Über ein Jahr schoben sich Karl-Anthony Towns und Jahlil Okafor schoben sich den ersten Platz in den Mock-Drafts gegenseitig zu. Die große Frage: Traditioneller Lowpost-Dominator oder Big Man moderner Bauart? Auch dahinter warten vielversprechende Big Men - und eine Kultfigur namens Frank the Tank.
spoxKarl-Anthony Towns
Statistiken: 10,3 Punkte, 6,7 Rebounds, 2,2 Blocks
College: Kentucky, Freshman
Alter: 19
Größe: 2,13 m
Gewicht: 112 kg
Im Idealfall ein Typ wie:Chris Bosh
Stärken:
- Sehr guter Wurf
- Enorm vielseitig
- Rim-Protector
- Exzellenter Rebounder
Schwächen:
- Muss Kraft zulegen
- Anfällig für Foul-Trouble
- Scheut manchmal Kontakt
Fazit:
gettyWenn sich der heutige General Manager einen Big Man schnitzen könnte, hätte dessen Idealvorstellung wohl große Ähnlichkeit mit Karl-Anthony Towns. Der 19-Jährige bringt eigentlich alles mit, was in der modernen NBA angesagt ist: Er hat Krakenarme, die nötige Athletik und zudem die richtigen Instinkte, um zu einem dominanten Defensiv-Center zu werden.
Towns ist noch nicht der überragende Scorer wie etwa Okafor, das liegt allerdings zu einem großen Teil am Talentüberschuss der Kentucky Wildcats in der abgelaufenen Saison. Dass er eine Partie auch offensiv übernehmen kann, hat der Big Man dennoch bereits bewiesen, als er beispielsweise im Elite Eight gegen Notre Dame 25 Punkte bei 77 Prozent aus dem Feld auflegte.
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Auch vorne bringt er ein in diesem Jahrgang einzigartiges Talentpaket mit. Towns ist versiert genug für den Nahkampf am Korb, wenngleich ihm etwas mehr Kraft noch gut tun würde. Das ist bei einem 19-Jährigen allerdings ganz normal und kein Grund zur Sorge. Towns ist zudem nicht allein darauf angewiesen, da er über einen herausragenden Wurf verfügt.
Aus der Mitteldistanz ist der Jumper bereits eine echte Waffe, den NBA-Dreier wird er in nicht allzu ferner Zukunft ebenfalls sicher treffen. Dass Towns seine Freiwürfe bereits jetzt mit mehr als 80 prozentiger Sicherheit versenkt, spricht Bände über seine Aussichten als Scorer in der NBA. Zu allem (positiven) Überfluss ist er auch schnell genug, um den Fastbreak mitzulaufen.
Neben seinen physischen Attributen bringt Towns zudem ein gutes Spielverständnis mit und kann Double-Teams mit seiner Übersicht bestrafen. Defensiv steht er als Help-Defender fast immer richtig und hat auch ein Gespür für die richtige Positionierung beim Rebounds.
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Alles in allem spricht wenig dagegen, dass Towns zu einem echten Franchise Player heranreifen kann. Defensiv wird er schon in seiner ersten Saison dominieren können, die Offense dürfte angesichts seines Talents und seiner überragenden Arbeitseinstellung bald folgen. Es wäre eine große Überraschung, wenn KAT nicht an Nummer eins gezogen würde.
Prognose: First Pick
Mögliche Teams: Timberwolves, Lakers
Jahlil Okafor
Statistiken: 17,3 Punkte, 8,6 Rebounds, 1,4 Blocks
College: Duke, Freshman
Alter: 19
Größe: 2,11 m
Gewicht: 123 kg
Im Idealfall ein Typ wie:Brook Lopez
Stärken:
- Grandioser Lowpost-Scorer
- Exzellente Fußarbeit
- Guter Passer
- Hohes Spielverständnis
Schwächen:
- Kein explosiver Athlet
- Kondition
- Unterdurchschnittlicher Verteidiger
- Freiwürfe
Fazit:
gettyWo Towns ein Big Man der modernsten Prägung ist, ist Okafor das genaue Gegenteil. Der amtierende College-Champion, der beinahe das ganze Jahr über als Nummer-1-Pick galt, ist ein Dominator der ganz alten Schule und wird von Experten und Scouts als größtes Lowpost-Talent der letzten zehn Jahre angesehen.
Okafor nennt eine Fußarbeit sein Eigen, die bei 19-Jährigen normalerweise einfach nicht vorkommt. Er hat unzählige Moves im Repertoire, die ihn im Eins-gegen-Eins unstoppable machen. Wenn das Double-Team kommt, findet er in schöner Regelmäßigkeit den offenen Mann. Auch sein Spiel aus der Mitteldistanz kann sich sehen lassen, sodass offensiv eigentlich kaum Wünsche offen bleiben.
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"Die Liga hat sich seit den Tagen von Olajuwon, Robinson und Ewing sehr verändert. Das liegt allerdings daran, dass Spieler wie sie, die in jedem Angriff gedoppelt werden müssen, einfach nicht verfügbar waren", erklärte ein General Manager gegenüber ESPN-Insider Chad Ford. "Okafor ist so ein Spieler. Jeder Trainer würde sich nach einem Center wie ihm die Finger lecken."
Sollte Okafor angesichts dieser Aussichten nicht höher als Towns gehandelt werden? Nicht unbedingt. Es gibt nämlich einige Schwachstellen, die sein Ansehen beschädigt haben. Zum einen ist er bis dato ein lausiger Freiwürfschütze (51 Prozent) - angesichts seines eigentlich guten Wurfgefühls sollte sich dies aber korrigieren lassen.
Alarmierender ist jedoch die Defense. Okafor ist zwar clever, es fehlt ihm jedoch an lateraler Geschwindigkeit sowie an der nötigen Athletik, um ein guter Shotblocker zu sein. Er ist kein allzu guter Rebounder und fiel am College mitunter durch defensives Desinteresse auf.
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Zudem wird Okafors Kondition regelmäßig in Frage gestellt. Er machte unter Coach K zwar Fortschritte, dennoch ist es fraglich, ob er mit seinem massigen Körper 30 Minuten pro Spiel das Feld rauf und runter rennen kann. Diese Kritikpunkte haben seinem "Stock" ein wenig geschadet. Allerdings wird auch kein Experte müde zu erwähnen, dass Okafor vor 20 Jahren wohl der Nummer-1-Pick gewesen wäre.
Prognose: Top-3-Pick
Mögliche Teams: Timberwolves, Lakers, Sixers, Knicks
spoxWillie Cauley-Stein
Statistiken: 8,9 Punkte, 6,4 Rebounds, 1,7 Blocks
College: Kentucky, Junior
Alter: 21
Größe: 2,16 m
Gewicht: 110 kg
Im Idealfall ein Typ wie:Tyson Chandler
Stärken:
- Kann 5 Positionen verteidigen
- Rim Protector
- Sehr mobil für seine Größe
- Überragende Athletik
Schwächen:
- Offensiv sehr roh
- Mittelmäßiger Rebounder
- Muss kräftiger werden
Fazit:
gettyNoch vor wenigen Wochen wurde Cauley-Stein als potenzieller vierter Pick gehandelt. Dann machten Berichte über seinen Fuß die Runde. DraftExpress zufolge sei sein 2014 gebrochener Knöchel nicht komplett verheilt, sodass einige Teams abgeschreckt wurden. Big Men mit lädierten Füßen haben schließlich nicht den besten Ruf in der Liga.
Für das Team, das ihn letztendlich auswählt, könnte sich das Risiko trotzdem lohnen. Denn Cauley-Stein bringt in der Defense Qualitäten mit, die schlichtweg herausragend und gerade anhand der Pick'n'Roll-Lastigkeit heutiger NBA-Teams enorm wertvoll sind. Er ist mobil, athletisch und lang genug, um nicht nur den Korb zu beschützen, sondern auch gegnerischen Guards das Leben schwer zu machen.
John Calipari hatte vergangene Saison den Luxus, mit ihm und Towns gleich zwei Rim Protector auf den Court zu schicken. Also setzte er Cauley-Stein regelmäßig gegen Flügelscorer des Gegners ein, um diese aus dem Flow zu nehmen - mit Erfolg! Dies verdeutlicht das defensive Ausnahmetalent des Big Man und erklärt auch, weshalb er trotz seiner überschaubaren Offensive so hoch gehandelt wird.
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Denn am anderen Ende des Feldes lebt Cauley-Stein bisher vom DeAndre-Jordan-Paket. Will sagen: von Putbacks, Alley-Oops und Dunks in Transition. Er hat zwar mittlerweile auch einen verbesserten Midrange-Jumper im Repertoire, bleibt aber dennoch ein sehr roher Offensivspieler. Immerhin hat er seine Freiwurfquote in drei Jahren College von 37 auf 62 Prozent gesteigert.
Ein Superstar wird Cauley-Stein nicht werden, dafür fehlen offensiv schlicht zu viele Skills. Defensiv könnte er aber ohne Frage zu einem der besten Spieler der Liga avancieren - wenn er gesund bleibt.
Prognose: Lottery Pick
Mögliche Teams: Nuggets, Hornets, Pacers, Jazz, Suns, Thunder
Myles Turner
Statistiken: 10,1 Punkte, 6,5 Rebounds, 2,6 Blocks
College: Texas, Freshman
Alter: 19
Größe: 2,13 m
Gewicht: 108 kg
Im Idealfall ein Typ wie:Derrick Favors
Stärken:
- Sehr guter Rebounder
- Range bis zur Dreierlinie
- Rim Protector
Schwächen:
- Durchschnittlicher Athlet
- Steife Bewegungen
- Rohes Offensivspiel
- Kein guter Finisher
Fazit:
gettyGeht man nur nach dem Potenzial, wäre Turner vermutlich ein Top-5-Pick. Mit einem blitzsauberen Jumper, den er sogar vom Perimeter noch versenken kann, sowie seinem Shotblocking und Rebounding bietet er interessierten Teams eine sehr reizvolle Kombination, die es in der NBA noch nicht allzu häufig gegeben hat.
Das Problem ist nur, dass Turner nicht nur ein auf beiden Seiten des Courts sehr roher Spieler ist, sondern auch extrem in seinen Leistungen schwankt. Seine Stats gingen gegen die besseren College-Teams regelmäßig in den Keller, da er vor allem offensiv sehr eindimensional agiert. Seine Punkte holt Turner meist via Turnaround-Jumper oder aus der Mitteldistanz, unterm Korb fehlt es ihm dagegen an Kraft und Kreativität, um effektiv zu sein.
Gerade von kräftigen, erfahrenen Big Men lässt sich der Big Man zu häufig herumschubsen. Nimmt man ihm den Turnaround-Jumper, fehlen die zweiten oder dritten Optionen. Zudem ist Turner eine Art schwarzes Loch: In der gesamten abgelaufenen Saison spielte er gerade einmal 20 Assists und war dafür enorm Turnover-anfällig.
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Die Isolations-lastige Offense in Texas hat ihm in dieser Hinsicht wohl eher weniger gut getan. Ein weiteres Jahr, um an seinen sporadisch vorhandenen Fundamentals zu arbeiten, wäre sicher nicht schlecht, allerdings wird es aufgrund seines enormen Potenzials auch so ein Team geben, dass ihn relativ früh ziehen wird.
Dort sollte allerdings nicht zu schnell mit Resultaten gerechnet werden. Turner hat noch einige Stunden im Kraftraum sowie mit Individual-Trainern vor sich, ehe er ein effektiver NBA-Spieler sein kann. Wer diese Geduld aufbringt, könnte in einigen Jahren jedoch dafür belohnt werden.
Prognose: Später Lottery Pick
Mögliche Teams: Hornets, Heat, Pacers, Jazz, Suns
spoxFrank Kaminsky
Statistiken: 18,8 Punkte, 8,2 Rebounds, 2,6 Assists
College: Wisconsin, Senior
Alter: 22
Größe: 2,16 m
Gewicht: 105 kg
Im Idealfall ein Typ wie:Channing Frye
Stärken:
- Vielseitiger Offensivspieler
- Exzellenter Shooter
- Guter Passer
- Hohes Spielverständnis
Schwächen:
- Nicht besonders kräftig
- Unterdurchschnittlicher Athlet
- Schwacher Rebounder und Shotblocker
Fazit:
gettyKaminsky gehört einer heutzutage seltenen Spezies an. Der schmale Riese, der aussieht wie der Star eines Teenie-Films aus den 90ern, hat doch tatsächlich ganze vier Jahre am College verbracht! Viele mag das schockieren, für ihn hat es sich aber ausgezahlt: Vor der Saison galt er maximal als später Erstrundenpick, heuer wird er sogar als zehnter Pick in Miami gehandelt.
Grund dafür war eine exzellente Senior-Saison, in der Frank the Tank sogar als Spieler des Jahres ausgezeichnet wurde und die Badgers ins NCAA-Finale führte. Sein Offensiv-Arsenal ist für einen Big Man unglaublich ausgereift: In Korbnähe kann Kaminsky mit seiner hervorragenden Fußarbeit hochprozentig abschließen, den Dreier traf er ebenfalls in 42 Prozent der Fälle. Selbst die historisch starke Defense der Kentucky Wildcats konnte ihn nicht stoppen.
Dabei sieht Kaminsky eigentlich nicht aus wie ein NBA-Spieler, geschweige denn ein Guter. Er ist alles andere als athletisch, ziemlich dünn und nicht besonders schnell. Seine Defense, gerade gegen kräftige Center, leidet darunter verständlicherweise, wenngleich er zumindest einige Defizite durch sein Spielverständnis ausgleichen konnte. Scouts sind daher unsicher, welche Position er überhaupt bekleiden soll.
Ein Rim Protector wird er mit Sicherheit nicht werden. Andererseits finden Spieler mit einem solchen Skillset in der Offense in der Regel eine Rolle, in der sie einem Team helfen können.
"Einen wie ihn will man eigentlich nicht mögen", zitiert Chad Ford einen General Manager. "Er ist alt, hat keine Upside, sein Spiel ist merkwürdig. Aber dann schaut man ihm länger zu und lernt ihn irgendwann zu schätzen. Er ist weder stark noch athletisch, trotzdem konnte er sich das ganze Jahr über gegen die besten Teams durchsetzen."
Prognose: Später Lottery Pick
Mögliche Teams: Heat, Pacers, Jazz, Suns, Thunder, Hawks, Celtics