NBA: 5 Fragen nach dem Ausscheiden der Indiana Pacers: Das Warten auf Dipo

Robert Arndt
22. April 201917:48
Victor Oladipo erholt sich noch von seiner schweren Knieverletzung.getty
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Die Indiana Pacers sind etwas überraschend per Sweep gegen die Boston Celtics aus den Playoffs geflogen. Wie geht es nun weiter in Indianapolis - und was waren die Gründe für das Ausscheiden? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

Zum erst zweiten Mal in ihrer Franchise-Geschichte wurden die Indiana Pacers in einer Best-of-seven-Serie gesweept, die Premiere dafür war 2017 in der ersten Runde gegen LeBron James und die Cleveland Cavaliers. Damals verloren die Pacers vier knappe Partien mit zusammengerechnet 16 Punkten, auch diesmal betrug der Unterschied zwischen Indy und Boston gerade einmal 30 Zähler, also nur gut 7 pro Spiel.

Das Team von Nate McMillan war also keineswegs chancenlos, das zeigt schon, dass die Pacers in allen vier Spielen eine Führung in der zweiten Halbzeit hatten, jedoch keine über die Ziellinie brachten. Der Knackpunkt der Serie war dabei wohl Spiel 2, als Indiana im Schlussabschnitt mit 12 Punkten führte und dann komplett einbrach.

Alle Spiele der Serie im Überblick

TagDatumUhrzeitSpielHeimAuswärtsErgebnis
Sonntag14. April19 Uhr1BostonIndiana84:74
Donnerstag18. April1 Uhr2BostonIndiana99:91
Samstag20. April2.30 Uhr3IndianaBoston96:104
Sonntag21. April19 Uhr4IndianaBoston106:110

"Man muss nur auf die letzten fünf Minuten blicken", erklärte Point Guard Darren Collison. "Sie hatten immer einen Closer, in den ersten Spielen Kyrie Irving und in Spiel 4 Gordon Hayward." Es machte sich eben bemerkbar, dass mit Victor Oladipo der beste Offensiv-Spieler und gleichzeitig auch der Anführer der Pacers fehlte.

Die Celtics waren sicherlich deutlich talentierter, hatten aber mit Indianas Defense ebenfalls so ihre Probleme. Auch Boston verbuchte nicht einmal 100 Punkte im Schnitt, hatte dafür aber gleich sieben Spieler, die mindestens zweistellig scorten. Die Pacers, in der Regular Season ebenfalls ein tiefes Team, konnten da nicht mithalten.

"Wir waren in dieser Serie unser größter Feind", befand Thaddeus Young, der irgendwie sinnbildlich für die Pacers stand. Young entnervte die Celtics zwischenzeitlich mit überragender Defense und durchschnittlich 2,8 Steals, traf aber im Angriff überhaupt nichts. 43 Prozent aus dem Feld (dazu 25 Prozent Dreier, 57 Prozent von der Freiwurflinie) reichten einfach nicht aus, um Spiele zu gewinnen.

Wieso konnten die Pacers keine Offense generieren?

Young hatte darauf eine einfache Antwort: "Nummer 4", sagte der Big Man knapp und bezog sich dabei klar auf Oladipo. "Er ist unser Dosenöffner, ihm können wir den Ball geben, wenn wir Probleme bekommen, vor allem im vierten Viertel. Wenn er gespielt hätte, wären die Spiele möglicherweise anders verlaufen."

Wohl niemand möchte Young dabei widersprechen, zu offensichtlich waren die offensiven Probleme der Pacers. Mit Wesley Matthews holte Indiana zwar kurzfristig einen vernünftigen Ersatz, doch der Iron Man ist ein klassischer 3-and-D-Spieler und kein Spielmacher, der sich selbst einen Wurf kreiert und seine Mitspieler in gute Positionen bringt.

Indiana musste Oladipos Ausfall im Kollektiv auffangen, auch weil eben ein Go-to-Guy fehlte, der in den Playoffs so entscheidend ist. Da Indy auch kein Team ist, das viele Dreier loswird (und auch trifft), machte es das gegen eine elitäre Offense nicht leichter. Wie die Spiele 3 und 4 zeigten, war Tyreke Evans da noch die beste Option, sein Hero Ball ist aber auf dem höchsten Niveau auch nicht genug.

Pacers: Große Mängel im Halbfeld

Vielleicht hätte Coach Nate McMillan auch ein wenig von seiner Philosophie abweichen müssen. Indiana lief zu selten den Fastbreak und wurde von Boston immer wieder ins Halbfeld gepresst. So traten die extremen Mängel zu Tage, die über die vier Spiele nicht behoben werden konnten. Die Pacers erzielten nur in Spiel 4 über 100 Punkte - und das lediglich, weil man in den letzten beiden Minuten durch absichtliches Foulen 19 Zähler erzielte.

"Es war nicht flüssig, was wir gespielt haben", bemängelte auch Myles Turner. "Wir haben die Plays nicht richtig zu Ende gespielt und das darf man sich in der Postseason nicht erlauben." Indiana traf über die Serie nur 40 Prozent aus dem Feld, das Offensiv-Rating betrug verheerende 95,8 Punkte auf 100 Ballbesitze - zu wenig, um auch nur ein Spiel gegen solide Celtics zu gewinnen.

Wie ist die Saison der Pacers insgesamt zu bewerten?

Trotz des Sweeps dürfte das Fazit bei den Pacers positiv ausfallen. Indiana hat das, wonach viele Teams auf der Suche sind - eine Identität und einige Bausteine für die Zukunft. Natürlich bestehen Fragezeichen, wie Oladipo nach seiner schweren Verletzung zurückkehren wird, doch auf der anderen Seite hat vor allem Myles Turner einen enormen Sprung gemacht. Gleiches gilt für Domantas Sabonis.

Turner ist endlich der defensive Anker, den sich Indiana vorstellt und wird sicherlich auf einigen Stimmzetteln für den besten Verteidiger des Jahres auftauchen. Dieses Gespann alleine sollte dafür sorgen, dass Indiana in den kommenden Jahren ernst genommen werden muss. Durch die Oladipo-Verletzung bröckelte das Konstrukt ein wenig, doch davor waren die Pacers die dritte Kraft im Osten, vor Philadelphia und deutlich vor Boston.

Pacers-Fazit fällt positiv aus

"Wir hatten eine weitere gute Saison", zog Bogdanovic deswegen ein positives Fazit nach dem Ausscheiden. "Wir hatten diese Saison viele Verletzungen, Boston hatte nun einfach mehr Feuerkraft als wir." Zu den Verletzten zählte auch mehrfach Tyreke Evans, dessen Verpflichtung vor der Spielzeit als echter Steal gefeiert wurde.

Der Sixth Man hatte aber immer wieder kleinere Blessuren, weswegen er wohl seine starke Saison in Memphis nicht bestätigen konnte. Vor allem beim Abschluss in Ringnähe hatte Evans große Schwierigkeiten, ein weiteres Indiz, dass der Guard nicht vollständig fit war. Mit ihm hatten die Pacers eigentlich den benötigten zweiten Ballhandler verpflichtet, letztlich konnte Evans aber die Erwartungen nicht erfüllen, auch wenn er in den Spielen 3 und 4 deutlich verbessert daherkam.

Oladipo-Verletzung torpedierte Indianas Hoffnungen

Mit Oladipo hätte er natürlich weniger Verantwortung übernehmen müssen und wäre entsprechend effektiver gewesen, dies sind aber alles nur Vermutungen. Gleiches gilt für die Bewertung der Pacers-Saison. Hätte Indiana mit dem Shooting Guard eine Playoff-Serie gewinnen können? Wir werden es nicht herausfinden.

Fakt ist: Mit Oladipo hatten die Pacers die viertbeste Bilanz der kompletten Liga, gewannen 32 von 47 Spielen und hatten nach den Milwaukee Bucks die zweitbeste Verteidigung der NBA. Die Offense war zwar schon zu diesem Zeitpunkt nur Mittelmaß (Platz 14), aber eben gut genug, um Spiele zu gewinnen. Indiana verstand es nämlich, die schlechten Teams zu schlagen, gegen Playoff-Mannschaften betrug der Record bis dahin nur 11-10.

Als Fazit lässt sich wohl behaupten, dass die Pacers im gehobenen Mittelmaß der Liga anzusiedeln sind, dank ihrer jungen Spieler aber noch Luft nach oben haben. Ein Anwärter auf den Titel ist Indy nicht, aber dies war vor der Spielzeit auch nie der Anspruch im Mittleren Westen.

Was machen die Pacers in der Offseason?

Es ist völlig unklar, wie das Team der Pacers in der kommenden Saison aussehen wird. Mit Oladipo, Turner, Domantas Sabonis, Doug McDermott, T.J. Leaf und Aaron Holiday stehen gerade einmal sechs Spieler für 2019/20 fest unter Vertrag. Auf der anderen Seite werden sechs Rotationsspieler, davon dreieinhalb Starter (Wesley Matthews begann nur wegen der Oladipo-Verletzung) Unrestricted Free Agent.

Priorität dürften insbesondere Bojan Bogdanovic (Gehalt: 10,5 Mio.) und Thaddeus Young (13,7) genießen, die beide eine essentielle Rolle im System der Pacers spielen. Bogdanovic machte mit 30 Jahren noch einmal einen Sprung und ist an der Seite von Oladipo sicherlich eine hervorragende Option. Der Kroate braucht kaum spezielle Plays, um zu scoren, da er extrem vielseitig ist. Mit 18 Punkten pro Spiel war Bogi in den Playoffs der beste Scorer, konnte aber als primärer Punktesammler nicht die Kohlen aus dem Feuer holen (nur 39,7 Prozent aus dem Feld).

Indiana Pacers: Diese Spieler werden Free Agent

SpielerAlterPositionGehalt 18/19 (in Mio.)
Darren Collison31Point Guard10,0
Cory Joseph27Point Guard7,95
Tyreke Evans29Guard12,4
Wesley Matthews32Shooting Guard0,51
Bojan Bogdanovic30Forward10,5
Thaddeus Young30Forward13,7
Kyle O'Quinn29Center4,45

Was bezahlt man nun einem solchen Spieler? Bogdanovic betonte zuletzt, dass er sich in Indiana wohlfühlt, doch auch er wird noch einmal einen Zahltag anstreben. Wenn die Pacers den Kroaten (zu einem gemäßigtem Tarif) halten wollen, wird wohl die Länge des Vertrags entscheidend sein, gleiches gilt für Young, der neben Turner einer der besten defensiven Bigs der Liga ist.

Insgesamt haben die Pacers knapp 50 Millionen Dollar an Cap Space zur Verfügung, in der Theorie also zumindest Platz für einen Maximal-Spieler. Da Indiana aber kein großer Markt ist, werden wohl die großen Fische mal wieder einen Bogen um Indy machen. Die Pacers werden darum versuchen, einige Leistungsträger zu halten und dann den Kader vor allem mit Shooting und passablen Rollenspielern auffüllen.

Pacers: Was passiert auf Point Guard?

Für einen bekannteren Spieler (zum Beispiel Mike Conley aus Memphis) zu traden, dürfte dagegen schwer werden. Oladipo und Turner sind wohl unantastbar, der Rest verdient zu wenig Geld, um einen großen Deal einzufädeln.

So bleibt nur die Free Agency für die Pacers übrig. Hier werden die Pacers mit Argusaugen auf die Spielmacher-Position schauen, nicht zuletzt weil mit Darren Collison und Cory Joseph beide Point Guards keinen Vertrag für die kommende Saison haben. Der Markt ist jedoch recht dünn, die besten Alternativen heißen Kemba Walker (sehr unwahrscheinlich), Ricky Rubio oder Terry Rozier.

So würde es nicht verwundern, wenn zumindest einer aus dem Duo wieder das Pacers-Trikot tragen wird. Die Pacers haben zwar Flexibilität, aber es erscheint fraglich, ob ein echter Coup gelingen kann. Vielmehr dürften die Pacers auf Kontinuität setzen und den Großteil des Kaders zurückbringen. Als sinnvolle Ergänzungen dürften sich Schützen und weitere Spielmacher anbieten.

Wann kehrt Victor Oladipo zurück?

Er sollte so etwas wie der letzte Glücksbringer sein. Erstmals seit seiner verhängnisvollen Verletzung im Januar erschien Oladipo im Bankers Life Fieldhouse, um sein Team anzufeuern. Am 23. Januar hatte sich der Shooting Guard so folgenschwer am Knie verletzt und war nach seiner Operation in Miami, um dort seine Reha voranzutreiben.

Seit März kann Oladipo immerhin wieder ohne Krücken stehen und auch laufen. In dieser Zeit dribbelte er ein wenig mit dem Basketball und nahm auch vorsichtig einige Würfe. Es sind also kleine Fortschritte, die Oladipo macht. Sein Trainer ließ noch im März die Welt wissen, dass Oladipo "dem Zeitplan weit voraus" sei.

Ob dies bedeutet, dass Oladipo zum Start der neuen Saison Mitte Oktober fit sein wird, steht aber noch in den Sternen und ist eher unwahrscheinlich. Die Pacers hielten sich bedeckt, was eine mögliche Rückkehr angeht, man rechnet wohl nicht damit, dass Oladipo zum Saisonstart auf dem Court stehen wird.

Doch selbst wenn dies der Fall wäre, müssen die Erwartungen ein wenig zurückgeschraubt werden. Oladipos Spiel basiert sehr auf seiner Athletik. Niemand kann sagen, wie sehr sie durch diese schwere Verletzung beeinträchtigt wurde. Dass Oladipo direkt wieder ein All-NBA-Spieler sein wird, der er vor jenem 23. Januar war, darf bezweifelt werden.

Für die Pacers ist dies eine schwierige Situation, auch im Hinblick auf die Free Agency. Oladipos Schicksal ist mit der Franchise eng verwoben (noch 2 Jahre Vertrag, 42 Millionen). Nur mit einem fitten Oladipo ist Indiana ein Team, das in den Playoffs für ein wenig Lärm sorgen kann.