Wurflos glücklich

David Schmitt
10. Dezember 201417:41
Kostas Papanikolaou wechselte im Sommer vom FC Barcelona zu den Houston Rocketsgetty
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Kostas Papanikoalou zählt zu den positiven Rookie-Überraschungen der Saison und hat sich einen festen Platz in der Rotation der Houston Rockets erarbeitet. Dabei bewahrheiteten sich die Befürchtungen einiger Experten. Eine alter Bekannter hilft jedoch.

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Saisonauftakt zur Saison 2014/15. Die Rockets führen Anfang des letzten Viertels deutlich gegen die Lakers. Patrick Beverley im Spielaufbau, Howard stellt den Block für Kostas Papanikolaou. Pass des Point Guards zum Griechen, der in die Zone zieht. Schwieriger Layup gegen Ed Davis: Bucket! Assist Beverley, Punkte Papanikolaou.

Der Forward revanchiert sich umgehend: Per Inbound-Pass findet er seinen Spielmacher für einen offenen Dreier aus der Ecke. Swish! Die Rockets gewinnen das Spiel am Ende locker mit 108:90 und legen den Grundstein für ihren guten Saisonstart.

Die Kombination Beverley-Papanikolaou wusste direkt im ersten Spiel zu überzeugen. Zufall ist das nicht, denn die Beiden kennen sich bereits aus gemeinsamen Tagen bei Olympiakos Piräus: "Wir kamen in Griechenland beide von der Bank. Jetzt kämpfen wir zusammen für die Rockets", freut sich der Point Guard über den Neuzugang aus Europa.

Immer aufwärts

Konstantinos, Kostas, Papanikolaou wurde nach seiner Debütsaison 2008/09 bei Aris Thessaloniki vom Ligakonkurrenten Olympiakos unter Vertrag genommen und fand sich mit Beverley zunächst auf der Bank hinter großen Spieler wie Vassilis Spanoulis und Linas Kleiza wieder. "Wir waren enge Freunde, als wir zusammen in Griechenland waren", erklärt Beverley die Situation heute. Allerdings verlies der Amerikaner Piräus nach der Saison, um über den Umweg Spartak Sankt Petersburg schließlich seinen Weg in die NBA zu finden.

"Big Papa" blieb Piräus dagegen vier Jahre lang treu und entwickelte sich während dieser Zeit kontinuierlich weiter. Die Einsatzzeiten stiegen schnell, der Small Forward zahlte dies mit Leistung zurück. Zur Belohnung nominierte ihn der damalige Nationaltrainer Ilias Zouros für die EuroBasket 2011 in Litauen.

Rein persönlich lief es für Papanikolaou. Doch damit nicht genug. Mit Piräus steuerte er 2011 auf eine historische Saison zu: "Es war unglaublich. So etwas passiert vielleicht einmal in hundert Jahren", erklärte Papanikolaous damaliger Teamkollege Vassilis Spanoulis im SPOX-Interview.

Überraschender Erfolg und Durchbruch

Was Spanoulis damit meint: Große finanzielle Probleme des Vereins ließen keinen Top-Kader zu. Die Saisonziele wurden dementsprechend zurückhaltend formuliert: Die Top-16 in der Euroleague sollten zumindest erreicht werden. Was folgte, war jedoch ein Run ins Final-Four der Euroleague und das Erreichen des siebten Liga-Finales in Folge gegen Dauerrivale Panathinaikos.

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Gleichzeitig zeigte sich Papanikolaous Spiel deutlich ausgereifter. Der Dreier fand in der Euroleague immer häufiger den Weg durch die Reuse (33,3 Prozent) - speziell während des Final Four. Dort sollte die zweite Halbzeit des Finals gegen ZSKA Moskau zum endgültigen Durchbruch werden.

Nachdem sie bereits mit 34:53 in Rückstand gelegen waren, fehlten Olympiakos drei Minuten vor Ende plötzlich nur noch sieben Zähler auf den großen Favoriten. Auftritt: Kostas Papanikolaou. Der Flügel versenkte den Dreier mit Kirilenkos Hand im Gesicht und verkürzte auf vier. 10 Sekunden vor dem Ende traf er eiskalt zwei Freiwürfe und ermöglichte damit den Georgios Printezis' Gamewinner.

Papas Statline: 18 Punkte, 3 von 3 von Dreier, insgesamt 5 von 5 aus dem Feld und nur ein Fehlwurf von der Freiwurflinie. "Ich kann einfach nicht realisieren, was da gerade passiert ist", erklärte der damals 20-jährige Finals-MVP nach dem Spiel.

Der Dreier als Waffe?

Europa hatte eine Kostprobe von Papanikolaous Können erhalten, doch auch den NBA-Scouts blieben die Qualitäten des jungen Griechen nicht verborgen. Im Draft 2012 zogen die Knicks ihn mit dem 48. Pick, gaben die Rechte in einem Sign-and-Trade Deal um Raymond Felton aber direkt weiter zu den Trail Blazers, die ihn vorläufig in Europa parkten.

Nicht die schlechteste Entscheidung. Immerhin sicherte sich Papanikolaou mit Piräus den Repeat in der Euroleague und ließ seine Quoten in Europas wichtigstem Basketballwettbewerb gleichzeitig explodieren: 50 von 96 Dreiern - sprich 52,1 Prozent - versenkte Big Papa. Am Ende stand sogar der Rising-Star Award der Euroleague.

Das Repertoire seines Spiels hatte durch den Distanzwurf eine neue Waffe hinzugewonnen. Der durchaus athletische Linkshänder gilt als Allrounder mit einem, für seine 206 Zentimeter Länge, überragenden Ballhandling. Ein schneller erster Schritt und ein mittlerweile ausgereiftes Spiel im Post machen die Spielanlagen nahezu komplett.

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Auch deshalb zeigten europäische Top-Teams nach Papanikolaous erfolgreicher Saison überaus großes Interesse. Und da die Blazers weiterhin keine Verwendung für ihren Prospect hatten, sodass sicherte sich der FC Barcelona die Dienste am Griechen.

"Der Hauptgrund war, dass sie mir hier gezeigt haben, dass sie mich wirklich haben wollen. Sie waren sehr professionell und das vom ersten Tag an. Das bedeutet für einen Profi sehr viel", erklärte Papanikolaou selbst damals im SPOX-Interview seine Beweggründe.

Alles perfekt also? Nicht ganz. Die außergewöhnlichen Dreier-Quoten sanken beträchtlich. Es kamen Fragen auf, ob sich Papanikolaou nicht zu sehr auf den Distanzwurf verlasse, zu selten den Korb attackiere. Die Erwartungen, die in Spanien um seine Person aufgekommen waren, konnte Big Papa jedenfalls nicht komplett erfüllen.

"Ich wäre ein Idiot gewesen"

Auch deshalb kam der Wechsel in die NBA nach nur einer Saison in der spanischen ACB ziemlich überraschend - trotz Meistertitel. Im Thomas Robinson-Deal 2013 kamen die Houston Rockets an die Rechte des Griechen. "Kevin Pelton kritisierte den Wechsel in die NBA beispielsweise deutlich: "Ich sehe in Papanikolaou keinen Star, auch nicht im europäischen Basketball", so der ESPN"-Insider.

Die Rockets, die sich Papanikolaous Rechte 2013 ertradet hatten, sahen das anders und statteten den mittlerweile 24-Jährigen mit einem Mid-Level-Contract aus. Und Papanikolaou war glücklich. "Ich wäre ein Idiot gewesen, wenn ich das Angebot ausgeschlagen hätte", erklärt er. "Du bekommst diese Chance nicht jeden Tag. Große Spieler hatten die Gelegenheit und haben den Schritt nie gewagt."

Papanikolaou wagte ihn. Zu Recht. Denn er überzeugte während der Preseason und sicherte sich einen Rosterplatz. Außenstehende mögen ob der relativ hohen Einsatzzeiten zu Saisonbeginn überrascht gewesen sein, jedoch nicht die neuen Teamkollegen. "Er verhält sich, als hätte er schon ein paar Jahre in der Liga gespielt. Ich bin wirklich beeindruckt", lobte Superstar James Harden Papanikolaou nach dem Trainingscamp.

Und auch Big Papa wusste, weshalb er nach Houston gewechselt war: "Ich habe mit GM Daryl Morey und Coach McHale gesprochen", erklärt er. "Sie wollten mir eine wirkliche Chance geben." Eine Chance, die der Grieche zu nutzen scheint. Die Zahlen (6,6 Punkte, 4,2 Rebounds, 3,0 Assists) mögen nicht überragend sein, in seinen durchschnittlich rund 25 Minuten Einsatzzeit stellt Papanikolaou seine Vielseitigkeit bislang jedoch durchaus unter Beweis. SPOX

Der Kampf in der NBA

Was allerdings ins Auge der Kritiker fällt, sind seine miserablen Wurfquoten. Im Schnitt nimmt der Small Forward pro Spiel ungefähr sieben Würfe, fast vier (!) davon von jenseits der Dreierlinie. Und das, obwohl lediglich 30 Prozent der Dreier auch fallen. Das wiederum drückte die gesamte Feldwurfquote auf 37,7 Prozent. Keine optimalen Zahlen, für Pelton jedoch abzusehen. "Er legt von der Bank nun diese Quoten auf", so der "ESPN"-Reporter. "Er traf von der internationalen ACB Linie auch kaum mehr."

Papa gilt als Backup von Trevor Ariza. Natürlich ist das Spiel der Rockets durch den startenden Shooter stark auf den Distanzwurf ausgelegt, die Stärken des Griechen sind derzeit aber ganz sicher andere. Ob McHale noch lange auf den wackligen Wurf von Papanikolaou bauen wird, ist zudem fraglich, da mit Francisco Garcia ein Routinier auf der Bank sitzt. Am Ende muss der Coach einen Weg finden, seinen Europäer und dessen Qualität besser in das System zu integrieren.

Es sei denn, Papanikolaou bekommt seine Wurfschwäche in den Griff und funktioniert als Teil des in Houston zelebrierten Morey-Ball. Heißt: Entweder trifft er regelmäßig den Dreier, oder er zieht zum Korb, trifft dort hochprozentig oder zieht Freiwürfe, um an der Linie sicher zu vollenden. Derzeit kann der Grieche nichts davon machen. Eine Innenband-Dehnung im Knie lässt Papanikolaou noch bis zu zwei Wochen pausieren.

So oder so weiß Papanikolaou auch in Houston alte Weggefährten aus Europa an seiner Seite: Joey Dorsey, mit dem er zusammen bei Olympiakos und im letzten Jahr in Barcelona spielte, und natürlich sein alter Bankkollege und Kumpel Patrick Beverley. Den wichtigsten Rat erhielt Papanikolaou allerdings von Landsmann Spanoulis, der einst selbst für die Rockets spielte, nach nur einem Jahr mangels Erfolg zurück in die Heimat wechselte: "Er sagte mir, dass ich im ersten Jahr kämpfen muss, falls es nicht so läuft."

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Kostas Papanikolaou im Steckbrief