NBA Draft 2019: Prospects Guards - Ein Mini-Westbrook und neue Mikrowellen

Robert Arndt
17. Juni 201914:02
Ja Morant ist der wohl beste Guard im diesjährigen Draft.getty
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In der Nacht von Donnerstag auf Freitag (live ab 1 Uhr auf DAZN) findet der NBA Draft 2019 im Barclays Center zu Brooklyn, New York statt. SPOX beleuchtet zu diesem Anlass die hoffnungsvollsten Prospects. Los geht es mit den besten Guards des Jahrgangs. Was sind die Stärken und Schwächen von Ja Morant, Darius Garland oder Coby White?

Ja Morant (Murray State) - Stärken und Schwächen

Position: Point Guard / College: Murray State

Alter: 19,8 / Größe: 1,91 Meter / Wingspan: 2,01 Meter / Gewicht: 79 Kilo

Die Statistiken von Ja Morant (pro 40 Minuten) in 2018/19

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26,86,211,01,90,95,649,936,3 (57/157)81,3

Im Idealfall ein Typ wie: Steve Francis (ohne Verletzungen)

Stärken:

  • Elitäre Übersicht und Passfähigkeiten
  • Starker Transition-Spieler
  • Enorm enges Ballhandling

Schwächen:

  • Enorme Anfälligkeit für Ballverluste
  • Kein guter Finisher am Ring
  • Große defensive Fragezeichen

Morant ist nach Zion der wohl zweitbeste Spieler im Draft und steht dort völlig zurecht, obwohl er kein One-and-Done-Spieler ist. Auf dem kleinen College Murray State war Morant der absolute Star und der Hauptgrund, dass die Racers überhaupt die zweite Runde bei March Madness erreichten.

Dort zeigte der 19-Jährige auch, warum es sich lohnt, ihn so hoch zu ziehen. Der Guard dürfte schon in seinem ersten NBA-Jahr zu den besten Passgebern der Liga gehören, es gibt fast keinen Pass, den er nicht spielen kann. Ob einhändig, beidhändig, in Transition oder im Halbfeld: Morant sieht den Court wie kaum ein anderer, ähnlich wie Trae Young aus dem vergangenen Draft-Jahrgang.

Der Hawks-Rookie dominierte wie Morant in Oklahoma das Spiel und wurde meist nur auf seine Wurfqualitäten reduziert, bei Morant ist es das spektakuläre Spiel in Transition sowie seine krachenden Dunks. Das brachte Morant Vergleiche mit Russell Westbrook ein, doch ganz so ein Monster-Athlet ist der Guard dann doch nicht. Gleichzeitig sind seine Skills schon deutlich ausgereifter, als es die von Russ vor über einer Dekade waren.

Morant besitzt ein extrem enges Dribbling, wodurch er auch unter Druck die richtigen Entscheidungen treffen kann. Dazu kommt ein recht solider Wurf, wenn er Zeit hat, seine Füße zu sortieren. Geht der Gegenspieler unter dem Pick hindurch, kann Morant dies auch mit seiner Range bestrafen. Ansonsten wackelt der Pullup-Jumper aber noch ein wenig. Es wird interessant zu sehen sein, ob Morant gegen bessere Verteidigungen genug Raum und Zeit für sich selbst schaffen kann.

Ja Morant: Die One Man Show auf dem College

Morant ist dafür zwar flink, ansonsten sind 79 Kilo für die NBA aber noch viel zu wenig. Schon am College hatte der Racers-Star häufiger Probleme, mit Kontakt am Ring abzuschließen. Das dürfte auf dem höheren Level zunächst ähnlich sein. Allerdings bietet der NBA-Court mehr Platz für Morants Drives und eben auch für das hervorragende Auge.

Gleichzeitig bleibt Morant aber auch extrem anfällig für Turnover. Die 5,6 Ballverluste auf 40 Minuten hochgerechnet klingen verdammt viel, müssen aber auch ins rechte Licht gerückt werden. Morant hatte bei Murray State eine Usage Rate vergleichbar mit der von James Harden bei den Houston Rockets, was eine enorme Verantwortung für einen Teenager ist.

Die March Madness zeigte es: Morant hatte kaum Unterstützung, entsprechend bereiteten sich die Gegner auf ihn vor. Dass Morant dennoch im ersten Spiel ein Triple-Double auflegte und im Anschluss in einer Halbzeit fünf Dreier traf, darf als Zeichen seiner Qualität angesehen werden. Morant besitzt ohne Zweifel Star-Potenzial, das können nur wenige in seiner Klasse behaupten, dennoch müssen die Teams Geduld mit ihm haben, da er teilweise noch sehr roh ist. Dies macht es aber auch so erfrischend, ihm beim Basketballspielen zuzuschauen.

Prognose: Top 3.

Mögliche Teams: Grizzlies, Knicks.

Darius Garland (Vanderbilt) - Stärken und Schwächen

Position: Point Guard / College: Vanderbilt

Alter: 19,5 / Größe: 1,88 Meter / Wingspan: 2,01 Meter / Gewicht: 79 Kilo

Die Statistiken von Darius Garland (pro 40 Minuten) in 2018/19 (nur 5 Spiele)

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23,35,53,71,20,64,353,747,8 (11/23)75,0

Im Idealfall ein Typ wie: Kemba Walker

Stärken:

  • Starker Pick'n'Roll-Spieler
  • Guter Wurf mit reichlich Range
  • Exzellente Moves, um sich Platz zu verschaffen

Schwächen:

  • Teils zu verliebt in seinen Wurf
  • Kein herausragender Athlet und noch sehr leicht
  • Defensive Fragezeichen

Es ist wahrscheinlich Garlands Glück, dass diese Draftklasse nicht allzu stark eingeschätzt wird. Der Point Guard verletzte sich bereits nach fünf Spielen, sein Team, Vanderbilt, verlor danach alle 18 Spiele in der bockstarken SEC. Garland ist schwierig zu evaluieren, schließlich besteht seine Bewerbung fast ausschließlich aus High-School- sowie Showcase-Partien.

In diesen überzeugte Garland aber zumeist und galt nicht ohne Grund vor der Saison als bester Guard der Klasse. Von den hohen Picks ist sein Wurf der sicherste - und dies in einigen Variationen. Garland erinnert hier ein wenig an Damian Lillard, auch er nimmt teilweise unerwartet sehr tiefe Dreier. Doch es ist nicht nur der Distanzwurf. Garland hat jede Menge Hesitation-Moves, die ihm Räume schaffen, gleichzeitig kann er verschiedene Tempi spielen, was für sein Alter bemerkenswert ist.

Dadurch besitzt Garland die Fähigkeit, spät in der Shotclock und aus dem Nichts einen soliden Wurf zu kreieren. Auch sein Auge darf nicht unterschätzt werden, auch wenn es die Assist-Zahlen nicht wirklich widerspiegeln. Dieses Vanderbilt-Team war qualitativ nicht gut, gerade offensiv mit der Ausnahme von Garland. Mit mehr Platz in der NBA werden mit Sicherheit seine Stärken im Pick'n'Roll deutlich besser zu sehen sein.

Darius Garland: Wie steht es um sein Knie?

Auf der anderen Seite trifft Garland auch oft noch schlechte Entscheidungen. Der Guard sucht noch zu häufig die spektakuläre Aktion und macht stattdessen nicht die einfachen Dinge. So summierten sich die Turnover bei Garland teils recht schnell, aber auch das könnte mit gutem Coaching minimiert werden. Gleiches gilt für das Kampfgewicht des 19-Jährigen, der ähnlich wie Morant noch sehr leicht daherkommt.

Entsprechend dürfte Garland von gegnerischen Coaches als Schwachstelle in der Defense ausgemacht werden. Dass der Ex-Commodores-Spieler obendrein kein herausragender Athlet ist, kommt noch erschwerend hinzu. Garland zeigte sich zudem nicht immer diszipliniert in der Defense und entblößte durch Gambles die eigene Defense.

Und dann sind da natürlich noch die Bedenken wegen seines Knies. Eine Meniskus-Operation in einem solch jungen Alter sollte man nicht unterschätzen, die Teams werden sich seine Krankenakte also ganz genau anschauen. Ist dann alles in Ordnung, wird Garland unter den ersten Sechs weggehen. Allerdings würde es auch nicht verwundern, wenn Garland in den letzten Tagen des Drafts abrutscht, dann ist das Knie wohl doch schwerer beschädigt als gedacht.

Prognose: Zwischen 4 und 8.

Mögliche Teams: Pelicans, Cavs, Suns.

Coby White (North Carolina) - Stärken und Schwächen

Position: Guard / College: North Carolina

Alter: 19,4 / Größe: 1,96 Meter / Wingspan: 1,93 Meter / Gewicht: 84 Kilo

Die Statistiken von Coby White (pro 40 Minuten) in 2018/19

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22,55,05,71,50,43,842,735,2 (82/233)80,0

Im Idealfall ein Typ wie: Jamal Murray

Stärken:

  • Extrem flink (erster Schritt!) und gut in Transition
  • Guter Pullup-Shooter
  • Starker Eins-gegen-Eins-Verteidiger

Schwächen:

  • Kein echter Spielmacher
  • Fehlender Touch in direkter Korbnähe
  • Keine guten Fundamentals in der Defense

Einer der Shooting-Stars der vergangenen Saison war Coby White, der sich mit guten Leistungen bei den Tar Heels auf den Radar zahlreicher Scouts spielte. Der Youngster mit dem markanten Afro überraschte viele mit ausgefallenen Moves, mit denen er mit Leichtigkeit Platz für sich selbst schaffen konnte.

Schon jetzt besitzt White NBA-Range und überzeugte bei North Carolina häufig auch als Spot-Up-Schütze. Der Guard ist natürlich am besten mit dem Ball in der Hand, macht aber dank seiner Wurfqualitäten nicht das Spacing der eigenen Mannschaft kaputt. Sein Signature-Move ist schon jetzt ein recht solider Stepback-Jumper, der seit James Harden in Mode gekommen ist.

Somit ist White eine ständige Bedrohung für gegnerische Verteidigungen, auch weil sein erster Schritt absolut tödlich ist. Hinzu kann White das Tempo blitzschnell verändern und Verteidiger so aus dem Spiel nehmen. Dies kann White auch auf der anderen Seite, bei UNC verteidigte er fast ausschließlich gegnerische Spielmacher und das sehr gut, auch weil er seine Füße sehr gut bewegt.

Wird White die perfekte Mikrowelle?

Noch nicht so ausgereift ist dagegen sein allgemeines Verständnis für Defense. Noch zu häufig verschläft White Rotationen oder ist im direkten Duell einfach schlecht positioniert. Schlechte Entscheidungen prägen zudem noch zu sehr sein Spiel in der Offense. White will es zeitweise zu sehr erzwingen und dribbelt mit Ball in Situationen, die sich nicht mehr lösen lassen.

White ist außerdem weniger der klassische Spielmacher, sondern eher ein Combo Guard a la Donovan Mitchell, der zwar mit Kontakt in Ringnähe umgehen kann, aber noch zu häufig geblockt wird. Hier würde ein solider Floater Abhilfe schaffen, der ist aber noch nicht in Whites Arsenal. Interessant wird auch zu sehen sein, ob White seinen Wurf in der NBA wie auf dem College loswerden kann. Sein Release wirkt schon sehr flach, das könnte gegen starke (und lange) Verteidiger zu einem Problem werden.

Letztlich wird viel von Whites Zukunft davon abhängen, ob er ein anständiger Passgeber werden kann, Scoren wird für White nicht das Problem sein. Entwickelt White Spielmacher-Qualitäten steckt in ihm ein Star, gelingt es nicht, könnte für den Ex-Tar-Heels-Guard eine Rolle als Mikrowelle von der Bank die richtige sein.

Prognose: Zwischen 7 und 13.

Mögliche Teams: Bulls, Hawks, Timberwolves, Hornets.

Tyler Herro (Kentucky) - Stärken und Schwächen

Position: Shooting Guard / College: Kentucky

Alter: 19,5 / Größe: 1,96 Meter / Wingspan: 1,94 Meter / Gewicht: 88 Kilo

Die Statistiken von Tyler Herro (pro 40 Minuten) in 2018/19

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17,25,53,01,30,43,046,235,5 (60/169)93,5

Im Idealfall ein Typ wie: junger Courtney Lee

Stärken:

  • Guter Distanzschütze mit schnellem Release
  • Spielt mit unglaublichen Einsatz an beiden Enden
  • Überraschend guter Abschluss in der Zone

Schwächen:

  • Etwas fußlahm
  • Teils sehr streaky mit seinem Wurf
  • Solider, aber kein guter Passgeber

Das Faustpfand für Herro wird in diesem Draft das Etikett des 3-and-D-Spielers sein, der aber auch von allem ein bisschen liefern kann. Heraus sticht natürlich das Shooting, auch wenn 35 Prozent nicht berühmt sind. Das ist aber das alte Kentucky-Problem, außer Herro und mit Abstrichen P.J. Washington gab es kaum gute Floor Spacer bei den Wildcats.

Laut Coach Calipari versenkte Herro aber unter anderem 95 Dreier in fünf Minuten in einer Trainingseinheit. Das muss nicht viel heißen, zeigt aber auch wieder, dass Herro eine sehr schnelle Wurfbewegung besitzt. Dies kann die Defense gewaltig unter Druck setzen und Herro ist inzwischen auch in der Lage, die Closeouts zu attackieren. In der Zone kann er durchaus gegen Bigs abschließen, sei es durch Leger oder weiche Floater. Dazu streut Herro hin und wieder einen guten Pass ein, was erneut zeigt: Herro kann von allem ein bisschen, wenn auch nicht besonders elitär.

Tyler Herro: Hot and Cold

Weitere Pluspunkte sammelt der ehemalige Kentucky-Spieler mit seinem bedingungslosen EInsatz. In Transition sprintet er hart in die Ecken, im Halbfeld ist er ständig in Bewegung. Dazu kommt beachtlicher Hustle in der Defense sowie für seine Größe eine gute Rebound-Arbeit. Sollte Herro körperlich noch zulegen, könnte er in Zukunft sicherlich auch größere Flügelspieler einigermaßen gut checken.

Mit kleineren Gegenspielern tut sich Herro dagegen ein wenig schwerer, weil ihm doch ein wenig die Fußarbeit abgeht, vor allem wenn es um schnelle Richtungswechsel geht. Des Weiteren ist sein Ruf offensiv wohl ein wenig besser, als er wirklich ist. Herro kann in Spielen auch völlig kalt bleiben und seinem Team damit schaden. Dazu ist er nicht wirklich explosiv und könnte gegen bessere Athleten in der NBA gewissen Probleme bekommen.

Herro wird sicherlich in der NBA an seine Grenzen stoßen und wahrscheinlich kein Star oder eine dritte Option bei einem guten Team werden. Stattdessen wird Herro ein solider Rollenspieler sein, der seiner Mannschaft gute Minuten geben kann. Am Ende oder außerhalb der Lottery ist dies aber durchaus wertvoll.

Prognose: Zwischen 14 und 20.

Teams: Pistons, Magic, Nets, Pacers.

Romeo Langford (Indiana) - Stärken und Schwächen

Position: Guard/Forward / College: Indiana

Alter: 19,7 / Größe: 1,98 Meter / Wingspan: 2,08 Meter / Gewicht: 98 Kilo

Die Statistiken von Romeo Langford (pro 40 Minuten) in 2018/19

PTSREBASTSTLBLKTOVFG%3P%FT%
19,46,32,80,91,02,544,827,2 (34/125)72,2

Im Idealfall ein Typ wie: Größerer Eric Bledsoe

Stärken:

  • Starker Scorer
  • Großes Upside in der Defense
  • Guter zweiter Ballhandler auf dem Flügel

Schwächen:

  • Teils schlechte Entscheidungen
  • Distanzwurf noch sehr wackelig
  • Oft unkonzentriert in der Defense

Langford ist nicht als reiner Guard zu betrachten, dafür spielt der 19-Jährige zu groß. Vieles in seinem Spiel fußt auf seinem massigen Körper, mit dem er dank seines schnellen ersten Schrittes immer wieder in die Zone eindringt. Dabei scheut Langford nicht vor Kontakt zurück und nahm starke 6,1 Freiwürfe pro Partie.

Der ehemalige Hoosier versteht es zudem, Platz für sich selbst und seinen Wurf zu schaffen und nutzt dazu sein ganzes Arsenal aus Crossover, Stepbacks und seinen guten Handles. Auch in der NBA sollte der 19-Jährige ein überdurchschnittlicher Scorer werden, vermutlich zunächst einmal von der Bank.

Neben seinen Scoring-Fähigkeiten kann Langford auch einen zweiten Point Guard geben, da er das Pick'n'Roll durchaus laufen kann und keine Scheu kennt, den Pullup-Jumper zu nehmen. Allerdings trifft Langford dabei noch zu häufig die falsche Entscheidung, sei es durch fragwürdige Wurfauswahl oder das zu lange Halten des Balles.

Romeo Langford: Wie steht es um seinen Wurf?

So gut Langford als Scorer auch ist, gibt es Fragezeichen, was seinen Wurf betrifft. 27 Prozent aus der Distanz und 72 Prozent von der Freiwurflinie sind kein Ruhmesblatt, auch wenn Langford vor seiner College-Karriere als solider Schütze galt. Alles in allem blieb er in seiner Freshman-Saison hinter den Erwartungen zurück, ein Top-7-Pick ist Langford nicht mehr.

Die Anlagen für einen guten NBA-Spieler sind aber da, auch in der Defensive. Langford besitzt lange Arme, ist kräftig und einigermaßen mobil, was ihn zu einem guten Verteidiger machen müsste. Die Realität in Bloomington sah aber anders aus, Langford ruhte sich meist in der Defense aus und konnte so nie sein Potenzial abrufen.

Einzig seine gute Nase für Rebounds konnte Langford bestätigen, dies dürfte auch eine Leistungsstufe höher eine wertvolle Eigenschaft sein, auch weil der Flügel dann sofort die Transition-Offense einleiten kann. Ansonsten kann Langford keine Werbung mehr für sich machen, der 19-Jährige unterzog sich im April einer Daumen-OP. Noch ist unklar, ob Langford überhaupt in der Summer League einsatzbereit ist.

Prognose: Ende der Lottery.

Mögliche Teams: Hornets, Celtics, Pistons, Magic.