"Wir waren athletischer als er, aber er hat fundamental soliden Basketball gespielt. Er hat Picks gesetzt, immer das Richtige getan, zwölfmal geworfen und zehn davon getroffen." (Gary Payton)
Als "The Glove", berühmt für seine Schlachten mit MJ, gefragt wird, wer im Laufe seiner Karriere am schwierigsten zu verteidigen war, entscheidet er sich ohne zu zögern für seinen Jazz-Gegenpart. Das tut er nicht ohne Grund: Stockton ist auch ohne seine bessere Hälfte kaum zu stoppen. Er ist nicht "flashy", dribbelt nicht durch die Beine oder spielt sich mit extravagantem Flair in die Sportscenter-Highlights.
Aber sein Offensivspiel ist makellos. Wenn er nicht gerade seine Mitspieler einsetzt, oftmals mit einem einhändig geschleuderten Pass durch die Reihen der Verteidiger, arbeitet er für das Team. Stocktons Screens sind der Stoff, aus dem Legenden gestrickt sind: Mit jeder Menge Ellbogeneinsatz und hart an der Grenze der Legalität sperrt er Mitspieler frei und gibt den Gegnern dabei noch einen blauen Fleck gratis mit.
Das führt dazu, dass der unscheinbare, vermeintliche Saubermann mit dem Aussehen und Auftreten eines Chorknaben es bis heute in die Listen der "dreckigsten" Spieler aller Zeiten schafft. Wobei der Protest gegen seinen Ellbogeneinsatz dabei stets von Respekt begleitet wird. "Man könnte sagen, dass er unsauber spielt. Ich würde sagen, er ist ein harter, abgebrühter Typ, der mit jeder Faser seines Körpers gespielt hat. Sowohl körperlich, als auch mental", sagte beispielsweise His Airness höchstpersönlich.
Der Darling der neuen Analytics-Welle
"Er ist der beste Point Guard aller Zeiten. Nicht nur auf der Höhe seines Schaffens, sondern auch in Sachen Konstanz und Langlebigkeit. Es ist unglaublich." (Steve Nash)
Einen Aspekt sollte man dabei auf keinen Fall außer Acht lassen. Obwohl Stockton für seine Dimes in Erinnerung bleibt, gehört er zu den treffsichersten Guards der NBA-Geschichte. In 18 seiner 19 Spielzeiten traf er mindestens 48 Prozent aus dem Feld, zwölfmal davon blieb er über 50 Prozent. Von der Linie waren es 16-mal über 80 Prozent, dazu kommen über 38 Prozent von Downtown.
Schaut man sich die Zahlen unter der analytischen Brille noch einmal genauer an, sind sie noch beeindruckender. Seine True Shooting Percentage von 60,8 Prozent ist besser als die von Steve Nash oder Kareem Abdul-Jabbar. Offensive Rating? 120,55 - Platz sechs All-Time. Win Shares? 207,7 - Platz sechs.
Würde Stockton heute spielen, er wäre der Darling der neuen Analytics-Welle. Viele Assists bei eigener hoher Trefferquote, der Steve Nash vor Steve Nash. Wenn man ihm etwas vorwerfen will, dann vielleicht die Tatsache, dass er angesichts dieser Quoten noch hätte mehr Würfe nehmen müssen: Er kam nicht einmal auf zwölf Versuche pro Spiel.
Die Karrierestatistiken von John Stockton
Team | Saisons | Spiele / Minuten | Punkte | Rebounds | Assists | FG% | 3FG% |
Jazz | 19 | 1504 / 31,8 | 13,1 | 2,7 | 10,5 | 51,5 | 38,4 |
Auch ohne Ring ein Mann für die großen Momente
"Einige sind über 1000 Meilen angereist, um mich hier zu unterstützen. Obwohl sie wahrscheinlich eher gekommen sind, um Michael zu sehen. Da trifft er einen wichtigen Wurf und alle halten ihn für so cool - das versteh ich einfach nicht."
Wer an Stockton denkt, der denkt nicht nur an Malone, sondern auch an die NBA-Finals 1997 und 1998 - und deshalb an die "beste Spieler ohne Titel"-Liste. Was man nicht vergessen sollte: In der Postseason bewies der Point Guard ein ums andere Mal, dass er sich nicht scheute, die wichtigen Würfe zu nehmen, und so sein "Clutch"-Gen unter Beweis zu stellen.
So war er es, der in den Conference Finals '97 die Houston Rockets per Last-Second-Dreier ausschaltete und den Jazz das Final-Ticket sicherte. Und Tage später Spiel 4 gegen die Bulls fast im Alleingang drehte.
Als diese nämlich in den letzten Minuten drauf und dran waren, mit 3-1 in Führung zu gehen, traf Stockton zuerst den ganz tiefen Dreier, dann klaute er Jordan den Ball und zog zwei Freiwürfe. Unvergessen wenig später sein Rebound und Outlet-Pass auf Malone, der den Jazz schließlich den Sieg brachte. Auch wenn ihm der Ring verwehrt blieb: An großen Momenten in den Playoffs fehlte es nicht.
John Stockton: Eine lebende Jazz-Legende
"Die meisten Point Guards spielen neun bis zwölf Jahre auf einem hohen Level; Stockton tat das 18 Jahre lang und verpasste in 17 Jahren kein einziges Spiel." (Bill Simmons)
Der Mann, der trotz aller Bestmarken Zeit seiner Karriere nicht einmal einen Spitznamen verliehen kam, hinterlässt ein gigantisches Erbe: 15086 Assists, 3715 mehr als Jason Kidd auf Platz zwei. 3265 Steals - ebenfalls mit großem Abstand Platz eins.
Spiele mit 20 Punkten, 28 Assists und 8 Steals, die es heutzutage schlicht und ergreifend nicht mehr gibt. Ein PER von 21 im Alter von 40 Jahren - er hätte 2002 problemlos noch ein paar effektive Jahre dranhängen können. Dass er es nicht einmal unter die Top sechs im MVP-Voting schaffte, lässt heute einfach nur staunen.
Eine lebende Legende ist der Vater von mittlerweile sechs Kindern - Sohn Michael versuchte sich auch schon in der BBL - dennoch. Ganz besonders bei den Jazz, für die der gläubige Katholik 1504 Spiele bestritt (Rekordmarke für eine einzige Franchise). Die er 19 Mal in die Postseason führte. Bei denen er seinen Vertrag verlängerte, indem er sich mit Besitzer Larry Miller an einen Tisch setzte und jeder einen Betrag auf ein Blatt Papier schrieb.
Wer heute in Salt Lake City zur Vivint Smart Home Arena will, muss zuerst den John Stockton Drive überqueren - er kreuzt sich, wie könnte es anders sein, mit dem Karl Malone Drive. Vor dem Eingang wartet eine Bronze-Statue. Stilecht im Moment der Ballabgabe, das Jersey mit der nicht mehr vergebenen Nummer 12 übergestreift.
Und natürlich den extrem kurzen Hosen.