Moritz Wagner und Isaac Bonga: Die Chancen der Deutschen beim NBA Draft 2018

Ole Frerks
18. Juni 201810:21
Moritz Wagner und Isaac Bonga könnten die nächsten beiden Deutschen in der NBA werden.getty/imago
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Es ist wieder soweit - in dieser Woche findet der NBA Draft 2018 statt (Fr., 1 Uhr live auf DAZN). Dabei haben auch zwei deutsche Spieler gute Chancen, gedraftet zu werden. Doch was können Moritz Wagner und Isaac Bonga? SPOX stellt beide vor und wagt eine Prognose.

Moritz Wagner - Stärken und Schwächen des College-Stars

Position: Forward/Center / College: Michigan

Alter: 21 / Größe: 2,11 Meter / Spannweite: 2,13 Meter / Gewicht: 111 Kilo

Die Statistiken (pro 40 Minuten) von Moritz Wagner 2017/18

PunkteReboundsAssistsStealsBlocksTurnoverFG%3FG%FT%
21,210,31,21,40,72,152,839,4 (63/160)69,4

Im Idealfall ein Typ wie: Mehmet Okur, Ryan Anderson

Stärken:

  • Elitärer Wurf für einen Big Man
  • Gutes Ballhandling
  • Vielseitiges Offensiv-Arsenal
  • Hoher Basketball-IQ
Moritz Wagner könnte in der NBA schnell eine Rolle als Shooter finden. getty

Schwächen:

  • Limitierte Upside
  • Zieht kaum Freiwürfe
  • Kein explosiver Athlet
  • Kein Shotblocker

Moritz Wagner hatte bereits 2017 mit dem Sprung in die NBA geliebäugelt, stattdessen entschied er sich jedoch für eine weitere Saison in Michigan und nutzte diese auch ziemlich ideal: Im NCAA Tournament entstand ein regelrechter Hype um den gebürtigen Berliner, als dieser die Wolverines als bester Spieler bis ins Championship Game führte, wo dann allerdings gegen die Villanova Wildcats Endstation war.

Wagner stieg in dieser Phase in einigen Mock Drafts sogar bis in die frühen 20er auf, weil insbesondere seine offensive Vielseitigkeit und Reife viele Zuschauer beeindruckte. Der Big Man verfügt nicht nur über einen starken Wurf aus dem Catch-and-Shoot, er kann sich auch selbst aus dem Dribbling Möglichkeiten generieren und hat einige gute Bewegungen im Low-Post im Repertoire. Wagner verliert zudem nur selten den Ball und verfügt grundsätzlich über ein gutes Spielverständnis.

Nach dem Ende der College-Saison ist Wagner allerdings in den meisten Mocks wieder ein ganzes Stück zurückgefallen und wird nun zumeist zwischen Anfang und Mitte der zweiten Runde geführt, was um einiges realistischer erscheint.

Moritz Wagner: In der NBA "nur" ein Shooter?

Denn bei allen positiven Eigenschaften seines Spiels ist es nicht ganz klar, wie gut er diese auf das NBA-Niveau übertragen kann. Gerade offensiv nutzte er in der NCAA oft seine körperlichen Vorteile aus, diese wird er in der NBA aber eher selten haben. Er ist zudem kein sonderlich guter Passer, weshalb es durchaus sein könnte, dass er in der NBA zu einem relativ eindimensionalen Shooter "reduziert" wird, wenn er hier nicht noch signifikante Fortschritte macht.

Gleichwohl ist die Offense nicht das Problem - selbst, wenn er "nur" ein Shooter sein sollte, gibt es für Stretch-Bigs von der Bank in der Liga eigentlich immer einen Platz. Das größte Fragezeichen und letztendlich auch der Punkt, der seine Rolle in der NBA entscheidend beeinflussen wird, ist Wagners Defense.

Der 21-Jährige ist zwar ein durchaus intelligenter Teamverteidiger, es fehlt ihm aber merklich an lateraler Geschwindigkeit und so kann es gerade nach Switches problematisch für ihn werden. Trotz seiner Größe eignet er sich bisher nicht als Ringbeschützer, da er von der Helpside oft den einen Schritt zu spät ist und kaum Würfe blockt. Stattdessen muss er relativ häufig zum Foul greifen. Hier wird ihm die doch eher durchschnittliche Athletik oftmals zum Verhängnis.

Wagner: Wie viel Luft nach oben ist noch da?

Auch als Rebounder hat Wagner seine Defizite, gerade dann, wenn es gegen physisch starke Gegenspieler geht, wenngleich er sich in dieser Hinsicht in seiner dritten College-Saison klar gesteigert hat.

Das Wort "steigern" ist in Bezug auf Wagners Draft-Chancen wichtig: Im Draft ist Potenzial seit Jahren das wichtigste Kriterium, nach dem gedraftet wird, weshalb junge, rohe Spieler im Normalfall höher gezogen werden als ältere und verhältnismäßig "fertige" Spieler wie Wagner, der mit seinen 21 Jahren schon zu den älteren verfügbaren Spielern in diesem Jahrgang zählt. Natürlich kann und wird er sich trotzdem noch verbessern, seine "Upside" gilt im Vergleich mit anderen Spielern aber eben als limitiert.

Gerade für Teams, die nicht mehr jahrelang rebuilden und stattdessen angreifen wollen, kann Wagner aber gerade aufgrund seines Alters und seiner Reife interessant sein - er wird wohl nicht ewig viel Zeit brauchen, um sich an die Liga zu gewöhnen, und könnte eine Rolle als Stretch-Big von der Bank relativ schnell finden. Ob darüber hinaus noch mehr möglich sein wird, wird vor allem sein Fortschritt in der Defense determinieren.

Prognose: Mitte 2. Runde

Mögliche Teams: Magic, Hawks, Sixers, Knicks

Isaac Bonga - Rohdiamant und "die Zukunft im deutschen Basketball"

Position: Guard/Forward / Team: Frankfurt

Alter: 18 / Größe: 2,06 Meter / Spannweite: 2,13 Meter / Gewicht: 92 Kilo

Die Statistiken (pro 40 Minuten) von Isaac Bonga 2017/18

PunkteReboundsAssistsStealsBlocksTurnoverFG%3FG%FT%
11,35,94,31,90,94,24234,3 (12/35)92,1

Im Idealfall ein Typ wie: Kyle Anderson

Stärken:

  • Vielseitigkeit (Point Forward)
  • Elitäre Länge
  • Gute Athletik
Isaac Bonga wird vermutlich erst in einigen Jahren imago

Schwächen:

  • Wackliger Wurf
  • Decision-Making
  • Muss kräftiger werden

Isaac Bonga ist so etwas wie der genaue Gegenentwurf zu Moritz Wagner - mit 18 Jahren gehört er zu den jüngsten Spielern im gesamten Draft und man hat ihn bisher deutlich weniger auf hohem Niveau spielen sehen als den Berliner. Erst in der abgelaufenen BBL-Saison etablierte er sich dauerhaft in der Rotation der Skyliners, absolvierte zwischenzeitlich aber auch noch Spiele für die Juniors in der Pro B.

Entsprechend ist Bonga auch ein komplett anderes Prospect als Wagner, obwohl beide innerhalb weniger Picks über den Ladentisch gehen könnten. Bei ihm geht es fast komplett um das Potenzial, es ist auch sehr gut denkbar, dass er auch noch mindestens eine Saison in Europa bleiben könnte, um an seinem Spiel zu arbeiten. Das empfiehl ihm im Laufe der Saison auch bereits Bundestrainer Henrik Rödl, der gleichzeitig aber auch äußerte, dass Bonga "die Zukunft im deutschen Basketball" gehöre.

Bis dahin ist es freilich noch ein weiter Weg. Bonga muss zwingend noch an seiner Physis arbeiten, wenngleich das bei einem 18-Jährigen natürlich auch völlig normal ist. Ebenso muss sich seine Entscheidungsfindung auf dem Court verbessern - Bonga spielte in der BBL bisweilen etwas kopflos und neigte dadurch zu unnötigen Ballverlusten, auch seine Wurfauswahl war zeitweise fragwürdig. Auch aufgrund seiner schwachen Physis geht er dem Kontakt zu oft aus dem Weg, sowohl defensiv als auch offensiv.

Isaac Bonga: Das größte Fragezeichen ist der Wurf

All dies sind Punkte, die sich mit Arbeit im Kraftraum und mehr Erfahrung vermutlich ablegen lassen, etwas anders verhält es sich jedoch mit Bongas Wurf. Die Dreierquote sieht mit 34 Prozent zwar ordentlich aus, diese Würfe sind zumeist aber auch weit offen - er strahlt kein übermäßiges Selbstvertrauen in seinen Wurf aus und so sinken Verteidiger oft weit von ihm ab. Sein Release ist zudem ziemlich langsam, auch wenn er in dieser Hinsicht Fortschritte gemacht hat. Hier ist definitiv noch viel Arbeit nötig.

Gleichzeitig verfügt Bonga aber auch schon jetzt über eine Kombination aus Physis und Skills, die ihn für die NBA zumindest langfristig hochinteressant macht. Er ist enorm vielseitig und mit seinen Maßen sowie seiner ordentlichen Athletik wie gemacht für das "positionslose" Spiel in der NBA, er sollte mehrere Positionen adäquat verteidigen können.

Sein uneigennütziges Spiel und sein gutes Auge dürften aus ihm offensiv einen guten Point Forward machen, der den primären Playmaker entlasten kann. Er ist schon jetzt ein überdurchschnittlicher Rebounder und verfügt über ein nettes Arsenal an Floatern, gerade in Transition punktet er damit effizient. Seine guten Anlagen sind offensichtlich, wenn auch noch teilweise "unterentwickelt".

Bonga: Eine Investition in die Zukunft

Es ist gut möglich, dass Rödl Recht hatte und dass Bonga sich noch etwas mehr Zeit lassen sollte - vielleicht hätte er auch auf eine höhere Draft-Position hoffen können, wenn er sich erst 2019 nach einer weiteren Saison in der festen Rotation Frankfurts zum Draft angemeldet hätte.

Nun wird vermutlich ein Team in der zweiten Runde den Zuschlag bekommen, das Geduld hat und in Bonga eine Investition sieht, die sich (wenn überhaupt) erst in einigen Jahren rentieren wird.

Prognose: Mitte 2. Runde

Mögliche Teams: Magic, Hawks, Sixers, Kings, Nets, Pelicans