Es ist zu einer Art Mode-Erscheinung in der NBA geworden, dass sich diverse All-Stars anderen All-Stars anschließen, um ein Team voller weiterer All-Stars (die Warriors) zu besiegen. Das gilt für OKC oder die Rockets und nun also auch für die Cavs, die die Verpflichtung von Dwyane Wade in Kürze verkünden werden.
Wirklich überrascht ist davon niemand. Schon als D-Wade am Anfang des Sommers bei den Bulls seine Spieleroption im Wert von 23,8 Millionen Dollar gezogen hatte, war klar, dass dies eine reine Finanz-Entscheidung des 35-Jährigen war - und keine sportliche. Denn die Bulls wollten neu aufbauen, was mit einem ehrgeizigen Wade, der Spiele gewinnen will, kaum funktioniert hätte.
Entsprechend früh kursierten die Gerüchte, dass sich die Bulls mit dem Spieler noch vor dem Training Camp auf einen Buyout einigen würden. Der kam dann wie erwartet: Wade verzichtet auf 8 Millionen Dollar, streicht also insgesamt 16 Millionen aus der Windy City ein. Der nächste Schritt erfolgte wenig später: Die Cavs - so heißt es in übereinstimmenden Medien - haben sich mit The Flash auf ein Engagement zum Veteranen-Minimum (2,3 Millionen Dollar für ein Jahr) geeinigt.
LeBron James: "Großartig, Wade im Team zu haben"
Das Szenario passt für Wade ohne Zweifel. Zwar hatte dieser immer betont, es nicht nötig zu haben, weiteren Ringen "hinterher zu jagen", doch so ganz ohne Aussichten auf einen tiefen Playoff-Ritt wollte er sicherlich nie dastehen. Nun fusionieren seine Fähigkeiten also wieder mit denen von seinem guten Freund LeBron James, mit dem er zwischen 2010 und 2014 zwei Championships mit den Miami Heat gefeiert hatte.
Buddy LeBron hatte am Montag am Media Day bereits offensiv um Wade geworben. "Es wäre großartig, ihn im Team zu haben", erklärte er vor der Journalisten-Runde. "Er würde Championship-DNA mitbringen und wäre ein weiterer Playmaker, der für sich und die anderen Würfe kreieren kann. Er hat einen sehr hohen Basketball-IQ."
Nun haben die Cavs also sechs All-Stars (Rose, Thomas, Wade, LeBron, Love, Korver) und zwei ehemalige MVPs in ihren Reihen - mehr als die dafür so harsch angegangenen Warriors (4 All-Stars, 2 MVPs). Eine Garantie für den großen Wurf ist das wahrlich nicht, schließlich wurde die erfolgreiche Strategie der vergangenen Jahre über den Haufen geworfen.
Cavaliers: Plötzlich kein Shooting-Team mehr?
Unter der Führung vom in diesem Sommer entlassenen General Manager David Griffin lautete die Devise in LeBrons zweiter Amtszeit stets: Holt so viele Shooter wie möglich, die neben James für Spacing sorgen. Nahezu jeder Deal war darauf ausgerichtet: Die Abgabe von Timofey Mozgov oder die Akquirierung von Channing Frye und Kyle Korver sind Beispiele dafür.
Das dürfte nun vorbei sein, zumal Isaiah Thomas, der den Longball verlässlich trifft, vermutlich erst im Januar zurückkehrt. Bei Wade hat es am Anfang der vergangenen Saison durchaus Hoffnung gegeben, dass sein Händchen plötzlich doch bis hinter die magische Linie reicht, am Ende jedoch pendelte sich seine Quote von Downtown wieder bei 31 Prozent ein.
Bezüglich des Spacings erscheint es für Coach Tyronn Lue also eine Option zu sein, Wade als sechsten Mann zu bringen, der die Offense dann ankurbelt, wenn LeBron auf der Bank sitzt. In diesem Fall wären Rose und Smith die Starter im Backcourt, wobei Smith für das Shooting verantwortlich wäre.
Auch wäre es eine Option, Wade bis zum Comeback von Thomas auf Point Guard aufzustellen. Seine Playmaker-Fähigkeiten sind wohl besser als die von Rose, der entweder auf die Zwei rücken oder als Backup agieren könnte (was ja ohnehin die vorgesehene Rolle vom Ex-MVP ist).
Cavaliers: Können die Warriors gefordert werden?
Man kann von folgender, realistischer Starting Five ausgehen: Rose-Wade-James-Love-Thompson. In diesem Lineup wäre Love der einzige geprüfte Wurfspezialist, womit das Spielsystem der vergangenen Saison komplett auf den Kopf gestellt werden würde. Alternativ wäre auch ein Lineup denkbar, in dem Love auf die Fünf rückt, LeBron auf die Vier und Crowder als weiterer Flügelspieler und starker Verteidiger auf die Drei.
Fakt ist: Crowders defensive Fähigkeiten werden bitter benötigt. Gerade auf dem Flügel und auf den Guard-Positionen stehen kaum Spezialisten parat. Weder Rose noch Thomas sind defensive Upgrades zu Irving, und das will schon was heißen. Wade kann immerhin phasenweise mit seiner Spielintelligenz und seinem Instinkt ein Faktor sein, ein gefürchteter Kettenhund wird aber auch aus ihm nicht mehr.
Bleibt zuletzt die Frage: Sind die Cavs nach diesem Move wirklich besser geworden? Diese Antwort wird Coach Lue mit einer neuen Offensiv-Ausrichtung und der Fitnesszustand von Wade liefern müssen. Besonders hoch ist das Risiko für die Franchise aber nicht, da von dem Gehalt Wades nur 1,3 Millionen Dollar gegen den Cap zählen. Lediglich ein anderer Spieler müsste noch entlassen werden, vermutlich trifft es Kendrick Perkins.
Dem ultimativen Ziel der Cavs, die Warriors wieder vom Thron zu stoßen, scheinen sie aber nicht nähergekommen zu sein. Die Ansammlung von All-Stars auf der falschen Seite ihrer Prime reicht dafür nicht aus - zu schwach erscheint die Defense im Backcourt, das Spacing und die Balance des Kaders. Bei NBA 2K12 würde es sicherlich trotzdem jede Menge Spaß machen, mit diesem Roster zu zocken.