NBA

Qualität kennt kein Ablaufdatum

Von Oliver Mehring
Tim Duncan und Dirk Nowitzki spielten über 60 Spiele während ihrer Karriere gegeneinander
© getty

Das Spiel Dallas Mavericks gegen die San Antonio Spurs ist in der Western Conference nicht nur das Duell 'Fünfter gegen Zweiter', sondern auch das Aufeinandertreffen zweier Methusalems, die seit Jahren dem Alterungsprozess trotzen. Aber warum konnten Dirk Nowitzki und Tim Duncan in der Liga so lange überleben?

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Die Sonne strahlt über Alamo City. Mit einer Heimbilanz von 23-0 empfangen die San Antonio Spurs ihre langjährigen Rivalen aus Dallas und scheinen derzeit unschlagbar.

Dabei fliegen die Spurs in typischer Manier unter dem Radar. Im Windschatten des historischen Saisonstarts der Warriors sind die San Antonio Spurs zum ersten Team avanciert, das in sechs aufeinanderfolgenden Spielzeiten einen 10-0-Run hingelegt hat.

Auch wenn die Mavericks die letzten 10 Spiele im AT&T Center nicht gewinnen konnten, spielen sie ansonsten überraschend starken Basketball und stehen trotz runderneuerter Starting Five auf dem fünften Platz der Western Conference. Zudem hatten die Spurs im letzten Spiel durchaus ihre Probleme mit Dallas.

Die ewig Jungen

Doch selbst aktuelle Bilanzen, Statistiken und Trends können nicht beschreiben, welch besonderen Gehalt das Aufeinandertreffen der zwei Texas-Rivalen zum wiederholten Male in sich trägt. Denn heute Abend werden erneut zwei Spieler das Parkett betreten, die der NBA seit über 15 Jahren ihren Stempel aufdrücken: Die Rede ist von Tim Duncan und Dirk Nowitzki.

Erst jüngst kürte eine Fachjury die zwei Power Forwards unter die 100 besten Spieler, die jemals einen NBA-Court betreten haben. Noch viel imposanter ist aber der Blick auf das positionsbezogene Ranking. Während Nowitzki in der ewigen Bestenliste als drittbester Vierer geführt wird, bekam Duncan sogar den Titel 'Bester Power Forward aller Zeiten' verliehen.

Duncan effektiv

Dabei ist es nicht nur der Blick zurück, der die zwei Big Men in die Ruhmeshalle des Basketball katapultiert, auch die diesjährige Saison untermauert weiter den Legenden-Status, den beide mittlerweile genießen.

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Zwar ist Duncan in San Antonio schon seit ein paar Jahren nicht mehr zwingend die erste Anspielstation, doch rechnet man die geringere Einsatzzeit des ehemaligen No.1-Pick auf 36 Minuten hoch, steht er in dieser Saison immer noch bei einem starken Double-Double (12,6 Punkte, 10,6 Rebounds, 4,2 Assists, 52 Prozent FG). Noch beeindruckender liest sich die Bilanz bei Nowitzki.

Dirk mit 37 noch top

Hochgerechnet 20,7 Punkte bei einer Dreierquote von knapp 40 Prozent, dazu 8 Rebounds im Schnitt, produziert der Dunking Deutschman in 36 Minuten Einsatzzeit. Nicht umsonst belegt der 37-Jährige seit Saisonbeginn den ersten Platz im NBA Old School Power Ranking, das wöchentlich die besten Spieler über 33 Jahren auflistet.

"In ihnen brennt immer noch dieser Wettkampf, außerdem gehen sie ungeheuer sorgsam mit ihrem Körper um", analysierte Gregg Popovich vor wenigen Wochen. Und nicht nur das: Beide entwickeln ihr Spiel stetig weiter, um mit dem Alterungsprozess Schritt zu halten. Duncan nahm in den letzten Jahren immer mehr an Gewicht ab, um die Knie zu entlasten und weiter auf dem Feld mobil zu bleiben.

Der IQ als größte Waffe

Nowitzki arbeitet konstant an seinem Wurf. Trotz der sinkenden Absprunghöhe will er weiterhin seine regenbogenartige Flugkurve erhalten und dazu einen immer schnelleren Release einbauen, um nicht mehr so viel Abstand zum Verteidiger zu benötigen."Unsere Rollen haben sich verändert, unsere Fähigkeiten, unsere Körper - da muss man sich anpassen", kommentierte Duncan die andauernden Veränderungen, die beide Spieler vornehmen.

Für Phoenix-Coach Jeff Hornacek ist das Alter von Duncan und Nowitzki zugleich die größte Waffe: "Diese Jungs wissen einfach, wie man das Spiel spielen muss - bereits im sechsten Jahr deiner NBA-Karriere verlierst Du eigentlich schon einige Prozent deiner Athletik. Irgendwann kommt es fast nur noch auf deinen Basketball-IQ an."

Wer braucht schon Athletik?

Für Tim Duncan und Dirk Nowitzki ergeben sich allerdings auch andere Vorteile. Beide Spieler zogen ihre Stärke nie aus ihren athletischen Voraussetzungen. Duncan trägt nicht umsonst den Spitznamen 'The Big Fundamental'. Seine Spiel aus dem Post, der verlässliche Wurf, die starke Defense, seine Passfähigkeiten, die überragende Reboundarbeit - all diese Qualitäten repräsentieren die klassischen Stärken, die ein Power Forward seit jeher mitbringen muss.

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Erst Nowitzki erweiterte das mögliche Profil eines Vierers erheblich. Ausgestattet mit einem tödlichen Wurf, ungewöhnlicher Balance und dem nicht zu verteidigenden Fadeaway-Jumper brauchte auch er keine übernatürliche Sprungkraft, um in der Liga nachhaltigen Eindruck zu hinterlassen.

Wichtige Begleiter

Dass die zwei Altmeister seit nun schon 18 (Duncan) beziehungsweise 17 (Nowitzki) Jahren auf Körbejagd gehen können, verdanken sie aber nicht nur ihrem außergewöhnlichem Talent, ihrem hohen Spielverständnis und ihrer beneidenswerten Arbeitseinstellung. Sie blieben über die gesamte Karriere von schwerwiegenden Verletzungen verschont und vielleicht noch wichtiger - sie waren mit großartigen Coaches gesegnet.

Gregg Popovich gilt nicht umsonst als einer der besten Coaches der Geschichte und verhalf den Spurs zu mittlerweile fünf NBA-Meisterschaften. Er nahm den introvertierten Duncan an der Hand und schenkte ihm zusammen mit David Robinson das nötige Selbstvertrauen, um sein Können vollständige zur Entfaltung zu bringen.

Vertrauen als Schlüssel

Zudem machte er sich die Passqualitäten von Duncan zunutze und installierte eine revolutionäre First-Pass-Mentalität bei den Spurs. Als der mittlerweile 39-Jährige allmählich an Mobilität einbüßen musste, zog er ihn näher an den Korb heran und schenkte ihm während der Saison die nötigen Ruhepausen: "Ich hatte gar keine andere Wahl, als [Popovich] zu vertrauen. Er hatte einen Plan, der mir manchmal unglaublich viel abverlangt hat.

Auch wenn Nowitzki eine so konstante Trainer-Vita fehlt, arbeitete auch er mit außergewöhnlichen Coaches zusammen. Don Nelson etwa sah in dem dürren Jungen aus Germany das große Potenzial, als in den USA noch mit viel Arroganz über den großen Teich geblickt wurde. Dazu kam das unorthodoxe Spiel von Nowitzki.

"An meine Stärken geglaubt"

Nelson erkannte genau darin die besondere Gabe: "Er hat mich nicht eingeschränkt. Er hat mich Dreier werfen lassen und an meine Stärken geglaubt. Das hätte wohl kein anderer Coach bei einem 7-Footer gemacht." Spätestens Rick Carlisle fand schließlich den nötigen Schlüssel, um Nowitzkis schwächelnde Defense aufzufangen.

Mithilfe einer effektivem Zonenverteidigung und Defensivanker Tyson Chandler verhalf er Nowitzki zu seinem langersehnten Traum: der NBA Championship. "Er hat auf nahezu jede Herausforderung eine Antwort. Man hat immer irgendwie das Gefühl: 'Rick wird schon was austüfteln'", freute sich Nowitzki im vergangenen Herbst über die Vertragsverlängerung seines Coaches. Auch weil es Carlisle weiterhin schafft, die richtigen Würfe für den alternden Superstar zu kreieren.

"Nicht nur für Jungspunde"

Fasst man all diese außergewöhnlichen Umstände zusammen, ist es umso märchenhafter, dass Nowitzki und Duncan Mitglieder einer Generation und mit ihren Teams sogar Teil einer Division waren. Deshalb traf man sich nicht nur einmal zu epochalen Playoff-Schlachten, kämpfte um die Vormachtstellung in Texas und im Westen.

Absolut verständlich, dass Duncan vor dem Spiel nur unterschwellig seine Bewunderung für seinen ewigen Rivalen zum Ausdruck bringen will: "Er zeigt, dass dieses Spiel nicht allein für Jungspunde ist. Sicherlich werden wir uns nicht in die Arme fallen, aber ich freue mich, dass noch ein paar Spieler wie er da sind."

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