NBA

"Schröders Problem heißt Carroll"

Von Philipp Dornhegge, Haruka Gruber und Florian Regelmann
Ex-NBA-Profi Steve Smith (r.) diskutiert mit den Experten der Triangle Offense
© getty
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These: Kyrie Irving ist die Enttäuschung der Saison.

Steve Smith: Irving? Kyrie Irving? Nein, ich würde nicht sagen, dass er eine Enttäuschung ist - zumindest nicht, was seine persönliche Leistung angeht. Er hatte auch einige Verletzungen. Die Cavaliers erwarteten sicher von ihm, dass er ihnen mehr Spiele gewinnen würde, weil er ihr bester Spieler ist, aber ich würde nicht sagen, dass er die größte Enttäuschung ist. Die Saison ist immer noch jung. Er hat nicht immer schlecht gespielt, aber auch nicht immer gut und hatte ein paar Wehwehchen.

Florian Regelmann: Ich würde ebenso wenig von Enttäuschung sprechen wollen wie Smitty, das ist mir zu hart. Nein, die größte Enttäuschung der Saison und überhaupt der NBA ist J.R. Smith. Es ist ja nicht so, als wäre Smith talentfrei, Sixth Man of the Year wird man auch nicht umsonst. Aber was geht bei dem im Kopf ab? Die Aktion zuletzt mit den Schnürsenkeln: Wie dämlich kann ein Mensch alleine sein? Und der Typ rafft es ja auch einfach nicht. Die Knicks tragen eine Mitschuld an dem ganzen Desaster, weil sie in der Vergangenheit nie Konsequenzen gezogen, sondern bei einem neuen Smith-Kapitel nur mit der Schulter gezuckt haben. Als er zum dritten Mal positiv auf Marihuana getestet und fünf Spiele gesperrt wurde, was war seine Bestrafung? Er verlor kurzzeitig die Chance auf den Starting-Job. Wow. Und immer wurde erzählt, wie wichtig er für das Team doch sei. So kann er es auch nicht kapieren. Und wenn man sich seine Zahlen anschaut: 37 Prozent aus dem Feld, 34 Prozent von Downtown und 60 Prozent von der Linie. Und dann beschwert er sich angeblich über zu wenig Spielzeit? Einfach unfassbar, der Typ. Wie gut die Knicks ohne ihn spielen können, hat der Sieg gegen Miami gezeigt. Wenn ich sein Coach wäre, würde ich ihn hassen. Ich glaube ja auch, dass Mike Woodson ihn hasst.

Haruka Gruber: Will Dir nicht schon wieder widersprechen, Flo, aber mache es dennoch: Hast du etwas anderes von Smith erwartet? Nach allem, was in den letzten Jahren passiert ist, von der kurzen Alibi-Pass-First-Phase letzte Saison mal abgesehen? Nein, bei Smith ist es zu erwartbar gewesen, als ob er die größte Enttäuschung sein könnte. Daher ist Irving nicht so weit hergeholt. Er hat den Anspruch, the next big thing zu sein, und lässt sich so inszenieren. Allerdings erinnert er mehr an John Wall als an Chris Paul: Recht gute Stats, aber kein Team-Erfolg und vor allem kein Vorangehen als echter Superstar. Aber meine größte Enttäuschung ist ein anderer Spieler, der ebenfalls 2011 gedraftet wurde: Jonas Valanciunas. Nach der mittelmäßigen Rookie-Saison erfolgte sogar ein Rückschritt. Ich weiß, es ist erst seine Sophomore-Season und er 21 Jahre alt. Aber dafür, dass Toronto ihn als einzigen Spieler als untradebale bezeichnet hatte, muss man mehr erwarten.

Philipp Dornhegge: Zurück zu Irving: Die größte Angriffsfläche hat der Junge ja bisher mit seiner Defense geboten. Und da habe ich in letzter Zeit schon eine Verbesserung gesehen. Er ist nicht frei von Fehlern, aber zumindest ist die Einstellung eine ganz andere als früher. Jetzt ist es aber aus meiner Sicht die Offense, die man ansprechen muss. Er ist immer noch fast ein reiner - wenn auch faszinierender - Eins-gegen-Eins-Spieler - der es bislang nicht versteht, das Spiel seiner Mannschaft zu lenken und seine Mitspieler anzuleiten und besser zu machen. Das ist für einen Point Guard, der zu den besten der Liga gehören will, einfach zu wenig. Da sind ihm auch Scorer wie Russell Westbrook, Derrick Rose oder Steph Curry weit voraus. Dazu kommt, dass er jetzt im dritten Jahr ist und die Cavs als Mannschaft im Prinzip kein Stück besser geworden sind. Und das nicht nur von der Bilanz her, sondern auch spielerisch. Da muss sich ein Franchise Player einfach auch selbst in die Verantwortung nehmen. Ich tu aber nicht nur das, sondern haue einmal mehr auf Cavs an sich drauf. Da gibt es einfach keine erkennbare Philosophie, Brown ist als Head Coach aus meiner Sicht überfordert, vor allem was die Offense angeht. Und dass es da keine Kultur des Gewinnenwollens gibt - da können die Chefs so oft von Playoffs reden, wie sie wollen -, hat immer wieder zur Konsequenz, dass die Spieler ganze Halbzeiten verpennen und einfach nicht bereit sind, immer alles zu geben. Kurzum: Irvings mangelnde Entwicklung ist schon enttäuschend, es ist aber nicht allein seine Schuld.

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