Die Toronto Raptors haben bei den Miami Heat durch ein Comeback in der zweiten Halbzeit noch gewonnen. Dabei setzte Raptors-Coach Nick Nurse auf einen Zonen-Verteidigung - nicht zum ersten Mal in dieser Saison. Könnte dies ein Erfolgsrezept für die Kanadier sein?
Die Raptors entpuppen sich mehr und mehr als kleine Comeback-Könige in der NBA. Innerhalb einer guten Woche haben die Kanadier nun zum zweiten Mal einen 17-Punkte-Rückstand noch in einen Sieg umgemünzt, in Indiana und auch in Miami, als Toronto durch einen Clutch-Dreier von Danny Green letztlich mit 106:104 siegte.
"Keine Führung ist sicher gegen uns", tönte Guard Fred VanVleet, der erneut den verletzten Kyle Lowry auf Point Guard ersetzte. "Wir sind immer im Spiel und haben immer eine Chance, das Spiel noch zu gewinnen."
Das sind natürlich die gewohnten Phrasen, die man von NBA-Spielern nach solchen Comebacks hört, doch blickt man einmal genauer auf die Partie, wird recht schnell deutlich, dass Head Coach Nick Nurse in der Halbzeit gewisse Dinge veränderte. 58:44 stand nach es zur Pause, die Gastgeber vom South Beach trafen 55 Prozent aus dem Feld und fast die Hälfte ihrer Dreier.
Toronto Raptors setzen zeitweise auf Zonen-Verteidigung
Nurse bediente sich darum einer Strategie, die er bereits einige andere Male in dieser Saison angewandt hatte, als Toronto sich in der ersten Halbzeit ein tiefes Loch gegraben hatte - er setzte auf eine Zonen-Verteidigung, die in der NBA nur recht spärlich eingesetzt wird.
Das hat seine Gründe. Vor allem in der modernen NBA mit zahlreichen Spielmachern und vielen potenten Dreierschützen sollte es recht einfach sein, eine 2-3- oder 3-2-Zone auszuhebeln. Zum Verständnis: Bei einer Zonen-Verteidigung wird nicht der direkte Gegenspieler bewacht, sondern der Raum, in dem der Verteidiger steht.
Zone der Raptors bricht Rhythmus der Gegner
Es bedarf also viel Kommunikation, um nicht leichte Abschlüsse am Ring oder freie Dreier am Perimeter zuzulassen. Außerdem sind die Verteidiger im Idealfall flink auf den Beinen und mit jeder Menge Athletik gesegnet, um die entstehenden Räume wieder zu schließen. Das können die Raptors nur teilweise aufbieten. Natürlich besitzt Nurse mit Kawhi Leonard, Green, O.G. Anunoby und Pascal Siakam extrem athletische Flügelspieler, doch es fehlen (ohne Lowry) Alternativen auf der Eins und ein mobiler Ringbeschützer, wie es der frühere Serge Ibaka einmal war.
Und dennoch war die Zone bislang eine Erfolgsgeschichte für die Kanadier. Bereits in der Preseason sah man Toronto damit experimentieren, erste Erfolge gab es Ende November in Memphis, als man nach einer fürchterlichen ersten Halbzeit wie bei den Pacers oder nun in Miami noch ein verloren geglaubtes Spiel umbiegen konnte.
Mit 37:21 ging der dritte Abschnitt an Toronto, die Partie war wieder völlig offen. Miami traf nur noch 44 Prozent aus dem Feld, der Rhythmus war komplett dahin. Die Raptors stellten die Heat vor völlig neue Aufgaben, wofür diese keine Lösungen hatten. "Es geht immer darum Entscheidungen zu treffen", erklärte Nurse. "Wenn unsere Zonen-Verteidigung funktioniert, zwingen wir weniger effiziente Spieler, dass sie Plays machen."
Zeigen die Raptors die Zone auch in den Playoffs?
Damit ist der Zweck der Zone in der NBA auch gut erklärt. Über 48 Minuten ist dieses System auch kaum spielbar, da die Gegner früher oder später die Schwachstellen finden werden. Auf Dauer ebenfalls problematisch kann das Rebounding werden, da durch die Zone jede Menge Mismatches entstehen und die Bigs gegen kleinerer Gegenspieler, Abpraller leicht pflücken können. Für einige Minuten kann es, wie bei Toronto gesehen, aber eben auch sehr hilfreich sein.
"Ich hatte genug davon, dass wir nicht verteidigen", erklärte Nurse, warum er in Memphis die Zone wählte. "Außerdem wollte ich den Rhythmus des Gegners brechen, dafür ist die Zone da. Glücklicherweise hat es funktioniert." Gleichzeitig gab auch der Raptors-Coach zu, dass dies nicht über einen längeren Zeitraum umsetzbar ist.
Dennoch werden die Raptors sicher hier und da auf dieses Konzept zurückgreifen, möglicherweise in den Playoffs gegen Teams wie zum Beispiel die Philadelphia 76ers, die große Probleme mit ihrem Shooting (und ihrer Tiefe) haben. Coach Nurse wird sicherlich nicht davor zurückschrecken, es zu versuchen.