Die Detroit Pistons hatten in der ersten Runde der Playoffs gegen die Milwaukee Bucks nicht den Hauch einer Chance und stecken im Mittelmaß der NBA fest. Gibt es für Detroit einen Ausweg? Was können die Pistons für eine bessere Zukunft tun? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.
Was ist passiert?
Es ist letztlich das eingetreten, was alle Experten erwartet haben. Die Bucks, die nicht durch Zufall das beste Team der Regular Season waren, wischten mit den Pistons viermal den Boden und nutzten die Serie als munteres Warmschießen für den Showdown in der kommenden Runde mit den Boston Celtics.
Detroit war nicht mehr als ein Prügelknabe und verlor alle Spiele deutlich. Dies verwunderte wenig, selbst mit einem fitten Blake Griffin wäre ein Sweep, gemessen am Talent-Level beider Teams, keine Sensation gewesen. Das fing schon bei der Frage an, wer eigentlich für Giannis Antetokounmpo zuständig sein sollte. Thon Maker foulte den Griechen in jedem zweiten Angriff, Andre Drummond fiel lediglich durch das Abwinken beim Dreier des MVP-Kandidaten auf.
Bucks vs. Pistons: Die Serie im Überblick
Spiel | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | Milwaukee | Detroit | 121:86 |
2 | Milwaukee | Detroit | 120:99 |
3 | Detroit | Milwaukee | 103:119 |
4 | Detroit | Milwaukee | 104:127 |
Der Greek Freak konnte also schalten und walten wie er wollte, gleiches galt für Khris Middleton und Eric Bledsoe. Immerhin konnte man Coach Dwane Casey nicht vorhalten, dass man es nicht versucht hätte. Schon in Spiel 2 stellte er sein halbes Team um, brachte mit Luke Kennard noch mehr Offense und konnte die Bucks so in der ersten Halbzeit zumindest ein wenig ärgern.
Es sollte jedoch hinten und vorne nichts ändern, auch das Comeback von Griffin in den beiden Heimspielen stieß den Bock nicht um. Selbst ein fitter Blake hatte schon in der Regular Season mit dem Matchup gegen Giannis massive Probleme (wer nicht?), in den Playoffs verhielt es sich beim sichtlich eingeschränkten Blake natürlich nicht anders.
Wie ist die Saison der Pistons zu beurteilen?
Das Ziel vor der Saison war klar - die Playoffs sollten erreicht werden. Diese Vorgabe wurde erreicht, wenn auch ohne Glanz, da die Eastern Conference hinter Platz fünf merklich abfiel.
Lange sah es dabei so aus, als ob Detroit "Best of the rest" sein würde, bevor sich das Knie von Griffin meldete und die Pistons im Schlussspurt beinahe noch in die Lottery gerutscht wären. So stand am Ende Platz acht und ein Speed-Date mit den Bucks, Giannis sagte aber schnell 'Next', wodurch Ernüchterung in der Motor City einkehrte.
Gemessen am Talent sind die Pistons genau da gelandet, wo man sie vor der Saison vermutet hatte - im grauen Mittelmaß. Dass Detroit dennoch erstmals seit 1984 eine Playoff-Serie ausrichtete (dazwischen spielten die Pistons in Auburn Hills), sorgte für ein wenig Euphorie, mehr aber auch nicht.
Coach Casey installierte eine solide Defense, was bei diesem Personal aller Ehren wert war, doch offensiv blieben die Pistons zu abhängig von Griffin, der zeitweise den Laden alleine schmeißen musste. Über einige Wochen nach dem All-Star Break waren die Pistons unheimlich heiß von Downtown und deuteten an, dass offensiv noch etwas mehr in ihnen stecken könnte, dieser Hot Streak verpuffte jedoch letztendlich auch wieder.
Es bleibt festzuhalten, dass Milwaukee in den Playoffs natürlich ein undankbares Matchup war, jedoch hätte es wohl gegen die anderen Topteams kaum anders ausgesehen.
Was macht für die Zukunft Hoffnung?
Immerhin gab es aber auch den einen oder anderen Lichtblick: Luke Kennard bestätigte in seinem zweiten NBA-Jahr seinen Ruf als exzellenter Schütze und könnte auf lange Sicht durchaus eine feste Größe auf dem Flügel werden, auch wenn er gerade defensiv größere Limitierungen hat.
Dafür besitzt der ehemalige Dukie dank mehrerer Jahre am College gute Fundamentals und ist durchaus in der Lage, als sekundärer Ballhandler den eigenen Point Guard zu entlasten. Seine Stats als Ballführender im Pick'n'Roll waren ligaweit gehobener Durchschnitt, gleiches gilt für gut 39 Prozent von der Dreierlinie bei über vier Versuchen. Als einer der wenigen Pistons spielte Kennard auch gegen Milwaukee eine gute Serie (15 Punkte, 49 Prozent FG, 60 Prozent 3FG).
Eine weitere Alternative auf den kleinen Positionen stellt Bruce Brown dar, der sich als 42. Pick im Draft schnell in der Rotation etablieren konnte und sogar in 56 Spielen startete. Noch ist der 22-Jährige ein reiner Defensivspezialist, doch auch bei ihm ist noch jede Menge Potenzial vorhanden.
Potenzial wurde auch Maker attestiert, als die Bucks den im Südsudan geborenen Australier etwas überraschend an Position 10 im Draft 2016 auswählten. In Milwaukee schaffte Maker aber nie den Durchbruch. Die Pistons fädelten für ihn einen Trade ein, wobei sie ihr eigenes Projekt, Stanley Johnson, nach fast vier Jahren begruben.
Nun zeigte Maker in den zwei Monaten für Detroit ebenfalls nicht viel, abschreiben sollte man den Schlaks aber noch nicht. Mit Maker wird noch immer die Hoffnung verbunden, dass aus ihm mal ein (kleines) Einhorn wird, das offensiv das Feld breit machen und defensiv den Ring beschützen kann.
Gesehen hat man davon noch recht wenig, doch die Hoffnung macht Maker für Detroit eben auch wichtig. Es heißt nicht umsonst: Entweder spielst du um den Titel oder du stehst für eine bessere Zukunft. Im Moment stehen die Pistons für nichts dergleichen, man ist eine graue Maus, was sich auch nicht so schnell ändern wird.
Was können die Pistons in der Offseason machen?
Sehr wenig! Für das kommende Jahr stehen bereits elf Spieler fest unter Vertrag, der Cap ist schon jetzt mit 112 Millionen Dollar belastet, wenn Detroit die Teamoption bei Glenn Robinson III (4,3 Mio.) zieht. GRIII ist nominell auch der einzige Small Forward im Team, was schnell deutlich macht, woran es im Kader hakt.
Detroit braucht dringend Verstärkung für den Flügel, sei es im Draft, wo die Pistons den 15. Pick halten, oder eben via Free Agency. Das dürfte bei diesem begrenzten Budget aber schwierig werden, schließlich sucht jedes Team gute Flügelspieler, was auch den Preis nach oben treibt. Der Standort Detroit ist ebenfalls kein Vorteil, eher das Gegenteil.
Die Topverdiener der Pistons im Überblick
Spieler | Gehalt 18/19 (in Mio.) | Gehalt 19/20 | Gehalt 20/21 |
Blake Griffin | 32,1 | 34,4 | 36,8 |
Andre Drummond | 25,4 | 27,1 | 28,8 (PO) |
Reggie Jackson | 17,0 | 18,1 | UFA |
Jon Leuer | 10,0 | 9,5 | UFA |
Gesamt | 116,3 | 112,4 | 75,8 |
Ebenso würde sich Casey wohl auch nicht über ein Upgrade auf Point Guard beschweren. Reggie Jackson spielte zwar eine solide Saison, ist aber eher im unteren Drittel der startenden Spielmacher in der Association anzusiedeln. In der kommenden Spielzeit kassiert Jackson noch knapp 18,1 Millionen Dollar, dann läuft sein Vertrag aus. Die Pistons werden sich bestimmt in der Liga wegen möglichen Trades umhören, doch Jackson werden sie wahrscheinlich nur abstoßen können, wenn sie langfristiges Gehalt aufnehmen.
Weitere Free Agents der Pistons sind Ish Smith, Wayne Ellington, Jose Calderon und Zaza Pachulia, wobei die beiden Letztgenannten für das Minimum spielten. Ellington würden die Pistons sicher gerne halten, der Shooter dürfte aber von Contendern umworben werden, während Smith sicherlich ersetzbar ist, auch wenn er seine Rolle als zweiter Spielmacher wieder solide ausfüllte.
Muss Andre Drummond getradet werden?
Der große Zankapfel am Lake Michigan ist dagegen nicht mehr (nur) Jackson, sondern Drummond, der während Spiel 3 von den Pistons-Fans sogar ausgepfiffen wurde. Vor der Ankunft von Griffin galt der Center als das Aushängeschild Detroits, das die Pistons 2012 mit dem neunten Pick zogen und später auch mit einem Maximalvertrag ausstatteten.
So kassiert Drummond in den kommenden beiden Jahren noch knapp 56 Millionen, wenn er seine Spieleroption zieht (er wird es tun!). Der Fünfer verbesserte sich zwar fast jede Saison in der Motor City (Freiwürfe, Playmaking, etc.), bleibt aber limitiert, da sich sein offensives Arsenal auf Putbacks und Lobs beschränkt. Immerhin gab es in dieser Saison weniger der fürchterlichen Postups, die mangels Touch nie für eine effektive Offense standen.
Was vielen Fans in Detroit aber sauer aufstößt, ist der teils fehlende Einsatz und die verheerende Körpersprache. In Michigan wurden die Leute über Jahrzehnte mit Mentalitätsmonstern vom Schlage eines Isiah Thomas, Chauncey Billups oder Ben Wallace verwöhnt (die Liste lässt sich problemlos fortführen), Drummond strahlt dies jedoch überhaupt nicht aus, auch wenn ihn seine Teamkollegen verteidigen.
getty"Solche Pfiffe hört kein Spieler gerne, vor allem wenn er immer so hart spielt wie Dre", sprang Griffin seinem Frontcourt-Partner zur Seite. "Er hat sich hier über Jahre den Arsch aufgerissen." Das mag auch stimmen und brachte Drummond zu zwei All-Star-Nominierungen (2016, 2018) sowie sogar einer Wahl ins All-NBA Third Team (2016), doch der Center konnte mit der Entwicklung der Liga nicht Schritt halten.
Umso unglücklicher ist es auch, dass Drummond die Position besetzt, auf der Griffin wohl am meisten Schaden anrichten könnte, nämlich als Small Ball-Fünfer. So wäre ein Trade von Drummond eventuell die beste Lösung für beide Seiten, doch der Center-Markt ist aufgrund der fehlenden Nachfrage kein leichter. Schon zur letzten Deadline fanden die Pistons keinen Abnehmer für Drummond.
Kaum ein Team braucht im Moment einen Fünfer, vor allem für dieses Gehalt, das mussten auch die Miami Heat bei Hassan Whiteside feststellen, auch wenn Drummond sicherlich eine Stufe über dem Heat-Center anzusiedeln ist. Drummond hat durchaus seine Vorzüge, gerade als Rebounder, doch die Playoffs sowie sein Salär haben seinem Ruf eher geschadet denn geholfen.