Die Warriors haben schon deutlich schlimmere Niederlagen einstecken müssen - auch unter Steve Kerr. Man erinnere sich an die 40-Punkte-Abreibung in Utah am letzten Spieltag der Regular Season 2018 oder die peinliche Pleite gegen die Dallas Mavericks um den alternden Dirk Nowitzki (91:126) in der vergangenen Spielzeit. Das 122:141 gegen die Clippers wirkt dagegen noch moderat, trotzdem herrscht nun eine komplett andere Gefühlslage vor.
In den vergangenen Jahren konnte dies leicht erklärt werden. Die lange Saison, fehlende Konzentration in der Regular Season, Langeweile. Die Warriors waren schließlich so gut, dass sie Spiele komplett abschenken konnten. In den Playoffs konnte dann immer ein, zwei oder drei Gänge nach oben geschaltet werden.
In dieser Saison haben die Dubs diesen Luxus aber nicht mehr. Viele Dinge haben sich geändert. Kevin Durant, Andre Iguodala oder Shaun Livingston sind weg, Klay Thompson sitzt mit einem Kreuzbandriss nur an der Seitenlinie. Man ist aus dem altehrwürdigen Hexenkessel Oracle Arena ausgezogen und spielt stattdessen im hypermodernen neuen Chase Center auf der anderen Seite der Bay in San Francisco.
Warriors: Draymond Green poltert
"Das war kein Ausrutscher, das ist die Realität", stellte ein ernüchterter Kerr nach der 122:141-Niederlage gegen die L.A. Clippers fest: "Es wird in dieser Saison noch mehrere solcher Abende geben."
Zur Verteidigung der Warriors: Die Clippers wirken bereits jetzt wie eine gut geölte Maschine, selbst wenn mit Paul George der zweite Star neben Kawhi Leonard nur im Anzug an der Seitenlinie sitzt. Trotzdem waren gewisse Warnsignale zu verorten. Die Clippers trafen 62,5 Prozent aus dem Feld, verwandelten 18 ihrer 32 Dreier und sammelten insgesamt 141 Punkte. So viele Zähler ließ ein Team von Kerr noch nie zu.
"Unsere Defense war unterirdisch und zwar durch die Bank weg", polterte Draymond Green, seines Zeichens ein stolzer Verteidiger und der eigentliche Anker der Warriors: "Off-Ball, gegen den Mann, Pick'n'Roll-Defense, das war alles nichts."
Warriors: Automatismen fehlen noch
Die Mechanismen, welche die Warriors unter Kerr so auszeichneten, sind neben dem geringeren Talent noch nicht da. Das gilt auch für die Offense, wo vieles mit Stephen Curry steht und fällt. Der wurde aber vom Clippers-Kettenhund Patrick Beverley an die Leine gelegt. 23 Punkte (8/20 FG) waren es für den Chefkoch, dazu kamen aber auch 8 Ballverluste und nur zwei verwandelte Dreier bei elf Versuchen.
Es zeigt auch, dass offensiv ebenfalls noch vieles im Argen liegt. Exemplarisch steht dafür ein Angriff zum Ende des zweiten Viertels. Curry gab auf der rechten Seite des Feldes den Ball ab, um dann durch die Zone in die Ecke auf der anderen Seite zu sprinten. Durch einen Block sollte er freigespielt werden, um schnell abzudrücken.
Allerdings standen in diesem Moment noch zwei Warriors-Spieler in Jacob Evans und Glenn Robinson III dort, sodass Green sie erst noch wegscheuchen musste, damit das Play Erfolg haben konnte. Am Ende funktionierte es zwar, aber in den besten Zeiten der Warriors funktionierten solche Sachen eben blind.
Golden State Warriors: Eine neue Welt in San Francisco
"Die letzten fünf Jahre haben wir in einer Welt gelebt, die nicht mehr existiert. Wir haben neun Spieler, die jünger als 23 sind. Wir fangen quasi neu an", versuchte Kerr das zu erklären. Es wird also Geduld brauchen und zwar von allen Seiten. Auch die Fans müssen darauf erst einmal wieder konditioniert werden.
Die Warriors hatten über Jahre die vielleicht treuesten Fans der Liga, doch durch den Erfolg wurden Tickets immer teurer, die Spiele eher ein Event, da sich nur noch reichere Leute die Karten leisten konnten. In San Francisco begegnen die Dubs nun gewissermaßen einem neuen Publikum, die vermutlich erst in den vergangenen Jahren zu Warriors-Fans wurden. Dass die Halle Mitte des vierten Viertels schon halbleer war, gab es zu Zeiten in der Oracle nie zu sehen.
Es liegt an den Warriors selbst, diese neue Kundschaft von sich zu überzeugen. Das ist ein Aspekt, der andere ist es, sportlich relevant zu bleiben, die Playoffs zu erreichen. Dies hat sich natürlich nicht nach einem Spiel entschieden, dennoch nimmt man es auch in San Francisco als Schuss vor den Bug wahr. "Die einfache Antwort wäre, zu sagen, dass es nur eins von 82 Spielen war", sagte Curry: "Es gibt aber einige offensichtliche Dinge, die wir dringend ändern müssen, um Basketballspiele zu gewinnen."