"Schröders Problem heißt Carroll"

Philipp DornheggeHaruka GruberFlorian Regelmann
22. Januar 201415:39
Ex-NBA-Profi Steve Smith (r.) diskutiert mit den Experten der Triangle Offensegetty
Werbung

Kann Devin Harris die Defensivprobleme der Mavericks beheben? Könnte Al Horfords Verletzung Dennis Schröder mehr Minuten bescheren? Entpuppen sich die Brooklyn Nets als Miamis Alptraum? Sollte DeMarcus Cousins zu All-Star-Ehren kommen? Und ist Kyrie Irving die Enttäuschung der Saison? Die SPOX-Redakteure Philipp Dornhegge, Florian Regelmann und Haruka Gruber diskutieren diese Fragen in der aktuellen Triangle Offense mit Ex-NBA-Profi Steve Smith.

SPOX

These: Devin Harris wird Dallas' Defensivprobleme lösen.

Haruka Gruber: Nicht lösen, aber zumindest etwas lindern. Monta Ellis und Jose Calderon sind vermutlich das am miesesten verteidigende Starting-Backcourt der NBA. Beide sind nicht besonders interessiert an der Defense, dazu ist der eine für seine Position zu klein (Ellis) und der andere für seine Position zu langsam (Calderon). Und als Backup zeigt Shane Larkin endlich erste Ansätze, aber mehr ist es nicht. Daher ist Harris ein Upgrade - zumindest ein kleiner. Shaun Livingston zeigt, dass ein vermeintlich überschätzter Point Guard trotz Verletzungen zurückkommen kann als wertvoller Rollenspieler. Zumal Harris auch offensiv mit seinem Drive etwas beiträgt. Von Ellis und Vince Carter abgesehen hatte Dallas keinen, der mal zum Korb zieht. Aber klar ist auch: Ein Devin Harris macht Dallas nicht plötzlich zum Defense-Überteam, dafür verteidigen die Mavs vor allem gegen die echten Topteams einfach zu schlecht: In den letzten 8 Spielen gegen Teams mit positiver Bilanz kassierten sie 117 Punkte im Schnitt! 117!

Florian Regelmann: Es kommt nicht häufig vor, aber ich muss dir zustimmen, Hari. Man kann es ja gar nicht schönreden: Offensiv macht es Spaß, Dallas zuzuschauen, aber ein Kern aus Calderon, Ellis und Nowitzki, der dann auch noch keinen Rim Protector hat, das ist schon absolut verheerend. Sobald es gegen die guten Teams geht, wird Dallas praktisch immer übelst fertig gemacht. Im Vergleich zu Calderon und Ellis ist Dirk nicht mal der schlechteste Teil dieses No-Defense-Trios. Calderon und Ellis können im Prinzip keinen Spieler in der NBA alleine stoppen. Die These, dass Harris da irgendwie großartig helfen kann, würde ich aber nicht unterschreiben. Der Harris, den ich in Erinnerung habe, war ein anständiger Verteidiger, aber er war nichts Besonderes in der Defense, auch weil er nicht mehr so schnell ist wie früher. Dazu kommt, dass die größten Defense-Probleme der Mavs die Pick'n'Roll- bzw. vor allem Pick'n'Pop-Situationen sind. Und sie geben unglaublich viele Second-Chance-Points nach Offensiv-Rebounds ab, weil außer DeJuan Blair niemand reboundet. Da kann ihnen Harris auch nicht helfen. Die Stats beweisen auch, dass Dallas gegen Spot-up-Shooter noch ganz okay aussieht in der Defense, aber gerade auf dem Gebiet war Harris in seiner Hawks-Zeit am schwächsten. Kurzum: Harris kann hier gar nichts lösen.

Devin Harris im Interview: "Bin froh, dass Dirk da ist"

Steve Smith: Also ich denke, dass Harris hier ein wenig zu schlecht wegkommt. Was er als Point Guard mit den Führungsqualitäten eines Veteranen wirklich tun wird, ist eine Menge Druck auf den Ball auszuüben. Er wird ganz klar defensiv Druck auf den gegnerischen Point Guard machen. Wir nennen das "cut off the head of the snake". Dabei ist es völlig egal, ob er von der Bank kommt, starten wird oder sogar zusammen mit Jose Calderon auf dem Feld stehen wird. Er wird richtig Druck machen. Mit seiner Schnelligkeit und seiner Spielweise wird er Dallas vor allem defensiv helfen, aber auch offensiv eine Hilfe sein. Harris kann scoren und beschäftigt so auch die gegnerische Defensive. Zudem ist er auch kein schlechter Rebounder und kann damit Fastbreaks initiieren. Seine Defense hilft dadurch auch offensiv.

Philipp Dornhegge: Ich bin voll bei Smitty und kehre gern noch mal zu Flos Ausführungen zurück: Harris ist kein überragender Verteidiger, aber ein ordentlicher. Und das allein ist schon ein Gewinn im Vergleich mit Calderon und Ellis. Die vielen Offensivrebounds kommen nicht nur dadurch zustande, dass Dalembert und Co. ihre Männer nicht ausboxen. So kommen auch und vor allem dadurch zustande, dass die Flügelspieler und Guards fast ohne Gegenwehr in die Zone kommen, wodurch die Big Men rotieren und ihre eigenen Männer verlassen. In den ersten Spielen hat man schon gesehen, dass Harris an den gegnerischen Pick'n'Rolls viel besser arbeitet als seine Guard-Kollegen - und er ist noch nicht mal richtig fit. Und er hat die Bereitschaft gezeigt, nach Rotationen unter den Korb zu gehen und sich beim Reboundkampf reinzuhängen. Da bringt er genug Erfahrung und Athletik mit, um zumindest den einen oder anderen Offensivrebound zu verhindern. Ich bin aber auch der Meinung, dass Larkin schon auf einem guten Weg ist, seine Defense ist nicht zu verachten.

These 1: Devin Harris wird Dallas' Defensivprobleme lösen

These 2: Al Horfords Verletzung ist Dennis Schröders Chance

These 3: Die Brooklyn Nets sind Miamis Angstgegner

These 4: DeMarcus Cousins muss ins All-Star-Team

These 5: Kyrie Irving ist die Enttäuschung der Saison

SPOX

These: Horfords Verletzung ist Schröders Chance.

Steve Smith: Das ist eigentlich im gesamten Profisport immer eine interessante Geschichte. Wenn sich jemand verletzt, muss man immer bereit sein. Ich erinnere mich an meine Zeit in San Antonio, als der junge Tony Parker gerade ins Team kam. Ich weiß jetzt nicht mehr genau, ob sich jemand verletzte, aber auf jeden Fall haben wir unsere Aufstellung geändert, Tony startete auf einmal und war fortan der Parker, den wir kennen. Damit will ich nicht sagen, dass Schröder schon soweit ist, wie Tony damals war, aber er ist ähnlich jung und wenn die Chance da ist, muss er bereit sein. Dann sieht man vielleicht einen anderen Dennis Schröder.

Bis zum 26. Januar: Teste jetzt den League Pass FOR FREE!

Florian Regelmann: Wie die Verletzung von Horford eine Chance für Schröder sein soll, ist mir ja absolut schleierhaft. Auch ohne Horford hat Mike Budenholzer überhaupt keinen Anlass, über eine Rotation nachzudenken, in der Schröder irgendeine Rolle spielen sollte. Es ist und bleibt so, dass Schröder an Shelvin Mack vorbeikommen müsste, um wieder signifikant Spielzeit zu bekommen. Und dieser Zug ist absolut abgefahren, wenn Mack so weitermacht. Man neigt ja zu sagen: "Was, er kommt nicht mal an Shelvin Mack vorbei? Wie schwach ist das denn?" Aber man muss schon mal festhalten, dass Mack eine richtig gute Saison als Backup-Point-Guard spielt, vor allem offensiv, und sich das Vertrauen von Budenholzer - im Gegensatz zu Schröder - verdient hat. Mack ist ein intelligenter Spieler, die Butler-Zeit unter Brad Stevens hat ihn geformt, er trifft gute Entscheidungen, hat mit das beste Assist-to-Turnover-Ratio der NBA - und er trifft den Dreier solide. Niemand von uns würde Schröder für ihn spielen lassen. Zumal Mack es sich auch deshalb verdient hat, weil er keinen einfachen Weg gehen musste in den letzten Jahren. Schröder muss in jedem Training Gas geben und geduldig auf seine Chance warten. Mehr ist nicht drin im Moment.

Haruka Gruber: Rechnerisch ist es auf jeden Fall eine Chance. Durch den Horford-Aufall werden fast 35 Einsatz-Minuten frei und die gehen nicht Eins-zu-eins an die primären Backups: Pero Antic, Elton Brand, Mike Scott, alle bekommen etwas ab, aber nicht die kompletten 35 Minuten. Dennoch wird's schwierig für Schröder - und das nicht nur, weil Mack ziemlich überzeugt. Sein "Problem" heißt DeMarre Carroll: Wer hätte das gedacht, aber er hat sich klammheimlich zu einem sehr ordentlichen Starting-Small-Forward gemausert und ist nicht wegzudenken aus der Rotation. Deswegen spielt Kyle Korver fast ausschließlich als Shooting Guard. Weil Carroll beim Nets-Spiel in London aus privaten Gründen gefehlt hat, konnte Korver auf die 3 rücken - und plötzlich bekam Schröder seine Minuten, weil die Guard-Rotation nur noch aus Jeff Teague, Lou Williams, Mack und ihm bestand. Doch solange Korver als Shooting Guard eingeplant ist, muss Schröder im direkten Duell Mack ausstechen, völlig unabhängig davon, ob sich Horford oder welcher Frontcourt-Spieler auch immer verletzt. Das Talent bringt Schröder zweifelsfrei mit, das deutete er gegen Nets an. Ich fand es auch vielversprechend, wie er im Spiel von den Turnovers abgesehen seine Leistung zeigte, obwohl in London extrem viel auf ihn eingeprasselt war mit PR-Terminen.

Philipp Dornhegge: Worauf diese These hinaus will, ist doch: Werden die Hawks nach dem Horford-Aus so einbrechen, dass die Playoffs bald kein Thema mehr sind? Dadurch könnte Mike Budenholzer an die nächste Saison und darüber hinaus denken und Dennis Schröder mehr Zeit geben, um Spielpraxis und wichtige Erfahrung zu sammeln. Denn obwohl Mack sehr ordentlich spielt und bei mir seit London eh ein Stein im Brett hat, ist er lang nicht so hoch veranlagt wie Schröder. Der hat ein besseres Ballhandling, bessere Athletik, bessere Anlagen in der Defense und so weiter und so fort. Er muss sich aber noch an das Tempo gewöhnen und abgeklärter werden, um seine teils haarsträubenden Ballverluste runterzuschrauben. Ich bin mir sicher: Langfristig planen die Hawks mit Schröder, mindestens als ersten Backup. Aber wie gesagt: Um diese Saison noch richtig zum Zug zu kommen, müsste Atlanta eben einbrechen. Fünf Niederlagen in den sechs Spielen vor Miami zeigten so ein bisschen die Tendenz an. Der Sieg über die Heat wiederum hat mich ziemlich schockiert.

These 1: Devin Harris wird Dallas' Defensivprobleme lösen

These 2: Al Horfords Verletzung ist Dennis Schröders Chance

These 3: Die Brooklyn Nets sind Miamis Angstgegner

These 4: DeMarcus Cousins muss ins All-Star-Team

These 5: Kyrie Irving ist die Enttäuschung der Saison

SPOX

These: Die Brooklyn Nets sind Miamis Angstgegner.

Florian Regelmann: Es wird Euch wenig überraschen, ich stimme dieser These absolut zu. Ich glaube immer noch an die Nets, spätestens seit ich den Sieg gegen die Heat gesehen habe. Denn da habe ich endlich mal gesehen, warum die Nets Kevin Garnett und Paul Pierce nach Brooklyn geholt haben. Um dabei zu helfen, gegen Miami den Unterschied auszumachen. Und sich nicht wie in der letzten Saison kampflos mehr oder weniger abschlachten zu lassen. Garnett und Pierce bringen genau die Toughness, die nötig ist gegen Miami. Und ich finde es schon bemerkenswert, wie sehr sich LeBron hat frustrieren lassen und nach einem harten, aber auch nicht so schlimmen Foul von Mirza Teletovic dermaßen ausgetickt ist. Auch dass er zum ersten Mal seit langer Zeit ausgefoult ist in dem Spiel, war kein Zufall. Die Nets können James frustrieren, auch in den Playoffs, das steht für mich fest. Selbst ohne Brook Lopez gefällt mir Brooklyns mögliche Rotation für eine Serie gegen Miami. Der ganz große Schlüssel ist die Gesundheit von Deron Williams, aber wenn D-Will fit ist, hast du neben ihm Joe Johnson, der in einem Viertel 22 Punkte einstreuen kann. Du hast Pierce und Garnett, die in den Playoffs bereit sein werden. Du hast einen Livingston, der gegen Miami ein Monster-Spiel gemacht hat. Einen Andrei Kirilenko, der wieder zurück ist. Teletovic hat sich gemausert, Alan Anderson ist ein guter Spieler, Andray Blatche ist immer für ein Double-Double gut, Jason Terry kann in den Playoffs große Würfe treffen. Brooklyn ist gefährlich für Miami.

Philipp Dornhegge: Es wird mit ziemlicher Sicherheit nicht passieren, aber ich finde die Idee, Deron Williams wie jetzt nach seinem Comeback dauerhaft von der Bank zu bringen, extrem charmant. Die Starting Five funktioniert aktuell auch deshalb so gut, weil sie mit Livingston so einen hervorragenden Floor General hat, der nicht scoren muss, um ein überragendes Spiel zu machen. Mit Johnson und Pierce gibt es ausreichend Scoring, Livingston gibt defensiv mehr Balance. Und eine zweite Fünf mit Williams, Kirilenko und Blatche? Puh, das ist schon ein gewaltiges Pfund. Ich hab nach dem fiesen Saisonstart ein bisschen die Euphorie verloren und bin nicht restlos überzeugt wie Du, Flo. Aber dass Brooklyn in einer ganz anderen Situation ist als zum Beispiel die Knicks, bei denen Besserung nicht in Sicht ist, das steht fest. Vielleicht gibt es in den Playoffs doch keinen Durchmarsch der Pacers und Heat in die Conference Finals, das kann man sich als neutraler Zuschauer nur wünschen. Und dass die Nets eine Truppe sind, die Miami Probleme machen kann, das hat man ja nicht erst einmal gesehen. Ich bin da bei Flo, mit Pierce und Garnett - plus Terry, der auch keine Angst vor LeBron und Co. hat, gerechtfertigt oder nicht - sind da genau die richtigen Leute dazu gekommen.

Steve Smith: Man muss ja nur an die Preseason zurückdenken. Wenn man da über Teams gesprochen hat, die den Miami Heat gefährlich werden könnten, fielen die Namen der Indiana Pacers und der Brooklyn Nets. Das waren die zwei Teams, die immer genannt wurden. Und das halte ich immer noch für möglich - aus einem einzigen Grund, den Flo und Phil auch schon angemerkt haben: Sie haben viele Veteranen im Team. Die können halt immer noch helfen. Natürlich kämpfen sie mit Verletzungen, aber wenn man Paul Pierce, Kevin Garnett und Jason Kidd als Trainer hat, dazu noch Deron Williams und Joe Johnson, dann hat man auch eine Chance. Weil diese Jungs wissen, wie es geht, und immer noch gewinnen wollen.

Haruka Gruber: Ich will nicht andauernd der Nets-Nörgler sein - aber mir immer noch ein Rätsel, warum Brooklyn so gehypt wird. 7 der letzten 8 Spiele zu gewinnen, darunter gegen OKC, Golden State und Miami, ist nicht schlecht. Aber überzeugt bin ich immer noch nicht. Die restlichen Siege gab es gegen Cleveland, zweimal gegen Atlanta und New York. Vor dem Streak setzte es 6 Niederlagen aus 7 Spielen, darunter gegen Washington, Philadelphia und Chicago. Davon abzuleiten, dass die Heat vor den Nets zittern müssten, ist doch weit hergeholt und geht mir zu schnell: Miami schenkt in der Regular Season ein paar Siege weg, aber als Team sind sie gefestigt und jeder weiß, was er zu tun hat. Das Nets-Team sieht nominell gut aus - aber steckt da so viel dahinter? Garnett ist tough, aber deutlich früher gealtert als Dirk oder Tim Duncan. Pierce wird wie Terry auch nicht mehr in einer 7-Spiele-Serie jede Nacht abliefern können. Bei D-Will muss man warten, bis er endlich mal fit ist. Joe Johnson war zuletzt stark, aber hatte davor 5 Spiele hintereinander ohne zweistellige Punktzahlen - typisch für ihn. Blatche ist genauso unzuverlässig. Anderson und Livingston sind nett - aber es sind Anderson und Livingston. Und davor soll Miami Angst haben?

These 1: Devin Harris wird Dallas' Defensivprobleme lösen

These 2: Al Horfords Verletzung ist Dennis Schröders Chance

These 3: Die Brooklyn Nets sind Miamis Angstgegner

These 4: DeMarcus Cousins muss ins All-Star-Team

These 5: Kyrie Irving ist die Enttäuschung der Saison

SPOX

These: DeMarcus Cousins muss ins All-Star-Team.

Philipp Dornhegge: Jetzt oute ich mich: Ich bin absoluter Boogie-Fan. Klar ist der Kerl irgendwie irre, aber das wird immer besser. Und grundsätzlich liebe ich Spieler, die nicht daherkommen wie Roboter, sondern sich auch mal lautstark aufregen, auch mal Mist bauen und grundsätzlich doch das Herz am richtigen Fleck haben. Ich habe in diesem Jahr schon viele Kings-Spiele gesehen, und es ist schon eine Veränderung bei Cousins zu beobachten. Mit dem neuen Besitzer-Manager-Trainer-Trio ist in Sacramento Ruhe eingekehrt, die Situation vorher war sicher nicht einfach mit dem ganzen Chaos. Das darf man bei der Bewertung der Spieler nicht vergessen. Mike Malone, das ist mein Gefühl, tut Cousins richtig gut. Das ist ein Coach mit einer klaren Ansprache, der klarmacht, wer das Sagen hat. Der seine Jungs aber auch immer ermuntert, nie öffentlich Kritik übt und einfach zu ihnen hält. Das hat nicht nur Cousins gebraucht, das hilft auch Leuten wie Isaiah Thomas, Derrick Williams oder Rudy Gay. Natürlich ist die Konkurrenz groß, ich zähle auf Anhieb 16 Spieler, die für sieben Positionen in Frage kämen. Aber wer eine Saison mit 23 Punkten, 11 Rebounds, 3 Assist, 2 Blocks und 1 Steal pro Partie absolviert, der gehört ins All-Star-Team. Ich hoffe sehr, dass die Coaches sich durchringen können, ihn unterzubringen. Zumal er auch vom Typ ein Gewinn für die Veranstaltung wäre - im Gegensatz auch zu Dirk Nowitzki, so sehr ich ihm eine weitere Nominierung gönnen würde.

SPOXspox

Steve Smith: Natürlich sind seine Zahlen gestiegen. Sie sind sogar absolut fantastisch. Allerdings sehe ich da auch ein Problem. Er spielt nun einmal in der Western Conference. In der Eastern Conference wäre das keine Sache, aber schaut man sich die von Dir angesprochenen Konkurrenten im Westen an: Dwight Howard, Tim Duncan, Blake Griffin, Kevin Love, LaMarcus Aldridge... die Liste kann man endlos fortsetzen. Das wird schon interessant sein zu sehen, wer da ausgewählt wird. Es geht halt nicht mehr nach Position, sondern nach Frontcourt und Backcourt, aber natürlich seine Zahlen sind richtig stark. Was er dieses Jahr leistet, ist phänomenal. Er hat den nächsten Schritt gemacht. Das ist bemerkenswert für jemanden, bei dem sich viele nicht sicher waren, wie gut er eigentlich ist. Ich ziehe meinen Hut vor ihm. Er spielt bislang eine fantastische Saison.

Florian Regelmann: Wer All-Star werden muss? LaMarcus Aldridge und Kevin Love sind eh klar als Reserves, aber dann heißt die Antwort im Westen David Lee. Und sicher nicht Cousins. In den letzten 15-20 Spielen hat keiner die Power-Forward-Position besser gespielt als Lee. Keiner. Da reicht ein Blick auf die Zahlen. Zum Beispiel seine 68-Prozent-Field-Goal-Quote beim überragenden 6-1-Roadtrip der Warriors. Wobei wir schon beim entscheidenden Punkt sind: Siege. Es muss - auch für die votierenden Coaches - eine ganz entscheidende Rolle spielen, dass sie für Spieler aus erfolgreichen Teams abstimmen. Und kein Team war so heiß wie die Warriors. Dass von Golden State im letzten Jahr nur Lee dabei war, und kein Steph Curry, war ein totaler Witz. Genauso lächerlich wäre es, wenn dieses Mal nur Curry dabei wäre. Die Warriors haben es verdient, dass sie zum ersten Mal seit 1993 - damals waren es Tim Hardaway und Chris Mullin - zwei Mann dabei haben. Lee spielt jetzt schon seit geraumer Zeit unglaublichen Basketball - seine Leistung beim Sieg in Miami war zum Beispiel der Wahnsinn - und hat einen riesigen Anteil am Erfolg der Warriors. Wenn Teams sich zu sehr auf Curry konzentrieren, werden sie von Lee gekillt. Er ist der perfekte Pick'n'Roll-Partner, er hat den Shooting-Touch aus der Mitteldistanz, er kann am Korb abschließen und hat immer auch die Court Vision, um offene Mitspieler zu finden. Es geht mir brutal auf die Nerven, dass Lee ständig angegriffen wird, nur weil es bessere Verteidiger gibt als ihn.

Dornhegge: Ich stimme Dir zu, dass ein zweiter Warriors-All-Star gerechtfertigt wäre. Aber dann müsste das aus meiner Sicht Andre Iguodala sein, und nicht Lee. Denn er ist es, der das ganze Gefüge des Teams zusammenhält, er ist der beste Verteidiger im Team und schießt plötzlich 43 Prozent von der Dreierlinie. Man muss sich mal anschauen, wie stark Golden State ist, wenn Curry, Iggy und Bogut im Lineup sind. Aus meiner Sicht überschätzt Du Lees Wert für die Warriors.

Andre Iguodalas Einfluss auf die Warriors

Haruka Gruber: Sorry Flo, aber ich muss Phil komplett zustimmen: Lee in allen Ehren - aber Golden State wird doch von Curry und Iggy getragen. Selbst bei Klay Thompson könnte man diskutieren, ob er nicht wichtiger oder gleich wichtig ist wie Lee. Zumal Flo über die Siegquote argumentiert, um Cousins zu disqualifizieren. Aber mit Platz 6 im Westen ist Golden State jetzt auch nicht die Übermannschaft, als ob deswegen Lee ein No-Brainer sein soll. Bei Cousins bin ich hin und her gerissen. Dass sie nur 36 Prozent der Spiele gewinnen, schadet natürlich. Andererseits weist Anthony Davis mit den Pelicans oder Kyrie Irving mit den Cavs eine fast genauso miese Bilanz auf. Und individualstatistisch gibt es keinen Zweifel, dass Cousins ein würdiger All-Star wäre. 23,2 Punkte und 11,8 Rebounds sind schon stark, aber 1,8 Steals und für einen Center gute 2,9 Assists zeigen, wie facettenreich er ist. Wenn für das West-Team Old-School-mäßig zwei klassische Center nominiert werden würden, muss Cousins neben Howard mit nach New Orleans. Wenn aber vor allem Power Forward oder nur Teilzeit-Center nominiert werden, wird's eng: Kevin Love, LaMarcus Aldrdige sind gesetzt, dazu Davis, Bake Griffin, Dirk Nowitzki, eventuell Lee, Tim Duncan...

These 1: Devin Harris wird Dallas' Defensivprobleme lösen

These 2: Al Horfords Verletzung ist Dennis Schröders Chance

These 3: Die Brooklyn Nets sind Miamis Angstgegner

These 4: DeMarcus Cousins muss ins All-Star-Team

These 5: Kyrie Irving ist die Enttäuschung der Saison

SPOX

These: Kyrie Irving ist die Enttäuschung der Saison.

Steve Smith: Irving? Kyrie Irving? Nein, ich würde nicht sagen, dass er eine Enttäuschung ist - zumindest nicht, was seine persönliche Leistung angeht. Er hatte auch einige Verletzungen. Die Cavaliers erwarteten sicher von ihm, dass er ihnen mehr Spiele gewinnen würde, weil er ihr bester Spieler ist, aber ich würde nicht sagen, dass er die größte Enttäuschung ist. Die Saison ist immer noch jung. Er hat nicht immer schlecht gespielt, aber auch nicht immer gut und hatte ein paar Wehwehchen.

Florian Regelmann: Ich würde ebenso wenig von Enttäuschung sprechen wollen wie Smitty, das ist mir zu hart. Nein, die größte Enttäuschung der Saison und überhaupt der NBA ist J.R. Smith. Es ist ja nicht so, als wäre Smith talentfrei, Sixth Man of the Year wird man auch nicht umsonst. Aber was geht bei dem im Kopf ab? Die Aktion zuletzt mit den Schnürsenkeln: Wie dämlich kann ein Mensch alleine sein? Und der Typ rafft es ja auch einfach nicht. Die Knicks tragen eine Mitschuld an dem ganzen Desaster, weil sie in der Vergangenheit nie Konsequenzen gezogen, sondern bei einem neuen Smith-Kapitel nur mit der Schulter gezuckt haben. Als er zum dritten Mal positiv auf Marihuana getestet und fünf Spiele gesperrt wurde, was war seine Bestrafung? Er verlor kurzzeitig die Chance auf den Starting-Job. Wow. Und immer wurde erzählt, wie wichtig er für das Team doch sei. So kann er es auch nicht kapieren. Und wenn man sich seine Zahlen anschaut: 37 Prozent aus dem Feld, 34 Prozent von Downtown und 60 Prozent von der Linie. Und dann beschwert er sich angeblich über zu wenig Spielzeit? Einfach unfassbar, der Typ. Wie gut die Knicks ohne ihn spielen können, hat der Sieg gegen Miami gezeigt. Wenn ich sein Coach wäre, würde ich ihn hassen. Ich glaube ja auch, dass Mike Woodson ihn hasst.

Haruka Gruber: Will Dir nicht schon wieder widersprechen, Flo, aber mache es dennoch: Hast du etwas anderes von Smith erwartet? Nach allem, was in den letzten Jahren passiert ist, von der kurzen Alibi-Pass-First-Phase letzte Saison mal abgesehen? Nein, bei Smith ist es zu erwartbar gewesen, als ob er die größte Enttäuschung sein könnte. Daher ist Irving nicht so weit hergeholt. Er hat den Anspruch, the next big thing zu sein, und lässt sich so inszenieren. Allerdings erinnert er mehr an John Wall als an Chris Paul: Recht gute Stats, aber kein Team-Erfolg und vor allem kein Vorangehen als echter Superstar. Aber meine größte Enttäuschung ist ein anderer Spieler, der ebenfalls 2011 gedraftet wurde: Jonas Valanciunas. Nach der mittelmäßigen Rookie-Saison erfolgte sogar ein Rückschritt. Ich weiß, es ist erst seine Sophomore-Season und er 21 Jahre alt. Aber dafür, dass Toronto ihn als einzigen Spieler als untradebale bezeichnet hatte, muss man mehr erwarten.

Philipp Dornhegge: Zurück zu Irving: Die größte Angriffsfläche hat der Junge ja bisher mit seiner Defense geboten. Und da habe ich in letzter Zeit schon eine Verbesserung gesehen. Er ist nicht frei von Fehlern, aber zumindest ist die Einstellung eine ganz andere als früher. Jetzt ist es aber aus meiner Sicht die Offense, die man ansprechen muss. Er ist immer noch fast ein reiner - wenn auch faszinierender - Eins-gegen-Eins-Spieler - der es bislang nicht versteht, das Spiel seiner Mannschaft zu lenken und seine Mitspieler anzuleiten und besser zu machen. Das ist für einen Point Guard, der zu den besten der Liga gehören will, einfach zu wenig. Da sind ihm auch Scorer wie Russell Westbrook, Derrick Rose oder Steph Curry weit voraus. Dazu kommt, dass er jetzt im dritten Jahr ist und die Cavs als Mannschaft im Prinzip kein Stück besser geworden sind. Und das nicht nur von der Bilanz her, sondern auch spielerisch. Da muss sich ein Franchise Player einfach auch selbst in die Verantwortung nehmen. Ich tu aber nicht nur das, sondern haue einmal mehr auf Cavs an sich drauf. Da gibt es einfach keine erkennbare Philosophie, Brown ist als Head Coach aus meiner Sicht überfordert, vor allem was die Offense angeht. Und dass es da keine Kultur des Gewinnenwollens gibt - da können die Chefs so oft von Playoffs reden, wie sie wollen -, hat immer wieder zur Konsequenz, dass die Spieler ganze Halbzeiten verpennen und einfach nicht bereit sind, immer alles zu geben. Kurzum: Irvings mangelnde Entwicklung ist schon enttäuschend, es ist aber nicht allein seine Schuld.

These 1: Devin Harris wird Dallas' Defensivprobleme lösen

These 2: Al Horfords Verletzung ist Dennis Schröders Chance

These 3: Die Brooklyn Nets sind Miamis Angstgegner

These 4: DeMarcus Cousins muss ins All-Star-Team

These 5: Kyrie Irving ist die Enttäuschung der Saison

Der Spielplan der NBA-Saison 2013/2014