NBA - 5 Fragen zum Aus der Portland Trail Blazers: Zwischen Maximal-Ertrag und Super-Max

Ole Frerks
22. Mai 201913:00
Haben Damian Lillard und die Portland Trail Blazers ihr Maximum schon erreicht?getty
Werbung

Die Portland Trail Blazers sind mit 0-4 in den Conference Finals ausgeschieden und haben dennoch ihre erfolgreichste Saison seit 19 Jahren hingelegt. Mit dem Head Coach wurde schon verlängert, aber es gibt noch diverse weitere Baustellen in Oregon. SPOX beantwortet die wichtigsten Fragen.

Was ist passiert?

Dreimal in Folge erspielten sich die Trail Blazers gegen die Warriors eine Führung von mindestens 15 Punkten, dreimal reichte es nicht und sie fanden in Stephen Curry, Draymond Green und Co. ihre Meister. Die Saison 2018/19 endete somit wie die Saison 2017/18 in einem Sweep, diesmal allerdings nicht in der ersten, sondern in der vorletzten Runde.

Portland übertraf in diesen Playoffs alle Erwartungen. Nachdem sich mit Jusuf Nurkic der zweit- oder drittbeste Spieler der Saison verletzte, wurden die Blazers eigentlich schon abgeschrieben, in der Erstrundenserie gegen das vermeintliche Dark Horse OKC galt man trotz Heimvorteil als Underdog. Stattdessen räumte man die Thunder in fünf Spielen aus dem Weg und Damian Lillard beendete die Serie mit einem der kühlsten Gamewinner der Playoff-Geschichte.

Der Point Guard legte gegen OKC 33 Punkte pro Spiel auf, in der zweiten Runde gegen Denver ging dieser Schnitt dann auf 25,1 bei sinkenden Quoten runter - allerdings schaltete sich hier C.J. McCollum immer stärker ein. Portlands "zweiter Guard", der Teile der Regular Season noch verpasst hatte, wurde im siebten Spiel gegen die Nuggets mit 37 Punkten zum Helden.

Warriors vs. Trail Blazers: Alle Spiele der Serie

TagDatumSpielTeam 1Team 2Ergebnis
Mittwoch15. Mai1Golden StatePortland116:94
Freitag17. Mai2Golden StatePortland114:111
Sonntag19. Mai3PortlandGolden State99:110
Dienstag21. Mai4PortlandGolden State117:119 OT

Durch diesen Sieg buchten die Blazers zum ersten Mal seit 2000 das Ticket für die Conference Finals und einige witterten hier sogar die Chance, die Warriors zu ärgern, schließlich fehlte weiterhin Kevin Durant. Tatsächlich konnte Portland den Warriors einiges abverlangen, in den entscheidenden Momenten setzte sich die Klasse des Champions dann aber doch jedes Mal durch.

Insbesondere Lillard spielte eine enttäuschende Serie, auch wenn er mit 28 Punkten im letzten Spiel noch einmal einen starken Auftritt hinlegte. Zuvor blieb er, wohl auch aufgrund einer Rippenverletzung, zumeist unauffällig, zumal ihn die Warriors aggressiv doppelten und so die anderen Blazers dazu zwangen, für Scoring zu sorgen.

Teilweise gelang das sehr gut, insbesondere Meyers Leonard sorgte mit seinen Leistungen als Starter (Spiele 3 und 4) für Aufsehen. Es reichte jedoch nicht, um die herausragende Saison noch mit einem Sieg, geschweige denn dem Einzug in die Finals zu krönen. Die Warriors waren das eindeutig stärkere Team; Portland hat jedoch wohl das Maximum aus seiner Saison herausgeholt.

Hätten die Trail Blazers mit Jusuf Nurkic eine Chance gehabt?

Bis zu seinem Beinbruch Ende März spielte der Bosnier eine großartige Saison als Defensiv-Anker und als dritte Scoring-Option der Blazers - auch sein Passing Game machte ihn offensiv sehr wertvoll und zu einem idealen Pick'n'Roll-Partner für Lillard. Keiner der anderen Blazers-Bigs konnte sein Skillpaket in der Form replizieren.

Der erst kurz vor Saisonende geholte "Notfall"-Neuzugang Enes Kanter überragte vor allem gegen OKC mit seinen Offensiv-Rebounds und Putbacks, seine defensiven Schwächen sind jedoch bekannt. Leonard schaffte erst spät gegen Golden State seinen Durchbruch als Scorer, als Terry Stotts ihn wohl auch ein Stück weit aus Verzweiflung in die Starting Five beorderte.

Zach Collins wiederum hatte immer wieder starke Spiele, aber auch solche, in denen er binnen weniger Minuten ein Foul nach dem anderen sammelte und gleich wieder raus musste. Einen in jedem Spiel verlässlichen Big Man von Nurkic' Format hatte Stotts so nicht zur Verfügung, obwohl der Head Coach aus seinem "Platoon" an Bigs insgesamt sehr viel rausholte.

Nurkic hätte die Blazers also insgesamt besser gemacht - laut Lillard sogar sehr viel besser: "Ich denke, wir hatten eine Chance auf die Championship. Ich glaube, wir hätten die Warriors schlagen können. Wenn wir Nurk gehabt hätten, wäre es eine ganz andere Situation gewesen", sagte der Superstar bei der Exit-PK am Dienstag.

Als Leader seines Teams muss Lillard so denken und sicherlich hätte Nurkic den Blazers geholfen. Selbst mit dem Center hätte Portland aber auch gegen (durch die Verletzungen von Durant und DeMarcus Cousins) limitierte Warriors noch ein klares Talentdefizit gehabt, zumal das schnelle Spiel der Dubs mit Draymond Green auf der Fünf auch für Nurkic problematisch gewesen wäre.

Lillard wurde in der Serie ziemlich eindeutig von Stephen Curry in den Schatten gestellt, generell ging kaum ein individuelles Matchup an Portland. Es fehlte weitaus mehr als Nurkic, um diese Serie zu gewinnen.

Was passiert in der Offseason?

Obwohl die Trail Blazers schon jetzt zehn Verträge und knapp 122 Millionen Dollar (!) auf der Gehaltsliste für 2019/20 stehen haben, stehen General Manager Neil Olshey im Sommer etliche wichtige Entscheidungen bevor. Die erste (einfache) wurde dabei schon getroffen: In der Nacht auf Mittwoch wurde bekannt, dass Portland mit Head Coach Terry Stotts verlängert hat. Um "einige Jahre", wie Olshey sagte - Stotts hat seine Klasse in dieser Saison mal wieder unter Beweis gestellt.

Nun zu den Free Agents: Kanter, Rodney Hood, Seth Curry und Al-Farouq Aminu werden allesamt Unrestricted Free Agents, dazu ist Jake Layman Restricted. Gerade die vier Erstgenannten dürften sich in den Playoffs für einige Teams empfohlen haben, Portland hat aber nur bei Aminu und Layman Bird Rights.

Soll heißen: Diese beiden Spieler kann man ohne Rücksichtnahme auf den Salary Cap halten, bei den anderen drei Spielern hätte man lediglich Minimal-Verträge oder die volle oder ganze Taxpayer Mid-Level Exception anzubieten. Diese wird Stand jetzt auf etwa 5,7 Mio. Dollar geschätzt. Gerade Kanter und Hood haben betont, dass sie gern bleiben würden, es wird aber kaum ohne finanzielle Einbußen ihrerseits gehen.

Sollte Portland keinen Trade von beispielsweise Evan Turner oder Leonard einfädeln, wird also nahezu sicher kaum finanzielle Flexibilität vorhanden sein und Olsheys Möglichkeiten sind limitiert. Die Verträge von Turner, Leonard und Moe Harkless laufen immerhin nach der kommenden Saison aus, sie dürften also, sollte man das wollen, unter Umständen tradebar sein.

Es gibt aber noch andere Baustellen. Lillard und McCollum stehen beide noch für zwei Jahre unter Vertrag, gerade bei Lillard wird aber damit gerechnet, dass ihm schon in diesem Sommer der sogenannte Super-Max-Vertrag angeboten wird. Die Blazers sind demnach gewillt, ihn zum "größten Blazer aller Zeiten" zu machen.

Laut Yahoo! Sports würden ihm dann zusätzlich zu den jetzigen zwei Jahren und 62 Millionen Dollar, die noch ausstehen, weitere vier Jahre und 191 Mio. winken. Portland kann ihm diesen Vertrag nur anbieten, wenn er in eins der All-NBA Teams gewählt wird, das ist aber angesichts seiner starken Saison zu 99 Prozent sicher.

Sollte Damian Lillard einen Super-Max erhalten?

Im Lauf der Serie gegen Golden State prasselte viel Kritik auf Lillard ein, der zugegebenermaßen keine gute Serie spielte. Dabei war jedoch etwas bizarr, wie schnell viele Leute vergaßen, dass sie ihn noch in der ersten Runde zum Helden der Playoffs erklärt hatten - die Herausforderung gegen die Dubs gestaltete sich jedoch ungleich schwieriger als die gegen die (im Nachhinein kuriose) One-on-One-Defense von OKC.

Leonard verteidigte Lillard nach Spiel 4: "Für alle, die denken, dass Damian produktiver hätte sein müssen: Seht euch das Tape an. Sie haben ihn mit etlichen Spielern verteidigt. Ich möchte nur sicherstellen, dass die Kritiker wissen, was für einen großen Impact er hat und was für ein großartiger Anführer er ist." Er lag damit nicht falsch, auch wenn gewisse Kritik an Lillard angebracht ist.

Ihm nach der enttäuschenden Warriors-Serie den Star-Status absprechen zu wollen, ist aber natürlich Quatsch. Dame ist aktuell nach Curry und James Harden der vermutlich drittbeste Guard der Liga, ein Superstar in seiner Prime. Gerade angesichts seiner Beliebtheit und Bedeutung für die Franchise ist es auch verständlich, dass Portland ihm nun wohl den Super-Max anbieten wird.

Damian Lillard: So würde der Vertrag aussehen

SaisonAlter (Saisonstart)Gehalt in Mio. (via Bobby Marks/ESPN)
19/202929,8
20/213031,6
21/223142,6
22/233246
23/243349,4
24/253452,8

Folgendes muss dabei aber klar sein: Kleine, explosive Guards altern nicht unbedingt immer in Würde. Lillard ist fast 29 und wird in seinen letzten Vertragsjahren dann tief in den 30ern sein. Wenn Portland das Maximum aus diesen dann sechs Jahren mit Dame herausholen will, muss sich auch die Ausrichtung des Teams ein Stück weit ändern.

Rechnet man die Minuten in der Regular Season und in den Playoffs zusammen, hat kein Spieler in dieser Saison mehr leisten müssen als Lillard, was natürlich auch einigen Verletzungen geschuldet war. Dennoch: Während einige andere Stars in den Playoffs eine Schippe draufgelegt haben, glänzte Lillard nur in der ersten Runde und wirkte im Anschluss zunehmend müde.

Damian Lillard verabschiedete in Runde 1 die OKC Thunder in den Urlaub.getty

Damian Lillard: Load Management?

Bei der Exit-PK deutete er selbst an, dass eine gewisse Form von Load Management in Zukunft wohl nicht ganz falsch wäre. Wahrscheinlich ist dies sogar zwingend notwendig, wenn man tatsächlich irgendwann eine Championship gewinnen will.

Dass es so weit kommt, ist dabei natürlich überhaupt nicht garantiert und es wird auch nicht leichter, das Team zu verstärken, wenn man sich noch weitere finanzielle Verpflichtungen ans Bein bindet. Auch die Blazers werden zudem mitbekommen haben, wie "glücklich" Teams wie Washington (John Wall) oder sogar OKC (Russell Westbrook) mit ihren Supermax-Deals jetzt schon aussehen.

Lillard ist ein exponentiell besserer Shooter als die genannten Spieler und dürfte offensiv noch lange effektiv sein, bisher wurde er sogar in jedem Jahr ein Stück besser. Die Blazers hoffen zu Recht darauf, dass es noch einige Jahre so weitergeht. Das Risiko, dass Lillard in seinen letzten Vertragsjahren nicht mehr zu den besten NBA-Spielern gehört, wird dem Front Office bewusst sein.

Wie kann Portland zu den Warriors aufschließen?

Mehr noch als vom Duell Lillard vs. Curry wurden die Conference Finals von Draymond Green definiert - wegen seiner defensiven Identität und Spielintelligenz, aber vor allem auch wegen seiner Rolle in der Offense. Wenn die Blazers Curry doppelten, ging der Ball zu Green, der im 4 gegen 3 fast immer die richtige Entscheidung traf. Die Warriors verteidigten Lillard sogar noch aggressiver und konnten sich das auch erlauben, weil ihm eine vergleichbare Outlet-Option fehlte.

Portlands Starting Forwards Harkless und Aminu sind beide defensivstark, aber extrem limitierte Offensivspieler ohne konstanten Wurf und ohne größere Playmaking-Skills. Nurkic hätte hier etwas geholfen, zwei von fünf Startern hätten aber immer noch wenig Gefahr ausgestrahlt. Nun kann sich niemand einen Green schnitzen, eine Playmaking-4 würde den Blazers jedoch unheimlich gut tun.

Wie vorher schon dargestellt, ist es jedoch fraglich, ob Portland an einen solchen Spieler kommen kann. Geld ist nicht da, Assets sind auch nur limitiert vorhanden - den höchsten Trade-Wert hätte McCollum, der seinen Wert für Portland allerdings auch eben erst wieder unter Beweis gestellt hat. Collins und Nurkic wird man auch kaum abgeben wollen, gehören sie doch zu den wenigen günstigen Leistungsträgern im Team.

Die Blazers haben immerhin Picks und ein paar auslaufende Verträge, mit denen man beispielsweise in Cleveland mal wegen Kevin Love anfragen könnte. Auch dadurch würden aber wieder enorme Zusatzkosten entstehen (ungeachtet etwaiger defensiver Komplikationen). Ob Jody Allen, die das Team nach dem Tod ihres Bruders Paul Allen drei Tage vor dieser Saison als Besitzerin übernommen hat, dazu bereit ist, ist keineswegs sicher.

Es gibt auch intern noch gewisse Steigerungsmöglichkeiten. Lillard etwa könnte sich von Curry noch etwas inspirieren lassen, wie man Off-Ball effektiv sein kann - während der zweimalige MVP ohne Ball in der Hand nie stillsteht und die Defense immer weiter beschäftigt, bleibt sein Gegenüber auf Blazers-Seite noch viel zu oft einfach stehen.

Der Kern der Blazers ist intakt und jung genug, dass man in der kommenden Saison auch ohne große Veränderungen wieder mit ihnen rechnen kann. Ob man aber den Schritt zum "echten" Contender machen kann, ist keineswegs garantiert und es wird definitiv schwierig. Umso mehr sollte man wertschätzen, wie viel die Blazers in dieser Saison erreicht haben.