Entgegen der Spekulationen veränderte Celtics-Coach Brad Stevens seine Starting Five nicht. Tyronn Lue auf der anderen Seite sah auch keinen Grund dafür und schickte sein übliches Lineup aufs Parkett.
Nach einer ausgeglichenen Anfangsphase setzten sich die Cavs dank einem weiten Dreier von J.R. Smith und einem And-One von LeBron James erstmals ab, weil die Celtics viele Chancen am Brett liegen ließen und von draußen ebenfalls kalt waren. LeBron glänzte in der Transition, Marcus Morris holte sich sein drittes Foul ab, Jaylen Brown verdunkte sich Eins-gegen-Null und vieles erinnerte zu diesem Zeitpunkt an Spiel 3: 34:18 nach dem ersten Viertel.
Kyle Korver (!) eröffnete das zweite Viertel mit seinem zweiten (!) Block gegen Brown und zog im Gegenzug ein Foul beim Dreier. Anschließend gelang es Boston endlich mal, offensiven Rhythmus zu generieren. Korver verhinderte allerdings mit zwei Dreiern, dass der Cavs-Vorsprung einstellig wurde - vorerst. Denn die Gäste waren nun in Cleveland angekommen, sie trafen sogar eigene Dreier in Back-to-Back-Possessions. So kamen sie auf 46:55 heran, die Cavs hatten aber das letzte Wort vor der Halbzeit: 68:53.
Boston Celtics können nicht entscheidend verkürzen
Nach dem Pausentee packten die Celtics einen 6:0-Run aus, LeBron antwortete am Brett. Kevin Love musste früh auf die Bank, weil er sich sein fünftes Foul abholte - Morris tat es ihm auf der anderen Seite allerdings gleich. Die Celtics schafften es nun, den Rückstand konstant bei rund 10 Punkten zu halten, Jayson Tatum stellte mit Back-to-Back-Layups sogar auf 72:80, doch wie immer hatten die Cavs eine passende Antwort parat: 89:76.
Im Schlussabschnitt traf Love seinen ersten Dreier, aber die Kobolde blieben hartnäckig. Ein toller Postmove von Horford ließ den Vorsprung auf 8 Punkte schrumpfen, die Menge im "Q" wurde nervös, als Aron Baynes von der Freiwurflinie nachlegte. James war mit einem Eurostep aus dem Lehrbuch zur Stelle und beruhigte damit die Lage. In recht unauffälliger Manier durchbrach er die 40-Punkte-Marke, ohne einen einzigen Dreier getroffen zu haben - bis 1:40 Minuten vor Schluss, als er von Downtown zum Dagger ansetzte. Die Cavs gewannen mit 111:102.
James hatte am Ende 44 Punkte (17/28 FG) und 5 Rebounds auf dem Konto, Korver kam auf 14 Zähler, Tristan Thompson und George Hill auf jeweils 13. Topscorer der Celtics war Brown mit 25 Punkten, Tatum legte 17 auf.
Spiel 5 steigt in der Nacht auf Donnerstag in Boston (2.30 live auf DAZN).
Die wichtigsten Statistiken
Cleveland Cavaliers - Boston Celtics 111:102, Serie 2:2 (BOXSCORE)
- 68 Punkte zur Halbzeit? So viel haben die Celtics in dieser Spielzeit noch nie zugelassen, auch nicht in der Regular Season. Die Cavs trafen dabei 61,5 Prozent aus dem Feld und 54,5 Prozent von der Dreierlinie. Einerseits waren einige schwierige Treffer dabei, bei vielen Würfen kam Bostons Defense aber schlicht einen Schritt zu spät. Teilweise wirkte es, als würden sie Back-to-Back spielen.
- Dass sie zur Halbzeit "nur" mit 15 Punkten hinten lagen und ein Comeback dadurch zumindest nicht ausgeschlossen war, lag daran, dass die Celtics vorsichtig mit dem Ball umgingen. Sie verloren ihn in den ersten 24 Minuten nur dreimal, die Cavaliers achtmal. Am Ende hatte sie 9 TOs auf dem Konto (Cavs: 18).
- Die Celtics setzten in der ersten Halbzeit drei teilweise unbedrängte Dunks auf den Ring. Solche Unkonzentriertheiten sah man immer wieder: Sie kamen zwar häufig bis zum Brett, nahmen dort aber hektische Abschlüsse. Zur Halbzeit hatten sie "In the Paint" inakzeptable 6/19 Treffer auf dem Konto (Cavs: 13/17 FG), am Ende steigerten sie sich auf 19/40.
- Zu einem flüssigen, offensiven Schlagabtausch kam es trotz vieler Punkte nur selten - denn die Refs entschieden sich für eine sehr kleinliche Linie und ließen am Ball kaum Kontakt zu (während abseits davon intensiv gerangelt werden durfte). Es gab insgesamt 49 Foulpfiffe mit einer ausgeglichenen Freiwurfverteilung (21/29 gegenüber 23/30). So betrug die Brutto-Spielzeit knapp drei Stunden.
Cleveland Cavaliers - Boston Celtics: Die Stimmen
Al Horford (Celtics, über LeBron): "Niemand sollte es für selbstverständlich erachten, was er leistet. Er tut einfach unglaubliche Dinge auf dem Court und man merkt es kaum."
Brad Stevens (Celtics-Coach): "Wer von den verbleibenden drei Spielen zwei gewinnt, kommt in die Finals. Besser wird es nicht."
Der Star des Spiels: LeBron James.
Sein Sprungwurf wollte nicht so konstant reinfallen wie zuletzt. Das musste er aber auch nicht, denn James schaffte es immer wieder, sich mit seiner Physis zum Brett durchzutanken und dort zu punkten. Dabei profitierte er auch davon, dass Morris Foulprobleme hatte und er deshalb oft von kleineren Gegenspielern verteidigt wurde, die er entspannt hin- und herschieben konnte. Einen neuen Meilenstein gab es obendrein: Er zog an Kareem Abdul-Jabbar im All-Time Playoff Ranking der getroffenen Field Goals vorbei und steht mit 2.368 Stück nun auf Platz 1.
Der Flop des Spiels: Marcus Smart.
Sein Einsatz und seine Intensität waren wieder vorbildlich, doch das konnte Smarts spielerische Schwächen in dieser Partie nicht kaschieren. Überhastete Abschlüsse und schlechte Pass-Entscheidungen zogen sich wie ein roter Faden durch seine Offense, alle 3 Celtics-Turnover der ersten Halbzeit gingen auf seine Kappe. Seinen ersten Treffer aus dem Feld gab es in der Crunchtime (insgesamt 2/8 FG, 1/5 3FG).
Coaching Move des Spiels
In den Spielen 1 und 2 war die Defense der Cavs ein Desaster, gerade bei Screens und Cuts abseits des Balles. Durch deutlich besser kommunizierte Switches haben sie das nun im Griff, einfache Abschlüsse gab es für die Gäste nur wenige. Das Vorgehen Clevelands wirkte dabei phasenweise wie in der Endphase der Finals 2016, als sie Offball-Screens der Warriors mit harter Physis begegneten, gerne auch im regeltechnischen Graubereich (Umklammerungen, Trikot-Zupfer und ähnliches).