NBA

David Stern: 30 Jahre als Commissioner - Das Gesicht der NBA tritt ab

Von Ole Frerks / Max Marbeiter
30 Jahre lang prägte David Stern die NBA. Am 1. Februar tritt sein Nachfolger an
© getty

Am 31. Januar geht David Stern in den Ruhestand. Er hinterlässt eine Liga, die fast nichts mehr mit der NBA zu tun hat, die er vor 30 Jahren übernommen hat. Ein Blick auf die wichtigsten Entscheidungen, Wandel und Kontroversen, die sich in der Ära des größten Commissioners aller Zeiten zugetragen haben.

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Draft: Die Ära David Stern begann mit dem Draft 1984. Er sollte eine neue Zeitrechnung in der Liga einleiten - nicht nur wegen Stern, sondern aufgrund der Spieler. Schließlich kamen an diesem Tag Hakeem Olajuwon, John Stockton, Charles Barkley und - allen voran - das spätere Zugpferd der Liga, ein gewisser Michael Jeffrey Jordan, in die NBA.

Für Stern wurde es am Draft-Day in der Folge zur Tradition, nach Kräften ausgebuht zu werden. Er zelebrierte diese Rolle als vermeintlicher Bösewicht, gewöhnte sich ein maliziöses Lächeln an und machte den Abend immer wieder zum Highlight der Offseason.

Wie sehr er diese Rolle genoss, wurde beim Draft 2013, dem letzten seiner Ägide, noch einmal mehr als deutlich. Er sog die Buhrufe ein, streute zwischen Draftpicks immer wieder besonders lange Pausen ein und stachelte das Publikum sogar noch an: "Ich kann euch nicht hören!"

Besagter Draft fand für Stern indes noch ein versöhnliches Ende. Nachdem alle Picks verlesen wurden, kam mit Olajuwon noch einmal der erste Spieler aufs Podium, den Stern jemals in der NBA begrüßen durfte. In einem Anzug, "der aussah wie der, den er vor 30 Jahren getragen hat", kommentierte Stern. In einem etwas ernsteren Moment gab er später zu, dass dies ein "sehr, sehr bedeutender Moment für mich" war.

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TV-Deals: Als Stern zum Commissioner wurde, hatte die Liga nur wenig Strahlkraft in der amerikanischen Sportlandschaft. Die Leute sahen lieber Football, Baseball oder sogar College-Basketball als die NBA, die in den Augen der Mehrheit eine Ansammlung von drogensüchtigen Millionären war.

Als Magic Johnson 1980 in Spiel 6 der Finals für den verletzten Kareem Abdul-Jabbar als Center einspringen musste und mit 42-15-7 ein Spiel für die Ewigkeit ablieferte, lief das nicht etwa live im Fernsehen. Es wurde zeitversetzt ausgestrahlt. Immerhin. Diverse Spiele der Playoffs und auch einige Finals-Spiele der 70er und frühen 80er wurden überhaupt nicht gezeigt...

Mal ehrlich: Kann sich heute noch irgendjemand vorstellen, dass Michael Jordans letztes Spiel als Bull in den 98er Finals oder die 2011er Championship der Mavericks nicht einmal in Amerika live zu sehen gewesen wären?

Stern schaffte es - natürlich mit Hilfe der etablierten Stars Magic und Larry Bird sowie dem elektrisierenden Rookie Jordan - die Liga Schritt für Schritt nach vorne zu bringen. Natürlich hatte er Glück, zu genau dieser Zeit ans Ruder zu kommen, allerdings sind sich die Experten einig, dass Stern das Schiff in dieser Zeit meisterhaft gesteuert hat.

Zur Einordnung: 1984 unterschrieb die Liga einen Vertrag mit TBS über zwei Jahre und 20 Millionen Dollar für die Übertragungsrechte. Der aktuelle Deal mit TNT, ABC und ESPN bringt der Liga über acht Jahre 7,44 Milliarden ein. Die Spiele sind in 215 Ländern der Welt live zu sehen.

"Ich hätte nicht arrogant genug sein können, um mit sowas zu rechnen oder auch nur darauf zu hoffen", sagt Stern heute. "Damals ging es nur ums Alltagsgeschäft, darum, sich über Wasser zu halten."

Drogentests: Die geringe Popularität der Liga hing Ende der 70er, Anfang der 80er entscheidend mit ihrem Image zusammen. Die NBA bestand aus überbezahlten Ghettokindern mit Drogenproblem, so war in etwa die Wahrnehmung der Öffentlichkeit zu dieser Zeit.

In den 70ern breitete sich eine wahrhafte Kokain-Epidemie aus und zerstörte die vielversprechenden Karrieren von Spielern wie Michael Ray Richardson, David Thompson, Bernard King und natürlich Marvin "Bad News" Barnes. Schätzungen besagten damals, dass "mindestens die Hälfte" der Spieler regelmäßig weißes Puder konsumierte. Zwar besteht Stern darauf, dass diese Zahlen völlig überzogen waren, trotzdem erkannte die Liga, dass sie handeln musste.

Und so wurde die NBA zur ersten professionellen Liga in Amerika, die regelmäßig Drogentests durchführte, betroffenen Akteuren Entzugsprogramme anbot und sie bei wiederholten Vergehen sperrte. Eine Handlung, die für das Image der Liga von entscheidender Bedeutung war, auch wenn es für Stern "mit das Schlimmste war, jemandem das Spielen zu untersagen, weil er Drogen genommen hatte", wie er selbst sagt.

Globalisierung: Am Anfang hielt Stern noch nicht viel von der Idee, statt den besten College-Spielern die besten Profis zu Olympischen Spielen zu schicken. Allerdings erkannte er, ganz der Geschäftsmann, mit der Zeit das Potenzial für seine Liga, die besten Spieler auf der größtmöglichen Sportbühne auflaufen zu lassen, und willigte ein.

1989 half er dabei, "USA Basketball" zu formieren, und legte damit einen Grundstein für das beste Basketball-Team der Geschichte. Als das "Dream Team" um Jordan, Bird und Magic 1992 Barcelona und den Rest der Welt verzauberte, löste das einen Basketball-Boom aus, den die Welt so noch nicht gesehen hatte.

Stern erkannte spätestens damals die Marketing-Möglichkeiten auf den internationalen Märkten und trieb in der Folge Programme wie die Global Games oder Freundschaftsspiele auf fremdem Boden an, zudem denkt er seit Jahren offen über die Möglichkeit nach, eine NBA-Franchise in Europa zu positionieren. 1995 kamen mit den Vancouver Grizzlies und den Toronto Raptors immerhin zwei Teams aus Kanada hinzu.

Kämpfe: In den 70ern waren Prügeleien in der Liga noch Usus. Die sogenannten Enforcer, also die harten Jungs, die die Schläge austeilten, wurden sogar gewissermaßen glorifiziert. Vieles, aber längst nicht alles, änderte sich mit einer Aktion, die als "The Punch" in die Geschichte einging und bei der Rudy Tomjanovich durch einen Schlag von Kermit Washington beinahe gestorben wäre.

Stern, der schon seit 1966 als externer Berater und ab '78 als Angestellter für die Liga arbeitete, setzte sich dafür ein, die brutale Komponente aus dem Spiel zu nehmen. Allerdings dauerte es letztendlich bis 1993, dass eine automatische Sperre ausgesprochen wurde, wenn die Spieler während der Partie einen Schlag austeilten. Eine Tatsache, die er heute bereut.

Malice at the Palace: Der schwärzeste Tag in seinen 30 Jahren als Commissioner, wie Stern selbst sagt. Es ist der 19. November 2004, die Indiana Pacers sind bei den Detroit Pistons zu Gast. Aus einer Rangelei zwischen Ron Artest und Ben Wallace entwickelt sich ein Tumult, in dem Fans und Spieler gleichermaßen austeilen und einstecken.

Der schlimmste Alptraum für Stern, der eine faire, familienfreundliche Liga haben will. Mit drakonischen Strafen setzt er ein Zeichen: Artest wird für den Rest der Saison aus dem Verkehr gezogen, insgesamt werden 146 Spiele Sperre auf neun Spieler verteilt.

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