Acht Sekunden sind noch zu spielen. Sieben. Sechs. Kyle Korver löst sich, stellt den Block. 5 Sekunden. Dennis Schröder nutzt den Pick seines Teamkollegen. Vier. Schröder zieht an Joakim Noah vorbei. Drei. Der Playmaker geht zum Layup hoch. Zwei Sekunden. Der Ball fällt durch die Reuse, die Hawks führen mit zwei. Dank Dennis Schröder, dem Sophomore.
Gut, kurz darauf entscheidet Jimmy Butlers Dreier mit dem Buzzer das Spiel zugunsten der Bulls, zudem sprechen wir gerade über ein Spiel aus der Preseason, das noch dazu ohne Atlantas Starting Point Guard Jeff Teague stattfand - und dennoch: Als die Partie in den finalen Sekunden noch nicht entschieden war, legten die Hawks, legte Coach Mike Budenholzer den Ball in die Hände von Dennis Schröder.
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Selbstverständlich ist das nicht. Schließlich glänzte der Deutsche während seiner Rookie-Saison nicht gerade durch Konstanz, Ruhe oder Sicherheit. Die in ihn gestellten Erwartungen konnte er jedenfalls nicht erfüllen. Nach solidem Beginn stand er vergangene Saison im Schnitt lediglich 13,1 Minuten auf dem Parkett, offenbarte dabei Probleme mit seinem Wurf (38,3 Prozent FG, 23,8 Prozent 3FG, 3,7 Punkte) und legte die schwächste Turnover Ratio aller Point Guards auf (16,9). 1,2 Ballverluste leistete sich Schröder pro Spiel. Bei lediglich 1,9 Assists.
Erst Tiefschlag, dann kein Rhythmus
Kurz: Schröder fand keinen Rhythmus. Nachdem er zu Saisonbeginn aufgrund eines Tiefschlags gegen DeMarcus Cousins für ein Spiel suspendiert worden war, kürzte Mike Budenholzer die Spielzeit seines Rookies. Mit ein Grund für all die Probleme, wie Schröder betont. "Ich bin tatsächlich ein wenig aus dem Rhythmus gekommen", erklärt er während eines Interviews mit der "Süddeutschen Zeitung. "Danach hatte ich zwei Spiele, die nicht so gut waren." Und als Rookie könne man sich in der NBA nun mal nicht viel erlauben.
Schröder musste sich Kritik gefallen lassen. Dass die in ihn gesetzten Erwartungen - auch von Medienseite - vielleicht ein wenig zu hoch gewesen sein könnten, zogen die wenigsten in Betracht. Einige sprachen dem Point Guard direkt die NBA-Tauglichkeit ab. Oft wurde dabei vergessen, dass Schröder mit gerade einmal 19 Jahren den Sprung in die beste Liga der Welt gewagt hatte. Dass die Umstellung in jungen Jahren speziell für einen Point Guard immens schwierig ist.
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Als Schröder dann auch noch für sechs Spiele für das D-League-Team der Hawks, die Bakersfield Jam, auflief, war mitunter von endgültigem Scheitern die Rede. Nachträgliche Unterstützung erhielt Schröder kürzlich allerdings von einem, der einst selbst in jungen Jahren aus Deutschland in die NBA wechselte, keinen Einstand nach Maß gab, sich seither allerdings bestens entwickelt hat: Dirk Nowitzki.
Unterstützung durch Nowitzki
"Es ist normal, dass man im ersten Jahr auch mal eine schwierige Phase durchmacht", erklärt der Champ von 2011 im SPOX-Interview und entkräftet gleichzeitig Spekulationen über eine Degradierung. "Ich denke, gerade die D-League war für ihn wichtig. Man kann nicht immer nur trainieren, man muss auch spielen. Hätte es die D-League zu meiner Zeit gegeben, hätte ich dort sicherlich auch ein paar Spiele gemacht."
Ähnlich differenziert wie der 36-jährige Nowitzki beurteile der 20-jährige Schröder seine Lage damals freilich nicht. Er habe die Entscheidung der Hawks, ihn in die D-League zu schicken, zunächst schon als Degradierung aufgefasst, seine Teamkollegen hätten ihn dann allerdings beruhigt. "Sie haben gesagt, dass es ganz normal ist, dass ein junger Spieler mal ein paar Tage in die D-League geht, damit er spielt und seinen Rhythmus wieder findet", erklärte Schröder der "Süddeutschen Zeitung."
Nur fand er einfach keinen Rhythmus. Auch nach seiner Rückkehr aus Bakersfield spielte Schröder wenig. Stand er einmal auf dem Court, wurden ihm seine Turnover zum Verhängnis. Teilweise nahm Mike Budenholzer seinen Playmaker nach dessen Einwechslung schnell wieder vom Feld, wenn der den Ball mal wieder leichtfertig hergeschenkt hatte.
Je länger die Saison dauerte, desto weniger Einsatzzeit fand der Coach für Schröder. Die Hawks wollten unbedingt in die Playoffs, da blieb keine Zeit, einem Rookie Fehler zuzugestehen. In der Postseason stand der Deutsche lediglich in zwei Spielen auf dem Parkett, ansonsten sah er zu, wie seine Hawks knapp an den Indiana Pacers scheiterten.
Saison vorbei, zurück auf Anfang
Die Saison war vorbei. Zeit, von vorne zu beginnen. Zeit für die Summer League, die Schröder bereits vor seiner Rookie-Saison absolviert hatte. Als Sophomore war er dort jedoch plötzlich nicht mehr der Neue, Schröder war der Erfahrene, sollte das Team führen - und tat dies auch. 15,7 Punkte, 4,9 mehr als im Vorjahr, gelangen dem Deutschen beim Turnier in Las Vegas, dazu 3,3 Assists.
Zwar bereitete ihm die Nachlässigkeit mit dem Spalding mitunter immer noch Probleme (4,5 Turnover in der Summer League), doch Schröder wirkte reifer. Genug gesehen hatten die Hawks allerdings noch nicht. Um die Entwicklung des Playmakers beim DBB-Team genauestens verfolgen zu können, schickten sie Scout Jeff Peterson nach Europa. Dort sollte er die Leistungen des Deutschen bei der Nationalmannschaft genauer analysieren.
Leader-Rolle im DBB-Team
Und Peterson dürfte gefallen haben, was er sah. Denn Schröder übernahm Verantwortung. Schröder ging als Leader voran. Schröder führte das Team mit 15,3 Punkten und 5,3 Assists schlussendlich zur EuroBasket 2015. Auch seine Shooting-Probleme schien er in den Griff bekommen zu haben (57 Prozent FG).
"Jetzt hat er, wie ich damals, auch für die Nationalmannschaft gespielt. Wenn er dort eine Führungsrolle übernimmt", sagt auch Dirk Nowitzki, "bringt ich das vom Kopf und der gesamten Einstellung her weiter."
Inwieweit Schröder seine Leistungen von der Nationalmannschaft auch nach Atlanta transportieren kann, muss sich zeigen. Fakt ist, dass er sich langsam in der NBA akklimatisieren muss, dass die Turnover-Orgien seiner Rookie-Saison zusehends zum Relikt vergangener Tage verkommen müssen, dass sein Spiel an Effizienz gewinnen muss.
Seite 1: Probleme in der Rookie-Saison und positiver DBB-Sommer