NBA

"Unmöglich, LeBron zu ersetzen"

Von Interview: Marcel Friederich
Shooting Star Kyrie Irving kommt bei den Cleveland Cavaliers die Rolle des Messias zu
© getty

Als potenzieller Nachfolger von LeBron James ist Kyrie Irving (20) einer großen Erwartungshaltung ausgesetzt. Doch der junge Point Guard der Cleveland Cavaliers hat die Erwartungen bislang sogar übertroffen. Im Interview mit SPOX verrät Irving, dass er sogar den Meistertitel im Visier hat.

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SPOX: Vergangene Saison erhielten Sie die Auszeichnung zum Rookie of the Year , diese Saison wurden Sie erstmals ins All-Star-Team berufen. Haben Sie schon realisieren können, dass Sie innerhalb weniger Monate zu einem absoluten Topspieler in der NBA aufgestiegen sind?

Kyrie Irving: Teilweise. Mein bisheriges Leben habe ich hart dafür gearbeitet, dass die Fans in der NBA irgendwann meinen Namen rufen. Ich habe an der Duke University unter Coach Mike Krzyzewski gespielt und stand damals schon sehr im Rampenlicht. Dass ich es nun tatsächlich zum NBA-Star geschafft habe, ist natürlich eine großartige Erfahrung. Als ich davon erfahren habe, dass ich All-Star bin, saß ich zuhause auf dem Sofa. Ich habe mich so sehr gefreut, dass ich sofort aufsprang und durch das ganze Haus getanzt bin.

SPOX: Beim All-Star Weekend in Houston gehörten sie zu den Gewinnern des Events. Sie gehörten zu den erfolgreichsten Spielern des All-Star Games und triumphierten auch beim Three-Point Contest.

Irving: In Houston ist für mich ein Traum wahr geworden. Die dortigen Events wurden allesamt im nationalen Fernsehen übertragen, die Experten haben von mir geschwärmt. Jetzt dürfte wohl jedes Kind in den USA meinen Namen kennen.

SPOX: Was hat sich im Vergleich zu Ihrer Rookie-Saison noch geändert?

Irving: Allen voran habe ich jetzt viel mehr Erfahrung, wie sich ein Point Guard in der NBA verhalten muss. Vergangene Saison habe ich Tempo ohne Ende gemacht, was manchmal vielleicht nicht so richtig war. Nun weiß ich, dass es hilfreich sein kann, ab und zu das Tempo zu verändern und zu drosseln. Dadurch kann ich das Spiel noch besser dirigieren. Außerdem habe ich mich in der Defense weiterentwickelt.

SPOX: Erfahrung ist also das A und O für einen Point Guard?

Irving: Absolut. Auf dieser Position trägt man unheimlich viel Verantwortung. Für einen jungen Spieler kann das durchaus schwierig sein, wenn der Druck zu groß wird. Von daher ist es für mich eine gute Situation, bei den Cavaliers zu spielen, wo die Erwartungshaltung derzeit nicht übermäßig hoch ist.

SPOX: Wie sehr schauen Sie auf andere Point Guards?

Irving: Jeden Tage schaue ich mir intensiv an, wie sich die Point Guards der Liga so schlagen. Ich finde es sehr wichtig, nicht mit Scheuklappen durch die Gegend zu laufen, sondern seine Kollegen auf derselben Position genau zu beobachten. Nur wenn man deren Spiel genau analysiert, kann man sich persönlich auch weiterentwickeln.

SPOX: Wer ist aus Ihrer Sicht der beste Point Guard der Liga?

Irving: Chris Paul von den Los Angeles Clippers. Er ist ein außergewöhnlicher Alleskönner: er verteilt Assists, er punktet, er reboundet, und er besitzt eine großartige Leader-Mentalität. Kein anderer Point Guard in der NBA kann solch ein Rundum-Paket vorweisen. Es gibt viele junge Point Guards in der Liga, die eine Menge Talent mitbringen. Zum Beispiel Damian Lillard oder Jrue Holiday. Doch Chris Paul ist für uns alle das Vorbild, wie ein perfekter Point Guard spielen sollte.

SPOX: Im vergangenen Sommer verbrachten Sie viele Sonderschichten im Kraftraum, um sich noch mehr Muskelmasse anzutrainieren. Hat sich das in dieser Saison ausgezahlt?

Irving: Leider ist das nicht so ganz aufgegangen. Zum Saisonstart hatte ich tatsächlich mehr Muskeln als je zuvor. Doch dann habe ich mir den linken Zeigefinger gebrochen, musste elf Spiele lang aussetzen - und habe zehn Pfund abgenommen. Kurz nach meiner Rückkehr habe ich es dann zustande gebracht, mir einen Kieferknochen zu brechen. Ich musste erneut langsam machen - und habe weitere fünf Pfund abgenommen. Was die Muskelmasse betrifft, bin ich somit wieder auf dem Stand von vergangener Saison.

SPOX: Geboren sind Sie in der australischen Metropole Melbourne, zogen jedoch im Alter von nur zwei Jahren nach New Jersey um. Weshalb?

Irving: Mein Vater spielte in Australien professionell Basketball. Nachdem sein Vertrag dort ausgelaufen war, wollte er zurück in die USA. Dort liegen die Ursprünge unserer Familie. Wenig später starb meine Mutter an einer Blutvergiftung. Daraufhin wurde ich von meinem Vater aufgezogen, unterstützt von meinen Tanten.

SPOX: Haben Sie darüber nachgedacht, für die australische Nationalmannschaft aufzulaufen?

Irving: Ja, das habe ich. Doch ich habe mich aus persönlichen Gründen für die USA entschieden. Zu diesem Land habe ich einen viel größeren Bezug.

SPOX: Bei den Cavaliers sind Sie in die Fußstapfen von LeBron James getreten. Wie schwierig war und ist es für Sie, als potenzieller Nachfolger von ihm angesehen zu werden?

Irving: In meiner Rookie-Sache war das echt schwierig und auch nervig. Andauernd bekam ich die Frage gestellt, ob und wie ich LeBron ersetzen kann. Doch ich selbst wollte ihn gar nicht ersetzen. Ich will einfach nur ich selbst sein. Ich glaube, es ist auch gar nicht möglich, so einen großartigen Athleten wie LeBron eins zu eins zu ersetzen. Entscheidend ist, dass die Fans wieder gerne in die Halle kommen und auch ohne LeBron optimistisch in die Zukunft blicken können.

SPOX: Die Playoffs werden Ihre Cavaliers allerdings auch diese Saison verpassen...

Iriving: Das ist leider richtig. Doch man muss sich nur mal unseren Kader anschauen. Bei uns stehen ausschließlich junge Leute in der Starting Five - Tyler Zeller, Dion Waiters, Tristan Thompson, Alonzo Gee und meine Wenigkeit. Zusammengerechnet haben wir weniger als zehn Profijahre Erfahrung. Wenn wir in dieser Formation zusammen bleiben, werden wir in wenigen Jahren ein ernsthafter Titelanwärter sein.

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