Im Gegensatz zu Spiel 7 gegen die Pacers fand sich Tristan Thompson zum Start der Serie gegen Toronto erneut auf der Bank wieder. Für ihn startete George Hill, Cavs-Coach Ty Lue setzte also auf ein Small-Ball-Lineup. Der bessere Start gelang dennoch den Raptors. Von der ersten Sekunde an richteten DeMar DeRozan und Kyle Lowry enorm viel Schaden in der Zone der Cavs an.
Als zudem LeBron James ungewöhnlich früh eine kleine Pause verordnet bekam, bauten die Reservisten der Kanadier den Vorsprung weiter aus. Nach den ersten 12 Minuten hatte Toronto eine Wurfquote von 61,9 Prozent und einen 14-Punkte-Vorsprung vorzuweisen (33:19).
Im zweiten Abschnitt drehte sich die Partie allerdings. Der Supporting Cast der Cavaliers fand auch endlich in die Partie und konnte vor allem in Person von Jeff Green und J.R. Smith einige wichtige Akzente setzen. So waren es die Cavs, die auf einmal 63,6 Prozent ihrer Würfe im zweiten Viertel versenkten und damit nach und nach den Rückstand verkürzten. Schließlich ging es relativ ausgeglichen in die Halbzeitpause (60:57 für die Raptors).
Ähnlich wie zu Beginn der Partie erwischten die Kanadier auch nach dem Seitenwechsel den besseren Start. Mit einem 12:4-Lauf startete Toronto in das dritte Viertel, vor allem Jonas Valanciunas machte unter dem Korb wenig Kompromisse. Mit 13 Zählern allein in diesem Abschnitt stellte er die Cavs vor enorme Probleme. Die Raptors lagen wieder mit 13 Punkten in Front.
Cleveland meldete sich erst wieder zurück, als Kyle Korver einige wichtige Dreier versenkte und Valanciunas auf der Bank Platz nahm. Mit einem 12:3-Run verkürzten die Gäste erneut auf 3 Zähler, so eng blieb es auch bis in die Schlussminuten.
LeBron James führt die Cavs in die Overtime
Mit einem Dreier etwa viereinhalb Minuten vor dem Ende brachte James sein Team schließlich auf 99:100 heran. Gut zwei Minuten später hatten die Cavs nach einem wichtigen Offensiv-Rebound von Tristan Thompson sogar gleich zwei Mal die Chance, erstmals in der Partie in Führung zu gehen. Doch der Dreierversuch von Korver landete nur am Ring. Es war von beiden Teams zusammengenommen der zehnte Fehlwurf in Folge - und das in der Crunchtime!
Während die Cavs allerdings auf die Qualitäten eines gewissen LeBron James zurückgreifen konnten, der 30 Sekunden vor Schluss für den Ausgleich sorgte, blieb Toronto in den finalen Minuten eiskalt. Selbst im letzten Angriff der regulären Spielzeit ließen die Raptors einen offenen Dreier und anschließend einige Möglichkeiten zum Tip-In liegen. Ein letzter Versuch von James mit 0,6 Sekunden zu spielen auf der anderen Seite landete ebenfalls am Ring - Overtime!
Die Verlängerung begann aus Cavs-Sicht richtig gut. Sowohl Korver als auch Smith hämmerten jeweils einen Dreier durch die Reuse, sodass Cleveland eine 113:109-Führung übernahm. Nach einem Drei-Punkt-Spiel von Lowry leistete sich James jedoch eine Shot-Clock-Violation. Mit 16 Sekunden auf der Uhr hatten die Raptors die Chance zum Sieg: Nach einem Drive und Kick-Out von DeRozan scheiterte Fred VanVleet allerdings mit einem Dreier. Sieg für Cleveland!
Bester Mann der Gäste war wieder einmal James, der mit 26 Punkten, 13 Assists sowie 11 Rebounds sein nächstes Triple-Double auflegte. Nur das Shooting der Nummer 23 war verbesserungswürdig (12/30 FG, 1/8 Dreier). Dafür lieferten jedoch Smith (20 Punkte, 5/6 Dreier), Korver (19, 5/12 Dreier) und Green (16) starke Leistungen ab. Auch Tristan Thompson wusste vor allem gegen Ende des Spiels zu überzeugen (14 Punkte, 12 Rebounds).
Auf der anderen Seite war DeRozan mit 22 Zählern Topscorer der Raptors, Valanciunas steuerte ein beeindruckendes Double-Double bei (21 Punkte, 21 Rebounds). Lowry kam auf 18 Punkte sowie 10 Assists, blieb in der zweiten Halbzeit aber eher blass. Jakob Pöltl erzielte in 17 Minuten 4 Zähler und schnappte sich 6 Rebounds.
Toronto steht damit bereits in Spiel 2 in der Nacht von Donnerstag auf Freitag vor einem Must-Win-Game.
Die wichtigsten Statistiken
Toronto Raptors vs. Cleveland Cavaliers 112:113 OT, Serie 0:1 (BOXSCORE)
- Viel wurde im Vorfeld geredet über den Supporting Cast der Cavs. Können Smith, Green, Korver und Co. endlich abliefern? Sie konnten. Obwohl alle Gäste-Spieler ohne LeBron in ihrem Namen mit 6 von 22 aus dem Feld starteten (27,2 Prozent FG), waren die Rollenspieler spätestens ab dem zweiten Viertel zur Stelle. Auch die Bank machte einen guten Eindruck. Gegen das starke Reservisten-Ensemble der Raptors konnte Cleveland stark mithalten (37:35 Bank-Punkte für CLE).
- Neben dem Supporting Cast der Cavs waren auch die vielen Turnover der Raptors ein Grund dafür, warum Toronto die frühe Führung wieder aus der Hand gab. Die Hausherren gaben 14 Mal den Spalding aus der Hand, was Cleveland dank guter Transition für 21 direkte Punkte nach Turnover ausnutzte. Die Cavs selbst leisteten sich gerade mal 6 Ballverluste.
- Auf beiden Seiten funktionierte das Ball Movement vorbildlich. Sowohl die Raptors als auch die Cavs bewegten den Ball gut und vor allem uneigennützig durch die eigenen Reihen. In zahlreichen Situationen ermöglichten die beiden Teams mit einem Extra-Pass einem Teamkollegen einen weit offenen Wurf. So kamen die Cavs letztlich auf 25 und die Raptors auf 26 Assists.
- Im vierten Viertel war die Offense der Raptors allerdings nicht immer schön anzuschauen. Vermehrt kam es zu Einzelaktionen am Ende der Shotclock, aus denen wenig vielversprechende Würfe entstanden. Zudem war nahezu das komplette Team im vierten Viertel und auch in der Overtime extrem kalt (nur 20,8 Prozent FG im vierten Viertel).
- Mit 38 Punkten allein im zweiten Durchgang meldeten sich die Cavaliers im Spiel zurück - das war die beste Punkteausbeute Clevelands in einem Viertel in den diesjährigen Playoffs.
Toronto Raptors vs. Cleveland Cavaliers: Die Stimmen
LeBron James (Cavaliers): "Meine Teamkollegen waren heute Abend unglaublich. Sie haben einen Gang hochgeschalten, als ich nicht meine bestes Spiel abgeliefert habe."
DeMar DeRozan (Raptors) über den letzten Dreierversuch von VanVleet: "Er hat einen tollen Wurf. Ich kann mit ihm als Option in zehn von zehn Fällen gut leben. Wir haben eine gute Wurfmöglichkeit bekommen und der Ball ist einfach nicht reingefallen."
Der Star des Spiels
LeBron James. Zugegeben, der King erwischte in Sachen Shooting nicht den allerbesten Abend. Doch gerade in der Crunchtime war LeBron eben doch mit extrem wichtigen Punkten zur Stelle. Ach ja, das Triple-Double war natürlich ebenfalls nicht von schlechten Eltern ...
Der Flop des Spiels
Kyle Lowry. 15 Punkte und 7 Assists hatte der Point Guard nach den ersten 36 Minuten auf dem Konto. Im vierten Viertel und der Overtime kamen allerdings nur magere 3 Zähler sowie 3 Vorlagen hinzu. In der Crunchtime war von Lowry so gut wie nichts zu sehen. Da muss in den kommenden Spielen mehr kommen.
Coaching Move des Spiels
Nachdem DeRozan und Lowry im ersten Viertel beziehungsweise Valanciunas im dritten Abschnitt die Zone der Small-Ball-Cavs fast nach Belieben dominierten, setzte Head Coach Ty Lue im Schlussabschnitt schließlich doch auf Tristan Thompson, der den Ring deutlich besser beschützte als die Kollegen zuvor. So kamen die Raptors in Crunchtime nicht mehr so häufig zu leichten Abschlüssen unter dem Korb. Auf der anderen Seite agierte O.G. Anunoby wie zu erwarten als One-on-One-Defender gegen LeBron. Das heißt, die Raptors verzichteten weitestgehend auf Double-Teams oder Switches - das bestrafte James jedoch besonders in den Schlussminuten.