Mission (Im)possible

Martin Klotz
25. September 201512:02
Chandler Parsons muss beweisen, dass er das neue Gesicht der Franchise sein kanngetty
Werbung

Nach der Saga um DeAndre Jordan gehen die Dallas Mavericks nicht gerade mit ihrem Wunschkader in die neue Saison. Die Starting Five steht noch nicht komplett, zudem dürfen sich fast alle Spieler Hoffnungen auf einen Roster-Spot machen. Dabei kommt vieles auf Rick Carlisles alljährliches Projekt an. Der Kader der Mavs in der Analyse.

Point Guards

Endlich ist er da: Deron Williams, der Heimkehrer. Leider - oder vielleicht auch glücklicherweise - drei Jahre zu spät. Als die Mavs ihn 2012 in der Free Agency verpflichten wollten, war D-Will ohne Frage einer der besten Point Guards der Liga, aber die Jahre in Brooklyn werden dem 31-Jährigen nicht in bester Erinnerung bleiben. Sie waren geprägt von Team-Misserfolgen, durchwachsenen Leistungen und Verletzungen.

Ein Starting Point Guard ist D-Will zwar immer noch, doch kommende Saison wird er beweisen müssen, dass er es wirklich noch drauf und sein Mojo nicht in den Tiefen des Barclays Center verloren hat. Angesichts der nicht gerade angsteinflößenden Konkurrenz in Dallas ist Williams auf der Eins gesetzt.

Als Dreierschütze ist er immer noch äußerst gefährlich (37 Prozent Trefferquote), doch die inzwischen abnehmende Athletik macht sich beim Zug zum Korb bemerkbar. Drives a la Monta Ellis wird der geneigte Dallas-Fan nicht zu sehen bekommen - dafür aber einige Pässe zum Mit-der-Zunge-schnalzen. Mehr als die durchschnittlich 6,6 Assists in der ineffizienten Nets-Offense dürfen wir umgeben von der Shooter-Armada schon von ihm erwarten.

Defensiv ist Williams ein solider Arbeiter, der ein Upgrade für die Mavs darstellen sollte. Allerdings wurde das von Rajon Rondo auch im Vorfeld gedacht. Freiwürfe treffen kann D-Will dafür aber definitiv besser als sein Vorgänger (83,4 Prozent).

Deron Williams: Etwas Glück im Unglück

Hinter Williams stehen mit J.J. Barea und Devin Harris zwei erfahrene Backup-Spielmacher bereit. Wobei das Wort Spielmacher für beide nicht ganz treffend ist. Organisation und Pass-first-Mentalität sind nicht die größten Stärken der beiden Veteranen - häufig profitieren sie mehr von ihrer Schnelligkeit. Wenn D-Will auf der Bank Platz nimmt, geben sie dem Mavs-Spiel dadurch eine weitere Facette.

Zwischenzeitlich werden sich beide wohl auch auf der Zwei wiederfinden, die nach Ellis' Abgang nicht gerade viel Tempo und noch weniger Tiefe zu bieten hat. Als Energizer sind Barea und Harris wertvoll - wertvoller als Raymond Felton.

Den 31-Jährigen wollte Dallas eigentlich loswerden, doch da GM Donnie Nelson keinen Abnehmer für ihn finden konnte, trägt er auch kommende Saison das Mavs-Jersey. Unter Umständen ein glücklicher Zufall, denn bei der Verletzungsanfälligkeit von Williams und Harris könnte Felton im Laufe der Saison ein ums andere Mal wichtige Minuten sehen.

Point Guards

Shooting Guards

Small Forwards

Power Forwards

Center und Fazit

Shooting Guards

Es ist dünn. Nicht nur das Eis, auf das sich Dallas mit dem dicken 70-Millionen-Dollar-Vertrag für Wesley Matthews begibt, sondern auch die Tiefe auf der zweiten Guard Position. Mit Wessy Wes hat man zwar den Wunschspieler nach Dirk-Town gelotst, doch die Folgen seines Achillessehnenrisses sorgen im American Airlines Center für Sorgenfalten.

Die Mavs haben keine Eile, Matthews auf den Court zurückzubringen - schließlich hinterließ die gefürchtete Verletzung bei fast jedem betroffenen NBA-Spieler Spuren. Um diese zu minimieren wird der Flügelspieler zu Beginn der Saison nicht - oder höchstens sporadisch - mitwirken.

Findet Matthews zu alter Stärke zurück, hat Dallas einen der besten Two-Way-Player der Association in seinen Reihen. Der Dreier aus der (bevorzugt linken) Ecke und vom Flügel ist dem von Kyle Korver ebenbürtig, die Defense dank seines ausgeprägten Oberkörpers und der Fußarbeit exzellent.

Allerdings ist Wes im Gegensatz zu Ellis kein guter Shot-Creator, sondern eher ein Spotup-Shooter, der sich über jedes gute Anspiel freut und direkt abdrückt. Dank seiner körperlichen Vorteile gegenüber vielen Shooting Guards kann er aber auch hin und wieder ein paar Pünktchen auf dem Weg zum Korb einsammeln.

Ausgestattet mit einer ordentlichen Portion Selbstbewusstsein nimmt und trifft er auch die wichtigen Würfe mit ablaufender Shotclock und muss daher 24 Sekunden eng verteidigt werden. Spacing ist für die Dallas-Offense definitiv kein Problem, die Abhängigkeit vom Wurfglück wie vor Ellis' Ankunft schon eher.

Wesley Matthews: Mr. Intensität für die neue Identität

Als erste Bankoption wartet Combo-Guard Harris, dahinter macht sich John Jenkins Hoffnung auf Spielminuten. Der Neuzugang, der vergangene Saison zwischen den Atlanta Hawks und der D-League pendelte, ist ein klassischer 3-and-D-Akteur.

Point Guards

Shooting Guards

Small Forwards

Power Forwards

Center und Fazit

Small Forwards

Nach seiner Knie-OP ist mit Chandler Parsons auch der Starter auf der Drei zum Training Camp nicht fit - und wie bei Matthews ist auch der Saisonbeginn mehr als fraglich. Parsons war dabei weit weniger schwer verletzt als der Ex-Blazer, daher sollte er eher stärker als letztes Jahr aufs Parkett zurückkehren.

Der beste Allrounder im Team ist auch kommende Saison wieder als zwischenzeitlicher Ballführer im Pick-and-Roll, als Slasher vom Flügel und als Dreierschütze gefragt. Wobei sicherlich alle Fans hoffen, dass er endlich seinen Wurf aus Houston-Zeiten widerfindet, der nicht ständig vorne an den Ring klatscht.

Es könnte das Jahr werden für Chandler Parsons. Nach seinem Job als Chef-Rekrutierer während der Offseason soll er auch auf dem Platz das neue Gesicht der Franchise werden. Dafür wird er beweisen müssen, dass er im ausgedünnten Dallas-Team Verantwortung übernehmen kann.

Mit Rookie Justin Anderson steht hinter Parsons ein mit Talent gesegneter Rookie zur Verfügung, der vermutlich auch zu Saisonbeginn starten dürfte. Wenn er es denn schafft Coach Rick Carlisle, der ja nicht gerade für seine Begeisterung gegenüber Frischlingen bekannt ist, von sich zu überzeugen.

Zusammen mit dem ehemaligen Dunk-Champion Jeremy Evans wird Anderson versuchen, den Abgang von Al-Farouq Aminu nach Portland zu kompensieren. Hustle, Defense und ein gelegentlicher Dreier sind dabei von Anderson zu erwarten.

Evans spielte zuletzt in Utah eine verschwindend geringe Rolle, in Dallas hofft man jedoch ihn ähnlich wie Aminu wieder zum Leben erwecken zu können. Die Athletik-Fraktion und das chronisch schwache Rebounding können durchaus Unterstützung gebrauchen.

Konkurrenz bekommt Evans dabei von Jamil Wilson. Der ungedraftete 24-Jährige legte vergangenes Jahr in der D-League ordentliche Zahlen auf (10,9 Punkte, 5,4 Rebounds, 2,1 Assists) und zeigte in der Summer League für die Wizards sein Potenzial. Ob er es in den auf 15 Spieler begrenzten Kader für die Regular Season schafft, ist nicht sicher.

Point Guards

Shooting Guards

Small Forwards

Power Forwards

Center und Fazit

Power Forwards

478. So viele Punkte fehlen Dirk Nowitzki, um an Shaquille O'Neal vorbeizuziehen und sich in der All Time Scoring List auf Rang sechs zu schieben. Sollte sich früh in der Saison rausstellen, dass die Playoffs für die Mavs außer Reichweite liegen, ist das im Prinzip das einzige Saisonziel für den Dirkster.

Im Sommer war gemutmaßt worden, dass Nowitzki bei einer namhaften Verpflichtung für die Vier von der Bank kommen könnte. Verpflichtungen gab es zwar, aber keine namhafte. Daher bleibt der große Blonde auch weiterhin der Starting Power Forward, wenn auch mit zunehmend abnehmenden Minuten.

Im Frontcourt ist Dallas zu Beginn des Training Camps völlig überladen, hier müssen noch einige Spieler aussortiert werden. Grundsätzlich haben aber alle Akteure die Chance auf einen Kaderplatz. Dwight Powell, der im Zuge des Rondo-Trades aus Boston kam, machte in der Summer League einen starken Eindruck und scheint bereit für den nächsten Schritt.

Folge NBA.de bei Twitter und bekomme alle News - auch Nowitzki ist dabei!

Als Backup von Dirk müsste er aber auch in der Lage sein, im Small Ball Lineup auf der Fünf zu spielen - das könnte sich für den schmächtigen 24-Jährigen als Problem erweisen. Gleiches gilt auch für Charlie Villanueva. Der Catch-and-Shoot-Veteran kehrt nach einer unauffälligen Saison noch einmal zu den Mavs zurück und soll in erster Linie ein paar Dreier von der Bank einstreuen.

Voraussetzung dafür ist aber, dass er sich mit seiner professionellen Einstellung und seiner Erfahrung im Camp gegen Rookie Maurice Ndour und Development-League-Star Jarrid Famous durchsetzen kann. Beide würden mittelfristig die bessere Wahl sein als Charlie V. Aber welcher junge Spieler wäre das nicht?

Ndour besitzt einen Motor wie Kenneth Faried und mit einer Spannweite von 2,24 Metern kann der Power Forward ebenfalls als Rim Protector agieren. In Zeiten von Small Ball eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit. Famous beeindruckte in der abgelaufenen Saison mit 16 Punkten und 14,9 Rebounds in der D-League. Zwei der drei Wackelkandidaten werden das Camp nicht überstehen.

Point Guards

Shooting Guards

Small Forwards

Power Forwards

Center und Fazit

Center

Als wäre der Frontcourt nicht schon voll genug, gibt es auch auf der Center-Position einen harten Kampf um Roster-Spots und Minuten. Dabei hängt viel von der Fitness von JaVale McGee ab. Der aus der Versenkung zurückgeholte Shaqtin-a-fool-Star hatte in der Vergangenheit immer wieder mit gesundheitlichen Problemen zu kämpfen. Sein Knie ist noch angeschlagen, den Start des Camps wird er wohl verpassen.

Das mindert die Chance, Carlisle mit seinen athletischen Fähigkeiten zu beeindrucken. Wie jedes Jahr hat der Coach ein schwieriges Projekt unter seine Fittiche genommen - diese Saison ist es McGee. Ob seine Dunks und Blocks ausreichen, um eine feste Rolle in der Rotation zu ergattern?

Zudem ist unklar, wie stark das ADHS McGees Fähigkeit einschränkt, sich in einem komplett neuen System zurechtzufinden. Als Reservist und mit etwas mehr Freiheiten ausgestattet, könnte er sich als wertvoller erweisen.

JaVale McGee: Die gefallene Wundertüte

Daher deutet zurzeit vieles darauf hin, dass Zaza Pachulia den Starting Job auf der Fünf übernehmen wird. Die Mavs hatten den Georgier nach der Free-Agency-Farce um Ihr-wisst-schon-wem per Trade von den Milwaukee Bucks akquiriert.

Das große Problem: Sein Skillset passt nicht gut zu Nowitzkis Fähigkeiten, da auch er gern aus der Mitteldistanz abdrückt und sich nur wenig als Beschützer des eigenen Korbs oder gar als Wühler am offensiven Brett versteht. Eigentlich überhaupt nicht. Aber er war eben verfügbar.

Und da auch vom defensiv-orientierten Rückkehrer Samuel Dalembert niemand mit Gewissheit sagen kann, ob er noch NBA-Format besitzt, hat Dallas in Pachulia zumindest einen soliden Center. Mit Zaza und Dirk im Forntcourt wäre die Inside-Verteidigung allerdings quasi nicht existent, auch beim Rebounding wäre Dallas so ziemlich jedem Team unterlegen.

Hoffnungen auf einen Platz im Kader darf sich daher Salah Mejri machen. Der von Real Madrid verpflichtete Tunesier wartet mit einer seltenen Kombination von Big-Man- und Guard-Skills auf. Es gibt wenige Center, die einen Dunk blocken, dann einen Ein-Mann-Fastbreak starten, per Crossover und Behind-the-Back-Pass zwei Defender aussteigen lassen und den anschließenden Alley-Oop krachend durch die Reuse hämmern.

Einzig Satnam Singh wird sich wohl von Anfang an in die D-League begeben müssen. Der 19-jährige 2,18-Center soll bei den Texas Legends in Ruhe aufgebaut werden. Denn wie Majri bringt er viel Potenzial mit.

Fazit

Vor allem zu Saisonbeginn ohne Matthews und Parsons darf man von den Mavs keinen hochklassigen Basketball erwarten. Nach der Last-Minute-Absage von dem, dessen Name nicht genannt werden darf, lautet das Motto: Quantität statt Qualität.

Hinter der wurfgewaltigen Starting Five, die offensiv wieder zu den Top 10 der Liga gehören wird, sucht man vergeblich nach Tiefe. Gelingt Rick Carlisle das Kunststück, McGees schwierigen Charakter sinnvoll ins Team zu integrieren, könnte die Defense enorm profitieren. Sollten einige der jungen Reservisten zusätzlich noch eine ähnliche Entwicklung wie Aminu hinlegen, könnte Dirks 18. Saison doch nicht völlig verschenkt sein.

Point Guards

Shooting Guards

Small Forwards

Power Forwards

Center und Fazit

Der Kader der Mavs im Überblick