Elf Meisterschaften. Zwei Teams. Diverse Superstars. Ein System. 19 Jahre lang war Phil Jackson Coach in der NBA. Erst bei den Chicago Bulls, bei denen er Michael Jordan und Scottie Pippen zu deren erster Meisterschaft verhalf und schließlich insgesamt sechs Ringe ansammelte. Dann bei den Los Angeles Lakers, die Jax mit Hilfe von Kobe Bryant, Shaquille O'Neal und Pau Gasol zu fünf Titeln führte.
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Trotz eines Gregg Popovich ist Phil Douglas Jackson damit der erfolgreichste Coach der letzten zweieinhalb Dekaden. Von 24 möglichen Meisterschaften gingen elf an Teams, deren Spiel vom Zen-Meister geprägt wurde. Dass die Herren Jordan, Pippen, Bryant, O'Neal und Gasol daran einen nicht unerheblichen Anteil hatten, dürfte außer Frage stehen. Allerdings ist da eben auch dieses eine System, das alle Jackson-Teams gemeinsam hatten. Dieses System, das mittlerweile den gesamten Big Apple von besseren Zeiten träumen lässt. Die Triangle Offense.
Seit Jackson im März offiziell als President of Basketball Operations vorgestellt wurde, glauben die Knicks wieder an die Rückkehr in bessere Zeiten. Mal insgeheim, mal ganz offen sogar von der dritten Meisterschaft der Franchise-Historie. Alle Träume, alle Hoffnungen machen sich an Jackson fest. Und eben an der Triangle Offense.
"Es ist eine Philosophie"
Aber was macht dieses System, das so viele Meisterschaften möglich machte, eigentlich aus? Klar, es geht um Dreiecke. Aber sonst? "Dieses System ist mehr als eine Serie von Spielzügen", erklärt Jax selbst im "NBA Coaches Playbook". "Es ist eine Philosophie, eine konstante Art des Denkens und Ausführens, die in Kraft tritt, sobald wir den Ball bekommen. Während der Transition von Defense in die Offense bewegen sich die Spieler in einem natürlichen, zielgerichteten Fluss, sodass wir in Position und Rhythmus sind, wenn wir den Ball in den Half-Court bringen."
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Eine Philosophie also. Eine Denkweise. Das passt zum Zen-Meister. Essentiell für diese Philosophie ist der von Jackson angesprochene stete Fluss. Ein klassisches Setplay kennt die Triangle im Grunde nicht. Spieler sind gefordert, die Defense zu lesen und entsprechend des ihnen vorgegebenen Korsetts darauf zu reagieren. So ergeben sich im Idealfall - sprich: nach richtigen Entscheidungen - stets mehrere Optionen, die die Stärken des Einzelnen hervorheben und die Schwächen überdecken sollen.
Einen dominanten Point Guard bezeichnet Jackson deshalb als kontraproduktiv. Er würde das Spiel zu ausrechenbar machen. Grundsätzlich nutzt die Triangle zwei Guards, die sich den Ballvortrag teilen, um vorne, je nach Positionierung und Druck der Defense, den Ball mit Vorliebe an den aufpostenden Big Man am mittleren Zonenrand abzugeben und in die Ecke der Strong-Side zu cutten. Gemeinsam mit Flügel und Big Man bildet der Guard nun - genau - ein Dreieck, das als Ausgangspunkt für verschiedene Cut-, Pass- und Wurfoptionen dienen soll.
Spacing, Ballmovement, Playermovement
All das im Detail zu erklären, führte sicherlich zu weit. Essentiell ist jedoch, dass das Spacing stets gewährleistet ist. Um Wege für Defender zu verlängern und in der Konsequenz dank Ballmovement und viel Bewegung abseits des Balls offene Würfe herauszuspielen, halten die Spieler im Idealfall einen Abstand von rund 4,5 Metern zueinander.
Funktioniert diese Dreifaltigkeit aus Spacing, Ball- und Playermovement, entsteht tatsächlich ein Fluss, der so lange am Laufen gehalten wird, bis die Defense schließlich einen Abschluss anbietet. Kurz: Der jeweilige Scorer soll genügend Platz für einen guten Wurf bekommen.
Extrem kompliziert klingt all das nicht, allerdings fordert die Triangle jedem einzelnen ihrer Teile unglaublich viel ab. Spieler müssen beständig die Defense lesen, die richtigen Cuts, die richtigen Pässe, die richtigen Optionen wählen. Das zu erlernen und einzustudieren, erfordert Zeit.
Jackson muss sich Ex-Spieler suchen
Es ist daher nicht allzu überraschend, dass das System mit Phil Jacksons letztem Spiel als Coach im Grunde von der NBA-Bühne verschwand. Anders als beispielsweise Pop zog sich Jax keine Nachfolger heran, niemand traute sich wirklich an die Triangle. Um sie nun bei den Knicks zu installieren, musste Jackson also einen seiner ehemaligen Spieler finden. Am Besten einen, der das System auch wirklich verstanden, der es verinnerlicht hatte. Einen wie Steve Kerr, Jacksons eigentlich erste Wahl.
Der ehemalige Bull entschied sich jedoch für die Golden State Warriors und Jax holte Derek Fisher direkt vom Court in Oklahoma City auf die Bank im Madison Square Garden. Und als wäre der erste Coaching-Job gerade im Big Apple nicht bereits Herausforderung genug, steht Fisher dort nun vor der Aufgabe, den Knicks ein völlig neues Gesicht zu verpassen.
Denn konträrer könnte New Yorks Spielansatz der vergangenen Jahre zur Triangle Offense kaum sein. Mit Vorliebe ließen die Knicks ihre Offense über Isolationen laufen, mit Vorliebe über Carmelo Anthony, ihren besten Scorer. Ach was, einen der besten Scorer der gesamten Liga.