In der Nacht von Donnerstag auf Freitag findet der NBA Draft 2019 im Barclays Center zu Brooklyn, New York statt (live ab 1 Uhr auf DAZN). SPOX beleuchtet zu diesem Anlass die hoffnungsvollsten Prospects. Nach den Guards geht es mit den besten Flügelspielern des Jahrgangs weiter. Was sind die Stärken und Schwächen von R.J. Barrett, Jarrett Culver oder Cam Reddish?
R.J. Barrett (Duke) - Stärken und Schwächen
Position: Guard/Forward / College: Duke
Alter: 19,0 / Größe: 2,01 Meter / Wingspan: 2,08 Meter / Gewicht: 92 Kilo
Die Statistiken von R.J. Barrett (pro 40 Minuten) in 2018/19
PTS | REB | AST | STL | BLK | TOV | FG% | 3P% | FT% |
25,7 | 8,6 | 4,9 | 1,0 | 0,5 | 3,7 | 45,4 | 30,8 (73/237) | 66,5 |
Im Idealfall ein Typ wie: ein aggressiverer Andrew Wiggins
Stärken:
- Playmaking vom Flügel
- Alle Voraussetzungen für einen guten Verteidiger
- Starker Rebounder für seine Position
Schwächen:
- Fragwürdige Wurfauswahl
- Freiwürfe und Dreier
- Bewegung Off-Ball
Bei dem ganzen Hype um Zion Williamson ging es ein wenig unter, dass Barrett auch ein richtig guter Spieler ist, der wie Zion vom größeren Feld profitieren könnte. Zunächst einmal wurde Barrett durch das fehlende Shooting bei Duke seiner größten Stärke beraubt: der Drive zum Korb, den er zum Abschluss oder zum Kick-Out nutzen kann.
Der Kanadier ist für seine Länge ein extrem guter Passgeber, der vor allem als sekundäre Option aufblühen könnte. Durch seine langen Schritte ist Barrett schnell am Korb, wo er nie vor Kontakt zurückschreckt. Gleichzeitig besitzt der Flügelspieler einen soliden Wurf aus der Mitteldistanz.
Defensiv ist Barrett ein guter Rebounder, der diese Abpraller schnell in Transition bestrafen möchte. Dazu ruht er sich in der Defense auch nicht aus und kann durchaus mit seinen langen Armen in Zukunft ein Plus-Verteidiger in der NBA werden. Barrett gilt zudem als harter Arbeiter, der immer besser werden will, eine Eigenschaft, die seinem ähnlich talentierten Landsmann Andrew Wiggins nie zugesprochen werden konnte.
R.J. Barrett: Wird er Kanadas neues Aushängeschild?
Wie Wiggins ist aber auch Barrett bekannt dafür, dass seine Wurfauswahl nicht immer optimal ist. Schlechte Würfe früh in der Shotclock gab es auf dem College immer wieder zu sehen, nicht optimal, wenn man einen Ausnahmespieler wie Williamson an seiner Seite hatte.
Gleichzeitig macht der Wurf ein wenig Sorgen. Natürlich war das Spacing bei den Blue Devils meist verheerend, weswegen die Dreierquote von 30 Prozent nicht unbedingt verwundert. Hier kann Barrett Fortschritte machen, doch auch die Quoten von der Freiwurflinie sind eventuell ein Zeichen, dass der Kanadier vielleicht kein so guter Schütze ist. 66 Prozent bei knapp sechs Versuchen pro Spiel sind jedenfalls kein Ruhmesblatt.
Das gilt auch für seine Defense, wo die Anlagen durchaus da sind, aber teilweise die Konzentration fehlt. Im Eins-gegen-Eins hat Barrett nicht immer die richtige Position, dazu neigt der Flügelspieler dazu, zu sehr nach dem Ball zu schauen, während sich seine Gegenspieler davon schleichen.
Dies sind aber Komponenten, die man durchaus ausmerzen kann. Das Spiel von Barrett trieft nur so vor Talent, nicht umsonst galt der Kanadier vor der Saison als der bessere Spieler im Vergleich zu Zion. In Barrett schlummert durchaus ein Franchisespieler, fraglich ist nur, ob er sein riesiges Potenzial auch wirklich komplett abrufen kann.
Prognose: Top 3
Mögliche Teams: Grizzlies, Knicks, Pelicans
Jarrett Culver (Texas Tech) - Stärken und Schwächen
Position: Guard/Forward / College: Texas Tech
Alter: 19,8 / Größe: 1,98 Meter / Wingspan: 2,08 Meter / Gewicht: 88 Kilo
Die Statistiken von Jarrett Culver (pro 40 Minuten) in 2018/19
PTS | REB | AST | STL | BLK | TOV | FG% | 3P% | FT% |
22,8 | 7,9 | 4,6 | 1,8 | 0,7 | 3,3 | 45,5 | 30,4 (57/157) | 70,7 |
Im Idealfall ein Typ wie: Jimmy Butler
Stärken:
- Kann von allem ein bisschen
- Guter zweiter Spielmacher für den Flügel
- Hoher Basketball-IQ
Schwächen:
- Teilweise ein bisschen langsam
- Nimmt zu viele schwere Würfe
- Kein Go-to-Guy
Texas Tech war die Überraschung der College-Saison, die Red Raiders stießen bis ins Finale vor, wo es gegen Virginia knapp nicht reichte. Einen gebrauchten Tag erwischte dabei Culver, der offensiv kein Bein auf den Boden bekam (15 Punkte, 5/22 FG). Dies spiegelte aber in keiner Hinsicht die unglaubliche Saison von Culver wider.
Der 20-Jährige trug die Offense und entwickelte sich in seinem zweiten College-Jahr zu einem guten Playmaker, der dies im System des Teams tut. Sein Jumper verbesserte er dabei deutlich, auch wenn er immer noch leicht abgehakt daher kommt. Bedenkt man jedoch die enorme Verbesserung, dürfen Teams optimistisch sein, dass aus Culver mal ein starker Schütze wird.
Vieles spricht dafür, dass Culver in der NBA als Shooting Guard oder kleiner Flügel eingesetzt wird, der den Spielmacher entlasten kann. Dies ist in der heutigen Liga extrem wertvoll, vor allem wenn man bedenkt, dass Culver alle Tools hat, um auch ein starker Verteidiger zu werden. Bei Texas Tech spielte er in einer historisch guten Defense, doch Culver besitzt auch genug individuelle Klasse, um defensiv zu bestehen.
Jarrett Culver: Mr. Zuverlässig
Culver besitzt gute Antizipations-Fähigkeiten, lauert ständig in den Passwegen, ohne dabei seine defensive Grundposition aufzugeben. Um aber wirklich ein guter Verteidiger zu sein, wird Culver noch ein wenig Masse benötigen, um Forwards zu verteidigen. Mit schnellen Guards konnte Culver aufgrund fehlender lateraler Geschwindigkeit oft nicht mithalten.
Offensiv fehlt derweil der eine Go-to-Move. Culver ist kein natürlicher Scorer, dazu fehlt der schnelle erste Schritt. Vielmehr überzeugte der Guard meist durch Variationen an Würfen aus der Mitteldistanz, unter anderem auch mit dem als ineffizient geltenden Fadeaway-Jumper. Den muss Culver aufgrund fehlender Schnelligkeit zu häufig nehmen, mit wechselndem Erfolg.
Culver ist somit kein Star, dem man das Schicksal einer Franchise anvertrauen sollte. Gibt es jedoch schon so etwas wie einen Top-Spieler im Team, ist Culver der richtige Mann. Es scheint zudem möglich, dass er sich in vielen Bereichen noch verbessert, siehe seine College-Karriere. Wer also einen soliden Starter sucht, der in einem funktionierenden System aufblühen kann, ist bei Culver goldrichtig.
Prognose: Zwischen 3 und 6
Mögliche Teams: Pelicans, Cavs, Suns
Cam Reddish (Duke) - Stärken und Schwächen
Position: Forward / College: Duke
Alter: 19,8 / Größe: 2,03 Meter / Wingspan: 2,16 Meter / Gewicht: 99 Kilo
Die Statistiken von Cam Reddish (pro 40 Minuten) in 2018/19
PTS | REB | AST | STL | BLK | TOV | FG% | 3P% | FT% |
18,1 | 5,0 | 2,6 | 2,1 | 0,8 | 4,9 | 35,6 | 33,3 (89/267) | 77,2 |
Im Idealfall ein Typ wie: Irgendwo zwischen Paul George und Jeff Green
Stärken:
- Ideale körperliche Voraussetzungen
- Guter Switch-Verteidiger
- Ballhandling vom Flügel
Schwächen:
- Verlässt sich zu häufig auf den wackligen Sprungwurf
- Defensiv ohne Konstanz
- Ruft Potenzial zu selten ab
War es bei Duke eine schlechte Situation oder ist Reddish einfach nicht so gut, wie viele dachten, als der Forward als drittbester High School-Spieler aufs College ging? Diese Frage werden sich zahlreiche NBA-Teams stellen müssen. In der Theorie ist Reddish ein großer Forward, der mit dem Spalding etwas anzufangen weiß und auch in der Lage ist, den Ball in den Korb zu schmeißen.
Die Realität war bei den Blue Devils eine andere. Auch nach dem Ausfall von Zion Williamson konnte Reddish nur wenig Eigenwerbung betreiben. 35,6 Prozent aus dem Feld und 33 Prozent vom Perimeter sind normalerweise ein rotes Tuch für Guards und scorende Forwards. Selten gab es einen so großen Spieler, der solche Probleme hatte, effizient zu scoren.
Erklärbar ist dies auch bei Reddish mit dem fehlenden Spacing bei Duke, in der NBA sollte der Forward dagegen mehr Platz haben. Dennoch muss sich Reddish extrem steigern, um nicht ein zweiter Josh Jackson zu werden. Die Anlagen sind wie gesagt alle da, vor allem seine Skills am Ball stechen heraus.
Cam Reddish: Wie gut ist der Wurf wirklich?
Reddishs Bewegungen sehen sehr rund aus, auch der Jumper (anders als bei Jackson) wirkt flüssig, zudem ist Reddish ebenso ein recht solider Passgeber. Auch defensiv sollte der Forward in der NBA ein guter Switch-Verteidiger sein, der sowohl gegen Forwards als auch gegen Guards gestellt werden kann. 77 Prozent von der Freiwurflinie deuten ebenfalls an, dass 35 Prozent aus dem Feld vielleicht nur ein Ausreißer waren.
Bedenklich sind dagegen Reddishs Probleme, in der Zone zu scoren. Zu oft verliert er dabei die Kontrolle und Koordination über seinen Körper, obwohl er durchaus einiges an Masse vorweisen kann. Schwankend waren bisher auch seine Vorstellungen in der Defense, häufig wirkte es so, als ruhe er sich dort nur aus. Diese Einstellung darf in der NBA auf keinen Fall Einzug erhalten.
Trotz all dieser Bedenken dürfte Reddish recht hoch gezogen werden, dazu sind die Anlagen des 19-Jährigen einfach zu gut. Es ist nicht auszuschließen, dass Reddish in der NBA besser zurechtkommt und in einigen Jahren DER Steal des Drafts ist. Gleichzeitig ist Reddish mit seinem Bust-Potenzial auch der Typ Spieler, der einem General Manager den Job kosten kann.
Prognose: Zwischen 6 und 10.
Mögliche Teams: Bulls, Hawks, Wizards.
Sekou Doumbouya (Limoges, Frankreich) - Stärken und Schwächen
Position: Forward / Verein: Limoges
Alter: 18,5 / Größe: 2,06 Meter / Wingspan: 2,11 Meter / Gewicht: 104 Kilo
Die Statistiken von Sekou Doumbouya (pro 36 Minuten) in 2018/19
PTS | REB | AST | STL | BLK | TOV | FG% | 3P% | FT% |
14,8 | 6,3 | 1,4 | 1,4 | 1,0 | 2,2 | 48,2 | 34,3 (23/67) | 79,3 |
Im Idealfall ein Typ wie: Al-Farouq Aminu
Stärken:
- Großartiger Athlet mit guten körperlichen Voraussetzungen
- Alle Tools für einen starken Verteidiger
- Guter Rebounder
Schwächen:
- Ballhandling
- Noch Luft bei den Fundamentals
- Wackeliger Wurf
Nach Luka Doncic ist dieser Draft recht schwach, was die europäischen Prospects betrifft. Doumbouya könnte womöglich der einzige Lottery Pick vom alten Kontinent sein. Der Franzose, der gebürtig aus Guinea stammt, hilft wahrscheinlich noch keinem Team in der nächsten Saison, seine unfassbare Athletik ist aber ein absolutes Faustpfand, auf welches einige Franchises sicher gerne setzen würden.
Doumbouya wurde erst im Dezember 18 Jahre alt, hat aber bereits jetzt einen extrem massigen Körper, welchen er bereits gut einsetzt. In Frankreich fiel der Teenager durch gute Transition auf, auch wenn es im Abschluss häufig noch haperte. So beschränkten sich Doumbouyas Offensiv-Aktionen zumeist auf Cuts, Putbacks und Alley-Oop-Dunks.
Glänzen konnte der gebürtige Guineer dagegen in der Verteidigung, wo er vor allem im Post kaum zu überwinden war, weil er sich nicht wegschieben lässt. Potenzial schlummert zudem beim Ringschutz, speziell als helfender Verteidiger von der Weak Side, da Doumbouya einen schnellen ersten Schritt besitzt und gleichzeitig enorm sprunggewaltig ist.
Sekou Doumbouya: Ein langfristiges Projekt
Ansonsten ist Doumbouya aber noch recht roh, bei ihm werden Teams vor allem auf das langfristige Potenzial setzen. Offensiv kann der 18-Jährige noch recht wenig anbieten, der Wurf ist nur rudimentär ausgebildet. Hin und wieder zeigte Doumbouya kleinere Hakenwürfe aus dem Post, noch fehlen hier aber die Konter-Moves.
Als Ballhandler trat der Franzose ebenfalls noch nicht in Erscheinung, auch weil er noch ein paar Probleme mit dem Tempo auf dem höchsten Niveau hat. Vermutlich wird Doumbouya ein solider Rollenspieler in der NBA, der sich dank seiner guten Defense über Jahre halten wird. Bis dahin ist es aber noch ein gutes Stück.
Es würde nicht verwundern, wenn Doumbouya nicht sofort in die NBA wechseln würde und stattdessen noch ein, zwei Jahre in Europa bleibt. So könnte ein Team die Kosten für den Pick zunächst einmal sparen und Doumbouya sich in aller Ruhe entwickeln.
Prognose: Zwischen 7 und 13.
Mögliche Teams: Hawks, Wizards, Heat.
Nassir Little (North Carolina) - Stärken und Schwächen
Position: Forward / College: North Carolina
Alter: 19,4 / Größe: 1,98 Meter / Wingspan: 2,16 Meter / Gewicht: 99 Kilo
Die Statistiken von Nassir Little (pro 40 Minuten) in 2018/19
PTS | REB | AST | STL | BLK | TOV | FG% | 3P% | FT% |
21,5 | 10,1 | 1,4 | 1,2 | 1,2 | 2,9 | 48,0 | 26,9 (14/52) | 77,0 |
Im Idealfall ein Typ wie: Draymond Green
Stärken:
- Perfekte körperliche Voraussetzungen
- Potenzieller Lockdown-Verteidiger
- Starker Zug zum Korb
Schwächen:
- Ausbaufähiges Ballhandling
- Mangelndes Spielverständnis
- Große defensive Fragezeichen
Alle Anlagen, die Little besitzt, schreien nach einem elitären Flügelspieler, der perfekt in die heutige NBA passt. Der Ex-Tar-Heel ist extrem muskulös, besitzt lange Arme und ist obendrein auch noch unglaublich athletisch. In einer Liga, in der mehr und mehr geswitcht wird, ist Littles Profil unglaublich aufregend und doch sank sein Stern Monat um Monat bei UNC, nach der Combine stieg er aber wieder.
All diese Attribute konnte Little bisher zu selten auf dem Feld umsetzen. Auf dem Flügel kann der Forward eigentlich jeden verteidigen, dazu ist er ein guter Rebounder aufgrund seiner Athletik. Die setzt er auch gerne in der Offensive ein als perfektes Ziel für Lobs. Selbst als Roll-Man könnte Little effektiv sein, auch weil er mit seiner Stärke durchaus mit Kontakt abschließen kann.
Zudem fiel Little einige Male mit guten Attacken vom Perimeter auf, wenn Gegner zu hart closen. Dann zog er entweder zum Korb oder nahm den Sprungwurf aus der Mitteldistanz, der recht gut fiel und Hoffnung macht, dass er seine Range hinter die Dreierlinie ausweiten kann.
Blüht Little in der NBA auf?
Dies sind aber alles nur Vermutungen, wie sich Little entwickeln könnte und genau das ist das Problem. Der Forward ist weiterhin noch sehr roh und fand sich im strengen System von Coaching-Legende Roy Williams überhaupt nicht zurecht. Offensiv schien er seine Rolle nicht wirklich zu verstehen und war nicht selten völlig falsch positioniert.
Das galt auch für die Defense, wo er sich zu häufig nur auf den Ball fokussierte und so seine Gegenspieler aus den Augen verlor. Gegen kleinere, schnellere Spieler hatte er Probleme, sie vor sich zu halten. Hier machte sich bemerkbar, dass Little inzwischen vielleicht zu muskulös ist, die Leichtigkeit scheint zumindest dahin.
Als sekundärer Playmaker ist Little Stand jetzt auch nicht zu gebrauchen, dafür ist sein Dribbling zu schwach. Der Jumper fällt zwar recht gut, allerdings waren auch immer wieder fiese Backsteine dabei. 77 Prozent von der Freiwurflinie deuten aber zumindest an, dass Little durchaus werfen kann.
Neben dem verletzten Darius Garland und Cam Reddish ist Little so die große Unbekannte im Draft. Im besten Fall ist Little ein Lockdown-Defender vom Schlage eines Draymond Green, im schlimmsten Fall wird er ein Spieler a la Stanley Johnson, der in der NBA kaum tragbar ist. Es wird spannend zu sehen sein, wer sich wann auf diesen Gamble einlässt. Vermutlich eine Franchise, die nicht sofort gewinnen muss.
Prognose: Zwischen 9 und 15.
Mögliche Teams: Hawks, Timberwolves, Heat, Celtics, Nets.