"Es fehlen noch Details"

Martin Klotz
14. Juli 201611:17
Paul Zipser wird sich seinen Traum von der NBA erfüllen getty
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Paul Zipser ist seinem Traum von der NBA einen Riesenschritt näher gekommen und steht vor einer Einigung mit den Chicago Bulls. Im Interview spricht der deutsche Flügelspieler über die völlig verrückte Draft-Nacht, Chicagos Free Agency und die Verhandlungen vor seinem ersten Vertrag.

SPOX: Herr Zipser, herzlichen Glückwunsch zu Ihrer grundsätzlichen Einigung mit den Chicago Bulls. Wird jetzt der große Traum für Sie war?

Paul Zipser: Das hoffe ich. Aber noch ist nichts unterschrieben, daher muss ich mich mit der Freude wohl noch ein bisschen zurückhalten. Aber es ist ein tolles Gefühl, zu wissen, dass mich die Bulls verpflichten und zu sich holen wollen.

SPOX: Wie war es, in der Draft-Nacht Ihren Namen zu hören?

Zipser: Um ehrlich zu sein, war es etwas seltsam, da ich gezogen wurde, während im Fernsehen gerade Werbung lief. (lacht) Und noch in der Werbung habe ich viele, viele Nachrichten bekommen. Das war natürlich ein richtig krasses Gefühl, gerade von so einem Team gedraftet zu werden. Die Nacht ist einfach super gelaufen. Dass es jetzt noch konkreter geworden ist, ist natürlich noch besser.

SPOX: Wann haben Sie erstmals vom Interesse der Bulls erfahren?

Zipser: Sie haben mir schon recht früh gesagt, dass sie an mir interessiert sind. Aber sie waren sich eigentlich ziemlich sicher, dass ich nicht mehr verfügbar bin, wenn sie an 48. Stelle picken dürfen. Daher hatten sie mich auch gar nicht zum Workout eingeladen.

SPOX: Haben Sie in Heidelberg vor dem Fernseher überhaupt etwas von den Entwicklungen hinter den Kulissen mitbekommen?

Zipser: Ja, schon. Ich war überrascht, wie die Nacht abgelaufen ist, da ich es mir ganz anders vorgestellt hatte. Es ist unheimlich viel passiert. Gerade, als es in einen Bereich ging, von dem ich mir erhofft hatte, gedraftet zu werden, wurden viele Gespräche geführt und alles war total hektisch. Die Teams haben ja in der zweiten Runde nur zwei Minuten Zeit für jeden Pick.

SPOX: Worum ging es in diesen Gesprächen?

Zipser: Meine Agenten waren in Brooklyn in der Halle und ständig kamen Anfragen. Es hieß dann: 'Wir würden Paul nehmen. Was will der Spieler?' Zum Beispiel, ob ich mir vorstellen könnte, erst noch in Europa zu bleiben. Ich hatte im Vorfeld mit meiner Agentur abgesprochen, dass ich direkt rüber möchte und das auch den Teams klar kommuniziert. Aber natürlich gab es doch noch einige Nachfragen. Meine Agentur hat vor Ort großartige Arbeit geleistet. Sie haben die perfekte Situation für mich gefunden.

SPOX: Nun gehen die Verhandlungen mit den Bulls in die Endphase. Was ist für Sie das Wichtigste an Ihrem ersten NBA-Vertag?

Zipser: Für mich ist es wichtig, einen garantierten Vertrag zu bekommen. Das ist ein klares Ziel, mit dem wir in die Verhandlungen hineingehen. Ich hätte in München auch die gute Option, bei den Bayern zu bleiben, dort habe ich ja auch noch ein Jahr Vertrag. Deswegen möchte ich mit einem ungarantierten NBA-Vertrag kein Risiko eingehen.

SPOX: Wurde schon über den Buyout für Bayern gesprochen?

Zipser: Das ist eines der Themen, die in den nächsten Tagen geregelt werden müssen. Der Buyout ist ja vertraglich festgehalten und das werden die Bulls wohl mit Marko Pesic besprechen.

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SPOX: Die Höchstgrenze für Ablösesummen, die NBA-Franchises an internationale Teams zahlen dürfen, liegt kommende Saison bei 650.000 Dollar. Werden Sie den Rest selbst übernehmen?

Zipser: Nein, das muss ich zum Glück nicht. So hoch ist die Summe nicht.

SPOX: Wie kommt es, dass Sie aktuell nicht in der Summer League aktiv sind?

Zipser: Es gab ein bisschen Hin und Her, ob ich in der Summer League spielen soll, aber ich bin dann doch mit meiner Freundin für ein paar Tage in den Urlaub gefahren. Am Dienstag habe ich aber wieder angefangen zu trainieren und am Donnerstag werde ich schon in Chicago sein.

SPOX: Was steht dort auf der Agenda?

Zipser: Wir reden über alles, ich bin ein paar Tage da und dann komme ich wieder zurück. Das Ziel ist natürlich, den Vertrag zu unterschreiben, der in Grundzügen schon ausgehandelt wurde. Ich muss noch den Medizincheck absolvieren und es fehlen noch Details. Und ich möchte mir natürlich auch alles anschauen, die Stadt und das United Center kennenlernen.

SPOX: Wie lief die Kommunikation mit den Bulls seit dem Draft?

Zipser: Ich selbst habe nur relativ wenig mitbekommen und eigentlich immer nur Updates von meinem Agenten erhalten. Gerade Chicago hat in den letzten Tagen einige Deals eingefädelt und zum Beispiel Dwyane Wade und Rajon Rondo geholt. Daher hatten sie natürlich viel Stress. Sie haben ein fast komplett neues Team zusammengestellt. Klar hatten wir Kontakt, aber in dieser Phase wollte ich die Leute dort nicht so viel belasten.

SPOX: Mit wem haben Sie gesprochen und worum ging es konkret?

Zipser: Ich habe kürzere Telefonate mit Coach Fred Hoiberg und General Manager Gar Forman geführt. In denen ging es darum, sich ein bisschen kennenzulernen und sich über den Plan auszutauschen. Es ging nicht um konkrete Dinge wie meine Rolle oder den Vertrag, sondern es war mehr Small Talk. Aber sie sagten auch, dass sie etwas vorhaben und vielleicht etwas Großes einfädeln. Da war ich natürlich gespannt - aber dass es Wade wird, das war ja nicht zu erwarten.

SPOX: Haben Sie gedacht, dass Sie einmal mit Jimmy Butler, Rondo oder Wade zusammenspielen würden?

Zipser: Vor ein paar Monaten natürlich noch nicht, aber vor ein paar Wochen habe ich zumindest ab und zu mal dran gedacht, neben solchen Spielern auf dem Court zu stehen. Bei der EM im letzten Jahr hatte ich ja schon mit einigen großen Namen zu tun, aber Wade ist natürlich noch einmal eine ganz andere Kategorie. Auf ihn freue ich mich total. Er soll ein Super-Typ sein, der auch junge Spieler ranführt. Das wäre eine perfekte Situation für mich.

SPOX: Wie sehr haben Sie die Free Agency der Bulls verfolgt? Sie wussten ja schon, dass Sie vielleicht ein Teil des Teams sein würden.

Zipser: Klar, die habe ich intensiv verfolgt. Und als ich von der Wade-Verpflichtung erfahren habe, war mein einziger Gedanke nur: 'Wow!' Das ist eine Riesen-Sache. Er ist einer der besten Spieler der letzten Jahre, vielfacher All-Star und Champion. Und der Gedanke, mit ihm zusammenzuspielen oder zu trainieren - das war schon ein krasser Moment.

SPOX: Was hat Sie in der Free Agency noch überrascht?

Zipser: Die neuen Verträge haben mich komplett umgehauen. Was da für Summen genannt werden, so etwas habe ich noch nicht gesehen. Der neue TV-Deal verändert das Gehaltsniveau komplett. Und neben dem Wade-Wechsel natürlich die Entscheidung von Kevin Durant, zu den Golden State Warriors zu gehen.

SPOX: Wie schätzen Sie Durants Wechsel persönlich ein?

Zipser: Er hat, seitdem er gedraftet wurde, bei den Oklahoma City Thunder gespielt und wenn er denkt, dass er irgendwo anders bessere Chancen hat eine Championship zu gewinnen, dann geht er eben dort hin. Viele andere Spieler haben es genauso gemacht. Es gehört viel Glück dazu, in ein passendes Team gedraftet zu werden und dort Titel gewinnen zu können. Momentan wird er viel kritisiert, da die Warriors auch vorher schon eine sehr starke Mannschaft hatten. Das ist natürlich hart für die anderen Teams, aber es ist seine Entscheidung. Und ich kann ihn verstehen.

SPOX: Kommen wir zurück zu Ihnen. Sehen Sie in dem Umbruch bei den Bulls eine Chance, sich leichter für die Rotation empfehlen zu können?

Zipser: Ich denke, dass es schon etwas einfacher ist, bei einem Team in solch einer Situation Fuß zu fassen als bei einem Team, das erfolgreich und komplett eingespielt ist. Da gäbe es wenig Anlass, etwas zu verändern. Aber was heißt schon einfach? (lacht) Einfach ist relativ und vielleicht auch das falsche Wort. Es sind natürlich viele Spieler im Kader, die genau darin eine Chance sehen und kämpfen werden, um eine Rolle zu ergattern. Ich natürlich auch.

SPOX: Was passiert nach den Verhandlungen in Chicago?

Zipser: Dann fliege ich hoffentlich mit einem NBA-Vertrag in der Tasche wieder zurück. (lacht) Ich komme auf jeden Fall erst einmal wieder. Wie es dann weitergeht, muss erst noch besprochen werden. Wie würde ich hier trainieren? Wie in Chicago? Auch die Nationalmannschaft wird sicher ein Thema sein.

SPOX: Dementsprechend gibt es noch kein Datum für den Umzug in die USA?

Zipser: Sollte ich im Sommer für den DBB spielen, würde ich wohl erstmal noch in Deutschland bleiben, ich habe schließlich auch noch eine Wohnung in München. Ich spiele gern für die Nationalmannschaft, aber es hängt zum Beispiel auch vom Start des Training Camps in Chicago ab, ob das überhaupt möglich ist. Jetzt fliege ich erstmal rüber und dann schauen wir, ob es in den nächsten Tagen etwas Offizielles zu vermelden gibt.

Die Bulls im Überblick