duo der NBA, James Harden wird auch immer besser - und Scott Brooks ist immer noch einer der am meisten unterschätzten Trainer-Strategen. Die Thunder werden nicht nur die Spurs in der zweiten Runde eliminieren. Die Thunder werden danach auch noch die Lakers ausschalten und in die Finals einziehen. Ob ein Team mental stark genug ist, hat nullkommanull mit Erfahrung zu tun. Eine Championship-Mentalität hat man, oder man hat sie nicht. Und die Thunder haben sie.

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Andy Murray: Wir sind uns wieder nicht einig, Florian. Ich finde auch, dass Kevin Durant und Russell Westbrook ein Super-Duo sind. Es macht mir wahnsinnig Spaß, den beiden Jungs zuzuschauen. Wenn sie gegen Denver weiterkommen, werden sie es San Antonio auch sehr schwer machen, aber ich setze trotzdem auf die Erfahrung der Spurs. Tim Duncan und Co., die wissen alle, wie der Hase läuft in den Playoffs. Das macht einen riesigen Unterschied. San Antonio hat außerdem nicht einen bestimmten Spieler, der das Spiel dominiert. Sie sind sehr ausgeglichen besetzt und haben viele verschiedene Optionen. Sie haben auch ganz starke Dreierschützen. So aufregend die Thunder sind, ich glaube an die Spurs.

Florian Regelmann: Die Auftaktpleite der Spurs gegen Memphis beunruhigt dich da nicht, Andy?

Andy Murray: Überhaupt nicht. Dass die Lakers das erste Spiel gegen New Orleans verloren haben, scheint doch auch niemanden zu beunruhigen. Das Gleiche gilt für die Spurs. Sie werden sich gegen Memphis schon noch durchsetzen und sich dann auch noch immer weiter steigern.

Haruka Gruber: Zunächst einmal eine Prämisse: Oklahoma setzt sich gegen Denver recht locker durch, in fünf oder in sechs Spielen. Die These lautet also: Die Thunder hauen San Antonio raus. Und da kommt ein Widerspruch. Die Kollegen Dornhegge und Regelmann haben sich meinetwegen in Durant und Westbrook verliebt, aber was haben die beiden schon erreicht? WM-Gold? Na super. Oklahoma hat zwei starke Offensiv-Optionen, mehrere gute Verteidiger, einen guten Coach und einen noch viel besseren General Manager, San Antonio im Gegensatz 4 Championship-Ringe in 11 Jahren. Im theoretischen One-on-One ist die Ausgangslage recht ausgeglichen: Duncan/Blair sind besser als Perkins/Ibaka (1:0 Spurs), Durant macht Jefferson frisch (1:1), ein fitter Ginobili trifft auch gegen den unangenehmen Sefolosha seine wilden Dinger (2:1 Spurs), bei den Point Guards Parker und Westbrook gibt's ein Remis (3:2 Spurs) und die Bank der Thunder ist wesentlich tiefer (3:3). Was entscheidet dann? Natürlich die mentale Seite - und da gibt es eben den Erfahrungsbonus der Spurs. Ich bin da ganz bei Andy.

These 1: Chicago hat ein Freilos ins Conference-Finale.

These 2: Weder die Lakers noch die Celtics kommen in die Finals.

These 4: Mike Bibby entscheidet über den (Miss)-Erfolg der Heat.

These 5: Dallas muss bei einem frühen Aus den Neubeginn einleiten.

These: Mike Bibby entscheidet über den (Miss)-Erfolg der Heat.

Florian Regelmann: Ich gebe es zu, ich bin seit seinen Kings-Tagen ein Fan von Mike Bibby. Ich kann mich noch gut erinnern, wie er 2002 in den Playoffs einen Game-Winner gegen die Lakers getroffen hat. Legendär. Es weiß jeder, dass er leider nicht mehr der Spieler ist, der er damals war und dem Sacramento damals einen 80-Millionen-Dollar-Deal gegeben hat. Dennoch finde ich, dass es ein sehr guter Schachzug der Heat war, Bibby zu holen. Seine Schwäche in der Defense kann Miami gut maskieren. Er ist, ein bisschen wie Jason Kidd in Dallas, zu einem reinen Dreierspezialisten mutiert, aber in dieser Rolle wird er ohne Frage extrem wichtig sein für Miami. Wenn ich LeBron James oder Dwyane Wade wäre und in der Crunchtime Bibby offen an der Dreierlinie stehen sähe, würde ich auf jeden Fall nicht einen Moment zögern, den Pass zu spielen. Bibby ist immer noch ein Money-Shooter. Entscheidend für den Erfolg werden aber schon die drei großen Jungs sein. Alles andere wäre ja albern.

Andy Murray: Für mich als Miami-Anhänger ist das natürlich eine sehr interessante These. Ich denke, dass wir über LeBron, D-Wade und Chris Bosh nicht groß sprechen müssen. Jeder der Big Three wird seine Leistung bringen, da habe ich keine Bedenken. Und dann ist eben die Frage, wer der X-Factor sein wird. Ich denke nicht, dass das unbedingt Bibby sein muss. Es wird generell darauf ankommen, dass Produktivität von den Rollenspielern kommt. Ich denke da auch vor allem an James Jones. Was ich abgesehen von irgendwelchen Namen noch ganz wichtig finde, ist, wie die Heat verteidigen werden. Denn in der Defense hatten sie in dieser Saison immer mal wieder so ihre Probleme. Die ersten beiden Spiele gegen Philly waren da schon mal ermutigend.

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Haruka Gruber: Es widerspricht der Logik des Basketballs, dass ein Team auch ohne einen klassischen Spielmacher Erfolg haben kann. Aber genau die Heat machten es 2006 doch schon vor, wie es geht: Dwyane Wade lieferte die Punkte und lenkte die Mannschaft, der überreife Point Guard Gary Payton erledigte vermeintliche Nichtigkeiten und stand zur Stelle, wenn ein Dreier vonnöten war. Diese Rolle übernimmt eben Bibby, der Miami-Version von Lakers' Derek Fisher. Die Defense ist eine mittlere Katastrophe, der Drive zum Korb sieht bereits in der Realzeit aus wie in Superslomo, dafür verfügt er über dieses Etwas am Ende des Spiels. Der Erfolg der Heat hängt nicht maßgeblich von Bibby ab, aber er entscheidet mit, wie die Saison zu Ende geht.

Philipp Dornhegge: Es wäre traurig für die Heat, wenn es so wäre. Denn dann wäre das Unternehmen Titelgewinn schon jetzt zum Scheitern verurteilt. Bibby ist einer der miesesten Verteidiger, die es gibt. Er ist inzwischen zu langsam, um in die Zone zu ziehen und spielt zudem kaum Assists. Seine einzige Funktion ist also die eines Spot-Up-Shooters. Ich würde vielmehr sagen, dass Miami sich absolut im Klaren darüber ist, dass die Point-Guard-Position die größte Schwachstelle ist, und Mittel und Wege sucht, um sie zu kompensieren. Offensiv ist das ja kein Problem, aber in der Defense? Da sehe ich eben doch schwarz gegen einen Rondo oder Rose. Trotzdem heißt das noch nicht, dass LeBron James und Co. ihren Titeltraum begraben müssen. Solange Chris Bosh am Limit spielt. Für mich ist er der X-Factor, auch wenn er nun wahrlich keine unbekannte Größe ist. Aber man hat in diesem Jahr verschiedene Gesichter von ihm gesehen. Bosh muss in den Playoffs zeigen, dass er ein harter Hund sein kann, und zwar nicht nur ab und zu, sondern in jedem Spiel.

These 1: Chicago hat ein Freilos ins Conference-Finale.

These 2: Weder die Lakers noch die Celtics kommen in die Finals.

These 3: Der Sieger aus OKC/DEN haut San Antonio raus.

These 5: Dallas muss bei einem frühen Aus den Neubeginn einleiten.

These: Dallas muss bei einem frühen Aus den Neubeginn einleiten.

Andy Murray: Ganz ehrlich. Ich weiß nicht recht. Ich halte eigentlich sehr viel von den Mavs. Mir gefällt das Team. Mir gefällt Kidd, mir gefällt Nowitzki, Jason Terry ist ein toller Spieler. Dallas hat wirklich viel Potenzial und eine Truppe zusammen, die jedem gefährlich werden kann. Ich glaube nicht, dass sie wieder früh ausscheiden werden, aber ich erwarte auch nicht, dass sie die Meisterschaft gewinnen können. Man weiß zwar nie, aber das kann ich mir dann doch nicht vorstellen. Ob Dallas ein neues Team aufbauen sollte? Ich weiß nicht. Sie haben ja eine gute Mannschaft zusammen. Klar wollen sie einen Titel gewinnen, aber das ist nicht so einfach. Es gibt inzwischen so viele Teams in der NBA, die drei, vier Superstars in ihren Reihen haben. Mag sein, dass Dallas neben Nowitzki diese Superstar-Power ein bisschen abgeht. Und deshalb reicht es eben nicht für den ganz großen Wurf. Aber deswegen ein gutes Team auseinanderreißen?

Haruka Gruber: Ja. Die Antwort soll nicht übertrieben fatalistisch klingen: Aber wenn Dallas gegen Portland rausfliegt oder wenn es in der zweiten Runde ein klares Aus setzt, bleibt Dallas nichts anderes übrig als ein radikaler Neubeginn. Es gibt zwei Alternativen: Die Entscheidung für eine zeitintensive Komplettsanierung oder die Fortführung dieses seltsamen Rhythmus' aus erfolgreicher Regular Season und frühem Playoff-K.o. Für Dirk Nowitzki dürfte ein Rebuild und damit das Abschenken der kommenden Saison unlieb sein, andererseits sagte er jedoch zuletzt, dass er vielleicht bis Ende 30 spielten könnte. Dann hätte er noch fünf Jahre vor sich - wäre es in dem Fall nicht besser, wenn Dallas nach Jahren des Stillstands ein oder zwei Jahre womöglich abschenkt, dafür aber 2012/2013 mit einer jüngeren und umgemodelten Mannschaft ein neuer Versuch möglich ist? Mit Nowitzki als wichtigem Rollenspieler? Eines wäre bei einem frühen Ausscheiden klar: Es müssen grundlegende Dinge verändert werden, vor allem am Kader. So nett und zuvorkommend die meisten Mavs-Spieler sind, die Kultur der Franchise ist zersetzt durch die Ängste vor einer neuerlichen Enttäuschung. Um diese Kultur zu verändern, braucht es nicht den Austausch eines Einzelnen sondern einer ganzen Gruppe.

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Philipp Dornhegge: Auf keinen Fall sollte Dallas das tun, werter Kollege. Solange Nowitzki in Dallas spielt, sollte man jedes Jahr versuchen, vorne mitzuspielen. Nichts anderes hat der beste Spieler der Franchise-Geschichte verdient. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Nowitzki sagen wird: "Spielen wir dieses Jahr halt mal keine Playoffs, dafür sind wir vielleicht im nächsten Jahr wieder dabei." Das darf er auf keinen Fall zulassen. Was er allerdings auch nicht hätte zulassen dürfen, ist, dass das Management Roddy Beaubois zum Mann der Zukunft und damit für unverkäuflich erklärt. Damit hat man sich etliche gute Trade-Chancen verbaut, sowohl im Sommer als auch im Frühjahr. Ich glaube aber unabhängig vom Abschneiden, dass die Mavs für die nächsten Jahre gerüstet sind: Beaubois kann immer noch helfen, wenn er körperlich topfit und mental wieder stabil ist. Barea hat sich top entwickelt, Butler dürfte zu halten sein, Brewer hat für mich durchaus Potenzial. Dazu haben Nowitzki und Marion noch ein paar gute Jahre vor sich, Chandler sowieso.

Florian Regelmann: Erst mal ist es so, dass ich selbst nach dem Auftaktsieg weiter felsenfest davon überzeugt bin, dass Dallas das noch vergeigt. Sorry, aber für mich bleiben die Blazers die toughere und deshalb bessere Mannschaft. Wenn vor allem Gerald Wallace und Wes Matthews anfangen, in der Serie mitzuspielen, wird es düster für Dallas. Und sollten die Mavs zum vierten Mal in fünf Jahren in der ersten Runde Tschüss sagen, dann muss etwas passieren. Das ist doch völlig klar. Vor allem muss Rick Carlisle dann endlich weg, der hat jetzt schon Roddy Beaubois halb kaputt gemacht. Und auch in der Mannschaft muss sich etwas verändern. Kidd hat noch ein Jahr Vertrag und wird so oder so das eine Jahr noch ein Fixpunkt bleiben, aber die Personalie Terry muss zum Beispiel auf den Tisch kommen. Ich würde mir auch wünschen, dass die Mavs in diesem Jahr im Draft endlich mal aggressiv sind und mit aller Macht versuchen, sich nach oben zu traden. Um dann jemanden wie Kemba Walker zu picken und neben Nowitzki als neues Gesicht der Franchise aufzubauen. Denn was Dallas nach der nächsten Playoff-Enttäuschung dringend braucht, ist vor allem neue Begeisterung. Begeisterung, die ein Top-Rookie und ein neuer Coach, der Feuer hat, bringen könnten. Ich würde ja mal bei Jeff Van Gundy anrufen.

Philipp Dornhegge: Was Kidd angeht: Er wird sicherlich irgendwann eine Lücke hinterlassen. Aber so gut er noch ist, er ist 38! Es ist ja nicht so, als würde man einen Chris Paul oder Deron Williams verlieren. Ich glaube, dass ein Rookie wie Dukes Nolan Smith oder vielleicht sogar Pittsburghs Brad Wanamaker mittelfristig eine gute Lösung wären. Sicher keine Topstars, aber exzellente Verteidiger mit einwandfreier Einstellung und guten Entscheidungen auf dem Court. Und wenn doch mal irgendwann ein Trade vom Himmel fällt... Glaubt eigentlich irgendwer, dass Nelson und Mark Cuban einen Neuaufbau schnell und erfolgreich über die Bühne bringen könnten? In einem Tempo, dass Nowitzki davon noch etwas hätte? Ich nicht.

These 1: Chicago hat ein Freilos ins Conference-Finale.

These 2: Weder die Lakers noch die Celtics kommen in die Finals.

These 3: Der Sieger aus OKC/DEN haut San Antonio raus.

These 4: Mike Bibby entscheidet über den (Miss)-Erfolg der Heat.

NBA: Ergebnisse und Spielplan der Playoffs