NBA Playoffs - 5 Fragen zum Aus der OKC Thunder: Ist Russell Westbrook das Problem?

Robert Arndt
24. April 201913:46
Russell Westbrook ist mit OKC zum dritten Mal in Folge in der ersten Runde gescheitert.getty
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Die Oklahoma City Thunder sind zum dritten Mal in Folge in der ersten Runde der Playoffs ausgeschieden. Diesmal waren die Portland Trail Blazers eine Nummer zu groß. Wie geht es nun weiter in OKC - und was waren die Gründe für das Ausscheiden? SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

Vorneweg: OKC hat die Serie nicht in Spiel 5 verloren, auch weil sie im vierten Viertel mit bis zu 15 Punkten in Führung waren. Natürlich hätten die Gäste dieses Spiel durchaus klauen können, das Kind war aber schon viel früher in den Brunnen gefallen. Dass die Serie nun so deutlich mit 4-1 an Portland ging, spiegelt nicht unbedingt das Kräfteverhältnis dieser engen Serie wieder - auch wenn die Blazers natürlich die verdienten Sieger waren.

Gleiches gilt aber auch für die Regular Season, als OKC alle vier Duelle mit Portland gewann. Aber auch da entschieden Kleinigkeiten den Ausgang. Oklahoma hatte letztlich keine Antwort auf Damian Lillard, der im Schnitt 33 Punkte erzielte. Selbst Paul George, ein veritabler Kandidat auf den Award des besten Verteidigers, konnte Dame nicht stoppen. Das letzte Beispiel dafür lieferte der Wurf zum Seriengewinn.

Blazers vs. Thunder: Alle Spiele der Serie in der Übersicht

SpielHeimAuswärtsErgebnis
1PortlandOklahoma City104:99
2PortlandOklahoma City114:94
3Oklahoma CityPortland120:108
4Oklahoma CityPortland98:111
5PortlandOklahoma City118:115

Portland war einfach konstanter und leistete sich keine Stinkbomben wie die Thunder in den Partien 2 und 4. Hier fällt der Blick auf Russell Westbrook und George, die nie konstant ihre Leistungen abrufen konnten. Gleiches gilt auch für die Rollenspieler, wodurch das fehlende Shooting von OKC immer wieder ans Licht kam.

Am Ende waren 33 Prozent aus der Distanz für die komplette Serie sogar recht respektabel, bedenkt man den frostigen Start. Aber auch gerade einmal 56 Prozent Abschlussquote in der Restricted Area waren viel zu wenig, wenn die besten Center auf der anderen Seite Enes Kanter und Zach Collins heißen.

Gleichzeitig bekam die so hochgelobte Defense der Thunder nie wirklich Zugriff auf die beiden Guards. Gerade Lillard wurde zu lange im Eins-gegen-Eins verteidigt, außer George hatte kein Spieler den Hauch einer Chance gegen Dame D.O.L.L.A.. Es machte sich bemerkbar, dass OKC keinen Allrounder und Kettenhund wie Jrue Holiday im Kader hatte. Dieser hatte Lillard im vergangenen Jahr in den Playoffs komplett abgemeldet und die New Orleans Pelicans zusammen mit Anthony Davis zu einem Sweep gegen Portland geführt.

Wie ist die Saison der Thunder zu bewerten?

Wie man es dreht und wendet, die Spielzeit darf als eine einzige Enttäuschung gesehen werden. Mit dem zweitteuersten Team der Liga und Ausgaben weit über 200 Millionen Dollar (inklusive Luxussteuer) sind die Thunder zum dritten Mal in Folge in der ersten Playoff-Runde gescheitert und haben seit dem Abgang von Kevin Durant gerade einmal vier Spiele in der Postseason für sich entschieden.

Statt die Golden State Warriors und die Houston Rockets zu kitzeln, reichte es schon gegen ein geschwächtes Blazers-Team nicht. Die Art und Weise, wie sich das Team präsentierte (auf und neben dem Feld) war stellenweise eine einzige Katastrophe. Dabei lief während der Saison vieles sehr gut und die Experten rätselten tatsächlich, ob OKC nicht doch ein Contender sein könnte.

Der Bruch folgte kurz nach dem All-Star Game, als die Schulter von George zu schmerzen begann. Von Platz zwei im Westen stürzten die Thunder zwischenzeitlich auf Platz acht ab und holten sich erst in einem Kopf-an-Kopf-Rennen doch noch Rang sechs und damit das vermeintlich leichte Los Portland. Dass die Thunder seit dem ASG aber mehr Spiele verloren als gewonnen hatten (12-13), wurde dabei leicht vergessen.

Es war George, der mit seiner teils MVP-würdigen Saison viele Probleme der Thunder - zum Beispiel der schwächer werdende Westbrook oder aber die allgemeinen Wurf-Probleme der Rollenspieler - kaschierte. Dieser Fakt war zwar vielen bewusst, doch OKCs meist überragende Defense galt als Faustpfand für die Playoffs.

Die Quoten der Thunder-Spieler in den Playoffs

SpielerPunkteFG%3P%
Paul George28,643,631,9
Russell Westbrook22,836,032,4
Dennis Schröder13,845,530,0
Jerami Grant11,650,045,0
Terrence Ferguson5,036,038,9

Diese vielgepriesene Defense erreichte nach dem All-Star Game aber nicht mehr das Top-5-Niveau der ersten Monate und auch in der Postseason kristallisierte sich schnell heraus, dass OKC mit Ausnahme von George keinen vernünftigen Verteidiger hatte, der den starken Backcourt aus Lillard und McCollum einbremsen konnte.

"Das wird uns unser komplettes Leben nachhängen", bilanzierte auch Schröder, der im Gegensatz zu Westbrook und George ein reflektiertes Statement abgab. "Wir hatten mit dieser Gruppe die Chance, etwas Besonderes zu erreichen. Es ist traurig, wer weiß, ob wir noch einmal eine solche Möglichkeit bekommen."

Unrecht hat Schröder damit nicht und unterstreicht noch einmal, wie fatal diese Serie war. Denver und San Antonio sind ebenfalls keine Übermannschaften, weswegen die Conference Finals mehr als möglich waren. Ein solch tiefes Vordringen wäre sicherlich als Erfolg verbucht worden, so aber war es die zweite riesige Enttäuschung in Folge.

Was können die Thunder in der Offseason machen?

Besserung ist keine in Sicht. 12 Spieler stehen für die kommende Saison bereits fest unter Vertrag, sie zusammen verschlingen satte 147,6 Millionen Dollar, wodurch die Thunder schon jetzt deutlich über der Luxussteuergrenze liegen. Mit Raymond Felton, Markieff Morris und Nerlens Noel gehen nur drei Spieler von der Gehaltsliste. Patrick Patterson dürfte dagegen seine Spieleroption (5,7 Mio.) nach einer schwachen Saison ziehen.

Wo die Thunder ganz offensichtlich ansetzen müssen, ist beim Shooting. Hier muss GM Sam Presti kreativ werden und Schnäppchen identifizieren. Gerade die Backup-Position hinter George ist quasi nicht besetzt, hier könnte ein Spezialist vom Schlage eines Wayne Ellington Abhilfe schaffen. Bieten könnte OKC dabei freilich nur das Minimum.

Das Gegenteil eines Shooters ist Andre Roberson, der die komplette Spielzeit verletzt ausfiel, davor aber ein wichtiger Bestandteil des Thunder-Systems war, auch wenn er überhaupt keinen Wurf hat. Wenn Roberson wieder fit ist, könnte er der wichtigste Neuzugang von OKC sein, vor allem in der Guard-Verteidigung.

Ebenfalls auf dem Prüfstand wird Head Coach Billy Donovan stehen, der die Serie zwar bestimmt nicht in den Sand setzte, aber auch fragwürdige Entscheidungen traf, wie eben Lillard die meiste Zeit Eins-gegen-Eins zu verteidigen. Die Thunder zogen während der Saison seine Option, doch die teils enttäuschenden Leistungen in den Playoffs könnten Donovan zum Verhängnis werden.

Die Topverdiener der Oklahoma City Thunder (in Mio. Dollar)

Spieler18/1919/2020/2121/2222/23
Russell Westbrook35,638,541,444,247,1
Paul George30,633,035,537,9 (PO)UFA
Steven Adams24,225,827,5UFA
Dennis Schröder15,515,515,5UFA
Andre Roberson10,010,7UFA

Ansonsten muss für OKC eigentlich ein Trade her, um die Parameter des Teams irgendwie zu verändern. George (bester Spieler) und Westbrook (Identifikationsfigur) werden unantastbar sein, weswegen der Blick auf Steven Adams fallen dürfte, der zwar eine solide Saison spielte, in den Playoffs aber kaum Einfluss nahm und sein Matchup mit seinem ehemaligen Backup Enes Kanter nicht dominieren konnte.

Obendrauf stehen dem Neuseeländer in den kommenden beiden Jahren noch über 53 Millionen Dollar (!) zu. So beliebt Adams auch in OKC ist, rechtfertigen seine Leistungen dies nicht. Der Kiwi wird wie ein All-Star bezahlt, davon ist er aber weit entfernt. Sollte es OKC gelingen, einen günstigeren Center sowie eventuell einen Schützen in einem Paket zu bekommen, wäre dem Team sicherlich geholfen.

Was passiert mit Dennis Schröder?

Doch Adams ist nicht der einzige logische Trade-Kandidat, denn es gibt ja auch noch Dennis Schröder. Der deutsche Nationalspieler absolvierte sicherlich keine schlechte Saison, war aber dennoch in seinen Leistungen oft zu wechselhaft und rechtfertigte nur bedingt die je 15,5 Millionen, die er in den kommenden beiden Spielzeiten bekommen wird.

Natürlich war Schröder hinter den beiden Superstars mit durchschnittlich 15,5 Punkten der beste Scorer für OKC, doch die Quoten ließen mit 41 Prozent aus dem Feld und 34 Prozent vom Perimeter arg zu wünschen übrig. Auch das Experiment mit Westbrook und Schröder zusammen auf dem Feld funktionierte nur bedingt (-15,0 in den Playoffs, 4,8 in der Regular Season).

OKC hätte einen echten Shooter gebraucht, der gleichzeitig aber nicht allzu balldominant ist. Dieser Spielertyp ist Schröder aber nunmal nicht. Gleichzeitig benötigt der Braunschweiger für seine Schnelligkeit und seine Drives Platz, wie seine Zeit in Atlanta zeigte. Bei OKC standen aber zumeist mindestens zwei Non Shooter auf dem Feld.

Dennoch ist Schröder auch der beste Backup, den Westbrook in seiner OKC-Zeit wohl je hatte. Wer erinnert sich nicht an die Jahre, in denen ein alternder Derek Fisher, Semaj Christon oder Raymond Felton den MVP von 2017 entlasten sollten. Einzig Reggie Jackson hatte einige gute Momente, bevor er im Streit zu den Detroit Pistons verschifft wurde.

OKC wird sicherlich zuhören, wenn sich Teams nach Schröder erkundigen, aber gleichzeitig auch im Hinterkopf haben, dass Schröder mit Ausnahme der ersten beiden Spiele durchaus eine wichtige Rolle spielte und gezeigt hat, warum man ihn vor der Saison aus Atlanta per Trade holte. Schröder identifiziert sich mit der Franchise, lobte immer wieder die Kultur der Thunder und ist hungrig.

Trotzdem ist der Fit nur bedingt gegeben und es sollte niemanden wundern, wenn OKC tatsächlich den Abzug bei einem möglichen Trade betätigt. Es wäre auch für Schröder nicht die schlechteste Lösung.

Ist Russell Westbrook das Problem der Thunder?

Westbrook ist sowohl Problem als auch Lösung für OKC und das ist es, was die Thematik so komplex macht. Als die Thunder ihrem Franchise-Player im September 2017 die Super-Max-Extension auf den Tisch legten, waren sie sich dem Risiko bewusst, welches sie eingehen würden. Nun gilt es damit zu arbeiten, auch weil sich kaum ein anderes Team diesen Vertrag ans Bein binden wird.

Zieht Westbrook seine Spieler-Option wird sein Arbeitspapier erst im Jahr 2023 enden, dann ist Russ 34 Jahre alt und bekommt 47 Millionen Dollar. Es müsste schon ein sehr verzweifeltes Team kommen, damit OKC hier einen Trade einfädeln könnte. Auf der anderen Seite werden die Thunder ihren Star nicht einfach verscherbeln. Russ ist OKC und die einzige Konstante einer Dekade, wo sich MVPs wie Kevin Durant oder James Harden die Klinke in die Hand gaben.

So kritisch man auch mit OKC sein muss, ist es immer noch bemerkenswert, dass dieses kleine Team seit zehn Jahren ein Dauergast in den Playoffs ist. Wie viele Franchises können dies schon von sich behaupten? Auch bei den Blazers wurde mehrfach gefordert, den Kern aufzubrechen. Nun ist auch eine Conference-Finals-Teilnahme im Bereich des Möglichen.

Russell Westbrook: Die Statistiken der Saison 2018/19

WettbewerbMinutenPunkteFG%3P%ReboundsAssistsTurnover
Regular Season36,022,942,829,010,710,74,5
Playoffs39,422,836,032,48,810,64,6

So sehr Westbrook auch kritisiert wurde, in der Regular Season verteilte er den Ball so gut wie noch nie und fügte sich auch als zweite Option hinter George ein. Die Blazers legten jedoch einen Köder, indem sie Westbrook schon fast dazu nötigten, Spiele an sich zu reißen und Russ ließ sich dazu in klassischer Westbrook-Manier verleiten.

Das vierte Viertel zeigte dies eindrucksvoll, besonders die letzten vier Minuten. Der OKC-Guard vergab seine beiden Würfe, beging ein Offensiv-Foul und leistete sich ein verhängnisvolles Foul, als er beim Kampf um den Rebound den Blazers zwei Freiwürfe schenkte. George traf dagegen seinen einzigen Wurf, verwarf aber auch zwei Freiwürfe und leistete sich einen Ballverlust.

In den kommenden Jahren muss aber George die Verantwortung bekommen, weil er der mit Abstand beste Spieler der Thunder ist. Vielleicht kann sich Westbrook über den Sommer zumindest wieder einen respektablen Wurf erarbeiten, auch mit dem Hintergrund, dass er diesmal ohne Verletzung und Operation bleibt.

Der Tenor zu Westbrooks Leistungen wird nun eine Weile negativ bleiben, aber abschreiben sollte man den ehemaligen MVP nicht. OKC braucht Westbrook und Westbrook braucht gewissermaßen auch OKC. Diese Bindung wird auch in den kommenden Jahren weiter bestehen bleiben.