NBA

"Einige Jungs sind richtige Monster"

Von Interview: Thorsten Schmidt
Jonas Valanciunas gilt schon seit Jahren als eines der größten Center-Talente der Welt
© getty
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SPOX: Und 1992 feierte die litauische Nationalmannschaft den vielleicht größten Erfolg ihrer Geschichte...

Valanciunas: Genau, die Bronzemedaille bei den Olympischen Spielen in Barcelona! Wenn man an Olympia in Barcelona denkt, kommt vielen zwar erst das US-Dream-Team in den Sinn. Sportlich war das auch ein riesiges Highlight. Aber gesellschaftlich und politisch war Bronze für Litauen bedeutender. Denn im Spiel um Platz drei haben wir ausgerechnet gegen Russland gewonnen. Das hat die Menschen in Litauen über so viel Schmerz hinweggetröstet, den sie jahrzehntelang zuvor erleiden mussten.

SPOX: Über diese Geschichte gibt es doch sogar einen Kinofilm...

Valanciunas: Ja, er heißt "The Other Dream Team" und wurde 2012 veröffentlicht. Ich spiele da sogar mit! Vergangenes Jahr wurde der Film auch bei uns in Toronto gezeigt.

SPOX: Welche Rolle haben Sie im Film übernommen?

Valanciunas: Meine persönliche Geschichte wurde in den Film integriert.

SPOX: Das heißt, Sie spielten Jonas Valanciunas?

Valanciunas: Genau. (lacht)

SPOX: Nach Ihrer Basketball-Karriere werden Sie also Filmstar?

Valanciunas: Ich glaube, im Basketball bin ich definitiv talentierter. Aber ich bin ja erst 22 und habe noch ein paar Jahre Basketball vor mir. Ich habe mir noch keine Gedanken gemacht, was ich danach machen werde.

SPOX: Sie selbst sind im Mai 1992 geboren. Wie haben Sie sich über die Geschichte Ihres Heimatlandes informiert?

Valanciunas: Als Litauer kommt man da nicht vorbei. Die Unabhängigkeit ist das entscheidende Ereignis in unserer jüngeren Geschichte. Es gibt eine riesengroße Menge Filme, Bücher und Artikel darüber.

SPOX: Ist Arvydas Sabonis Ihr großes Idol?

Valanciunas: Ja, das ist er. Er ist die größte Basketball-Persönlichkeit, die wir in Litauen jemals hatten. Ich würde sogar sagen: Sabonis ist das Idol von allen litauischen Basketballern.

SPOX: Sabonis gehörte zur Olympia-Auswahl 1992 und spielte von 1995 bis 2003 in der NBA bei den Portland Trail Blazers. Wie haben Sie seine Karriere verfolgt?

Valanciunas: Als kleines Kind habe ich mir viele Videoclips von ihm angeschaut. Ich habe darauf geachtet, wie er sich bewegt, wie er wirft und wie er die Bälle verteilt. Davon habe ich mir vieles abgeschaut.

SPOX: Kennen Sie ihn persönlich?

Valanciunas: Ja. Obwohl er kürzlich einen Herzinfarkt hatte, engagiert er sich im litauischen Basketball-Verband. Deshalb haben wir uns schon ein paar Mal getroffen. Er gab mir sogar einige Ratschläge, wie ich Kleinigkeiten auf dem Spielfeld verbessern kann.

SPOX: Wann haben Sie angefangen, Basketball zu spielen?

Valanciunas: Mit neun Jahren. Meine Mutter brachte mich damals in eine kleine Basketball-Schule. Ich hatte zwar noch keine große Ahnung, wie man diesen Sport überhaupt spielt. Aber ich war damals schon ein langer Kerl, länger als alle anderen.

SPOX: Ihr großes Talent war früh erkennbar. Im Alter von 18 Jahren wechselten Sie 2010 zu den Profis von Lietuvos Rytas und blieben dort bis zum NBA-Draft im Sommer 2012. Verfolgen Sie Ihren Ex-Club noch immer?

Valanciunas: Sehr intensiv sogar. Viele meiner Kumpels spielen dort, mit ihnen unterhalte ich mich regelmäßig. Im Internet schaue ich mir die Highlights der Spiele an.

SPOX: Im März 2013 hatte der deutsche Coach Dirk Bauermann das Traineramt der Lietuvos Rytas übernommen. Allerdings wurde er im Dezember wegen Erfolglosigkeit in der Euroleague wieder gefeuert. Haben Ihre Kumpels erzählt, warum es mit Bauermann nicht rund gelaufen ist?

Valanciunas: Das ist nicht meine Baustelle, dazu möchte ich mich nicht äußern.

SPOX: Welchen Stellenwert hat Lietuvos Rytas in Litauen?

Valanciunas: Einen sehr großen, gemeinsam mit Zalgiris Kaunas. Die sportliche Distanz zu den anderen Clubs in Litauen ist groß. Meist streiten sich diese beiden Teams um den Titel. Da gibt es immer große Kämpfe. Die Rivalität ist groß. Die Lietuvos Rytas sind schließlich in der Hauptstadt Vilnius beheimatet, Zalgiris eben in Kaunas, der zweitgrößten Stadt des Landes.

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SPOX: Zurück zu Ihrer Karriere: Sie durchliefen alle Jugend-Nationalmannschaften. Und gewannen mit der litauischen U 16, U 18 und U 19 jeweils Gold bei internationalen Turnieren.

Valanciunas: An diese Titel werde ich mich immer zurückerinnern. Das sind bislang die schönsten Momente meiner Basketball-Karriere gewesen. Für dein Heimatland Titel zu gewinnen, das ist etwas Traumhaftes.

SPOX: Zuletzt gab es Silber bei der EM 2013 in Slowenien - Ihre erste Medaille mit der A-Nationalmannschaft. Was ist bei der WM 2014 in Spanien möglich?

Valanciunas: Die aktuelle Generation ist so stark, dass wir vielleicht sogar Weltklasse-Teams wie den USA oder Gastgeber Spanien gefährlich werden können. Wir haben nämlich eine ganze Menge Talente, das bin nicht nur ich. Sondern zum Beispiel auch Donatas Motiejunas, der bei den Houston Rockets spielt. Wie gesagt: Basketball ist in Litauen Nationalsport. Fast jedes Kind spielt Basketball. Deshalb gibt es eine große Auswahl talentierter Spieler.

SPOX: Werden Sie bei der WM in Spanien trotz der guten Playoff-Aussichten dabei sein?

Valanciunas: Wenn mich der Coach nominiert, werde ich dabei sein.

SPOX: Ihren ersten Auftritt in der Nationalmannschaft hatten Sie 2011 bei der heimischen EM in Litauen. Trotz riesengroßer Euphorie verlor Ihr Team im Viertelfinale gegen Mazedonien...

Valanciunas: Das war eine große Enttäuschung. Die Erinnerungen daran habe ich inzwischen verdrängt.

SPOX: Trotz Ihrer erst 22 Jahre haben Sie schon viel erlebt. 2012 haben Sie auch schon bei den Olympischen Spielen in London teilgenommen. Wie lauten Ihre Karriereziele?

Valanciunas: Ich möchte in meiner Karriere so viele Titel wie möglich gewinnen. Allen voran die Meisterschaft in der NBA sowie Gold bei Olympia. Ich sage mir immer: The sky is the limit!

SPOX: Sie haben ein Kreuz in Ihrem Spind hängen. Sind Sie ein religiöser Mensch?

Valanciunas: Ja. Das Kreuz hilft mir, trotz der großen Distanz zur Heimat stark zu bleiben. Viele Menschen in Litauen sind religiös. Das hat mit der langen sowjetischen Unterdrückung zu tun.

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Jonas Valanciunas im Steckbrief