Die Orlando Magic sind nach sieben Jahren Playoff-Abstinenz in der ersten Runde an den Toronto Raptors gescheitert. im Sommer wartet nun eine große Entscheidung auf die Franchise aus Florida. SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen zu den Magic.
Was ist passiert?
Letztlich war es nur ein Strohfeuer. Nach einem überraschenden Auftaktsieg in Toronto waren die Magic in den folgenden vier Spielen gegen die Raptors zumeist hoffnungslos unterlegen, drei der vier Niederlagen am Stück waren veritable Blowouts. So kam die Serie dann doch zu dem Ergebnis, das vor dem Start so ziemlich alle Experten erwartet hatten.
Dabei konnten die Magic zeitweise durchaus andeuten, warum sie in den letzten Wochen der Regular Season zu den besseren Teams der Liga gehört hatten. Gerade in Spiel eins war ihre Defense bärenstark und die Athletik und Schnelligkeit insbesondere auf dem Flügel half dabei, die gefürchtete Transition-Offense der Raptors gut einzuschränken.
Raptors vs. Magic: Die Spiele der Serie in der Übersicht
Spiel | Heim | Auswärts | Ergebnis |
1 | Toronto | Orlando | 101:104 |
2 | Toronto | Orlando | 111:82 |
3 | Orlando | Toronto | 93:98 |
4 | Orlando | Toronto | 85:107 |
5 | Toronto | Orlando | 115:96 |
Im Lauf der Serie konnte Toronto den Spieß aber umdrehen und im Gegensatz zu den Kanadiern hatte Orlando nicht mehr mehrere Gänge, die noch hochgeschaltet werden konnten. Insbesondere offensiv kamen die Limitierungen der Magic immer mehr durch, zumal Orlandos Fixpunkt Nikola Vucevic gegen Serge Ibaka und Marc Gasol einen unheimlich schweren Stand hatte.
Der Montenegriner kam in der Serie auf nur 11,2 Punkte im Schnitt und so fehlte Orlando die eine konstante Offensiv-Option, auf die man sich in der Regular Season hatte verlassen können. Das restliche Team konnte dies nur im ersten Spiel ausgleichen, als D.J. Augustin seinen Gegenüber Kyle Lowry mit 25 Punkten regelrecht an die Wand spielte. Diese Geschichte sollte sich - erwartungsgemäß - nicht wiederholen.
Wie ist die Saison der Magic zu bewerten?
Hand aufs Herz: wer hätte vor der Saison geglaubt, dass Orlando nach sieben Jahren mal wieder die Postseason erreicht? Es waren wohl nur die kühnsten Optimisten und lange Zeit sah es auch so aus, als ob die Magic-Saison den erwarteten Verlauf nehmen würde. Noch am 29. Januar standen die Magic bei 20-31, von den Playoffs redete da kaum jemand mehr.
Und dennoch rollten Vucevic und Co. noch einmal das Feld von hinten auf, sicherten sich Platz sieben im Osten und sorgten mit dem Auftaktsieg in Toronto für ein paar kleine Schlagzeilen. So gab es für eine lange so trostlose Franchise endlich wieder kleinere Erfolgserlebnisse - etwas was die Franchise nach den vielen mageren Jahren nach dem Trade von Dwight Howard so dringend benötigt hatte.
Dank Coach Steve Clifford sind die Magic eine defensive Einheit geworden, gegen die es auch Toronto in den Playoffs nicht immer leicht hatte. Der Mix aus Veteranen wie D.J. Augustin und Youngstern wie Jonathan Isaac bot erstmals seit 2012 wieder eine Kombination mit dem Format, etwas mehr als nur ein "Team mit Potenzial" zu sein.
Schon aufgrund der Playoff-Teilnahme war die Saison definitiv ein Erfolg für die Magic, der Sieg in Spiel 1 kam noch als Sahnehäubchen hinzu. Angesichts der allerdings nach wie vor eklatanten Schwächen vor allem in der Offense und einer wichtigen Personal-Frage (siehe Seite 3) muss sich nun aber erst zeigen, ob Orlando auf dieser Saison aufbauen kann oder vielleicht eher noch einen Umweg nehmen muss, um früher oder später wirklich ans Ziel zu kommen.
Ein Top-Team waren die Magic, so ehrlich muss man sein, auch in dieser Saison keineswegs, trotzdem gibt es ein paar Ansätze zur Hoffnung.
Sollen die Magic mit Nikola Vucevic verlängern?
Kommen wir zur wichtigsten Frage des Sommers, die gewissermaßen auch die Richtung der Franchise vorgeben wird. Der Center spielte mit durchschnittlich 20,8 Punkten sowie 12,0 Rebounds und der erstmaligen Berufung zum All-Star die Saison seines Lebens, stieß in den Playoffs aber auch an seine Grenzen, als er von den Bigs der Raptors, namentlich Marc Gasol und Serge Ibaka, über weite Strecken komplett aus der Serie genommen wurde.
Mit 12,75 Millionen Dollar wurde Vucevic wie ein durchschnittlicher Starter auf der Fünf bezahlt, durch die Wahl zum All-Star besitzt der werdende Free Agent nun ein gewisses Druckmittel, der seinen Marktwert gesteigert haben könnte. Selbst ein Max-Contract sollte nicht ausgeschlossen werden.
Vucevic selbst sprach in den vergangenen Monaten recht wenig über seinen großen Sommer. Ein klares Bekenntnis oder der Wunsch, in Orlando zu bleiben, wurde nicht direkt geäußert. "Wenn es soweit ist, werde ich schauen, welche Angebote ich bekomme. Erst dann werde ich entscheiden, was das Beste für mich, meine Familie und meine Karriere ist."
Das Front Office der Magic wird sich ähnliche Fragen stellen. Mit Sicherheit würden die Magic den All-Star gerne halten, aber eben auch zu einem erträglichen Preis, 30 Millionen Dollar pro Jahr sind dies sicherlich nicht. Letztlich wird viel davon abhängen, ob es überhaupt einen Markt für Vucevic gibt. Laut Sam Amick (The Athletic) sollen die Sacramento Kings Interesse haben, auch die Dallas Mavericks galten im vergangenen Jahr immer mal wieder als mögliche Destination.
Zudem haben die Magic ein Überangebot an Spielern auf den großen Positionen, auch wenn Rookie Mo Bamba noch weit weg von einem soliden NBA-Spieler ist. Es wäre beispielsweise aber auch möglich, Aaron Gordon und Isaac auf die Vier und Fünf zu stellen, auch wenn dies im Fall von Isaac vielleicht noch zu früh kommt.
Die Ideallösung wäre für Orlando wohl ein kurzer Vertrag, auch um das Gesicht zu wahren. Bei all der Euphorie in Florida wegen der ersten Playoff-Teilnahme seit Ewigkeiten wäre es wohl das falsche Zeichen, wenn man im Sommer den besten Spieler gleich wieder abgibt. In finanzielle Schieflage begeben sollte man sich für Vucevic allerdings nicht.
Was können die Magic in der Offseason machen?
Mit Ausnahme von Vucevic haben aber alle anderen Starter der Magic zumindest für noch eine weitere Spielzeit einen gültigen Vertrag. Aus der restlichen Rotation müsste nur mit Sixth Man Terrence Ross und Backup-Center Khem Birch neu verhandelt werden.
Spielmacher Jerian Grant und Forward Jarell Martin werden Restricted Free Agents, sie haben jedoch zu wenig gezeigt, als dass Orlando ernsthaft über ein neues Angebot nachdenken sollte. Etwas anders verhält es sich bei Wes Iwundu, für den die Magic eine Teamoption in Höhe von 1,6 Millionen Dollar halten. Der Forward ist ein solider 3-and-D-Spieler und dürfte für diesen Preis sicherlich gehalten werden.
Michael Carter-Williams überraschte nach seinem Debakel in Charlotte und Houston auch ein wenig, zum Minimum könnten die Magic sicherlich auch mit ihm verlängern, was im Hinblick auf den ungewissen Gesundheitszustand von Markelle Fultz nicht verkehrt wäre. Ansonsten lohnt sich auch ein Blick auf die Free Agents des Sommers, gerade auf Spielmacher könnte der Kader noch ein Upgrade vertragen.
Der Spielraum ist dafür aber begrenzt, zu schwer lastet noch der Vertrag von Timofey Mozgov (ja, der ist Teil der Magic!). 23 Millionen Dollar stehen Orlando zur Verfügung, verlängert man mit Vucevic sind den Magic also die Hände fast gebunden.
Dennoch hat GM John Hammond noch weitere Optionen. Mit Evan Fournier (17,0 Mio.), Gordon (19,8 Mio.) und Mozgov (16,7 Mio.) haben die Magic einige Verträge, mit denen man ein nettes Trade-Paket schnüren könnte. Gerade Gordon könnte in der Zukunft interessant werden, weil sein Gehalt in den kommenden drei Jahren sinken wird.
Wie sollte der Kern der Magic in der Zukunft aussehen?
Durch den Rebuild haben die Magic über die Jahre einiges an Potenzial angesammelt, vor allem auf den großen Positionen. Sophomore Isaac blieb diesmal verletzungsfrei und zeigte tatsächlich, dass aus ihm mal einer der besseren Verteidiger in dieser Liga werden kann. Die nächste Stufe für den 20-Jährigen wäre es, nun zumindest auch den Dreier aus der Ecke respektabel zu versenken.
Deutlich weiter ist da Gordon, der zwar noch immer nicht den Sprung zum Star gemacht hat, was aber auch daran liegt, dass AG noch zu selten auf seiner besten Position, also als Vierer eingesetzt wird. Steigert er sich noch einmal, kann er (unabhängig von Vucevic) der Franchisespieler in Orlando sein, gelingt es nicht, kann sein Vertrag wohl recht einfach getradet werden.
Und dann ist da auch noch ein gewisser Markelle Fultz, der sich noch immer mit Schulterproblemen herumplagt. Er ist die große Wildcard der Magic und vielleicht auch die langfristige Lösung auf Point Guard. So viel Hype, wie Augustin auch nach Spiel 1 bekam, ist der Veteran dann eben doch nur eine Verlegenheitslösung ohne jegliche Upside.
Orlando kann sich nun zumindest ein Jahr anschauen, ob Fultz nicht doch ein mehr als solider NBA-Spieler sein kann. 2020 läuft der Vertrag des ehemaligen No.1-Picks aus, bis Oktober muss man sich aber entscheiden, ob die Team-Option für Fultz gezogen wird. Diese ist satte 12,3 Millionen Dollar schwer, eine sehr knifflige Entscheidung, zumal Fultz bisher noch gar nicht für die Magic aufgelaufen ist.
Prinzipiell ist Orlando aber immer noch in einer Situation, in der man einem "Experiment" wie Fultz durchaus Zeit geben kann.