Die Defense
Es ist nicht allzu lange her, da hatten die Begriffe Golden State und Defense in etwa so viel gemeinsam wie DeAndre Jordan und schlafwandlerische Sicherheit von der Freiwurflinie. Jahrelang galten die Warriors als eines der schwächsten Teams der Association, wenn es darum ging, gegnerisches Scoring dauerhaft effektiv zu unterbinden.
Nun war sicherlich kein Basketball-Diplom vonnöten, um zu diesem Schluss zu kommen. Vielmehr war ein neuer Coach nötig, um neue Fakten zu schaffen, um den Warriors irgendwie das Verteidigen beizubringen. Selbigen Coach verpflichtete Golden State dann auch. Nur eben nicht erst vor dieser Saison, es geschah bereits 2011.
Beyond the Boxscore: So funktionieren die Advanced Stats
Damals übernahm Mark Jackson für Keith Smart und machte es sich zur Aufgabe, aus Defensiv-Allergikern Defensiv-Fanatiker zu formen. Eine Umkehr der Philosophie sollte in Gang gesetzt werden. Und sie wurde in Gang gesetzt. Zwar schlossen die Warriors Jahr eins unter Jackson in Sachen defensiver Effizienz ebenso auf Rang 26 ab wie in der Spielzeit zuvor unter Smart, im Anschluss steigerte sich Golden States Defensiv jedoch sukzessive, bis man vergangene Saison schließlich die dritteffizienteste Verteidigung der Liga stellte.
Gehen musste Jackson dennoch. Offensichtlich gab es Differenzen. Mit Nachfolger Steve Kerr ist man in der Bay Area bislang dagegen höchst zufrieden. Weshalb auch nicht. Immerhin spielen die Warriors mit den besten Basketball der Association, stellen die beste Bilanz - und die effektivste Defense.
97,6 Punkte lassen die Dubs pro 100 gegnerische Angriffe zu, 1,3 weniger als die Bucks auf Rang zwei. Durchaus akzeptable Werte. Zumal Golden State einem Defensivkonzept vertraut, das enorm fehleranfällig ist. Die Warriors switchen. Regelmäßig. Doch sie switchen nicht spontan, aus der Not heraus. Der Switch ist für Golden States Defense, was der Afrokamm für Questlove ist. Er ist essentiell. Und die Warriors beherrschen ihn gefährlich nahe der Perfektion.
Für Zach Lowe von "Grantland" erwecken die simultanen Bewegungen der verteidigenden Warriors den Anschein, als besäßen ein kollektives Gedächtnis. Sie spielen "fließenden Basketball", schreibt Lowe. Um die Grundvoraussetzungen dafür zu schaffen, bediente sich Coach Kerr einer eigentlich aus der Not geborenen Maßnahme. Kerr beorderte Draymond Green in die erste Fünf. Wie es Mark Jackson bereits in den Playoffs gegen die Clippers tat, als ihm die Kombination aus Matchup- und Verletzungsproblemen keine andere Wahl ließ.
Nur ist Green mittlerweile viel mehr als nur Lückenfüller, als Teilzeitretter in der Not. Green ist essentiell für Golden States Defense und gilt in den USA mitunter sogar als Kandidat für den Award des Defensive Player of the Year. Und das nicht völlig grundlos. Denn erstens verteidigt er verschiedene Positionen und zweitens legt er den fünftbesten Defensive Real-Plus-Minus-Wert der gesamten Liga auf (4,34 Punkte pro 100 Defensiv-Possessions).
Nummer eins in dieser Kategorie ist übrigens Andrew Bogut. Damit ist der Australier sicherlich nicht weniger wichtig für Golden States Defensiv-Konzept. Ein Konzept, dessen Erfolg auf Vielseitigkeit basiert. In der Praxis bedeutet dies, dass die Warriors ihren klassischen Startern Steph Curry (Point Guard) und Bogut (Center) drei vielseitig einsetzbare, ähnlich große Spieler (Green, Klay Thompson, Harrison Barnes) zur Seite stellen.
Dies ermöglicht es den Warriors, gerade auf dem Flügel immer wieder zu switchen, ohne einem völlig anderen Matchup ausgesetzt zu sein. "Wenn einige Teams switchen, entstehen Lücken", erklärt Green das Rezept. "Wir haben keine Lücken." Und die Statistiken untermauern Greens These. Die erste Fünf gestattet der gegnerischen Offense nur 41,3 Prozent aus dem Feld. Ihr Defensive Rating liegt bei starken 94,1 Punkten. Damit gestatten Golden States Starter deutlich weniger Punkte als sie am anderen Ende selbst erzielen (Net Rating: 20,8).
Nun ließe sich jedoch nur schwer ein stringentes Konzept erkennen, erstreckten sich gewisse Tendenzen lediglich auf die erste Fünf. Auch das ist bei den Warriors nicht der Falls. So sind Golden States vier Lineups, die in dieser Saison mindestens 100 Minuten gemeinsam auf dem Court standen, nach demselben Schema zusammengesetzt: Curry plus Big Man plus drei vielseitige Flügel.
All diese Aufstellungen lassen pro 100 Ballbesitze maximal 98,1 Punkte zu, ein Lineup aus Curry, Thompson, Iguodala, Green und Bogut sogar nur 86,8. Nun liegt all dies allerdings nicht nur an latentem Hang zum Switchen. Vielmehr entscheiden die Warriors situativ, wann was nötig ist. Gegen die Grizzlies wird beispielsweise seltener der Gegenspieler gewechselt. Zudem passiert der Switch meist erst gegen Ende der Shot Clock, da sich die Gefahr eines Balanceverlusts dort zusehends mindert.
Weshalb all das möglich ist? "Wir haben sehr intelligente Spieler", sagt Coach Kerr - und scheint durchaus Recht zu haben.